Diakonisches Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland Tagesbetreuungsausbaugesetz vom 27. Dezember 2004 Erläuterungen und Hinweise Das Tagesbetreuungsausbaugesetz vom 27. Dezember 2005 (BGBl. 2004, Teil I, S. 3852) ist am 1. Januar 2005 in Kraft getreten. Es enthält wesentliche Änderungen des SGB VIII und des Bundeserziehungsgeldgesetzes, die gleichermaßen das Ziel verfolgen, die Tagesbetreuung von Kindern im Alter zwischen 0 14 Jahren qualitativ und quantitativ zu verbessern. I. Änderungen des SGB VIII Die Änderungen des SGB VIII beziehen sich im Wesentlichen auf die Ausgestaltung der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege und der Schaffung eines bedarfsgerechten Angebotes. Dazu wurden die bisherigen Regelungen in 22 bis 24 SGB VIII überarbeitet und ergänzt. Im Einzelnen wurden folgende relevante Änderungen aufgenommen, die jeweils hinsichtlich ihrer rechtlichen Bedeutung und praktischen Relevanz dargestellt werden: 1. Grundsätze der Förderung ( 22 SGB VIII) a) rechtliche Würdigung Die Grundsätze der Förderung von Kindern wurde mit der Überarbeitung des 22 SGB VIII präzisiert. Der Gesetzesauftrag zur Förderung von Kindern richtet sich nicht mehr nur allein an die Kindertageseinrichtungen, sondern auch an die Tagespflege. Dadurch erfolgt eine qualitative Aufwertung der Tagespflege. Es wird darauf zu achten sein, dass diese Regelung wegen der ggf. geringeren Kosten nicht zum Abbau von Plätzen in Kindertageseinrichtungen führt. Weitere Einzelheiten zur Abgrenzung zwischen Tageseinrichtungen und Tagespflege regelt das Landesrecht. 1 Der Förderungsauftrag umfasst (wie bisher) die Erziehung, Bildung und Betreuung sowie die Vermittlung orientierender Werte und Regeln. Die Förderung des Kindes soll sich am Alter und Entwicklungsstand, den Fähigkeiten, an der Lebenssituation 1 Einen Überblick über alle landesrechtlichen Regelungen zur Tagespflege finden Sie unter www.mbjs.brandenburg.de über die links Kinder und Jugend und Kindertagesbetreuung
Tagesbetreuungsausbaugesetz Seite 2 von 9 sowie den Interessen und den Bedürfnissen des Kindes orientieren. Die ethnische Herkunft des Kindes ist zu berücksichtigen. Damit wurden fachliche Entwicklungen und Diskurse der letzten Jahre in das Gesetz aufgenommen und zur Grundlage der Arbeit mit Kindern gemacht. Das einzelne Kind mit seinen spezifischen Lebensbedingungen wird stärker in den Mittelpunkt gestellt. 2 Zur interkulturellen und interreligiösen Erziehung und Bildung wurde für die evangelischen Kindertageseinrichtungen eine umfangreiche Handreichung erarbeitet. Die Grundsätze werden über diese Trias hinaus umfangreicher differenziert als im alten Gesetz. Tageseinrichtungen für Kinder und Kindertagespflege sollen 1) die Entwicklung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit fördern, 2) die Erziehung und Bildung in der Familie unterstützen und ergänzen, 3) den Eltern dabei helfen, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander vereinbaren zu können. Neben dem individuellen Förderanspruch des Kindes sind zukünftig die Unterstützung der Erziehungs- und Bildungskompetenz der Familie und das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf von Trägern und Einrichtungen in der Umsetzung des Gesetzes zu berücksichtigen. Dies kann zum Beispiel Auswirkungen auf die Veränderung und Anpassung von Öffnungszeiten an die Bedarfe berufstätiger Eltern haben. Die konzeptionelle Umsetzung der Zusammenarbeit mit Familien (Stärkung von Elternkompetenz, Partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Eltern, Elternbildung) erhält ebenfalls ein stärkeres Gewicht. In der Fachdebatte haben sich evangelische Träger und Einrichtungen bereits intensiv mit diesen Themen auseinandergesetzt und ihre Konzepte weiterentwickelt. 