Laborinformation. Lyme-Borreliose. Labordiagnostik. Prof. Dr. med. H.-P. Seelig



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Transkript:

Laborinformation Lyme-Borreliose Labordiagnostik Prof. Dr. med. H.-P. Seelig Borrelien, indirekter Immunfluoreszenztest. Zum Größenvergleich wurden der Borreliensuspension humane Erythrozyten beigemischt. Im Blut lassen sich Borrelien nur während der sehr kurzen Phase der hämatogenen Streuung nachweisen. Der Erregernachweis im Blut ist daher nicht indiziert. Medizinisches Versorgungszentrum Labor Prof. Seelig Kriegsstraße 99 76133 Karlsruhe Telefon: 07 21 850000 www.laborseelig.de 2009

Die Erreger der durch Schildzecken übertragenen Lyme-Borreliose sind die Spirochäten Borrelia burgdorferi sensu stricto (s.s.), B. afzelii und B. garinii, Mitglieder einer Gruppe verwandter Genospezies (Gendifferenzen >30 %), die unter dem Oberbegriff Borrelia burgdorferi sensu lato (s.l.) zusammengefasst werden. In Eurasien werden alle drei Genospezies, in Nordamerika nur B. burgdorferi s.s., in Japan B. afzelii und B. garinii angetroffen. Die Infektion mit B. burgdorferi kann sowohl klinisch inapparent als auch in Form einer über mehrere Stadien progredienten oder chronisch persistierenden Multisystemerkrankung verlaufen. Einzelne Krankheitsstadien können übersprungen werden, Spontanheilungen sind möglich. Zwischen 3 und 40 Tagen nach der Infektion (Stadium I) entwickeln bis zu 70 % der Infizierten ein Erythema migrans (EM), das innerhalb von Wochen bis Monaten abklingt. Eine Sonderform des EM ist das Borrelien-Lymphozytom. Nach der hämatogenen Aussaat der Erreger kommt es im Verlauf von 4-16 Wochen zu Organmanifestationen (Stadium II), am häufigsten zu einer Neuroborreliose mit oligo- bis polysegmentaler, lymphozytärer Meningoradikulitis (Bannwarth-Syndrom), teils verbunden mit Hirnnervenparesen (N. fazialis, N. abducens). Seltener sind die Lyme-Karditis, Lymphadenopathien, Splenomegalie, Hepatitis, Orchitis oder ophthalmologische Beschwerden. Zu den häufigsten der nach Monaten bis Jahren auftretenden Spätmanifestationen (Stadium III) zählen die vorwiegend in Europa vorkommende Acrodermatitis chronica atrophicans (ACA), ein unscharf begrenztes, rötlich-livides Exanthem an den Streckseiten der Extremitäten, gefolgt von einer irreversiblen Atrophie sämtlicher Hautschichten sowie die Lyme-Arthritis (LA) mit rezidivierenden Mono- oder Oligoarthritiden der großen Gelenke (Kniegelenk). Sehr selten ist die chronisch progrediente Borrelienenzephalitis. Infektiosität, Pathogenität und Überlebensstrategien Das Genom von B. burgdorferi s.l. besteht aus einem linearen Chromosom sowie 12 linearen und 9 zirkulären Plasmiden. Zahlreiche Membranproteine, deren konzertierte Expression für die Infektiosität, Pathogenität und Immunreaktivität der Borrelien von Bedeutung ist, werden von plasmidständigen Genen kodiert. Während ihres Aufenthalts im Zeckendarm exprimieren Borrelien das äußere Oberflächenprotein (outer surface protein) OspA, mit dem sie am Darmepithel festhaften. Durch die beim Blutsaugen ausgelöste Temperatur- und ph-änderung im Zeckendarm wird die Synthese von OspA gestoppt, die Synthese von OspC, einem Membranprotein, welches für das Auswandern der Borrelien in die Speicheldrüsen benötigt wird, aber stimuliert. Wegen

