Steuerschuldnerschaft des Auftraggebers beim Bezug von Dienstleistungen und Werklieferungen aus dem Ausland



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Transkript:

Steuerschuldnerschaft des Auftraggebers beim Bezug von Dienstleistungen und Werklieferungen aus dem Ausland Vorbemerkung 1 1. Welche Verträge führen zur Steuerschuldnerschaft 1 2. Wer ist Steuerschuldner? 3 3. Anforderungen an die Eingangsrechnung 4 4. Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld 5 5. Ermittlung, Aufzeichnung und Abführung der Steuerschuld 5 Vorbemerkung Ein in Belgien ansässiger Maschinenbauer B montiert die von dem in Deutschland ansässigen DE bestellte Anlage vor Ort in Deutschland. Für die Abrechnung dieses Vorgangs galt bis zum Jahr 2002, dass der in Deutschland ansässige Auftraggeber die im Inland anfallende Umsatzsteuer einzubehalten und an sein zuständiges Finanzamt abzuführen hatte beziehungsweise die Nullregelung vereinbart werden konnte, wenn beide Beteiligten zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt waren. Diese seit 1980 existierende besondere Besteuerungsform für im Inland steuerbare Leistungen ausländischer Unternehmen stand immer wieder unter Kritik der EU-Kommission und der anderen Mitgliedstaaten. Sie wurde daher ab 2002 durch die Übernahme der Steuerschuld des im Inland ansässigen Auftraggebers ersetzt. Danach schulden Unternehmer und juristische Personen des öffentlichen Rechts nun als Leistungsempfänger für bestimmte im Inland ausgeführte steuerpflichtige Umsätze die Steuer in eigener Steuerschuld. Ähnlich der Steuerschuld des inländischen Erwerbers für den (steuerfreien) "Warenbezug" aus anderen EU-Mitgliedstaaten handelt es sich hier um eine Umkehrung der Steuerschuldnerschaft und die Besteuerung der Eingangsleistung, die von der regulären Systematik der Umsatzsteuer erheblich abweicht. Rechtsgrundlage für die Regelung ist 13b Absatz1 Nr.1 Umsatzsteuergesetz (UStG). 1. Welche Verträge führen zur Steuerschuldnerschaft? Grundsätzlich gilt die Verpflichtung zur Übernahme der Steuerschuldnerschaft gemäß 13 b Absatz 4 UStG in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 UStG für Verträge mit ausländischen Vertragspartnern über die Erbringung von bestimmten (1) Werklieferungen und (2) Dienstleistungen. Ausländischer Vertragspartner: Ausländischer Vertragspartner ist, wer als Unternehmer im Inland weder einen Wohnsitz, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung noch eine Zweigniederlassung hat. Geht bei einer Abrechnung mit deutscher Umsatzsteuer aus der Firmierung des Rechnungsausstellers nicht 1

