Der Wald ist für alle da, aber nicht für alles



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wir bedanken uns für die Möglichkeit, unsere Auffassung zum vorliegenden Gesetzesentwurf nochmals darzulegen.

Transkript:

Landesverband Hessen Der Wald ist für alle da, aber nicht für alles Argumente des BUND: - Für naturverträgliches Wandern, Radfahren und Mountainbiking im Wald - Gegen die Sportarten Downhill und Freeride auf schmalen Waldpfaden 1. Standpunkte und Forderungen des BUND Das neue hessische Waldgesetz wird ähnlich wie das alte Gesetz seine Gültigkeit und Relevanz über längere Zeiträume entfalten müssen. Deshalb muss es bei der Regelung des Betretensrechts nicht nur die boomartigen Entwicklungen der letzten 25 Jahre verarbeiten. Als z.b. das jetzige Gesetz verabschiedet wurde, gab es auf den Waldwegen hauptsächlich Drahtesel mit max. einer Dreigangschaltung, erst danach revolutionierte das Mountainbike das Bewegungsverhalten im Wald. Das neue Gesetz muss vielmehr auch Freizeittrends der Zukunft (Individualisierung, Spezialisierung, Technisierung) einkalkulieren und insbesondere die Verlagerungen vom Naturerleben zum Nervenkitzel im modernen Outdoorsport. Deshalb appelliert der BUND an alle Landtagsabgeordneten, beim Betretensrecht eine zukunftsfähige Regelung zu verabschieden und diese Fragen nicht herunterzuspielen oder parteipolitisch zu instrumentalisieren. Der BUND will den Wald als das ursprüngliche Refugium von Flora und Fauna erhalten und sichern. Er ist deshalb im Rahmen des Betretensrechts für eine gesetzliche Wegedefinition mit der Festlegung einer Mindestbreite für Reiten und Radfahren. Der BUND will den Wald als Ort der stillen Erholung für die Bevölkerung sichern. Er ist deshalb für die Festschreibung des Vorrangs der ruhigen, sanften Erholungsformen im Gesetz. Der BUND will im Wald die Möglichkeit zum naturverträglichen, sportlichen Handeln eröffnen. Er ist deshalb für ein attraktives Radfahr-und Mountainbike-Netz, dessen ökologische Unbedenklichkeit als Vorraussetzung nachgewiesen sein muss.

Der Wald ist für alle da, nicht für alles. Deshalb ist der BUND für klare und eindeutige Formulierungen im Gesetz eine klare Absicherung von ökologisch sensiblen Bereichen durch eine Wegedefintion die klare Ausweisung eines wald- und wildverträglichen Rad- und Mountainbike- Netzes den klaren Ausschluß der radsportlichen Nutzung auf schmalen Waldpfaden (Fußwegen-und -pfaden). 2. Warum brauchen wir im neuen Waldgesetz eine Wegedefinition mit einer Mindestbreite? Das Forstamt Königstein führte bereits vor einiger Zeit aus: Die Intensität und Qualität der Nutzung durch Befahrung von Waldbeständen sowie von nach unserer Auffassung nicht legalen "Trails" durch unterschiedliche Mountainbikegruppierungen hat mit rasant und weiter wachsender Geschwindigkeit Ausmaße angenommen, die zu nicht mehr tragbaren Zuständen führen. Das reicht von regelrecht angelegten Downhillstrecken mit eigens errichteten Sprungschanzen und sonstigen Bauwerken, über die Anlage neuer "Wege" durch erstmaliges und dann wiederholtes ständiges Befahren von Waldbeständen durch Mountainbiker, bis zur ständigen Befahrung