der bei Borrelien üblichen Latenz der Darm-Speichel-Passage erfolgt die Infektion der gestochenen Person in der Regel erst nach einem mehrstündigen Saugakt. Die Infektion mit nur wenigen OspC-tragenden Borrelien kann bereits eine starke Immunantwort auslösen (anti-ospc-igm). Inokulierte Borrelien entziehen sich der natürlichen komplementvermittelten Immunabwehr indem sie mit Membranproteinen wie CRASP (complement regulator acquiring surface protein) oder Erp (OspE/F related proteins wie OspE/F, p21, pg) funktionell aktive Komplementregulator- und -Inhibitor-Proteine einfangen und so ihre komplementvermittelte Opsonisierung, Phagozytose und Lyse verhindern. Andere Membranproteine assoziieren mit Plasminogenaktivatoren oder proteolytisch aktivem Plasmin, was den Borrelien die Proteolyse der extrazellulären Matrix, die Infiltration des umliegenden Gewebes, das Durchdringen des Gefäßendothels und dann die hämatogene Streuung ermöglicht. Decorinbindende (DbpA) und fibronectinbindende (BBK32) Proteine vermitteln die Bindung z.b. an Kollagenfasern in der extrazellulären Matrix und damit ein abgeschirmtes Überleben der Erreger in bradytrophen Geweben. Der adaptiven Immunelimination versuchen sich die Borrelien durch die fortlaufende Rekombination ihres genetischen Repertoires wie z.b. des VlsE-Gens zu entziehen. VlsE (variable major protein like sequence) ist das exprimierte (E) Gen einer Gruppe von bis zu 15 stummen, hintereinander liegenden, homologen Genkassetten mit variablen (VR 1-6 ) und invariablen Regionen (IR 1-6 ). Die variablen Regionen kodieren die exponierten immunreaktiven Oberflächen des VlsE-Proteins, die invariablen dagegen kryptische membranverankernde Domänen. Da die variablen Regionen der 15 stummen Kas- Antikörperhäufigkeiten [%] Antigene Stadium I Stadium II Stadium III Spezifität p83 / 100 (1) 8 21 80 sehr hoch p58 (3) 26 40 97 hoch p41 Flagellin (intern) (1,3) 5 17 69 nieder p39 / BmpA (1,2,3) 6 36 85 hoch OspA / p30 (1,2,3) 5 19 78 hoch OspC (1,2,3,5) 6 19 21 hoch Osp17 / DbpA (1,4) 27 38 92 hoch VlsE (2) 63 92 87 sehr hoch Stämme: 1. B.afzelii, Pko; 2. B.burgdorferi, PkA2; 3. B.garinii, Pbi; 4. B.garinii, Pbr; 5. B.garinii 20047. Tabelle 1 Häufigkeiten (%) und Wert der Spezifität der im Westernblot nachweisbaren Antikörper gegen verschiedene Borrelien-Antigene in unterschiedlichen Krankheitsstadien. Die hochgestellten Zahlen verweisen auf die in unserem Labor für die Herstellung der rekombinanten Antigene verwendeten Bakterienstämme.

