Die Art und Weise der Ermittlung von Immobilienwerten



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IMMOBILIENBEWERTUNG FÜR FINANZIERUNGSZWECKE DIPL.-ING. MARTIN M. ROTH, CIS HYPZERT (F/R) GESCHÄFTSFÜHRER IMMOBILIEN RATING GMBH 4 Die Art und Weise der Ermittlung von Immobilienwerten hängt davon ab, für welchen Zweck Wertangaben benötigt werden. Bei einem Immobiliengeschäft interessieren sich beispielsweise Käufer und Verkäufer für den angemessenen Marktwert. Wendet sich dieser Käufer an ein Kreditinstitut, um einen Kredit zur Finanzierung des schließlich vereinbarten Kaufpreises zu erhalten, muss das Kreditinstitut den Wert dieser Immobilie unter einem anderen Blickwinkel betrachten. So ist je nach Tilgungsvereinbarung für das Kreditinstitut absehbar, dass es den Kredit im Regelfall erst nach 15, 20 oder mehr Jahren vollständig zurückgezahlt erhält. Für diesen Zeitraum muss sich das Kreditinstitut den Rückzahlungsanspruch aus dem Wert der Immobilie optimal sichern. Es kommt also darauf an, für einen möglichst langen Zeitraum die Werthaltigkeit des zur Sicherung vereinbarten Pfandrechts abzuschätzen. Dem dient die Ermittlung des Beleihungswerts. Im Hypothekenbankgesetz findet zwar der Begriff des Beleihungswertes keine Niederschrift, doch decken sich die beschrieben Vorgaben des bei der Beleihung angenommenen Verkaufswerthes weitgehend mit den im folgenden Kapitel beschriebenen Gesetzespassagen zum Beleihungswert (lt. Bankwesengesetz - BWG): Der bei der Beleihung angenommene Werth des Grundstücks darf den durch sorgfältige Ermittelung festgestellten Verkaufswerth nicht übersteigen. Bei der Feststellung dieses Werthes sind nur die dauernden Eigenschaften des Grundstücks und der Ertrag zu berücksichtigen, welchen das Grundstück bei ordnungsmäßiger Wirthschaft jedem Besitzer nachhaltig gewähren kann. 1 Dieser Verkaufswert ist die Basis für den Pfandbriefdeckungsstock bei der Refinanzierung einer Hypothekenbank mittels (Hypotheken) Pfandbriefen. Während der Verkehrswert (lt. LBG) bzw. der Marktwert (lt. BWG bzw. in den internationalen Definitionen) den aktuellen, am Markt unter normalen Umständen (im redlichen Geschäftsverkehr) erzielbaren Preis einer Immobilie zum Bewertungsstichtag darstellen, gibt der Beleihungswert (lt. BWG) den Wert eines Objektes aus Sicht eines Kreditinstitutes wieder. Bei seiner Ermittlung dominieren die Sicherheitsbedürfnisse der Kreditgeber und Pfandbriefgläubiger. Aufgrund dieser spezifischen, kreditwirtschaftlichen (bzw. bankenaufsichtsrechtlichen) Anforderungen (u. a. Basel II, Solvabilitätsrichtlinie, Bankwesengesetz, Hypothekenbankgesetz,...) und eindeutigen Zweckbestimmung dieses Wertes als sichere Kreditbetrags-Obergrenze für die langfristige Beleihung stellt der Beleihungswert einen eigenständigen Wert 2 dar. DIES ERFORDERT IM EINZELNEN 3 : eine sorgfältige Einschätzung der künftigen Marktgängigkeit; eine Identifizierung und Eliminierung spekulativer Elemente; eine Wiedergabe der normalen und örtlichen Marktbedingungen; eine hauptsächliche Berücksichtigung der langfristigen (dauerhaften) Eigenschaften der Immobilie; eine Berücksichtigung der gegenwärtigen Nutzung und angemessenen Alternativnutzung der Immobilie; eine transparente und klar dargelegte Bewertungsmethodik sowie eine entsprechend umfangreiche Fachkompetenz des Gutachters und Befolgung der länderspezifischen Regeln für den Gutachter. Welche gesetzlichen Grundlagen und Wertbegriffe gibt es in Österreich zur Beleihungswertermittlung? Betrachtet man die österreichischen Regelungen zur Liegenschaftsbewertung, insbesondere die ÖNORM B 1802 und das Liegenschaftsbewertungsgesetz, so sucht man den Begriff des Beleihungswertes vergebens.

