Wundbehandlungsmittel Dr. Heinz Dieter Hoppe Inhalt Exsudationsphase - Reinigungsphase Debridement - Wundreinigung Wundspülung Wundbehandlungsmittel Granulationsphase Epithelisierungsphase Infektion 2 1
Reinigungsphase Ziele Entfernung von Belägen Keimreduktion Geruchsmanagement Exsudatmanagement Wundbettvorbereitung 3 Debridement Wundreinigung Chirurgisch: Skalpell, Ringkürette, scharfer Löffel Mechanisch: Kompresse Autolytisch: Hydrogel Enzymatisch: Enzympräparate Biochirurgie 4 2
Reinigungsphase Exsudationsphase Mullkompressen oder grobporige Schäumen (z.b. Ligasano) Wundreiniger (z.b. Debrisoft) 5 Wundreinigung Hydrogel Besonderheit: Dreidimensionales Netzwerk hydrophyler Polyurethan-Polymere in wässriger Lösung. Weiterhin je nach Anbieter Gelatine, Pektin, Na-Carboxylmethylcellulose und Propylenglykol (Quellbildner). Feuchtigkeitserhaltendes Gel Förderung autolytisches Debridement Trockene bis mäßig exsudierende Defekte Fibrin belegte Wunden Darreichungsformen: Tube, Kompresse Produktbeispiele: Hydrosorb Hartmann IntraSite-Gel Smith & Nephew NU-Gel Acelity (ehemals Sytagenx) Varihesive Hydrogel ConvaTec 6 3
Wundreinigung Hydrogel Rehydration durch Hydrogele Sekundärabdeckung mittels semi-permeabler oder okklusiver Wundauflagen 7 Wundreinigung Enzympräparate Wertung von Enzympräparaten Vorteile Applikationsort = Wirkort bei differenzierter Diagnose des Wundzustandes effektiv einsetzbar Einsatz nur bei festhaftenden gelben Belägen, die aus Kollagenfasern bestehen, wenn kein chirurgisches Debridement erfolgt. Nachteile - optimale Aktivität nur in einem begrenztem ph-bereich - zum Erhalt pharmakologischer Wirkstoffkonzentrationen häufiger Verbandwechsel nötig 8 4
Wundreinigung Enzympräparate Enzympräparate Iruxol N (Salbe) bakterielle Kollagenase spaltet Kollagen Applikation alle 24h inkompatibel mit Antiseptika wie Iod, PVP-Iod, Silber und Silbersalzen 9 Wundreinigung Biochirurgie Wirkmechanismen von Lucilia sericata Maden Debridement Antimikrobielle Effekte 10 5
Wundspülung Ringerlösung (nach Anbruch spätestens nach 24 h verwerfen) Isotonische Kochsalzlösung (nach Anbruch spätestens nach 24 h verwerfen) Polyhexanidhaltige Wundspüllösungen (nach Anbruch bis zu acht Wochen nutzbar) Octenidinhaltige Wundspüllösungen (nach Anbruch bis zu acht Wochen nutzbar) Immer die Herstellerangaben beachten! 11 Polyhexanidhaltige Wundspüllösungen Produktbeispiele Prontosan Wundspüllösung Lavanid Wundspüllösung Lavasorb Wundspüllösung UrgoSan Wundspüllösung B. Braun Serag-Wiessner Fresenius Kabi URGO Medical 12 6
Octenidinhaltige Wundspüllösungen Produktbeispiel Octenilin Wundspüllösung Schülke & Mayr 13 Alginate Besonderheit: Alginsäuren (extrahiert aus Braunalgen) Bilden stabiles visköses Gel Reduktion der Anzahl der Krankheitserreger Sehr gute wundreinigende Wirkung Nässende Defekte Feuchte, schmierig belegte Wunden Einsehbare Wundhöhlen, Wundtaschen Kontraindikationen: Trockene Wunden, trockene Nekrosen Freiliegende Sehnen Nicht einsehbare Wundhöhlen Formen: Kompresse, Tamponade 14 7
Hydrofasern Besonderheit: Formen: Natrium-Carboxylmethylcellulose oder Cellulose-Ethylsulfonat-Fasern Hohe Absorptionsfähigkeit Einzigartige Retentionskapazität Geliert nach Aufnahme von Wundexsudat Fördert Vorgänge der physiologischen Wundheilung Nässende Defekte Kompresse, Tamponade Produktbeispiele: Aquacel Extra ConvaTec DURAFIBER Smith & Nephew Suprasorb Liquacel Lohmann & Rauscher 15 Wundreiniger UCS Debridement - medi Ulcer Cleansing System mit Poloxamer UrgoClean - URGO Hydroreinigende Polyacrylatwundauflage PolyMem - Mediset Polyurethanschaum mit Tensid 16 8
Wundrandschutz Sterile, reizfreie Hautschutz-Produkte, die beim Auftragen einen dünnen wasserdichten Schutzfilm auf der Haut bilden. Produktbeispiele: Cavilon 3M Medica Cutimed Protect BSN medical Secura Smith & Nephew Silesse* ConvaTec * Silikonspray 17 Aktivkohle Wundauflagen Besonderheit: Formen: Aktivkohle-Gewirk mit unterschiedlichen synthetischen Umhüllungsmaterialien Geruchsneutralisierende Wirkung Aktivkohle bindet auf Grund ihrer sehr großen Oberfläche Bakterien und Schadstoffe (wenn trocken). Übelriechende Wunden Kompresse Produktbeispiele: Carboflex ConvaTec Vliwaktiv Lohmann & Rauscher Nobacarbon Noba Verbandmittel Carbonet Smith & Nephew 18 9
Exsudatmanagement Ursachenabklärung Lymphstau? Venöse Insuffizienz? Infektion? Eiweißmangel? Renale Ursachen? 19 Exsudatmanagement Geeignete Produktgruppen Saugkompressen Wundauflagen mit Superabsorbern 20 10
