Mittelständische Automobilzulieferer Chancenpotenziale und strategische Optionen Prof. Dr. Willi Diez Zuliefertag Baden Württemberg am 12. November 2015 in Stuttgart 1
Automobilmarkt bleibt auf Wachstumskurs Einheiten 2014 2015 2016* Ver. 14/15 (in v. H.) Ver. 15/16 (in v. H.) Westeuropa 12,11 12,95 13,47 +6,9 +4,0 NAFTA 19,42 20,05 20,25 +3,2 +1,0 China 18,37 19,10 20,06 +4,0 +5,0 Welt 76,06 76,55 78,85 +0,6 +3,0 Quelle: VDA/IFA * Prognose Chart 2 2
Deutsche Automobilzulieferindustrie profitiert von Konjunkturerholung in Europa Kennzahl 2014 2015 (Jan. - Aug.) Ver. 14/13 Ver. 14/15 (Jan. - Aug.) Umsatz (Mrd. ) 73,39 50,02 +4,9 +3,8 Auslandsumsatz (Mrd. ) 27,46 18,88 +8,3 +5,3 Exportquote (in v. H.) 37,4 37,8 - - Beschäftigte 295.489 300.166 +1,6 +2,0 Quelle: Statistisches Bundesamt Chart 3 3
Automobilindustrie vor großen Umbrüchen Globalisierung Elektrifizierung Digitale Transformation Autonomes Fahren Innovative Mobilitätskonzepte Neue Wettbewerber Chart 4 4
Automobilindustrie auf dem Weg zur Industrie 4.0 Chart 5 5
Verlieren die kleinen und mittelständischen Zulieferer den Anschluss? Finanzierung Risikoübernahme Kostendruck Gewinnung qualifizierter Mitarbeiter Steigender F&E-Aufwand Managementkapazität Chart 6 6
Preis- und Kostendruck bleibt hoch! Entwicklung der Erzeugerpreise für Kraftwagen und Kraftwagenteile Kraftwagen/Kraftwagenmotoren Teile und Zubehör 118,0 116,0 114,0 112,0 110,0 108,0 106,0 104,0 102,0 100,0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Quelle: Eigene Darstellung auf Basis des Statistischen Bundesamtes 2013 Chart 7 7
Studiendesign: Zukunft der KMU-Automobilzulieferer Fokus auf KMU-Automobilzulieferer (Umsatz < 500 Mio. ) Differenzierung nach fünf Technologiebereichen Durchführung von mehr als 50 High-Level-Interviews mit Geschäftsführern/Vorständen von KMU-Zulieferern Breite Abdeckung hinsichtlich Unternehmensgrößen, Technologiebereichen und Stellung in der Wertschöpfungskette Chart 8 8
KMU-Automobilzulieferer: Rückgrat der deutschen Automobilindustrie 83,9 Prozent aller Zulieferer sind KMU Breite Streuung in allen Technologiebereichen tätig Besetzung von Technologie- Nischen Prozessspezialisten Chart 9 9
Wo liegen die Hauptdefizite der KMU-Zulieferer im Hinblick auf Zukunftssicherung? Teilweise geringe Globalisierungsbereitschaft Mangelnde betriebswirtschaftliche Bewertung technischer Lösungen Wenig Kenntnis über Digitalisierungsstrategien von OEM und vorgelagerten Zulieferern (Industrie 4.0) Passive Risikovermeidungs-Strategie Punktuelle, engpassorientierte Personalbeschaffungsmaßnahmen Grundsätzliche Ablehnung oder Desinteresse an Kooperation und Übernahmen Chart 10 10
Strategische Handlungsfelder für KMU-Zulieferer Digitalisierung Globalisierung Professionalisierung Chart 11 11
Handlungsfeld I: Globalisierung Maßnahmen Durchführung von belastbaren Machbarkeits-Studien Aufbau von Werken in einzelnen Ländern oder Regionen (mit Hub-Funktion) nach dem Geleitzug-Prinzip Definition von globalisierungsfähigen Produkten bzw. Produktplattformen (Blaupausen-Transfer) Kooperationen oder Übernahmen zur Erleichterung des Markeneintritts Engpassfaktoren Managementkapazität, Zugang zum lokalen Arbeitsmarkt, strategische Finanzierung Chart 12 12
Handlungsfeld II: Digitalisierung Maßnahmen Systematische Suchfeld-Analyse von Digitalisierungs-Potenzialen im eigenen Produktfeld Pro-aktive Vorentwicklung von neuen Produkten Einsatz von digitalen Steuerungselementen im Produktions-Prozess zur schrittweisen digitalen Transformation (Industrie 4.0) Vernetzung mit vorgelagertem Zulieferer oder direkt mit OEM Engpassfaktoren Eigenes Know-How, Gewinnung qualifizierter Ingenieure Chart 13 13