2. Förderung in Tageseinrichtungen ( 22 a SGB VIII) a) rechtliche Würdigung Der neu eingeführte 22 a SGB VIII konkretisiert die Anforderungen an die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen. Er verpflichtet die Träger der öffentlichen Jugendhilfe zunächst in ihren eigenen Einrichtungen 2 vgl. Vielfalt leben Profil gewinnen: Interkulturelle und interreligiöse Erziehung und Bildung in evangelischen Tageseinrichtungen für Kinder Hg.: Bundesvereinigung Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder
Tagesbetreuungsausbaugesetz Seite 3 von 9 - die Qualität der Förderung der Kinder durch die Entwicklung und Anwendung einer pädagogischen Konzeption ( 22 a Abs. 1 SGB VIII), - der Einsatz von Instrumenten und Verfahren zur Evaluation der Arbeit in Einrichtungen ( 22 a ABs. 1 SGB VIII) - die Zusammenarbeit zwischen den Fachkräften der Einrichtungen und den Erziehungsberechtigten ( 22 a Abs. 2 SGB VIII),sowie die Beteiligung an wesentlichen Angelegenheiten der Erziehung, Bildung und Betreuung ( 22aAbs.2 SGB VIII) - die Sicherung der Kinderbetreuung in den Schließzeiten der Einrichtungen in den Ferien ( 22 a Abs. 3 SGB VIII) und - die gemeinsame Förderung von Kindern mit und ohne Behinderungen soweit es der Hilfebedarf zulässt; die Träger der öffentlichen Jugendhilfe und der Sozialhilfe sollen bei der Planung, Konzeptionierung und Finanzierung des Angebots zusammenarbeiten ( 22a Abs.3 SGB VIII) sicherzustellen. Darüber hinaus sieht 22 a Abs. 5 SGB VIII vor, dass der Träger der öffentlichen Jugendhilfe den oben skizzierten Förderauftrag des 22 a Abs. 1 4 SGB VIII in den Einrichtungen anderer Träger durch geeignete Maßnahmen sicherstellt. Geeignete Maßnahmen sind ausweislich der Gesetzesbegründung Vereinbarungen zwischen dem Einrichtungsträger und dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe sowie Auflagen oder Bedingungen in Förderbescheiden. Die Tragweite von 22 a Abs. 5 SGB VIII kann derzeit noch nicht abschließend eingeschätzt werden. Es wird darauf ankommen, in welchem Maße die Träger der öffentlichen Jugendhilfe von 22 a Abs. 5 SGB VIII Gebrauch machen. 22 a SGB VIII wirft drei Kernfragen auf. 1) Welche Vorgaben kann der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe den Einrichtungen anderer Träger machen? 2) Wer trägt die Kosten für vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach 22 a SGB VIII angeordnete Maßnahmen? 3) Wie kann der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Realisierung des Förderauftrages gegenüber den Einrichtungen anderer Träger durchsetzen? zu 1) Es ist davon auszugehen, dass der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben für seine eigenen Einrichtungen auch von den Einrichtungen anderer Träger verlangen kann. Dazu wird er die Vorlage einer pädagogischen Konzeption genauso fordern dürfen, wie Nachweise für die Zusammenarbeit zwischen Fachkräften der Einrichtungen und Erziehungsberechtigten, die Sicherstellung der Kinderbetreuung in den Schließzeiten der Einrichtungen in den Ferien sowie der gemeinsamen Förderung von Kindern mit und ohne Behinderungen. Da er die Reali-