sehr vieler "Pfade/Stege/Abteilungslinien", und seien sie auch noch so klein und schmal. Der BUND hat immer in der sog. "Sport-Umwelt-Allianz" mit der Landesregierung davor gewarnt, den Begriff der "festen Wege" offen zu lassen und nicht zu definieren. Das Schreiben von Hessen Forst zeigt, was dabei herauskommen kann: Jetzt versucht eine extreme Gruppierung innerhalb der Mountainbiker, aus einem angeblichen Gewohnheitsrecht zu definieren, was befestigte Wege sind. Diese Gruppierung, die sich aus der Downhill- und Freeride-Szene zusammensetzt (im Gegensatz zu Touren-und Freizeit- Bikern bzw. -Radfahrern) unterliegt scheinbar dem gravierenden Irrtum, der gesamte Wald sei ein Sportplatz, Gelegenheit für individuelle und exklusive Bewegungserlebnisse und Sinnbild einer Welt, in der man sich beliebig und grenzenlos ausleben kann. Das hat leider nichts mehr mit allgemeinverträglicher Naturerfahrung oder Naturbegegnung zu tun, sondern wird größtenteils geleitet durch grenzüberschreitenden Nervenkitzel. Diesem Irrtum und dem daraus leider häufig entstehenden egoistischen Freizeitverhalten, ist nur durch die gesetzliche Festlegung einer Mindestwegebreite im Rahmen eines langfristig vorsorgenden Umweltschutzes zu begegnen sowie weiteren flankierenden Maßnahmen. Statt als Maß dafür - wie es das Ministerium vorgeschlagen hat - ein zweispuriges Kraftfahrzeug im Wald zu wählen, plädiert der BUND für eine andere Form des verbindlichen Gebots der Wegebreite. Dieses sollte optisch nachvollziehbar sein und sich an umweltverträglichen Bewegungsarten im Wald orientieren. Wir schlagen deshalb die Praxis des Begegnens und Überholens im Wald von Radfahrern bzw. Wanderern mit Sicherheitsabstand vor (2 mal Lenkerbreite 75 cm plus Sicherheitsabstand 30 cm = 180 cm). Demnach sollte im Gesetz stehen: Feste Waldwege sind befestigte oder naturfeste Wege mit einer Mindestbreite von 1,80 Meter, auf denen sich Radfahrer und/oder Wanderer sicher begegnen und überholen können. 3. Sind eigentlich im Wald alle Freizeitnutzungen rechtlich gleich zu behandeln? Die sozialen und ökologischen Folgen der beschriebenen Sport- und Freizeitentwicklung im Wald bedürfen dringend einer angemessenen Steuerung. Es darf nicht sein, dass es immer mehr Bereiche in den Wäldern gibt, in denen die ruhigen Erholungsformen gefährdet und

verdrängt und die Belange des Natur- und Landschaftsschutzes missachtet werden. Der Wald ist für alle da, aber nicht für alles. Wer z.b. von Single-Trails spricht, sieht in einem schmalen Waldpfad nur seine Sportstrecke und nimmt Wanderer und Spaziergänger als Störquelle auf seiner Abfahrtsstrecke wahr, obwohl diese der ruhigen Erholung nachgehen und damit nach der Gesetzeslage den Vorrang genießen. So verbietet es der gesetzliche Grundsatz der Gemeinverträglichkeit, andere durch das Ausüben von Spielen oder Sportarten zu gefährden oder zu belästigen. Kommt es zu Nutzungskonflikten z.b. beim Reiten, Radfahren und Wandern auf denselben Wegen - haben die sanften Erholungsarten, von denen keine Beeinträchtigung anderer ausgeht, den Vorrang. Die intensiven Nutzungen müssen bei Zielkonflikten Beschränkungen hinnehmen. Wenn sich auf