Zur Geschichte der Klosterplatzbebauung Von Stadtarchivar Otto Höffer Wie die Bebauung dieses Bereiches der Stadt vor der Gründung des Franziskanerklosters, also vor 1637, ausgesehen hat, wissen wir nicht. Vergleichbar mit anderen mittelalterlichen Städten ist eine dichte Wohnbebauung aber denkbar, wie es auch einer der ältesten Stadtansichten zu entnehmen ist, die sich auf dem Dreifaltigkeitsbild befindet. Attendorn um 1629 (Ausschnitt aus dem Dreifaltigkeitsbild im Südsauerlandmuseum) Diese dichte Bebauung wurde entweder an dieser Stelle durch die zahlreichen Stadtbrände dezimiert oder aber mit der Anlegung des Franziskanerklosters gezielt beseitigt. Die ältesten im Stadtarchiv noch vorhandenen Stadtgrundrisse von 1784 und 1810 zeigen, dass die heutige Westbebauung des Klosterplatzes noch nicht vorhanden war und erst nach 1834 entstand. Bis dahin wurde der Bereich westlich der Franziskanerkirche in Richtung Kölner Tor als Klostergarten genutzt. Die Grenze verlief entlang des heutigen Grundstücks der Familie Karthaus.
Ausschnitt aus dem Stadtplan von 1784 (Bereich Franziskanerkloster) Das Haus Nr. 192 am linken unteren Bildrand ist das heutige Haus Karthaus. Ausschnitt aus dem Stadtplan von 1810. Das Haus Nr. 112 ist das heutige Haus Karthaus.
Ausschnitt aus der Stadtansicht von Norden um 1800. Der Klosterplatz wird an seiner Westseite durch die Fassade der Ruine des 1783 abgebrannten Gymnasium geprägt. Westlich bis zum Kölner Tor ist eine ungeordnete Bebauung zu erkennen. Durch mündliche Überlieferung wurde das heutige Haus Schnüttgen als Fürstenberghaus bezeichnet. Es ist aber niemals, wie es der heutige Hauseigentümer im Leserbrief vom 22.03.2014 behauptet, ein Herrenhaus der Burg Schnellenberg gewesen, sondern die Bezeichnung Fürstenberghaus hat eine ganz andere Bedeutung. So wurde das Gebäude erst 1834 durch den Schreinermeister Peter Schneider errichtet. Die Finanzierung des Bauprojektes erfolgte durch zwei Darlehen des Freiherrn Franz Egon von Fürstenberg vom 15.10.1834 und 25.05.1835 in Höhe von 400 Talern. Der Hauptwohnsitz der Familie von Fürstenberg war zu diesem Zeitpunkt schon lange nicht mehr die Burg Schnellenberg, sondern Schloss Herdringen. Da Peter Schneider dieses Geld nicht zurückzahlen konnte, kam es am 26.11.1839 zu einer Zwangsversteigerung, in der dem Freiherrn von Fürstenberg für das Meistgebot von 825 Taler das Haus zugeschlagen wurde. Am 09.05.1843 erwarb der Freiherr von Fürstenberg auch noch das angrenzende Gartengrundstück. Beide Grundstücke wurden am 19.09.1848 vom Freiherrn von Fürstenberg wieder verkauft, neuer Besitzer wurde dann der Sattler Johann Kaspar Reichling aus der Rüspe. 1841 kam es dann erstmals zu Überlegungen, den Klosterplatz als Bauland auszuweisen. Nähere Auskünfte hierzu und zur nachfolgenden tatsächlichen Bebauung sind den sieben folgenden Auszügen aus dem Stadtarchiv zu entnehmen.