setten ständig mit den variablen Regionen der exprimierten Kassette rekombinieren, können Millionen neuer Proteinoberflächen entstehen, die sich immer wieder der Immunantwort entziehen. Die invariablen VlsE-Regionen der humanpathogenen Genospezies, insbesondere die Region IR 6 (C6-Peptid), sind untereinander sehr ähnlich. Die von ihnen kodierten Peptide lassen sich daher vorteilhaft für die serologische Diagnostik nutzen. Labordiagnostik Der Kliniker erwartet von der Labordiagnostik die sichere Beantwortung der Frage nach einer Borrelien-Infektion, Hinweise auf das Stadium der Borreliose, Hilfestellung bei Therapieentscheidungen und prognostische Aussagen. Ein Globaltest, der alle diese Fragen beantworten kann, existiert leider nicht. Die Labordiagnostik und der klinische Untersuchungsauftrag müssen sich an den mikrobiologischen, biochemischen, pathophysiologischen und immunpathologischen Eigenheiten der Borrelien orientieren, d.h. zum rechten Zeitpunkt das richtige Material mit dem geeigneten Test untersuchen. Borrelien-Serologie: Mehrere der für die Infektiosität, Pathogenität und den Immunescape relevanten Proteine sind immunogen und daher für die serologische Diagnostik einer Borrelien-Infektionen geeignet. Nach internationalen Richtlinien werden Antikörper gegen B. burgdorferi zuerst mit einem sensitiven Elisa, nur selten noch mit dem indirekten Immunfluoreszenztest nachgewiesen. Positive oder grenzwertige Resultate werden mit einem spezifischeren Bestätigungstest, dem Western- (Immuno)-blot abgesichert (zwei- Stufen-Diagnostik). Da einige der Borrelienantigene (z.b. Flagellin) auch von anderen Spirochäten und nicht verwandten Bakterien wie E. coli (z.b. heat-shock-proteine, common antigen) gebildet werden, finden sich oft auch bei nicht mit B. burgdorferi infizierten Personen falsch positive Ergebnisse durch kreuzreagierende Antikörper. Tests der II. Generation versuchen die Spezifität durch die Absorption kreuzreagierender Antikörper und durch den Einsatz fraktionierter Borrelienlysate zu erhöhen. In Tests der III. Generation werden derzeit rekombinante oder hochreine native, teils auch modifizierte Proteinantigene (z.b. trunkiertes Flagellin) erprobt. Der Westernblot kann nicht nur zwischen unspezifischen kreuzreagierenden und speziesspezifischen Antikörpern unterscheiden, sondern gibt auch Hinweise auf das Stadium der Infektion (Tabelle 1). Je länger die Krankheitsdauer, desto größer die Palette der Antikörperspezifitäten. Europäische und amerikanische Fachgesellschaften haben unter Berücksichtigung epidemiologischer Gesichtspunkte Interpretationsrichtlinien für als positiv oder negativ einzustufende Westernblots erarbeitet. Diagnostisch von Nachteil ist die lange Latenzphase der Antikörperantwort. In der Frühphase des EM sind weniger als 50 %

der Patienten Antikörper-positiv. Bei typischer Anamnese und Hautsymptomatik ist daher auch bei negativer Serologie eine Antibiotikatherapie indiziert. Selbst im Stadium II sind nur bei 70-90 % der Infizierten positive serologische Befunde zu erwarten. Im Frühstadium einer Neuroborreliose lassen sich Antikörper im Liquor gelegentlich früher als im Blut nachweisen. Bei entsprechendem Verdacht sollten Serum und Liquor simultan untersucht werden. Ein pathologisch erhöhter Liquor/Serum-Index (ASI) gestattet den Nachweis einer intrathekalen Antikörpersynthese und sichert die Diagnose der Neuroborreliose (70-90 % im Früh-, 100 % im Spätstadium der Neuroborreliose). Im Stadium III der Borreliose (ACA, LA) sind in der Regel immer (>95 %) positive serologische Befunde zu erheben. Falsch negative serologische Resultate sind bei einer unvollständigen Komplementarität des Spektrums der gebildeten Antikörper und der Testantigene möglich. Wenn sich homologe Membranproteine verschiedener Genospezies immunologisch unterscheiden (z.b. OspC), muss das von einer Genospezies stammende Testantigen nicht zwangsläufig mit dem durch eine andere infizierende Genospezies induzierten Antikörper reagieren. Antikörper, die sich gegen nur in vivo exprimierte Antigene (z.b. VlsE) richten, werden mit dem aus kultivierten Borrelien gewonnen Antigenspektrum nicht erkannt. Die kulturelle Anzucht von B. burgdorferi s.l. gelingt am besten aus Hautbiopsien bei EM (70 %), ACA (50 %), schlecht aus Liquor cerebrospinalis (10 %), so gut wie nie aus Gelenkpunktaten- oder Biopsien. Wegen der langen Generationszeit (7-24 Std.) ist frühestens nach 4 Tagen, in der Regel erst nach mehreren Wochen mit einem Ergebnis zu rechnen. Indiziert bei atypischen Befunden und immundefizienten Patienten. Der molekulargenetische Nachweis (NAT, PCR) der Borrelien- DNA in Hautbiopsien bei EM oder ACA, in Gelenkpunktaten/ -biopsien, Myokardbiopsien oder im Liquor cerebrospinalis ist bei diagnostischen Problemfällen hilfreich (frühe Neuroborreliose, Immunsupprimierte, antibiotisch oder mit Kortikosteroiden vorbehandelte Patienten). Die Amplifikation der OspA-Gene ermöglicht die in jedem Fall anzustrebende Bestimmung der Genospezies sowie die Erkennung der potentiell humanpathogenen B. valaisiana und des A14S-Genotyps. In der Regel ist die diagnostische Sensitivität der PCR, mit Ausnahme von Gelenkpunktaten- und Biopsien (50-70 %), nicht höher ist als die der Kultur. Der positive Borrelien-Nachweis in der Zecke (PCR, Mikroskopie) könnte eine Indikation für eine antibiotische Therapie darstellen, sofern sich ihr Nutzen in weiteren Studien bestätigt.