beschränkten Räumen verschiedene Erholungsnutzungen oder Sportformen nicht vereinbaren lassen, kann eine Nutzung auch ganz ausgeschlossen werden. Insofern ist eine Beschränkung der Nutzung von Fuß- und Wanderpfaden auf Wanderer und der Ausschluss von Mountainbikern von lenkerbreiten Trampelpfaden ( Single-Trails ) auch verfassungsrechtlich legitimiert. Nach Ansicht des BUND muss staatlichem Handeln im Konfliktfall immer eine Güterabwägung vorausgehen. Das neue hessische Waldgesetz ändert im Kern für den normalen Radfahrer und Freizeitreiter nichts, allenfalls für die Mountainbiker, die überall fahren wollen. Das Fahren auf allen noch so schmalen Pfaden war bis heute weder im Sinne der Mehrheit der Waldbenutzer, noch des aktuellen Forstrechts. Nun soll es endlich auf feste Wegebreiten festgeschrieben werden, um mehr Rechtssicherheit zu bekommen. Insgesamt ist der BUND für eine klarstellende Ergänzung im Gesetz, um auch das Prinzip der Gemeinverträglichkeit im Wald zu verdeutlichen: Bei Nutzungskonflikten haben ruhige, sanfte Erholungsformen den Vorrang. 4. Welche Umweltauswirkungen sind bei einer Beibehaltung des bisherigen Rechts zu befürchten? Generell ist wegen der im Vergleich zu Fußgängern höheren Geschwindigkeit des Mountainbikens und den egozentrischen Ansprüchen moderner Trendsportarten auf die letzten naturnahen Räume mit einer stärkeren Frequentierung der Landschaft und einer höheren Belastung abgelegener, bisher eher unberührter Gebiete zu rechnen. Schon jetzt werden die Aussagen der vorliegenden stör- und wildökologischen Studien zur großräumigen Zerschneidung und Beunruhigung von Wald- und Wildlebensräumen schlichtweg nicht anerkannt. Unter www.natursportinfo.de listet das Bundesamt für Naturschutz allein über 20 Studien auf, die konkrete Auswirkungen auf Tierarten, Vegetation und Räume im Wald belegen. So fliehen Rothirsche bei schnellem Auftauchen und der Wahrnehmung des menschlichen Geruchs, unabhängig davon, ob ihnen dabei tatsächlich Gefahr droht oder nicht. Die Hirschkühe sind dabei noch sensibler als Hirsche. Insbesondere zur Jagdzeit, die sich von Anfang Juli bis Ende Januar erstreckt, sind die Tiere besonders scheu. Im neuen Waldgesetz geht es aber nicht nur um die Zerschneidung und Beeinträchtigung der Rückzugsräume des Reh- und Rotwildes durch sportive Freizeitnutzung. Es geht um die Absicherung des Überlebensraums von Wildkatze, Luchs, Uhu, Schwarzstorch, Rauhfußhühnern (Auer- und Birkwild) und Greifvögeln gegenüber einer Sportszene, die längst keine Grenzen mehr akzeptiert - deren Grenzüberschreitung durch hohe Geschwindigkeiten sogar die Sportart selbst auszeichnet. Dafür verharmlost diese Sportszene aber fast alles, was sie selbst anrichtet, z.b. die belegten Erosionsschäden auf kleinen, naturfesten Waldwegen durch intensives Mountainbiking. 5. Warum gibt es eine aufgeheizte Diskussion um das neue hessische Waldgesetz? Die aufgeheizte Debatte um Einschränkungen des Radfahrens im Wald durch das geplante, neue Waldgesetz hat zwei Quellen: Fachlich unsaubere Formulierungen im Gesetzentwurf und eine auf Falschaussagen und Rechtsirrtümern gestützte Kampagne der Mountainbike- Szene.

