Navigation zwischen Spannungsfeldern

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April / Mai 2015 INSIGHT Stakeholder Management Navigation zwischen Spannungsfeldern Stakeholder Management als zentrale Aufgabe des Chief Restructuring Officers (CRO) Restrukturierungen zeichnen sich durch eine hohe Komplexität aus. Manager sehen sich oft das erste Mal in ihrem Leben mit einer solchen Situation konfrontiert. Der Druck auf die Unternehmensleitung steigt von Tag zu Tag. Prioritäten verschieben sich weg von strategischen Entscheidungen hin zum täglichen Überleben. Gleichzeitig wächst der Bedarf an Informationen und Transparenz bei all jenen, die in irgendeiner Beziehung zum Unternehmen stehen, aber nicht denselben Wissensstand haben wie das Management. Die Anzahl der Stakeholder in Restrukturierungssituationen ist enorm, mit steigender Tendenz. Die klassischen Interessengruppen wie Banken und Eigenkapitalgeber werden durch andere Finanzierer (z.b. Hedge Fonds oder Anleihegläubiger) ergänzt. Daneben gibt es Lieferanten und Kunden, Arbeitnehmervertreter, den Staat und viele mehr. Der Anstieg an internationalen Restrukturierungen sorgt für weitere Komplexität im Sinne von unterschiedlichen Jurisdiktionen und der Menge an Beteiligten. Es reicht längst nicht mehr, sich mit den großen europäischen Märkten auszukennen Restrukturierungen erstrecken sich heutzutage oft über mehrere Kontinente und finden daher in multiplen Jurisdiktionen statt. Die Verhandlungspartner auf Stakeholderseite sind oft auf Krisensituationen spezialisiert und das Management häufig zum ersten Mal in einer solchen Situation diesen nicht gewachsen. Der Ausgleich der Interessen aller Stakeholder spielt in der Restrukturierung eine zentrale Rolle. Durch die Krise verschieben sich die Machtverhältnisse zwischen Stakeholder und Unternehmen. Während ein Unternehmen zum Beispiel früher vielleicht die Bedingungen für die Kunden diktieren konnte, geht es nun nur noch darum, die Kunden zu halten. Generell beginnt ein Kampf um die individuelle Sicherheitenposition kein Stakeholder möchte am Ende sein eingesetztes Kapital verlieren. Der Einsatz eines neutralen CRO kann in dieser Gemengelage helfen. Seine zentrale Aufgabe ist es, die Spannungsfelder zwischen allen Stakeholdern auszugleichen. Im Idealfall ist er ein ehrlicher Makler zwischen den divergierenden Interessen. Aufgrund der Vielzahl involvierter Stakeholder-Gruppen und deren heterogener Interessenlagen kommt es im Rahmen des Restrukturierungsprozesses zwangsläufig zu Konflikten und Spannungsfeldern, mit denen sich die Geschäftsleitung bei der Entwicklung einer Restrukturierungslösung zumindest mental befassen muss. Im Folgenden werden einige dieser typischen Spannungsfelder beschrieben. Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass es sich hierbei nur um die Beschreibung ausgewählter typischer Situationen handeln kann, da die Ausprägung der Interessen und Konflikte in der Realität stark vom Einzelfall abhängt. 1

Die verschiedenen Stakeholder in einer Restrukturierung verfolgen eigene Ziele und nehmen Risiko jeweils aus ihrer Perspektive wahr Eigentümer/ Unternehmer Gibt Anteile ab Bietet finanzielle Unterstützung (Distressed) Investoren Workout Banker vermeiden Discount Fremdkapitalgeber Erwartet Unterstützung Einfluss bekommen Prozess treiben Handelt im Unternehmensinteresse Beitrag ohne Einflussnahme Unternehmensleitung Sanierungsbeiträge Sanierungsbeiträge Geschäftsbeziehung Geschäftsbeziehung kein Risiko beim Produkt Arbeitsplatz sichern Lieferanten Kreditversicherer Kunde Arbeitnehmer/ Betriebsrat/ Gewerkschaft Quelle: AlixPartners Analyse Spannungsfeld Unternehmensleitung Eigentümer In Restrukturierungssituationen sind die meisten Manager bemüht, rechtliche bzw. persönliche Haftungsrisiken zu minimieren, gleichzeitig aber auch ihren eigenen