Antigen- und DNA-Nachweise im Urin oder Lymphozytentransformation: Der mehrfach propagierte Nachweis von Borrelien-Antigenen (Elisa) oder -DNA (PCR) im Urin ist nach bisherigen Erkenntnissen ebenso ungeeignet für die Diagnostik wie der Lymphozytentranformationstest zur Beurteilung der Krankheitsaktivität. Faustregeln der Borrelienserologie Negative Ergebnisse schließen eine Infektion oder eine Borreliose, insbesondere im Stadium I/II, nicht aus. Bei fortbestehendem Verdacht werden Kontrollen in 4-6-wöchigen Intervallen empfohlen. Positive Ergebnisse kennzeichnen nur den Zustand nach einer Infektion, d.h. ausgeheilte Erkrankung, manifeste Erkrankung oder latente Infektion. Sie sind ohne entsprechende Klinik noch keine Indikation für eine antibiotische Behandlung. Je unspezifischer die Symptome, desto unwahrscheinlicher eine Erkrankung. Bei 5-20 % der Gesunden finden sich positive Tests abhängig von Lebensalter und beruflicher Exposition. Aus dem Titerverlauf der Antikörper lassen sich nur bei sehr langen, sich über mehrere Jahre erstreckenden Beobachtungszeiträumen Rückschlüsse auf den Krankheitsverlauf, auf einen Therapieerfolg oder auf die mögliche Persistenz der Erreger ziehen. Die Anzahl der nachgewiesenen Antikörperspezifitäten korreliert nicht mit der Krankheitsaktivität. Solitäre IgM-Antikörper sprechen in der Regel gegen das Spätstadium einer Borreliose. Ohne klinische Symptome stellen sie keine Indikation für eine Antibiotikabehandlung dar. Kontrollen nach 1-2 Monaten werden empfohlen. Der unveränderte Nachweis isolierter IgM-Antikörper lässt methodische Probleme vermuten. Diskrepante Ergebnisse im Such- und Bestätigungstest sollten in 4-6-wöchigen Intervallen kontrolliert werden. Der Westernblot kann mit Verzögerungen von Monaten nach dem Suchtest positiv reagieren. Bei fortbestehender Diskrepanz sollten mögliche methodische Probleme ausgeschlossen werden. Bei klinischem Verdacht sind die kulturelle Anzucht der Erreger oder molekulargenetische Untersuchungen zu erwägen.