Tagesbetreuungsausbaugesetz Seite 4 von 9 sierung des Förderauftrages sicherzustellen hat, kann der Träger der öffentlichen Jugendhilfe auch überprüfen, ob die pädagogische Konzeption im Einklang mit den in 22 SGB VIII und hier insbesondere Absatz 3 formulierten Grundsätzen der Förderung steht. Solange die pädagogische Konzeption einer Einrichtung die Vorgaben der 22 und 22 a Abs. 1-4 SGB VIII berücksichtigt, berechtigt 22 a Abs. 5 SGB VIII den Träger der öffentlichen Jugendhilfe nicht, weitere inhaltliche Vorgaben zur Ausgestaltung des pädagogischen Konzepts einzufordern. Die Abgrenzung, wann ein pädagogisches Konzept den Anforderungen der 22 Abs. 3 und 22 a Abs. 1 4 SGB VIII genügt, kann dabei in Einzelfällen zu Schwierigkeiten und ggf. Rechtsstreitigkeiten führen. Die bereits erstellten pädagogischen Konzeptionen müssen unter Umständen an die neue Rechtslage angepasst werden. zu 2) Mit 22 a SGB VIII wird erstmals im SGB VIII die Entwicklung eines pädagogischen Konzeptes unter Berücksichtigung der Anforderungen an die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen vorgeschrieben und der Einsatz von Instrumenten und Verfahren zur Evaluation der Arbeit in den Einrichtungen vorgesehen. Damit können für die Einrichtungen neue Aufgaben verbunden sein soweit entsprechende Vorgaben nicht bereits in landesgesetzlichen Regelungen enthalten sind. Sollte der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe auf der Grundlage von 22 a SGB VIII i. V. m. 22 Abs. 3 SGB VIII zusätzliche Maßnahmen von den Einrichtungen verlangen, die zu zusätzlichen Kosten der Einrichtungsträger führen, sind diese zusätzlichen Kosten als notwendige Kosten zum Betrieb der Einrichtungen bei der Kostenabrechnung mit der öffentlichen Hand nach den landesgesetzlichen Vorgaben zu berücksichtigen. Da die Finanzierung der Kindertagesbetreuung und die Vereinbarungen zu Bildungsplänen in den einzelnen Ländern unterschiedlich geregelt sind kann an dieser Stelle dazu keine allgemeingültige Aussage getroffen werden. 3 zu 3) Nicht abschließend geregelt ist die Frage, wie der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Realisierung des Förderungsauftrages nach Maßgabe des 22 a Abs. 1 4 SGB VIII sicherstellt. Es steht ihm frei, zur Sicherstellung des Förderauftrages in Einrichtungen öffentlich-rechtliche Vereinbarungen nach Maßgabe der 53 ff SGB X 4 mit den Einrichtungsträgern zu schließen oder Verwaltungsakte ggf. als Auflagen im Rahmen von Zuwendungsbescheiden zu erlassen. Die Vereinbarungen können wegen des eingeschränkten Anwendungsbereiches ( 78 a SGB VIII) nicht auf der Grundlage der 78 b ff. SGB VIII geschlossen werden, wenn das Landesrecht die Anwendung dieser Vorschriften für die Finanzierung von Kindertageseinrichtungen nicht ausdrücklich vorsieht. Ebenso wenig kann die vom Gesetzgeber angedachte Vereinbarung zur Sicherstellung des Förderungsauftrages in Tageseinrichtun- 3 Eine Übersicht findet sich unter www.mbjs.brandenburg.de 4 Die 53 ff. SGB X regeln die Zulässigkeit, das Zustandekommen und weitere Einzelheiten von öffentlich-rechtlichen Verträgen im Sozialrecht
Tagesbetreuungsausbaugesetz Seite 5 von 9 gen nach Maßgabe des 77 SGB VIII geschlossen werden. 77 SGB VIII sieht den Abschluss von Vereinbarungen über die Höhe der Kosten vor, wenn Einrichtungen und Dienste der Träger der freien Jugendhilfe in Anspruch genommen werden. 22 a SGB VIII regelt aber nicht die Inanspruchnahme von Einrichtungen, sondern die Rechte des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe zur Realisierung des Förderungsauftrages. Der Abschluss von Vereinbarungen hat für die Träger von Einrichtungen und den Träger der öffentlichen Jugendhilfe den Vorteil, dass beide gemeinsam die Anforderungen an die Umsetzung des 22 a SGB VIII regeln können. Darüber hinaus können die Fragen der Finanzierung außerhalb der landesgesetzlichen Vorgaben vereinbart werden. Gegenstand einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung sollten 1. die Anerkennung der bestehenden pädagogischen Konzeption durch den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe 2. die Definition der Instrumente und Verfahren zur Evaluation der Arbeit der Einrichtungen, 3. die Rechte und Pflichten der Einrichtungen und der örtlichen Träger der Jugendhilfe im Fall von Unstimmigkeiten im Rahmen der Evaluation 4. die Ausgestaltung der Zusammenarbeit bei der gemeinsamen Förderung von Kindern mit und ohne Behinderung 5. die Absprache einer Vertretungsregelung im Falle der notwendigen Betreuung von Kindern in den Schließzeiten der Einrichtungen und 6. die Finanzierung der vereinbarten Maßnahmen sein. Sollten Vereinbarungen mit den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe nicht zustande kommen, hat dieser die Möglichkeit, seine Vorstellungen im Rahmen von Verwaltungsakten vorzugeben. Diese Verwaltungsakte gegenüber den Einrichtungen können als Einzelbescheide, aber genauso gut als Auflagen im Rahmen von Zuwendungsbescheiden erlassen werden. Unabhängig von der gewählten Bescheidform, sind diese Bescheide rechtsmittelfähig. Abweichende Rechtspositionen können ggf. im Rahmen der Rechtsmittelverfahren durchgesetzt werden. Welches Mittel der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Durchsetzung der Maßnahmen zur Sicherstellung des Förderungsauftrages einsetzt, steht ihm frei. Ob dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe dazu im Rahmen des Jugendhilfeausschusses Vorgaben gemacht werden können, hängt auch von der Ausgestaltung vor Ort ab. Denn das Beschlussrecht in Angelegenheiten der Jugendhilfe gem. 71 SGB VIII besteht nur im Rahmen der von der Vertretungskörperschaft erlassenen Satzung und Beschlüsse. Ob eine Erörterung der vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe eingesetzten Mittel zur Durchsetzung der Maßnahmen zur Sicherstellung des Förderungs-
Tagesbetreuungsausbaugesetz Seite 6 von 9 auftrages im Jugendhilfeausschuss sinnvoll und möglich ist, muss daher vor Ort entschieden werden. 3. Förderung in der Tagespflege ( 23 SGB VIII) 23 SGB VIII regelt die Förderung in der Kindertagespflege. Dazu gehört nach dem Gesetzeswortlaut die Vermittlung einer geeigneten Tagespflegeperson ebenso wie deren fachliche Beratung, Begleitung und weitere Qualifizierung und die Gewährung einer laufenden Geldleistung ( 23 Abs 1 SGB VIII ). Die Bestandteile der Geldleistung sind in 23 Abs. 2 SGB VIII definiert. Die laufende Geldleistung umfasst danach - die Erstattung angemessener Kosten für den Sachaufwand, - einen angemessenen Beitrag zur Anerkennung ihrer Förderungsleistung und - die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zur Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung zu einer angemessenen Alterssicherung. Die Höhe der Geldleistung wird gem. 23 Abs. 2 S. 2 SGB VIII vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe festgelegt, soweit Landesrecht nichts anderes bestimmt. 5 Erstmalig werden darüber hinaus in 23 Abs. 3 SGB VIII Kriterien zur Eignung von Tagespflegepersonen im Gesetz festgelegt. Zur Tagespflege geeignet sind danach Personen, die sich durch ihre Persönlichkeit, Sachkompetenz und Kooperationsbereitschaft mit Erziehungsberechtigten und anderen Tagespflegepersonen auszeichnen und über geeignete Räumlichkeiten verfügen. Sie sollen über vertiefte Kenntnisse hinsichtlich der Anforderungen der Kindertagespflege verfügen, die sie in qualifizierten Lehrgängen erworben oder in anderer Weise nachgewiesen haben. Ferner wird in 23 Abs. 4 SGB VIII ein Beratungsanspruch für Erziehungsberechtigte und Tagespflegepersonen und die Förderung und Unterstützung von Zusammenschlüssen von Tagespflegepersonen verankert. Das Diakonische Werk hat bereits in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf die neuen Regelungen zur Eignungsfeststellung und fachlichen Qualifizierung begrüßt. Die in der Begründung zum Gesetzentwurf dargelegte Gleichrangigkeit der Tagespflege mit Kindertageseinrichtungen wird allerdings nicht unterstützt. 