Wert am Arbeitsmarkt nicht zu gefährden. In der Regel kommt es dabei zum Konflikt mit den Eigentümern. Diese sind in vielen Fällen bereit, höhere Risiken einzugehen und versuchen häufig Insolvenzen so weit wie möglich zu verhindern bzw. hinauszuzögern, um ihre Einkommensquelle, ihr Lebenswerk oder auch ihr öffentliches Ansehen zu schützen. Der Eigentümer hat in der Regel mehr zu verlieren als der Manager. Dieses Spannungsfeld ist im Fall inhabergeführter Unternehmen besonders ausgeprägt: Nimmt ein Eigentümer operative Leitungsfunktionen war, kommt es aufgrund des oben umrissenen Zusammenhangs häufig zu Konflikten mit angestellten Führungskräften. Spannungsfeld Unternehmensleitung Arbeitnehmer In vielen Situationen ist das Verhältnis zwischen Unternehmensleitung und Arbeitnehmer(vertreter)n bereits vor Eintritt der Unternehmenskrise angespannt. In der Krise kommt es daher schnell zur vielzitierten Verunsicherung in der Belegschaft, die sich messbar auf Produktivität und Qualität auswirkt. Gleichzeitig haben die Arbeitnehmer in den meisten Fällen auch eine zentrale Stellung bei der operativen Unternehmensrettung, z. B. durch Zustimmung zu meist unvermeidbaren personellen Einschnitten, Standortschließungen und Lohnverzichten. Kommt es in der Krise dagegen zu Streiks, wird die Restrukturierung gefährdet. In der Regel werden Mitarbeiterbeiträge an die Gewährung von Garantien durch das Unternehmen geknüpft (insbesondere Standort- und Beschäftigungsgarantien). Nicht selten werden hierbei durch das Management umfangreiche Zugeständnisse gemacht, die zwar kurzfristig die Unternehmensrettung vereinfachen, aber mittel- bis langfristig den Handlungsspielraum des Unternehmens einschränken und bei einem ungünstigen Verlauf des Turnarounds zusätzliche Gegenmaßnahmen erschweren. Ging das gegenseitige Vertrauen in der Vergangenheit bereits verloren und sehen die Arbeitnehmer die Unternehmensleitung als verantwortlich für die Krise, ist ein konstruktiver Dialog als die bestmögliche Lösung zur Überwindung der Krise häufig schwer zu führen. Neutrale Sanierungsexperten wie ein CRO können in der Praxis helfen, dieses Spannungsverhältnis aufzulösen und die Verhandlung eines für beide Seiten tragbaren Kompromisses zu ermöglichen. 2

Spannungsfeld Eigentümer Kreditgeber Potentielle Konflikte zwischen Eigentümern und Kreditgebern sind stark von der Sicherheitensituation abhängig. Gut abgesicherte Kreditgeber haben kaum Anreize, im Rahmen der Restrukturierung Zugeständnisse zu machen. Sie können nüchtern abwägen, ob die Realisierung der Sicherheiten im Zerschlagungsfall oder die Fortführung des Engagements wirtschaftlich sinnvoller ist. Nicht oder schlecht besicherte Kreditgeber haben wie der Eigentümer ein hohes Verlustpotenzial und daher ein großes Interesse an einer erfolgreichen Restrukturierung, um den Wert ihrer Forderungen wieder zu erhöhen. Allerdings verfügen Eigentümer und Unternehmensleitung gegenüber den Kreditgebern über einen Informationsvorsprung. In der Praxis tendieren sie nicht selten dazu, negative Informationen und Prognosen zurückzuhalten und die Unternehmenssituation positiver darzustellen als sie ist. Ein immenser Vertrauensverlust ist die Folge, sobald die Krisensymptome letztendlich erkannt werden. Dieser Vertrauensschaden ist noch größer, wenn die Kreditgeber bereits in der Vergangenheit Vorbehalte gegenüber der Informationspolitik sowie der operativen und strategischen Unternehmensführung hatten. Ein Konsens zwischen Unternehmen und Kreditgebern wird dadurch weiter erschwert und häufig nur durch Austausch der Unternehmensleitung bzw. Involvierung neutraler Experten auf Managementebene ermöglicht. Darüber hinaus kommt es in der Regel zu einem Ungleichgewicht der Restrukturierungskompetenzen, da die Engagements innerhalb der Banken an bankinterne Restrukturierungsspezialisten