So halten wir es für einen überaus verunglückten Vergleich, wenn ausgerechnet ein Umweltministerium als Maßstab für die dringend notwendige Festlegung einer Mindestwegebreite im Wald ein nicht geländegängiges, zweispuriges Kraftfahrzeug wählt, das dort absolut nichts zu suchen hat. Zwar wollte das Ministerium hier lediglich eine optisch erkennbare Wegebreite am Beispiel eines VW-Lupo (Breite 1,55 m) oder Smart (Breite1,5 m) als nachvollziehbares Maß einführen. Dieses würde auf eine Mindestwegebreite von 1,60 bis 1,80 m hinauslaufen. Seitdem geistert aber die Falschaussage durch Presse und Internet, Radfahren und Reiten sei nur noch auf Wegen erlaubt, auf denen solche Autos auch tatsächlich fahren. Schotterpisten und Waldautobahnen, 3 m breite Wege werden seitdem bemüht, um auf ein angebliches Radfahr-Verbot oder Mountainbike-Verbot in Hessens Wäldern hinzuweisen. Die Gesetzeserweiterung auf die naturfesten Waldwege wird dabei konsequent verschwiegen. Eine bundesweite Unterschriftenkampagne zu dem hessischen Gesetz basiert im Titel auf dieser Fehlinterpretation und verfestigt damit falsche Annahmen. Desweiteren wird deutlich: Hätte der Gesetzgeber von organisierten Veranstaltungen im Wald gesprochen, statt zu formulieren Betreten mehrere Personen den Wald zur Verfolgung eines gemeinsamen Zweckes, wäre das Missverständnis nicht aufgekommen, dass Familientreffen, Lauftreffs, Radtouren, Wandern oder Reiten in Gruppen bürokratisch reglementiert werden sollen. Eine frühzeitige Beratung mit den Naturschutzverbänden - deren Mitglieder ebenso aktive Radfahrer, Mountainbiker und Freizeitreiter auf festen Wegen und vor allem auch naturinteressierte Wanderer sind - hätte diese Missverständnisse vermeiden können. Der BUND teilt bei der Neufassung des Betretensrechts insgesamt die Absicht des Gesetzgebers, den bisher unbestimmten Begriff des festen Weges durch eine eindeutige Definition zu ersetzen. Er unterstützt das Vorhaben des Gesetzgebers, gewerbliche, touristische und größere sportliche Veranstaltungen weiterhin einer Anmeldepflicht zu unterziehen. Er ist für die gesetzliche Öffnung von Waldteilen für Mountainbike-Touren, wenn die wald- und wildökologische Unschädlichkeit fachlich nachgewiesen ist. Er schlägt aber im Gesetz andere, klare Formulierungen vor, die zu einem umweltverträglichen Verhalten im Wald führen sollen und von der Bevölkerung auch nachvollzogen werden können. Den Kern aller Missverständnisse bildet jedoch der Aufruf der Deutschen Initiative Mountain Bike e.v. (DIMB) zur Offenhaltung sämtlicher, auch schmalster Waldpfade für ihre spezielle Sportart. Darin wird mit Auslassungen (Ignoranz der Studien zur Störwirkung von MTB in Waldlebensräumen / Unterschlagung der vom VWG Köln geforderten Breite für eine Wegedefinition), Falschaussagen ( Mountainbike-Verbot in Hessens Wäldern ) für einen einzigen Zweck mobilisiert: Alle bestehenden schmalen Waldpfade und natürlich die von der Downhill - und Freeride -Szene selbst angelegten Neupfade im Wald generell in ein allgemeines Betretungsrecht einzubeziehen. Die Nutzung dieser aus dem Sattelblick als Single- oder Open-Trails bezeichneten Waldpfade für eine neue Sportart in Wild- und Waldlebensräumen hat schon jetzt zu erheblichen ökologischen und sozialen Konflikten im hessischen Wald geführt (z.b. Hochtaunus, Bergstraße, vorderer Odenwald, Dünsberg, Rhön, Reinhardswald, Habichtswald, Kaufunger Wald, sogar auf dem Urwaldsteig des Nationalparks Kellerwald). 6. Wie könnte ein umweltverträgliches Freizeit-Management im hessischen Waldgesetz verankert werden? Im neuen Waldgesetz sollte die Öffnung zu einem Landschafts-Management ermöglicht werden, das die Ziele verfolgt, ökologisch sensible und überlastete Gebiete wirksam zu entlasten, Aktivitäten auf belastbare Gebiete umzulenken und außerdem Konflikte zwischen Nutzergruppen zu minimieren.