Fündig wird man lediglich im Bankwesengesetz (( somit ist klargestellt, dass der Beleihungswert einen Wert aus Sicht von Kreditinstituten darstellt), wo folgende Definition zu finden ist: Als Beleihungswert gilt der Wert der Immobilie der von einem Schätzer ermittelt wird, welcher eine sorgfältige Schätzung der künftigen Marktgängigkeit der Immobilie unter Berücksichtigung ihrer langfristig unveränderlichen Merkmale, der normalen und örtlichen Marktbedingungen, ihrer derzeitigen Nutzung sowie angemessener Alternativnutzungen vornimmt. In die Schätzung des Beleihungswertes dürfen keine spekulativen Gesichtspunkte einfließen. Der Beleihungswert ist in transparenter und eindeutiger Weise zu belegen. 4 In ähnlicher Weise beschreibt die Solvabilitäts- VO aus 2006 den Beleihungswert wie folgt: Der Beleihungswert ist der Wert der Immobilie, der bei einer vorsichtigen Bewertung ihrer künftigen Marktgängigkeit unter Berücksichtigung ihrer dauerhaften Eigenschaften, der normalen und örtlichen Marktbedingungen, der derzeitigen Nutzung sowie angemessener Alternativnutzungen bestimmt wurde. Spekulative Elemente werden bei der Bestimmung des Beleihungswerts außer Acht gelassen. 5 International wird der Beleihungswert u. a. in den von der TEGoVA (The European Group of Valuers Associations) herausgegebenen European Valuations Standards (EVS) beschrieben als der Wert der Immobilien, der anhand einer sorgfältigen Schätzung der künftigen Marktfähigkeit der Immobilie unter Berücksichtigung ihrer dauerhaften Eigenschaften, der normalen und örtlichen Marktbedingungen, ihrer derzeitigen Nutzung sowie angemessener Alternativnutzungen durch den Gutachter ermittelt worden ist. In die Ermittlung des Beleihungswertes fließen keine spekulativen Gesichtspunkte ein. Der Beleihungswert ist in transparenter und eindeutiger Weise zu belegen. 6 In der Deutschen Verordnung über die Ermittlung des Beleihungswertes von Grundstücken ist definiert: (1) Der Wert, der der Beleihung zugrunde gelegt wird (Beleihungswert), ist der Wert der Immobilie, der erfahrungsgemäß unabhängig von vorübergehenden, etwa konjunkturell bedingten Wertschwankungen am maßgeblichen Grundstücksmarkt und unter Ausschaltung von spekulativen Elementen während der gesamten Dauer der Beleihung bei einer Veräußerung voraussichtlich erzielt werden kann. (2) Zur Ermittlung des Beleihungswerts ist die zukünftige Verkäuflichkeit der Immobilie unter Berücksichtigung der langfristigen, nachhaltigen Merkmale des Objekts, der normalen regionalen Marktgegebenheiten sowie der derzeitigen und möglichen anderweitigen Nutzungen im Rahmen einer vorsichtigen Bewertung zugrunde zu legen. 7 Diesen Definitionen und rechtlichen Grundlagen ist gemeinsam, dass sie den wesentlichen, unter Punkt 1 beschriebenen Grundsätzen weitgehend folgen. Die in den österreichischen Gesetzestexten angeführten Passagen zum Beleihungswert sind auf die Definition des Begriffes bzw. einiger weniger Verhaltensregeln fokussiert, welche bei der Ermittlung des Beleihungswertes zu berücksichtigen sind. Konkrete Angaben über die Bewertungsmethodik, Inhalt und Qualität des Gutachtens sowie die Qualifizierung der Gutachter fehlen in Österreich bislang weitgehend. Demgegenüber finden sich in den European Valuation Standards bzw. in der Deutschen Beleihungswertermittlungsverordnung (der in Europa bislang einzigen gesetzlichen Spezifikation der Beleihungswertermittlung) grundlegende Vorgaben zu diesem Thema, welche im Folgenden kurz dargestellt werden. Die TEGoVA beschäftigt sich im EVS Standard 6 u. a. mit der Bewertung zu Zwecken der Darlehenssicherung und geht dabei auf den Beleihungswert ein. Vergleicht man zunächst die internationalen Definitionen des Markt 8 - und Beleihungswertes, ist die Definition des Beleihungswertes in vielen 5