übergeben werden. Diese können unbelastet von möglicherweise auch persönlichen Beziehungen zu dem Kreditnehmer in der Vergangenheit agieren. Zum Eklat kommt es häufig dann, wenn die Restrukturierer der Banken im Zuge der Restrukturierungsverhandlungen höhere Eigenbeiträge der Eigentümer bis hin zur Übertragung der Firmenanteile an einen Treuhänder zur Absicherung der Sanierungsfinanzierung verlangen. Spannungsfeld Kreditversicherer Banken Der wesentliche der Kreditversicherer liegt in der Regel in der Aufrechterhaltung der Linien für die Lieferanten des sich in der Krise befindlichen Unternehmens. Im Gegensatz zu den kreditgebenden Banken haben Kreditversicherer selten enge Verbindungen zum Krisenunternehmen. Die Geschäftsbeziehung besteht mit dem Lieferanten (es sei denn, das Krisenunternehmen ist beim Kreditversicherer versichert). Kreditversicherer können sich mit weitgehend geringem Risiko aus einem Engagement zurückziehen, indem sie die Kreditversicherungslinien rechtzeitig reduzieren oder streichen. Dies kann allerdings fatale Folgen für das Krisenunternehmen haben (Wegfall der notwendigen Lieferungen für die Produktion von Waren) und möglicherweise bereits im Vorfeld sämtliche Restrukturierungsbemühungen gefährden. Ein weiterer Diskussionspunkt auch im normalen Geschäftsbetrieb ist die Absicherung der Kreditversicherer über den erweiterten bzw. verlängerten Eigentumsvorbehalt. Dieser sichert dem Lieferanten einen Anspruch auf die Forderungen, die das Krisenunternehmen durch Weiterveräußerung der gelieferten Waren aufgebaut hat. Diese Absicherung steht im Konflikt mit ggf. vom Unternehmen eingeräumten Globalzessionen auf Kundenforderungen. Krisenunerfahrene Manager vernachlässigen häufig die Einbindung der Kreditversicherer und fokussieren sich stark auf die Banken. Es ist für den Sanierungserfolg jedoch von zentraler Bedeutung, auch die Kreditversicherer frühzeitig und angemessen zu involvieren, da die Aufrechterhaltung der Linien kritisch für eine erfolgreiche Sanierung ist. Hinzu kommt, dass auch die Banken an einem engen Austausch mit den Kreditversicherern interessiert sind. In dem Moment, in dem die Kreditgeber dem Unternehmen eine Sanierungslinie einräumen, sinkt oftmals als direkte Folge das Exposure der Kreditversicherer, da mit den zusätzlichen Mitteln häufig Verbindlichkeiten bezahlt werden, um das operative Geschäft nicht zu gefährden. In diesem Zusammenhang werden die Kreditversicherer häufig gebeten, die Aufrechterhaltung der Linien für den Sanierungszeitraum zu garantieren, wenn gleichzeitig frisches Geld für die Restrukturierung durch die Kreditgeber zur Verfügung gestellt wird. Spannungsfeld Investoren Kreditgeber / Eigentümer Das Ausmaß möglicher Konflikte zwischen den bestehenden Kreditgebern bzw. den Eigentümern und neuen externen Investoren hängt stark vom Investorentyp und dessen Strategie ab. Der Verkauf an einen strategischen Investor oder einen Private Equity Investor, die direkt die Eigentümerstellung übernehmen, ist für die Kreditgeber von Vorteil, wenn gleichzeitig die Kreditforderungen durch den Verkauf reduziert werden, der Wert der Sicherheiten steigt bzw. die Aussicht auf zukünftige Zins- und Tilgungsleistungen wieder hergestellt wird. Da der Marktwert des Eigenkapitals in der Unternehmenskrise in der Regel vernachlässigt werden kann, ist ein solcher Verkauf für die Eigentümer meist eher der letzte Ausweg; sie knüpfen ihre Zustimmung oft an Bedingungen, die eine Transaktion erschweren oder gar verhindern. Wesentlich komplexer und konfliktträchtiger ist dagegen der Einstieg von Investoren, die über die Kreditseite im Rahmen einer Loan to Own-Strategie eine Eigentümerstellung anstreben. 3