zweifelsfrei hervor, ob eine Ansässigkeit im Inland vorliegt, so ist der ausländische Unternehmer verpflichtet, eine so genannte Ansässigkeitsbescheinigung des zuständigen deutschen Finanzamtes vorzulegen. Bestehen Zweifel über die Ansässigkeit im Inland, sollte diese Bescheinigung daher sicherheitshalber vom deutschen Auftraggeber angefordert werden, um dem Risiko aus dem Weg zu gehen, dass die eigene Steuerschuld verkannt wurde. Hinsichtlich der Vertragsinhalte geht es im Wesentlichen um: (1) Werklieferungen oder -leistungen, bei denen dem deutschen Auftraggeber das fertige Werk im Inland durch den ausländischen Unternehmer übergeben wird. Beispiele: Errichtung einer Montagehalle auf dem Grundstück des deutschen Auftraggebers in Deutschland durch ein ungarisches Bauunternehmen der deutsche Auftraggeber ist Steuerschuldner Lieferung, Montage und Probebetrieb einer Anlage an einen deutschen Auftraggeber durch ein belgisches Unternehmen (vergleiche Ausgangsfall o.) der deutsche Auftraggeber ist Steuerschuldner Ein französischer Unternehmer repariert eine von ihm vorher gelieferte Messeinrichtung nun bei seinem deutschen Kunden der deutsche Kunde ist der Steuerschuldner Hinweis: Reine Warenlieferungen ausländischer Unternehmen, die im Wege der Versendung oder Beförderung in das Inland gelangen, unterliegen wie bisher dem Tatbestand des innergemeinschaftlichen Erwerbs (Warenbezüge aus der EU) beziehungsweise der Einfuhr (Warenbezüge aus dem Drittlandsgebiet). (2) Alle Dienstleistungen, bei denen für den ausländischen Unternehmer der Leistungsort nach Deutschland verlagert wird, weil die Leistung im Zusammenhang mit einem in Deutschland gelegenen Grundstück steht (Vermietung, Veräußerung, Architekten- und Projektierungsleistungen) - 3 a Absatz 2 Nr. 1 UStG am Tätigkeitsort "Deutschland" zu besteuern ist (Künstler, Seminarveranstalter, Dozenten, Sportler) - 3 a Absatz 2 Nr. 3 Buchstabe a UStG am Ort der Registrierung des deutschen Auftraggebers zu besteuern ist (deutsche Umsatzsteuer- Identifikationsnummer (USt-IdNr.)). Hierzu gehören: Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen, wenn nach deren Abschluss die Gegenstände das Land der Bearbeitung wieder verlassen ( 3 a Absatz 2 Nr. 3 Buchstabe c UStG), Leistungen ausländischer Handelsvertreter, wenn sich diese auf Lieferungen im EU-Binnenmarkt beziehen ( 3a Absatz 2 Nr. 4 UStG), innergemeinschaftliche Güterbeförderungsleistungen EU-ausländischer Spediteure ( 3 b Absatz 3 Satz 2 UStG). 2

Hinweis: Leistungen der Lohnveredeler, Handelsvertreter und Güterspediteure, die sich auf Warenbewegungen in das oder aus dem Drittlandsgebiet beziehen, sind regelmäßig jeweils im Inland steuerfrei gestellt und unterliegen daher nicht der Steuerschuldnerschaft des deutschen Auftraggebers. am Ansässigkeitsort des deutschen Auftraggebers zu besteuern ist, wenn dieser Unternehmer ist ( 3 a Absatz 3 UStG). Hierzu gehören unter anderem die Einräumung von Patenten, Urheberrechten und ähnlichen Rechten, Werbeleistungen und andere Leistungen, die der Öffentlichkeitsarbeit dienen, Beratungsleistungen rechtlicher, wirtschaftlicher und technischer Natur, die Überlassung von Informationen und gewerblichen Verfahren, einschließlich Software-Überlassung auf elektronischem Wege, die Personalgestellung, die Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände, ausgenommen Fahrzeuge, die Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen und sonstige auf elektronischem Wege erbrachte Dienstleistungen. Beispiel: Maschinenbau GmbH X aus Deutschland beauftragt eine in der Schweiz ansässige Werbeagentur mit der Erstellung und Schaltung einer Anzeigenaktion in der Schweiz. Die Abrechnung der schweizerischen Werbeagentur erfolgt ohne Ausweis von Umsatzsteuer, die Leistung ist in Deutschland steuerbar ( 3 a Absatz 3 in Verbindung mit Absatz 4 Nr. 2 UStG). Bezogen auf den Nettorechnungsbetrag ist die Maschinenbau GmbH X alleiniger Steuerschuldner gegenüber dem deutschen Fiskus. Zum Leistungsort bei Dienstleistungen vergleiche auch ausführlich das IHK-Merkblatt Steuern und Abgaben beim grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr. 2. Wer ist Steuerschuldner? Jeder im Inland für Umsatzsteuerzwecke registrierte Unternehmer und jede juristische Person, unabhängig davon, ob die Leistungen für unternehmerische oder nichtunternehmerische Zwecke in Anspruch genommen werden, schuldet den Steuerbetrag bei der Inanspruchnahme der oben genannten Eingangsleistungen gegenüber dem für ihn zuständigen Finanzamt, also auch Ärzte, Kleinunternehmer, pauschalierende Landwirte, Kommunen, Banken und Versicherungen. Beispiele: Einzelhandelsunternehmer Meyer beauftragt mit der Errichtung seines Einfamilienhauses in Kleve ein niederländisches Bauunternehmen (NL). Die Gesamtleistung des NL unterliegt in Deutschland der Besteuerung, Steuerschuldner ist Meyer gegenüber seinem inländischen Finanzamt. Meyer hat die auf das Entgelt, den Nettopreis (anfallende Steuer) mit seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung zu deklarieren und diesen Betrag in voller Höhe abzuführen. Ein Vorsteuerabzug scheidet wegen der Privatnutzung aus. Hinweis: Die Steuerschuldnerschaft erstreckt sich auch auf Leistungsbezüge, die dem nichtunternehmerischen Bereich des Unternehmers zugeordnet werden. Die Deklarationspflichtigen sind mit der "normalen" Umsatzsteuer-Erklärung für das Unternehmen zu erfüllen. Der in Berlin niedergelassene Arzt Dr. Müller bestellt bei einem belgischen Hersteller Diagnose-Geräte, die von dem belgischen Unternehmen komplett installiert und getestet Dr. Müller übergeben wer- 3