6 Punkten der Definition des Marktwertes ähnlich. Der Beleihungswert als nachhaltiger / vorsichtiger Wert führt darüber hinaus aber zusätzliche Parameter zur Glättung von Marktrends ein (u. a. durch Anpassung der erzielten Einnahmen an ein marktübliches, nachhaltig erzielbares Mietniveau; Anpassung der Kapitalisierungszinssätze, welche die langfristige Entwicklung auf dem Markt reflektieren; Anpassung der Verwaltungsund Bewirtschaftungskosten 9 ). In stabilen Märkten wird sich der nachhaltig ermittelte Beleihungswert kaum vom Marktwert unterscheiden; in volatilen Märkten (vgl. Abbildung 1) bedarf die Ermittlung des Beleihungswertes dagegen entsprechender analytischer Instrumente und eindeutiger Bewertungsmethoden. (Siehe Abb. 1) BEWERTUNGSMETHODEN Bei der Ermittlung des Beleihungswertes dürfen nur allgemein anerkannte Bewertungsmethoden angewandt werden, wobei die Vergleichs-, Ertrags- u. Sachwertmethode die Hauptmethoden 10 darstellen. Die angeführten Methoden entsprechen im Wesentlichen auch den bei der Marktwertermittlung einer Immobilie gebräuchlichen Berechnungsmethoden. Zur Wahrung des geforderten Vorsorgeprinzips werden zusätzlich einige Parameter bzw. Verfahrensregeln näher definiert. Unterschiede in der Anwendung der Methoden werden am Beispiel der Ertragswertmethode im Standard 6.12.10 der TEGoVA wie folgt angeführt: Beschränkung des (bewerteten) Cash flows auf die nachhaltigen Nettomiet- / Pachteinnahmen, welche vergleichbare Immobilien am spezifischen regionalen (örtlichen) Markt im Laufe der Zeit erbringen. Über dem Markt liegende Mieten/Pachten (Overrent) bzw. ungewöhnliche zusätzliche Cash flows sind in der Beleihungswertermittlung nicht zur berücksichtigen. - Vom jährlichen Ertrag der Immobilie sind alle für die Immobilie anfallenden Verwaltungs- und Bewirtschaftungskosten in Abzug zu bringen und zusätzliche Abschläge von den Nettomieteinnahmen für Instandhaltungsinvestitionen / jährliche Instandhaltungs- und Investitionsausgaben sowie für das Ausfallsrisiko des Mieters / Pächters sollten vorgenommen werden. Der in Ansatz zu bringende Kapitalisierungszinssatz soll nicht die gegenwärtige bzw. örtliche Marktsituation als Momentaufnahme darstellen, sondern soll die langfristige Entwicklung auf dem relevanten Markt widerspiegeln. In der Kapitalisierung sind die Fähigkeit der Immobilie zur Erwirtschaftung nachhaltiger Einkünfte, Mehrzweck- oder angemessene Alternativnutzung sowie künftige Marktfähigkeit der Immobilie 11 zu berücksichtigen. Ein Mindestansatz für gewerbliche und wohnwirtschaftliche Immobilien sollte jeweils festgesetzt werden. 11 Abbildung 1: Marktzyklus: Marktwert- vers. Beleihungswertentwicklung - eigene Darstellung auf Basis einer Darstellung der HypZert GmbH

Allgemein ist dabei darauf hinzuweisen, dass ein pauschalierter prozentualer Abschlag vom Marktwert keine geeignete wissenschaftliche Methode zur Bestimmung des Beleihungswertes im Sinne der dargestellten Definitionen und internationalen Bestimmungen ist. 12 VERANTWORTUNGSBEREICH UND PFLICHTEN DES GUTACHTERS Neben den anzuwendenden Methoden beschäftigt sich die TEGoVA u. a. im Standard 6.17ff13 im Besonderen mit den Anforderungen an den Gutachter im Rahmen der Beleihungswertermittlung. Exemplarischer Auszug: Unabhängigkeit des Gutachters von