Handlungsfeld III: Professionalisierung Maßnahmen Systematischer Strategiebildungsprozess im Unternehmen unter Einbeziehung der Führungskräfte aus allen Bereichen Einsatz von kennzahlengestützten Projekt-Kalkulationen für eingehende Kundenanfragen Aktives Employer Branding und Sourcing im Rahmen von Recruiting-Messen Identifikation und Bewertung von potenziellen Übernahmekandidaten bzw. Kooperationspartner Engpassfaktoren Managementqualifikation GL, fehlende Management-Tools für KMU, Personalkapazität, keine Risikofinanzierung Chart 14 14
Wettbewerbs- und Überlebensfähigkeit: Vier Typen von KMU-Zulieferern Marktbezogene Wettbewerbsfähigkeit (Technologie, globaler Fortschritt) eher hoch eher niedrig Eroberer (Absicherungsstrategie) LOW Performer (Überlebens- oder Exit-Strategie) TOP Performer (Expansionsstrategie) Bewahrer (offensive Wachstumsstrategie) eher niedrig eher hoch Ressourcenbezogene Wettbewerbsfähigkeit (Kapital, Personal) Chart 15 15
Best Practise: Technologiebereich Motoren und Aggregate Der KMU-Zulieferer ist ein weltweit agierendes Unternehmen im Bereich hochwertiger Kettenlösungen In der Wertschöpfungskette ist das Unternehmen als Tier-1 Zulieferer positioniert Frühzeitige Fokussierung der Technologien auf Downsizing und CO 2 -Reduzierung Hohe Wertschöpfungstiefe wird als USP gesehen Um Technologieführerschaft gegenüber Wettbewerbern abzusichern, entwickelt das Unternehmen 90 Prozent aller Fertigungsanlagen selbst Belieferung des Aftermarkets als fester Bestandteil der Unternehmensstrategie Chart 16 16
Best Practise: Technologiebereich Elektrik und Elektronik Das Unternehmen ist ein Tier-2 Zulieferer mit dem Technologieschwerpunkt mechatronischer Komponenten Neben der Automobilindustrie beliefert das Unternehmen auch andere Branchen (z. B. Medizintechnik, Life-Science) Ausgeprägtes internes Risikomanagement durch Qualitätsvorausplanung und Tracking der Qualitätskennzahlen und kosten Vorbereitung auf Industrie 4.0 durch systematische Betriebsdatenerfassung und Shopfloor-Management Geplant ist die schrittweise Vernetzung von Maschinen und dann Produktionsstandorten Globalisierung durch Kooperationen und Zukäufen geplant Chart 17 17
Best Practise: Technologiebereich Interieur Das Unternehmen ist Tier 1-Zulieferer mit Schwerpunkt Schließsysteme Weltweite Präsenz mit eigenen Fertigungsstätten Unternehmen arbeitet mit drei Produktplattformen, die weltweit einsetzbar sind (Einstiegsplattform/Volumenplattform/Premiumplattform) Auf Basis der Plattformen ist lokale kundenindividuelle Spezifikation ohne großen Aufwand möglich In jeder Region werden alle Wertschöpfungsstufen abgedeckt (Entwicklung, Produktion, Vertrieb) Weltweit einheitliches Fabrik-Layout, was eine optimale Vernetzung der Standorte ermöglicht Chart 18 18
KMU-Automobilzulieferer ein Auslaufmodell? KMU-Zulieferer müssen ihre relativ gute finanzielle Performance jetzt zur Sicherstellung ihrer langfristigen Finanzspielräume unter erhöhten Risikogesichtspunkten sichern! Pro-aktive Ausrichtung der Unternehmensstrategie auf Globalisierung sowie disruptiven Technologiewandel! Digitale Transformation der Produktionsprozesse und Vernetzung mit Abnehmerwerken beschleunigen! Identifikation von kritischen Wachstumsschwellen und deren Überwindung ggf. auch durch Kooperationen und Übernahmen! Ausrichtung auf Profitabilität von reinem Mengenwachstum Chart 19 19
Ansprechpartner Prof. Dr. Willi Diez Direktor Instituts für Automobilwirtschaft (IFA) der Hochschule Nürtingen-Geislingen willi.diez@ifa-info.de Marc-René Färber Managing Partner Struktur Management Partner, Köln m.faerber@struktur-management-partner.com Chart 20 20