den. Dr. Müller schuldet bezogen auf die in Deutschland getätigte Werklieferung des belgischen Unternehmens die deutsche Umsatzsteuer in Höhe von 16 Prozent aus der Eingangsrechnung (netto) und hat diese an das für ihn zuständige Finanzamt abzuführen, obwohl er ansonsten für Zwecke seiner heilberuflichen Tätigkeit von der Umsatzsteuer befreit ist. 3. Anforderungen an die Eingangsrechnung Die Eingangsrechnung hat gemäß 14 Absatz 4 in Verbindung mit 14a Absatz 5 UStG folgende Angaben zu enthalten: den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers, den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Leistungsempfängers, die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundesamt für Finanzen erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, das Ausstellungsdatum eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer), die Menge und die handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Gegenstände der Lieferung oder die Art und den Umfang der sonstigen Leistung, den Zeitpunkt der Lieferung oder der sonstigen Leistung oder der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts bei Vereinnahmung des Entgelts für eine noch nicht ausgeführte Lieferung oder Leistung, das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung ( 10) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt und einen Hinweis auf die Steuerschuld des Rechnungsempfängers. Hinweis: Aufgrund der mangelnden Kenntnis der zuletzt genannten Hinweispflicht im Ausland ist davon auszugehen, dass der Hinweis auf die Umkehr der Steuerschuld in der Eingangsrechnung häufig fehlen wird. Ist dies der Fall, so kehrt sich dennoch die Steuerschuld um. Der Hinweis ist keine materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerschuldnerschaft des Auftraggebers. Für die Frage, inwieweit der fehlende Hinweis auf die Steuerschuldumkehr in diesem Fall Auswirkungen auf den Vorsteuerabzug des Auftraggebers hat, ist auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 1. April 2004 (Aktenzeichen C 90/02) hinzuweisen, der entschieden hat, dass der Rechnungsbesitz für die Ausübung des Vorsteuerabzugs im Falle des Übergangs der Steuerschuld kein Erfordernis für den Vorsteuerabzug ist. Mit Erlass vom 2. Dezember 2004 hat dies das Bundesfinanzministerium unter Punkt 4.1. des Erlasses ausdrücklich bestätigt und ausgeführt, dass auch bei fehlendem Hinweis auf den Übergang der Steuerschuld der Vorsteuerabzug gegeben ist, wenn die übrigen Voraussetzungen hierfür vorliegen. 4

4. Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld Die Steuer für die bezeichneten steuerpflichtigen Umsätze entsteht mit Ausstellung der Rechnung, spätestens jedoch mit Ablauf des der Ausführung der Leistung folgenden Kalendermonats. Beispiel: Der in Belgien ansässige Unternehmer B führt am 18. März 2004 in Köln eine Werklieferung (Errichtung und Aufbau eines Messestands) an seinen deutschen Abnehmer DE aus. Die Rechnung über diesen inländischen steuerpflichtigen Umsatz, für den DE als Leistungsempfänger die Steuer schuldet, erstellt B am 15. April 2004. Sie geht DE am 17. April 2004 zu. DE hat monatliche Umsatzsteuer-Voranmeldungen abzugeben. Lösung: Die Steuer entsteht mit Ablauf des Monats, in dem die Rechnung ausgestellt worden ist. Das ist mit Ablauf des Monats April 2004. DE hat den Umsatz in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung April 2004 anzumelden. Dies würde auch dann gelten, wenn die Rechnung erst im Mai 2004 erstellt oder erst in diesem Monat bei DE angekommen wäre. Hinweis: Die Steuerschuld besteht auch für Anzahlungsrechnungen über vereinbarte Teilleistungen beziehungsweise, bei Zahlungen vor Ausführung der Leistung. Die Steuerschuld entsteht hier mir Rechnungseingang und Bezahlung an den ausländisch Leistenden (Istbesteuerung - vereinnahmte Entgelte). Siehe auch 13 b Absatz 1 Satz 3 UStG. 5. Ermittlung, Aufzeichnung und Abführung der Steuerschuld Die Bemessungsgrundlage für die Steuerschuld des deutschen Auftraggebers ergibt sich aus dem mit dem ausländischen Vertragspartner vereinbarten Entgelt, das in der Regel mit dem Nettobetrag in der Eingangsrechnung identisch sein wird. Der regelmäßig anzuwendende Steuersatz ist der Normalsatz in Höhe von derzeit 19 Prozent. Der inländische Steuerschuldner muss die Bemessungsgrundlage und den Steuerschuldbetrag gemäß 22 UStG gesondert aufzeichnen. Über das Buchwerk ist zu gewährleisten, dass in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen sowohl die Summe der Bemessungsgrundlagen aus den Eingangsrechnungen, als auch die sich daraus ergebende Steuerschuld gesondert deklariert werden können. Die gegebenenfalls anfallenden Vorsteuerbeträge aus der Übernahme der Steuerschuld für ausländische Dienstleister und Werklieferer sind ebenfalls gesondert zu erfassen und in der Umsatzsteuer-Voranmeldung zu deklarieren. Beispiel: Ein belgisches Gütertransportunternehmen (BE) fährt im Auftrag und auf Rechnung eines deutschen Lieferanten (DE) die Strecke München - Antwerpen und rechnet für den Transport der beförderten Güter 100.000 Euro an DE ab. Die beiden Unternehmen vereinbaren die Verwendung der USt-IdNrn. ihrer Ansässigkeitsstaaten. Leistungsort gemäß 3b Absatz 3 Satz 2 UStG für die Leistung des belgischen Spediteurs ist Deutschland, weil DE seine deutsche USt-IdNr. verwendet. Da BE in Deutschland nicht ansässig ist, geht die Steuerschuld auf den deutschen Auftraggeber über. In der Rechnung darf keine Umsatzsteuer ausgewiesen sein. Der Nettorechnungsbetrag ist an BE durch DE zu entrichten. 5

Zu verbuchen sind bei DE: Aufwand für Ausgangsfrachten 100.000 Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen ausländischer Dienstleister und Werklieferer 100.000 Steuerschuld gemäß 13 b UStG 19.000 Vorsteuer aus Steuerschuld gemäß 13 b UStG 19.000 Hinweis: Selbstverständlich ist den Aufzeichnungspflichten auch genüge getan, wenn die Angaben auf Sammelkonten mit einer besonderen Kennung versehen werden, die die Datenbasis für die Umsatzsteuererklärung gewährleistet. Der Vordruck der Umsatzsteuer-Voranmeldung enthält - ähnlich der Deklaration des innergemeinschaftlichen Erwerbs - für die Steuerschuld des inländischen Auftraggebers die Verpflichtung zur Angabe der Bemessungsgrundlage aus der Eingangsleistung, der darauf entfallenden Steuerschuld und der aus der Steuerschuld entstandenen Vorsteueransprüche. Hinweis: Dieses Merkblatt soll - als Service Ihrer IHK - nur erste Hinweise geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden. Stand: April 2008 Ihr Ansprechpartner: Michael Römer Tel.: 06031 609 4100 Fax: 06031 609 54100 E-Mail: roemer@giessen-friedberg.ihk.de Industrie- und Handelskammer Gießen-Friedberg Goetheplatz 3 61169 Friedberg www.giessen-friedberg.ihk.de 6