wirtschaftlichen und persönlichen Zwängen. Der Gutachter kann ein interner oder externer Sachverständiger des Kreditgebers sein. Eine direkte Beteiligung des Gutachters im Finanzierungsprozess, der Vermittlung oder Verwaltung der bewertungsgegenständlichen Immobilien ist nicht zulässig. Der Gutachter hat bei der Beleihungswertermittlung auch das langfristige Verwertungsrisiko im Gutachten mit zu berücksichtigen, sodass das Gutachten neben einer reinen Bewertung der Immobilie auch eine qualitative Beurteilung der Eignung der Immobilie als Sicherheit enthalten sollte. Während sich die TEGoVA in den dargestellten Bewertungsstandards sehr breit und allgemein hält, regelt die Deutsche Beleihungswertermittlungsverordnung die Anforderungen / Vorgaben an die Beleihungswertermittlung umso konkreter und restriktiver (siehe dazu Punkt [2] im Literaturverzeichnis). ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK Ab Jahresbeginn 2008 müssen die internationalen Basel II-Standards innerhalb der EU verpflichtend angewendet werden, bereits ab 1.1.2007 konnten die Banken entsprechend den Regelungen von Basel II (z.b. eigenkapitalschonende Unterlegung, Solvabilitäts-Verordnung) agieren. Die Österreichische Gesetzgebung hat die nationale Umsetzung der diesbezüglichen EU- Regelungen 2006 verabschiedet (z. B. Solvabilitäts-VO, Änderungen zum BWG). Der risikoorientierten Bewertung von Immobilien kommt im Zuge der Neuen Eigenmittelvorschriften für Banken (Basel II) eine wesentliche Rolle zu. Die zwei zentralen Wertbegriffe der neuen Eigenmittelregelungen sind der Markt- und der Beleihungswert. Diese haben bereits im aktuellen Bankaufsichtsrecht Eingang gefunden, finden jedoch in der nationalen Bewertungspraxis unterschiedlich Anwendung. Bei Analyse der von internationalen sowie europäischen Verbänden als Zielsetzung definierten Harmonisierungsbestrebungen ist festzustellen, dass dabei der Marktwert eine zentrale Rolle einnimmt. Vor allem aus europäischer Sicht ist darauf hinzuweisen, dass betreffend die Begriffsdefinition des Marktwerts der bislang größte Konsens erreicht wurde. Die Marktwertdefinition der TEGoVA entspricht jener des EU- Richtlinienentwurfs, welcher die Empfehlungen von Basel II in europäisches Recht umsetzt. Dem Beleihungswert kommt vor allem im Zusammenhang mit der hypothekarischen Besicherung von Krediten eine wesentliche Rolle zu, in dem er für einen möglichst langen Zeitraum die Werthaltigkeit des zur Sicherung vereinbarten Grundpfandrechts abzuschätzen vermag. Ursprünglich geht der Beleihungswert auf entsprechende Initiativen in Deutschland zurück und mündete so in eine gemeinsame Philosophie des europäischen Beleihungswerts (European Mortgage Lending Value, EMLV) auf Ebene des Europäischen Hypothekenbankenverbandes (European Mortgage Federation). Durch den Eingang des Beleihungswerts in die Solvabilitätsrichtlinie (1997) der EU, ging dessen Bedeutung über die reine Hypothekenbankenbranche hinaus und wurde für Banken als aufsichtsrechtliche Steuerungsgröße - durch Berücksichtigung in den Regelungen zur ausreichenden Eigenmittelausstattung - anerkannt. 7

