Korrektur und Bewertung schriftlicher Prüfungen Prüferkongress der IHK Nord Westfalen DIE BESTEN PRÜFEN Überblick 1. Prüfungsrecht 2. Bewertungsverfahren 3. Formale Aspekte 4. Inhaltliche Aspekte 5. Tipps zur Korrektur und Bewertung einzelner Aufgabenformate 2 1
berufsbezogene Prüfungen Verwaltungs- und Verfassungsrecht seit 1991 neues Prüfungsrecht 3 Maxime der Korrektur und Bewertung 1. Faire und objektive Behandlung aller Prüfungskandidaten ( Chancengleichheit) 2. Nachvollziehbarkeit 3. Durchgängiges und konsequentes Korrektur- bzw. Bewertungsverfahren 4. Korrektur und Bewertung müssen durch sachliche Vorgehensweise und sachliche Entscheidungen überzeugen. 4 2
Bewertungsverfahren nach Prüfungsordnung 25 (1) A-PO bzw. 22 (1) F-PO Jede Prüfungsleistung ist von jedem Mitglied des Prüfungsausschusses selbstständig zu bewerten. Beschlüsse über die Bewertung einzelner Prüfungsleistungen, der Prüfung insgesamt sowie über das Bestehen und Nichtbestehen der Abschlussprüfung werden vom Prüfungsausschuss gefasst. Bei der gemeinsamen Feststellung der Ergebnisse dienen die Einzelbewertungen der Prüfungsausschussmitglieder als Grundlage. 5 Bewertungsverfahren nach Prüfungsordnung 25 (2) A-PO bzw. 22(3) F-PO Zur Vorbereitung der Beschlussfassung nach Absatz 1 kann der Vorsitz mindestens zwei Mitglieder mit der Bewertung einzelner, nicht mündlich zu erbringender Prüfungsleistungen beauftragen. Die Beauftragten sollen nicht derselben Mitgliedergruppe angehören. Die beauftragten Mitglieder dokumentieren die wesentlichen Abläufe und halten die für die Bewertung erheblichen Tatsachen fest ( 42 Abs. 2 und 3 BBiG). Die übrigen Mitglieder des Prüfungsausschusses sind bei der Beschlussfassung nach Absatz 1 nicht an die Einzelbewertung der beauftragten Mitglieder gebunden. 6 3
Fazit Derzeit haben wir innerhalb der Industrie- und Handelskammern zwei gängige Varianten: 1. Delegation an zwei Mitglieder des Prüfungsausschusses und Beschlussfassung im Prüfungsausschuss 2. Korrektur, Bewertung und Beschlussfassung durch Prüfungsausschuss Die Prüfungsleistung ist vom Prüfer selbst, unmittelbar und vollständig zur Kenntnis zu nehmen und aus eigener Sicht selbstständig zu beurteilen. Weitere Korrektoren können sich nicht darauf beschränken, die Korrektur des Erstkorrektors auf Schlüssigkeit hin zu überprüfen. 7 Vorgehensweise bei der Korrektur Klausurweise Korrektur Korrektor bewertet die gesamte Klausur des einzelnen Prüfungsteilnehmers; oft angewendet bei der Einzelkorrektur Aufgabenweise Korrektur Korrektor bewertet ein und dieselbe Prüfungsaufgabe bei einer Vielzahl von Prüfungsteilnehmern, anschließend die folgende Aufgabe usw.; oft angewendet bei der Gruppenkorrektur (Korrektorenteam) 8 4
Formale Aspekte 1. Korrektoren korrigieren in unterschiedlichen Farben. 2. Keine Verwendung von Tipp-Ex etc. 3. Korrektoren müssen ihre Bewertung schriftlich begründen. ( Korrekturzeichen, Kommentare, Punktevergabe) 4. Bei abweichender Beurteilung sind die Prüfer verpflichtet sich zu einigen. innerhalb eines Leistungsbildes : Mittelwert in unterschiedlichen Leistungsbildern : Argumentation und Kompromiss / Konsens / Meinung eines Dritten (PA) 9 Verwendung von Korrekturzeichen 10 5