6 Evangelische Träger können neue Aufgabenfelder insbesondere im Bereich Qualifizierung und Beratung erschließen, insbesondere in Kooperation mit Kindertageseinrichtungen. 5 Die Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Umsetzung von Tagespflege werden zur Zeit überarbeitet und der aktuellen Gesetzeslage angepasst 6 vgl. Beneke, Doris, Ausbau der Kinderbetreuung durch Tagespfllege Chance oder Risiko? in: Theorie und Praxis der Sozialpädagogigk (TPS) 9/10 2004
Tagesbetreuungsausbaugesetz Seite 7 von 9 Umsetzungsvorschläge und Positionen werden in einer Broschüre erscheinen, die zur Zeit gemeinsam von der Bundesvereinigung evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder ( BETA ) und dem Diakonischen Werk der EKD erarbeitet wird. 4. Inanspruchnahme von Tageseinrichtungen und Kindertagespflege ( 24 SGB VIII) 24 SGB VIII regelt neben dem Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung von Kindern vom vollendeten dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt in Tageseinrichtungen die Verpflichtung der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Vorhaltung eines bedarfsgerechten Angebotes an Plätzen in Tageseinrichtungen und in der Tagespflege für Kinder unter 3 Jahren. Zur Ermittlung des Bedarfs an Kindertagesbetreuungsplätzen für Kinder unter 3 Jahren, gibt 24 Abs. 3 SGB VIII zwei Kriterien vor. Zum einen ist der Bedarf an Kindertagesbetreuungsplätzen für Kinder unter 3 Jahren sicherzustellen, um die Erwerbstätigkeit von Erziehungsberechtigten einschließlich der Vorbereitung auf eine Erwerbstätigkeit zu ermöglichen zum anderen richtet sich der Bedarf an Kinderbetreuungsplätzen für Kinder unter 3 Jahren danach, ob den Kindern ohne diese Leistung eine ihrem Wohl entsprechende Förderung nicht gewährleistet ist. Einen Rechtsanspruch für die Tagesbetreuung von Kindern unter 3 Jahren begründet diese Regelung aber nicht, weil die Regelung lediglich die Schaffung eines bedarfsgerechten Angebotes durch die Träger der öffentlichen Jugendhilfe vorsieht. Ob ein Rechtsanspruch für die Kindertagesbetreuung für Kinder unter 3 Jahre besteht, kann sich aber aus weitergehenden landesgesetzlichen Regelungen ergeben. 5. Übergangsregelung für die Ausgestaltung des Förderangebotes ( 24 a SGB VIII) Die Übergangsregelung für die Ausgestaltung des Förderangebotes nach 24 a SGB VIII betrifft im Wesentlichen die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Danach sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe verpflichtet, regelmäßig den bestehenden Bedarf und das vorhandene Angebot zu überprüfen. Solange das erforderliche Angebot noch nicht zur Verfügung steht, sollen bei der Vergabe der neu geschaffenen Plätze Kinder, deren Wohl nicht gesichert ist, und Kinder, deren Eltern eine Arbeit aufnehmen oder an Maßnahmen nach dem SGB II teilnehmen, vorrangig zu berücksichtigen sein. Die Regelung betrifft nach ihrem Wortlaut nur neu geschaffene Kita- Plätze. Noch nicht abschließend beantwortet werden kann die Frage, ob diese Regelung auch auf die Auswahlentscheidungen der freien Träger durchschlägt, die nach in Kraft treten des Gesetzes neue Betreuungsplätze für Kinder unter 3 Jahren schaffen. Dieses wird jedenfalls dann nicht ausgeschlossen werden können, wenn die Einrichtung des freien Trägers z. B. durch die Aufnahme in die jährlichen Ausbaustufen nach 24 a SGB VIII eines Trägers der öffentlichen Jugendhilfe als notwendige Einrichtung besondere Fördermittel erhält. Etwas anderes kann für die Einrichtungen gelten,