Sie erwerben von den bestehenden Kreditgebern Forderungen gegen das Unternehmen unter dem Nominalwert mit dem Ziel durch Nutzung der Gläubigerstellung die unternehmerische Kontrolle zu erreichen und im Anschluss an eine erfolgreiche Restrukturierung durch einen Verkauf ihrer Anteile eine überdurchschnittliche Rendite zu erzielen. Für die etablierten Banken kann der Verkauf der Forderungen attraktiv sein, wenn sie auf Basis der ihnen zugänglichen Insiderinformationen die kritische Unternehmenssituation antizipieren und das Vertrauen in das Unternehmen verlieren. Bei einem frühzeitigen Verkauf sind die Abschläge auf den Nominalwert noch gering und für Distressed-Debt-Investoren wenig attraktiv. Spätestens nach Bekanntwerden der Unternehmenskrise haben sie allerdings die Möglichkeit, die Forderungen mit hohen Abschlägen zu übernehmen. Grundsätzlich haben Distressed Debt Investoren dieselben Handlungsoptionen wie die Banken, allerdings verfügen sie häufig über eine stärkere Position, einen Debt-Equity-Swap durchzusetzen. Das Risikoprofil von Distressed-Debt-Investoren ist wegen der relativ geringen Einstiegskosten ein anderes als das der etablierten Kreditgeber und Eigentümer. Ihr Verlustpotenzial ist in Relation zu den etablierten Stakeholdern gering und sie verfügen im Falle einer erfolgreichen Restrukturierung im Verhältnis zum Mitteleinsatz über sehr hohe Renditeaussichten. Gleichzeitig können Distressed Investoren die Nachteile einer anfänglich bestehenden Informationsasymmetrie meist reduzieren, indem sie ihren steigenden Einfluss auf das Unternehmen und ihren Zugang zu Insidern ausnutzen. Sie verfügen wie die Banken über ausgeprägte finanzielle Restrukturierungskompetenz und haben somit in der Regel auch einen Vorteil gegenüber Management und Eigentümern. Nicht zuletzt agieren sie ausschließlich renditeorientiert, da sie keine emotionale Bindung zum Unternehmen haben. Potentielle negative Auswirkungen auf ihr Image spielen für sie eine untergeordnete Rolle, und sie sehen sich nicht in historisch bedingten Verpflichtungen gegenüber etablierten Stakeholdern. Daher können sie aggressiver agieren, umfangreiche Forderungen stellen und beispielsweise wichtige Entscheidungen blockieren, um ihre eigenen Ziele durchzusetzen. Letztendlich sind sie häufig in der Lage, wesentlich umfangreichere Zugeständnisse der anderen Stakeholder durchzusetzen, als es bei einer traditionellen, stärker konsensgetriebenen Restrukturierungslösung der Fall ist. sie in der Liquiditätskrise, in der schnelles, fokussierte Handeln zum Gebot der Stunde wird. Unternehmensintern wächst in Zeiten der Unsicherheit bei der Belegschaft der Bedarf nach Führung und Kommunikation, wofür die Unternehmensleitung naturgemäß genau in dieser Situation wenig Zeit hat, nimmt doch das Bekämpfen der Krisensymptome den größten Raum im Tagesgeschäft ein. Hinzu kommt, dass die Stakeholder des Unternehmens ihrerseits mit auf Krisenentwicklungen spezialisiertem Personal aufwarten und ein deutlich stärker ausgeprägtes Informationsbedürfnis haben als vor der Krise. In den meisten Fällen ist die bisher existente Waffengleichheit zwischen Finanzierern, Kreditversicherern, Private Equity Häusern und dem betroffenen Unternehmen in der Krise aufgehoben. Die Unternehmensleitung sieht sich Workout-Bankern und anderen Restrukturierungsspezialisten gegenüber, ohne selber die Erfahrung zu haben, wie man am besten mit einer Krisensituation bzw. mit diesen neuen Stakeholder-Vertretern umgeht. In solchen Fällen hilft die Nominierung eines CRO der Unternehmensleitung bei der Fokussierung der Aktivitäten. Er übernimmt die Verantwortung für die Umsetzung der Restrukturierung und verschafft damit der übrigen Geschäftsleitung den Freiraum, sich weiter um das operative Geschäft zu kümmern. Eine seiner wichtigsten Aufgaben ist das Management der unterschiedlichen Stakeholder-Gruppen mit dem Ziel, von jeder einzelnen den maximal möglichen Beitrag zur Sanierung des Unternehmens zu bekommen. Dabei ist er als