Kommentare Immer wenn Korrekturzeichen nicht selbsterklärend sind, haben sich Kommentare zur Korrektur bewährt - zur Nachvollziehbarkeit für den Prüfungsteilnehmer, - zur Nachvollziehbarkeit für den Zweitkorrektor. Die Anforderungen an Kommentare lauten: - verständlich - sachlich, nicht emotional - objektiv und ggf. standardisiert - und vor allem auch lesbar. 11 Verfahren zur Punktevergabe Für eine Prüfungsaufgabe gibt es maximal 10 Punkte. Der Prüfer bewertet die Lösung des Prüfungsteilnehmers mit 7 Punkten. Abzugsverfahren Es wird begründet, wofür 3 Punkte abgezogen werden. -3 + 7 Kumulationsverfahren Es wird deutlich gemacht, wie sich 7 Punkte aufsummieren. 12 6
Der Prüfer hat einen Bewertungsspielraum. Wiederholungsfehler Fehler / falscher Lösungsansatz wiederholt sich im gleichen Situationszusammenhang wird nicht erneut in Abzug gebracht Folgefehler Falscher Lösungsansatz wird folgerichtig fortgeführt, führt aber zu falschen Ergebnissen Korrektor bemisst den Schweregrad und damit den Punktabzug 13 Der Prüfungsteilnehmer hat einen Antwortspielraum. Zutreffende Antworten, brauchbare und begründete Lösungen dürfen nicht als falsch bewertet werden. Dies gilt auch, wenn der Prüfer eine andere oder gegenteilige fachliche Auffassung vertritt oder favorisiert. In diesem Sinne sind Lösungshinweise oder Lösungsskizzen nicht abschließend. 14 7
Übersicht Aufgabenformate Einfache verbale Aufgaben Rechenaufgaben Komplexe verbale Aufgaben 15 Taxonomie und Operatoren Wissen nennen aufzählen angeben Verstehen beschreiben erklären erläutern erörtern Anwenden vorschlagen entwerfen entwickeln erarbeiten 16 8
Beachten der Operatoren Vorgegebene Operatoren bitte beachten! Nennen eine Aufzählung mit Stichworten / Schlagworten Beschreiben Formulierung in ganzen Sätzen Zu viele Antworten zählen nicht! Bei n geforderten Antworten werden auch nur n Lösungen bewertet. Nicht eindeutige Operatoren! In dubio pro reo. Abstimmung mit Zweitkorrektor und zu Gunsten des Prüfungskandidaten. Aufgabenstellung und Lösungshinweis stimmen nicht überein! Aufgabenstellung ist ausschlaggebend 17 Korrekturbeispiel einfache verbale Aufgabe 18 9
Rechenaufgaben Bei Rechenaufgaben müssen bekannt / vereinbart sein: maximale Punktzahl und Punkteverteilung nach Aufgaben- oder Rechenschritten. Beispiel: Laut Typenschild hat der Triebwerksgenerator einer A320 eine Leistung von 90 kva. Während des Fluges Kann der Generator die Leistung auf Dauer liefern? (6 Punkte) Formel 1 Punkt Werte in Formel einsetzen 1 Punkt Berechnung (Potentieren) 1 Punkt Ergebnis und Einheit 2 Punkte Schlussfolgerung, Antwortsatz 1 Punkt 19 Rechenaufgaben Der Rechenweg ist nachvollziehbar anzugeben und erbringt in der Regel mehr Punkte als das reine Rechenergebnis. Die kaufmännischen Rundungsregeln sind anzuwenden und die Rundungsvorgaben der Aufgabenstellung einzuhalten. Auf die Benennung der Ergebnisse ist zu achten. 20 10
Korrekturbeispiel Rechenaufgabe 21 Kritische Punktewerte im Gesamtergebnis 1. Nichtbestehen mit 49 Punkten 2. Schwellenwerte wie 91, 80, 66, 29 Punkte fraglich, ob Leistungen im 100-Punkte-Schlüssel auf einen Punkt genau beurteilt werden können wecken Unverständnis des Prüfungskandidaten und provozieren ggf. Widerspruch nochmals überprüfen, ob nicht Vergabe eines weiteren Punktes vertretbar ist, oder ob evtl. zu großzügig bewertet wurde 3. ungenügend mit 0 Punkten 0 Punkte werden nur vergeben, wenn der Prüfungsteilnehmer überhaupt nichts geantwortet hat oder wenn die Ausführungen komplett falsch sind macht der Prüfungsteilnehmer einige Ausführungen, die den Anforderungen nicht entsprechen und bei denen selbst Grundkenntnisse fehlen, müssen 1 bis 29 Punkte vergeben werden 22 11
23 12