Tagesbetreuungsausbaugesetz Seite 8 von 9 die nicht im Ausbauprogramm erfasst werden, oder dort nicht zu den für die Erfüllung des Bedarfs notwendigen Einrichtungen gezählt werden. 6. Finanzierung von Tageseinrichtungen für Kinder ( 74 a SGB VIII) Neu ist ebenfalls die Regelung des 74 a SGB VIII, wonach die Finanzierung von Tageseinrichtungen das Landesrecht regelt. In der Gesetzesbegründung wird darauf verwiesen, dass sich in den Bundesländern unterschiedliche Finanzierungsformen etabliert haben, die von den beiden im SGB VIII vorgesehenen Finanzierungsmodellen der Förderfinanzierung ( 74 SGB VIII) und der Entgeltfinanzierung ( 78 a SGB VIII) abweichen. Damit wird erstmals eine Ermächtigungsgrundlage für die schon bisher im Landesrecht verankerten Finanzierungsregelungen geschaffen. Fraglich ist, ob die Formulierung des 74a SGB VIII den Schluss zulässt, dass die gesamte Finanzierung der Tageseinrichtungen durch die Länder sicherzustellen ist, sofern die Finanzierung nicht durch Elternbeiträge gesichert ist. Dafür spricht, dass nach dem Wortlaut des Gesetzestextes die Regelung der Finanzierung von Tageseinrichtungen in ihrer Gesamtheit durch den Landesgesetzgeber erfolgen soll. Dagegen spricht, dass in der Begründung ausdrücklich auf die bestehenden Regelungen Bezug genommen wird, die unterschiedliche Finanzierungsmodelle mit unterschiedlichen eigenen Beiträgen der Einrichtungsträger vorsieht. II. Änderung des Bundeserziehungsgeldgesetzes (Art. 2) Abschließend möchten wir noch kurz auf eine wesentliche Änderung des Bundeserziehungsgeldgesetzes (BEGG) aufmerksam machen. In 2 BEGG wird nunmehr geregelt, dass keine volle Erwerbstätigkeit vorliegt, wenn eine nach dem BEGG anspruchsberechtigte und nach 23 SGB VIII geeignete Tagespflegeperson nicht mehr als 5 Kinder betreut. Die Vorschrift wird durch die Neuregelung in 15 Abs. 4 BEGG ergänzt, wonach es für den Anspruch auf Erziehungsgeld unerheblich ist, wenn die Betreuung von bis zu 5 Kindern durch eine nach 23 SGB VIII geeignete Tagespflegeperson eine wöchentliche Betreuungszeit von 30 Stunden übersteigt. Die Regelung entspricht dem Ziel der Bundesregierung, die Tagespflege durch qualifizierte Fachkräfte auszubauen und auszuwerten. Fachkräfte von Kindertageseinrichtungen wird damit die Möglichkeit gegeben während der Elternzeit im Falle eigenen Nachwuchses neben dem Erhalt des Bundeserziehungsgeldes weitere Einnahmen durch die Betreuung von weiteren Kindern zu erzielen. Diese Einschätzung ist eine vorläufige Bewertung der erheblichen Änderungen durch das Tagesbetreuungsausbaugesetz. Eine tiefer gehende Erörterung einzelner Rechtsfragen erscheint insbesondere im Hinblick auf den Abschluss möglicher Verträge mit den Trägern der
Tagesbetreuungsausbaugesetz Seite 9 von 9 öffentlichen Jugendhilfe nach 22 a Abs. 4 SGB VIII und der Finanzierung von Tageseinrichtungen nach 74 a SGB VIII angezeigt. Weitere Ergänzungen können sich aus den noch zu verabschiedenden, zustimmungspflichtigen Teilen des TAG ergeben. Diese werden dem Bundestag unter dem Namen Weiterentwicklung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KICK) zur Beschlussfassung vorgelegt. Doris Beneke Arbeitsfeld Kindertageseinrichtungen im Zentrum FIBA Marie-Luise Schiffer-Werneburg Stabsstelle Sozialrecht der Zentrenkoordination