8 Vergleicht man die Definition des in Österreich etablierten Verkehrswerts mit jenem des nach Basel II geforderten Marktwerts, lässt sich feststellen, dass es keine erkennbare sinngemäße bzw. auch inhaltliche Abweichung gibt. Die Ermittlung des nach Basel II geforderten Marktwerts von Immobilien wird folglich durch die Bewertungspraxis in Österreich abgedeckt sein. Anderes ist im Zusammenhang mit dem Beleihungswert zu erwarten, da diesbezügliche standardisierte Bewertungsvorschriften - wie etwa in Deutschland - in Österreich nicht existieren. Bei Analyse der ab 01.08.2006 gültigen deutschen Beleihungswertermittlungsverordnung (BelWertV) [...] ist festzustellen, dass zwar die Bewertungsverfahren zu Ermittlung des Beleihungswerts mit jenen der nationalen Bewertungspraxis nahezu identisch sind, jedoch entsprechend dem Vorsichtsprinzips bei wesentlichen wertbeeinflussenden Parametern Mindestgrößen (beispielsweise bei Bewirtschaftungskosten oder Kapitalisierungszinssätzen) definiert sind. Dies passiert vor dem Hintergrund der Zweckbestimmung des Beleihungswerts, nämlich eine über einen langfristigen Zeitraum treffende Aussage über die Belehnfähigkeit einer Immobilie zu geben. 14 Für die anzustrebende Regelung zur Methodik eines österreichischen Beleihungswertes ist zu beachten, dass ein pauschalierter prozentualer Abschlag vom Marktwert keine geeignete wissenschaftliche Methode zur Bestimmung des Beleihungswertes im Sinne der Europäischen Bewertungsstandards ist. Weiters hat der österreichische Immobilienmarkt Besonderheiten (wie z.b. das ertragsschwache Mietzinshaus mit Mietzinsbildung gemäß MRG), welche eine Übernahme der Regelungen der deutschen BelWertV als nicht zweckmäßig und nicht fachgerecht erscheinen lässt. Im Zuge der EU - Erweiterung ist Europa zum größten Immobilienmarkt der Welt geworden, in dem nicht nur Investoren und Projektentwickler, sondern auch Banken grenzüberschreitende Geschäfte tätigen. Dazu gehören auch hypothekarische Besicherungen in einem Land innerhalb des EU-Raumes, welche in einem anderen Land (Sitz der finanzierenden Bank) für Refinanzierungen mittels Pfandbriefen und für deren Deckungsstock verwendet werden. Trotz dieser grenzüberschreitenden hypothekarischen Besicherungen bei Finanzierungen und den Europäischen Bewertungsstandards zum Beleihungswert (EVS Standard 6 der TEGoVA) ist in Europa mit dem europäischen Beleihungswert (European Mortgage Lending Value, EMLV) auf Ebene des Europäischen Hypothekenbankenverbandes (European Mortgage Federation) lediglich die Definition des Beleihungswertbegriffes harmonisiert. In den gesetzlichen Regelungen der einzelnen Länder sind bisher nur mit der deutschen BelWertV darüber hinaus gehende Richtlinien insbesondere zu den Bewertungsmethoden, Mindestansätzen sowie auch zur Qualität der Gutachten und der Gutachter getroffen worden. In der Europäischen Gesetzgebung wird die Qualität der Gutachter und der Gutachten zusehends wichtiger. In Basel II wird als Unabhängiger Sachverständiger eine Person verstanden, die über die zur Durchführung von Immobilienbewertungen erforderlichen Qualifikation, Fähigkeiten und Erfahrungen verfügt und von der Kreditvergabeentscheidung unabhängig ist. 15 Eine internationale bzw. zumindest europäische Harmonisierung der Beleihungswertermittlung samt einer klaren inhaltlichen und methodischen Begriffsabgrenzung wäre wünschenswert 16 und für die grenzüberschreitenden hypothekarischen Besicherungen bei Finanzierungen hilfreich und kostensparend. Derzeit regelt z. B. die deutsche BelWertV im 25 Beleihungen im Ausland, auf welche Art und Weise aus landesspezifischen (Auslands-) Gutachten Informationen und Daten für die Ermittlung eines eigenen inländischen gesonderten Beleihungswertes herangezogen werden dürfen. Es ist aber jedenfalls ein eigenes neues Beleihungswertgutachten zu erstellen, da aus deutscher Sicht im Ausland im Regelfall keine vergleichbare Beleihungswertermittlungsmethodik existiert.