ehrlicher Makler ( honest broker ) der Sache verpflichtet und arbeitet so lange für das Unternehmen, bis die Restrukturierung abgeschlossen ist. Lag der Fokus früher stark auf dem Management und der Umsetzung operativer Restrukturierungsmaßnahmen, steht heute häufig ein Interessenausgleich zwischen den relevanten Stakeholdern im Vordergrund. Richtig aufgesetzt ist die Mandatierung eines CRO ein wirksames Instrument, um gemeinsam mit der Geschäftsleitung die Unternehmenskrise zu bewältigen und Werte zu sichern. Fazit Jede Krise ist für ein Unternehmen und sein Management eine echte Sondersituation, weil sich die Anforderungen an die Unternehmensleitung im Vergleich zum normalen Geschäftsleben stark verändern. Spürbar sind diese Veränderungen bereits in der Erfolgskrise, eine gewisse Dramatik bekommen 4

FÜR WEITERE INFORMATIONEN KONTAKTIEREN SIE BITTE: Dr. Jan Kantowsky Managing Director jkantowsky@alixpartners.com +49 89 20 30 40 67 Dr. Axel Schulte Managing Director aschulte@alixpartners.com +49 211 975 51053 ÜBER ALIXPARTNERS AlixPartners steht als global tätiges Beratungsunternehmen für die ergebnisorientierte Unterstützung namhafter Unternehmen in komplexen Restrukturierungs- und Turnaroundsituationen und die Umsetzung anspruchsvoller Ertragssteigerungsprogramme. Branchenexpertise und weitreichende Erfahrung in Geschäftsprozessen in Verbindung mit tiefgreifendem Know-how der finanziellen und operativen Restrukturierung ermöglichen es AlixPartners, auf Herausforderungen in Konzernen, Großunternehmen sowie bei mittelständischen Unternehmen einzugehen. In zahlreichen Fällen haben erfahrene Manager von AlixPartners bei herausfordernden Unternehmenssanierungen interimistisch Führungsfunktionen übernommen. AlixPartners hat über 1.400 Mitarbeiter in weltweit 22 Büros und ist seit dem Jahr 2003 mit eigenen Büros in Deutschland vertreten. AlixPartners ist im Web zu finden unter www.alixpartners.de DIE AUTOREN: Dr. Jan Kantowsky kam 2005 zu AlixPartners. Er hat mehr als 19 Jahre Berufserfahrung in der Restrukturierungsberatung und in Managementfunktionen. Im Rahmen verschiedener Interimmanagement-Mandate (z. B. Interim- CEO, -CFO und -CRO) zeichnete er für die Entwicklung und Umsetzung von Krisenmanagement- und Turnaround-Programmen verantwortlich. Schwerpunkte seiner Tätigkeit sind operative Restrukturierungsprojekte sowie komplexe Verhandlungen mit Interessengruppen wie Kapitalgebern und Anteilseignern für namhafte international tätige Unternehmen. Dr. Jan Kantowsky ist Diplom-Kaufmann und hat an der Universität St. Gallen (HSG) promoviert. Dr. Axel Schulte ist ist Managing Director im Düsseldorfer Büro von AlixPartners und leitet die Turnaround & Restructuring Practice in Deutschland. Seit über 20 Jahren beschäftigt er sich mit Restrukturierung und Turnaround von Unternehmen. Seine berufliche Karriere begann er 1993 in der Wirtschaftsprüfung. Nach anschließender Tätigkeit für eine internationale Strategieberatung im Bereich Restrukturierung gründete er eine IT-Gesellschaft, die er nach drei Jahren Aufbau-Tätigkeit erfolgreich veräußerte. Seit Januar 2005 ist er bei AlixPartners und befasst sich ausschließlich mit der Umsetzung von Restrukturierungsprogrammen und Krisenmanagement. In diesem Zusammenhang war er unter anderem als CRO für die Restrukturierung einer Touristikgruppe sowie eines internationalen Möbelherstellers verantwortich. Dr. Schulte studierte Wirtschaftswissenschaften an der Universität Münster und promovierte anschließend in Volkswirtschaft. AlixPartners. When it really matters. Americas Boston / Buenos Aires / Chicago / Dallas / Detroit / Los Angeles / Nashville / New York / San Francisco / Washington, DC EMEA Abu Dhabi / Dubai / Düsseldorf / London / Milan / Munich / Paris / Zürich Asia Hong Kong / Seoul / Shanghai / Tokyo 2015 AlixPartners GmbH www.alixpartners.de