Dazu sollten die in 15, Abs. 5, Nr. 2 neu geschaffenen Möglichkeiten genutzt werden, im Einvernehmen mit den Waldbesitzern Waldpfade für Radfahren und Reiten freizugeben, ohne dass hieraus zusätzliche Verkehrssicherungspflichten resultieren. Diese Freigabe ist jedoch nach Ansicht des BUND an den Nachweis einer wald- und wildökologischen Unbedenklichkeit und die Beteiligung des Naturschutzes zu binden. Insgesamt könnte so sichergestellt werden, dass das bereits vorhandene hessische Netz an ausgewiesenen Mountainbike-Strecken weiter ausgebaut wird, damit jeder Biker ortsnah eine geeignete Strecke zur Verfügung hat. In überlasteten Gebieten kann die spezielle Widmung von Wegen eine Lösung sein - wie Reitwege, Wanderwege, Radwege - auf denen andere Nutzungen ausgeschlossen sind. Es kann auch sinnvoll sein, in Nähe der Ballungsgebiete spezielle Downhillstrecken, Bike- Parks und Flow-Trails zu planen und zu bauen, wenn sie mit den Belangen des Naturschutzes vereinbar sind und ohne Beeinträchtigung Dritter benutzt werden können. An Planung als auch Finanzierung sollten die entsprechenden Mountainbiker beteiligt werden. Richtig ausgeübt, könnte das Mountainbiking eine ausgesprochen umweltverträgliche Sportart sein. Mountainbiking besitzt gegenüber anderen Sportarten große Möglichkeiten, in weniger sensiblen Regionen ausgeübt zu werden, so dass wertvolle Naturräume entlastet werden können. Doch dazu muss ein beträchtlicher Teil der Mountainbiker sein Nutzungsverhalten überprüfen, indem er für sich beansprucht, die kleinsten Fußwege und - pfade im Wald zu befahren. Eine gesetzliche Wegedefintion mit einer Mindestbreite könnte helfen, auf die folgerichtigen, naturverträglichen Schlüsse zu kommen. Insgesamt läuft ein solches Vorgehen auf die im Naturschutz übliche Beweisumkehr hinaus: Der Wald ist als Ökosystem und Erholungsort zu behandeln und nicht als generell sportoffene Landschaft. Also haben insbesondere die intensiveren Nutzungen für bestimmte Bereiche ihre wald- und wildökologische Unbedenklichkeit nachzuweisen. Dieses Prinzip funktioniert übrigens in Österreich, der Schweiz und Slowenien hervorragend. Hier sind rechtlich die schmalen Bergpfade erst einmal vom Befahren ausgenommen. Über Vereinbarungen können dann Wege, die (wild-) ökologisch unbedenklich sind, ausgewiesen und zu einem attraktiven Mountainbike-Netz weiterentwickelt werden. 7. Ist der hessische Radtourismus durch das neue Waldgesetz bedroht? Das 3.500 km lange Netz der hessischen Radfernwege führt nur zu 10 Prozent durch Wälder. Nach Auskunft des ADFC verlaufen davon nur wenige Abschnitte mit einer Wegebreite von weniger als 1,80 m durch Waldgebiete. Eine spezielle Ausweisung dieser wenigen Abschnitte als genehmigte Radfahrstrecken ist jederzeit möglich (wie bei Mountainbike-Strecken nach 15 Abs.5, Nr.2 auch). Insofern trifft die von manchen Touristikern behauptete Unterbrechung des hessischen Radwegenetzes und eines Imageschadens für den hessischen Radtourismus aus unserer Sicht nicht zu. Das Recht, in Gruppen durch hessische Wälder zu fahren, bleibt weiterhin gewährleistet, weil nur größere kommerziell organisierte touristische oder sportliche Veranstaltungen wie bisher der Anmeldepflicht unterliegen. Im übrigen ist der Rad- und Mountainbike-Tourismus in einem Bundesland wie Baden-Württemberg geradezu aufgeblüht, obwohl es dort sogar eine Mindestbreitenregelung von 2 m auf Waldwegen gibt. Die Novelle zum Forstgesetz richtet sich keinesfalls pauschal gegen Radfahrer und Mountainbiker, wie dies behauptet wird. Für Familienausflüge und Erholungsfahrten auf dem Rad sowie den Großteil der Erholungssuchenden nämlich die Wanderer- würden sich vielmehr die Rahmenbedingungen verbessern, weil Konfliktpotential abgebaut wird. Bedauerlicherweise führen die textlichen Unschärfen des Gesetzentwurfs jedoch zu erheblichen Interpretationsspielräumen und fordern Missverständnisse geradezu heraus. Rückfragen beantwortet Ihnen gerne:

BUND LV Hessen Rolf Strojec Fachsprecher für Freizeit-Sport-Tourismus Hauptstr.4 35444 Biebertal Email: bwkanu@t-online.de Telefon 06441-6619333 Unterwegs 0171-4041319