Bei einer länderübergreifend harmonisierten Beleihungswertermittlung mit gegenseitiger Anerkennung des im jeweiligen Land der Immobilie abgeleiteten Beleihungswertes könnte dieser internationale / europäische Beleihungswert direkt für die weiteren Finanzierungsschritte verwendet werden. Diese praktikable direkte Verwendung eines Immobilienwertes ist bereits bei der internationalen Bilanzierung üblich 17. Der international harmonisierte Marktwert von in verschiedenen Ländern gelegenen Immobilien wird direkt für die weiteren Bilanzierungsschritte verwendet. Eine internationale bzw. zumindest europäische Harmonisierung der Beleihungswertermittlung samt einer klaren inhaltlichen und methodischen Begriffsabgrenzung wäre für die länderübergreifende gegenseitige Anerkennung von Beleihungswerten notwendig und ist alleine schon zur Optimierung des Aufwandes und der Kosten grundsätzlich anzustreben. Damit wäre eine effizientere Abwicklung von grenzüberschreitenden hypothekarischen Besicherungen bei Finanzierungen möglich. LITERATUR [1] Europäische Bewertungs Standards, Originaltext von TEGoVA (The European Group of Valuers Associations) 2. deutsche Auflage; September 2003 [2] Beleihungswertverordnung - BelWertV, Bundesgesetzblatt Jahrgang 2006 Teil I Nr. 24, ausgegeben zu Bonn am 22.Mai 2006 [3] Verband deutscher Hypothekenbanken - VDH, Bonn, 03.06.1998 [4] SPACIL, WOLFGANG, Die Behandlung von Immobilien in Basel II - mit besonderem Focus auf die Wertermittlung; Masterthese Technische Universität Wien, 2005 [5] BIENERT, SVEN, Der Beleihungswert - Entwicklungen im europäischen Kontext; FH Kufstein, 2006 [6] International Accounting Standards 2002 9 Dieser Beitrag ist eine gekürzte Fassung des Kapitels Immobilienbewertung für Finanzierungszwecke in BIENERT, FUNK (Hrsg.), Immobilienbewertung Österreich, Edition ÖVI Immobilienakademie, 2007. 1) 12 Hypothekenbankgesetz, BGBl. I Nr. 97/2001 2) Anm.: Der Beleihungswert stellt einen eigenständigen, durch einen Gutachter ermittelten Wert dar und ist nicht gleich zu setzen mit den in Banken gebräuchlichen Belehnwerten / Belehnungsgrenzen, welche als definierte Prozentsätze von 100 der ermittelten Mark- / Verkehrswerte zur Besicherung herangezogen werden. Um Verwechslungen zu vermeiden, sollte dafür einheitlich der Begriff Belehnungsgrenze verwendet werden. 3) [1] EVS Seite 80 Standard 6.08 4) BWG 103 Abs. 10 lit. f (Stand 01.11.2006) 5) Quelle: www.fma.gv.at 6) [1] EVS Seite 78 Standard 6.04 7) [2] 3 8) Anm.: Unter Marktwert ist der Preis zu verstehen, zu dem Grundstücke und Bauten im Rahmen eines privaten Vertrages zwischen einem verkaufsbereiten Verkäufer und einem unabhängigen Käufer zum Bewertungsstichtag verkauft werden könnten, wobei die Annahme zugrunde gelegt wird, dass die Immobilie öffentlich auf dem Markt angeboten wird, dass die Marktbedingungen eine ordnungsgemäße Veräußerung ermöglichen und dass für die Aushandlung des Verkaufs ein im Hinblick auf die Art der Immobilie üblicher bzw. angemessener Zeitraum zur Verfügung steht. ([1] EVS Seite 78 Standard 6.03) 9) = jährliche Instandhaltungs- und Investitionsausgaben + Ausfallsrisiko des Mieters / Pächters 10) [1] EVS Seite 83f Standard 6.12 11) [1] EVS Seite 84 Standard 6.12 12) Durch einen prozentualen Abschlag vom Marktwert kann lediglich die in Banken gebräuchliche Belehnungsgrenze ermittelt werden, d. h. bis zu welcher betraglichen Höhe (Grenze) der Kredit auf die Immobilie besichert wird. 13) [1] EVS Seite 85ff Standard 6.17ff 14) [4] Seite 50f 15) [4] Seite 52 16) Vgl.[5] Seite 17f 17) Vgl.[6] Fair Value nach IAS (IFRS): Fair market value is the amount for which an asset could be exchanged between knowledgeable, willing parties in an arms s length transaction