1. 1841 Februar 13 Protokoll über die Verhandlung von Magistrat und Stadtverordnetenversammlung über die Nutzung des bisher als Garten und Industriegarten genutzten Platzes westlich von Klosterkirche (Zeughaus) und Gymnasium. Da der Klosterplatz (hinter der Kirche und Gymnasium) für Zwecke des Landwehrbataillons zur Verfügung gestellt wurde, hat das Gymnasium keinen Spielplatz mehr. Auch will man entlang der Straße, die kürzlich vor dem Gymnasium hergezogen wurde, keine Bebauung gestatten. Derjenige Teil, der zwischen Klosterkirche und dem Haus des Freiherrn von Fürstenberg liegt, soll in der Länge bis zum Ende des Georg schen Hauses [= späteres evangelisches Pastorat] Spielplatz für das Gymnasium werden und frei bleiben, die Industrieschule erhält ein anderes Grundstück von der Stadt, der verbleibende Teil westlich und nördlich des Spielplatzes soll zu vier Bauplätzen veräußert werden. Stadtarchiv, Akte B 90 2. 1841 März 15 Kaufvertrag mit Stephan Hormes [= heute Haus Koslowski Ecke Klosterplatz- Seewerngraben]. Das Grundstück hat die Größe von 21 5/10 Quadratruthen. Die Bedingungen sind mit dem vorgenannten Vertrag identisch. Stadtarchiv, Akte B 90 3. 1841 November 30 Kaufvertrag. Die Stadt Attendorn verkauft dem Rendanten Schroeder einen Teil des Franziskanerklostergartens, der nördlich an das Grundstück des Stefan Hormes grenzt, zum Preis von 110 Taler 18 Sgr. Der Ankäufer ist verpflichtet, diesen Platz mit einem anständigen Wohnhaus zu bebauen, dessen Front östlich gewendet und mindestens 38 Fuß lang, zweistöckig, in jedem Stocke 10 Fuß hoch sein und oben 5 und unten 4 Fenster halten muß. Dieses Haus muß bis zum Frühjahr 1843 fertiggestellt, in der Mitte des Bauplatzes, und in gleicher Linie mit der Ostseite des von Fürstenberg schen Hauses [= heute Haus Schnüttgen] errichtet werden. Stadtarchiv, Sammlung Amtsgericht, Hypothekenakten VI-16 4. 1843 Januar 18 Die Intendantur des 7. Armeekorps zu Münster verzichtet auf die Gerechtsame, die auf die Bauplätze des ehemaligen Klostergartens eingetragen sind [= 1839: Der Klosterplatz ist zum Lüften, Ausklopfen und Trocknen der Landwehr-Effekten dem Bataillon überlassen worden, und zwar für gewöhnlich bis zum Mittelflügel des nicht ausgebauten Klostergebäudes, vom Landwehrzeughause [Klosterkirche] angerechnet. Bei einer Zusammenziehung der Truppen aber kann derselbe, bis inklusive des Mittelflügels von dem nicht ausgebauten Klostergebäude benutzt werden. Außerdem ist einer der Türme in der alten Stadtmauer zur Aufnahme von Pulver eingerichtet worden]. Stadtarchiv, Akte B 90, Akte B 642
5. 1843 März 9 Protokoll über den Verkauf der Grundstücke 940/4 und 1201 = 24 Ruthen, zwischen dem von Fürstenbergischen und Schröderschen Haus. Der Käufer kann das Wasser aus dem Brunnen unweit des Wasemeisters Haus schöpfen, muß sich aber an den Kosten zum Bau der jetzt aufgesetzten neuen Pumpe beteiligen. Das Grundstück ersteigerte Schreiner Stephan Hormes [= heute Haus Dr. Becker]. Stadtarchiv, Akte B 90 6. 1843 Oktober 31 Antrag des Stephan Hormes um Zuteilung von Bauholz für seinen Hausneubau am Klosterplatz. Stadtarchiv, Akte B 109 7. 1844 April 28 Stephan Hormes teilt mit, daß er den Maurermeister Leopold von der Brück aus dem Ebbe beauftragt habe, seinen Hausbau am Klosterplatz zu beaufsichtigen. Örtlich sei Maurer Eberhard Turwitt als Maurergehilfe angenommen. Stadtarchiv, Akte B 502 Ausschnitt aus dem Stadtplan von 1863. Die heutige Bebauung des Klosterplatzes (Ostseite) Ist durch die rot straffierten Umrisse gekennzeichnet.
Bis zu diesem Zeitpunkt war die Ostseite des Klosterplatzes durch die Giebelfront der Franziskanerkirche und durch die Ruine des 1783 abgebrannten Gymnasiums begrenzt. 1874/75 wurde hier der Neubau des Gymnasiums errichtet; noch später entstanden das Haus Hille und die evangelische Kirche als nördliche Begrenzung des Platzes. Ansicht des Gymnasiums, des Konventsgebäudes und der Franziskanerkirche um 1875 Somit ist der Klosterplatz erstmals 1914 als geschlossener Platz nachzuweisen.
Luftaufnahme vom Klosterplatz um 1960 (Stadtarchiv Attendorn, Fotothek, 601/19)