Saugkompressen Hülle: Vliesstoff (meist wasserabweisende hydrophobe Materialien) Innen: hydrophile Materialien, z.b. Zellwolle, Watte zur Resorption von Wundxsudat postoperative Wunden (Erstabdeckung), stark nässende Wunden in der Reinigungsphase (bei häufigen Verbandwechseln) Kontraindikationen: schwach nässenden Wunden, Wunden in der Granulations- /Epithelisierungsphase Produktbeispiele: Cutisorb BSN medical Vliwazell Lohmann & Rauscher Askina Pad B. Braun OPM 21 Superabsorber Besonderheit: Natriumpolyacrylat als superabsorbierender Polymer, eingebettet in eine Zellulosematte, umhüllt mit einer hypoallergenen Hülle aus Propylen hohe Flüssigkeitsbindung, Einschluss von Zelltrümmern Kompressionstherapie auch bei stark exsudierenden Wunden möglich stark exsudierende Wunden, insbesondere in der Reinigungsphase Kontraindikationen: schwach nässende Wunden, Wunden in der Epithelisierungsphase Produktbeispiele: sorbion sachet BSN (ehemals sorbion) curea curea medical Zetuvit plus Hartmann Vliwasorb Lohmann & Rauscher 22 11
Superabsorber Funktionsweise Zwei physikalische Vorgänge bestimmen das Aufnahmevermögen von Wundbehandlungsmitteln mit Superabsorbern: Osmose Kapillarkraft 23 Superabsorber infizierte Wunden Infizierte Wunden nässen stark. Über das Wundexsudat können Keime aus dem Verband austreten. Die Kontamination von Kleidung, Bettwäsche und Schuhen fördert eine Verbreitung der Keime. 24 12
Superabsorber infizierte Wunden Auswirkungen für den Patienten: Dem Patienten steht das Wasser in den Schuhen Das Exsudat ist nicht geruchsneutral Die Wunden sind schmerzhaft Die Umgebungshaut ist stark belastet Der Patient verliert wertvolle Substanzen wie Elektrolyte, Wachstumsfaktoren, Eiweiß, Zink und Spurenelemente, Vitamine und Flüssigkeit. 25 Granulationsphase Ziele Gewebeaufbau bis auf Hautniveau Exsudatmanagement Wundruhe Schutz vor externer Keimbesiedlung Schutz vor Wärmeverlust und mechanischen Traumata Vorbereitung der Epithelisierung 26 13
Granulationsphase feuchte Wundbehandlung, wenn keine Angiopathie vorliegt bei Angiopathie trocken 27 Polyurethan Wundauflagen Besonderheit: Mehrschichtaufbau unterschiedlicher Polyurethane, eingebettete Hydropolymerschäume oder Hydrofasern. Hohe Absorptionsfähigkeit Förderung Vorgänge der physiologischen Wundheilung Nässende bis stark exsudierende Defekte Kontraindikationen: Freiliegende Sehnen und Knochen Schwach nässende Wunden Wunden in der Epithelisierungsphase Produktbeispiele: Tielle Acelity (ehemals Systagenix) Aquacel Foam ConvaTec PolyMem Mediset Tegaderm Foam Adhesive 3M Medical Mepilex Border Lite Mölnlycke UrgoStart URGO Medical 28 14
Polyurethan Wundauflagen Polyurethan-Wundauflagen nicht einsetzen bei freiliegenden Sehnen und Knochen wegen Gefahr der Austrocknung und Nekrosenbildung!! 29 Distanzgitter Wasserabweisende hydrophobe Materialien, engmaschig, ohne oder mit nur geringen Fettanteilen Verhinderung des Verklebens der Wundauflage mit dem Wundgrund. Produktbeispiele: Mepitel Mölnlycke Sorbion Plus BSN (ehemals Sorbion) Lomatuell Pro Lohmann & Rauscher Adaptik Acelity (ehemals Systagenix) 30 15
Imprägnierte, wirkstofffreie Wundgazen Besonderheiten: Grobmaschige Gewirke aus Cellulose oder Kunstfasern, die mit hydrophober Fettsalbe (Vaseline oder dickflüssiges Paraffin) oder Öl-in-Wasser-Emulsionen imprägniert sind Preisgünstig Oberflächliche Verletzungen Wundgazen sollten nur für akute, oberflächliche Verletzungen eingesetzt werden. Für chronische Wunden sind sie ungeeignet, da sie kein feuchtwarmes Milieu schaffen und somit nicht hydroaktiv wirken. Nachteilig ist auch, dass es bei relativ trockenen Wunden zum Verkleben mit dem Wundgrund kommen kann und ein atraumatischer Verbandwechsel nicht gewährleistet ist. Bei mehrlagiger Applikation paraffinhaltiger Gazen wird der Exsudatabfluss behindert und es besteht die Gefahr einer vollständigen Okklusion (feuchte Kammer - Infektionsgefahr)! 31 Epithelisierung Ziele Granulation auf Hautniveau halten Schutz der neuen Epithelzellen vor Feuchtigkeit Schutz vor mechanischen Traumata Vollständiger Wundverschluss 32 16
Hydrokolloide Besonderheit: Außen: Polyurethanfolie Innen: Polyurethanschaum Hydrokolloidschicht: Hydrophyle Polymere in elastomerer Komponente (Natrium-Carboxylmethylzellulose kombiniert mit Pektin und Gelatine) Gelbildung Förderung der physiologischen Wundheilung Oberflächliche Defekte Kontraindikationen: Klinisch infizierte Defekte Freiliegende Knochen und Sehnen Produktbeispiele: Comfeel Plus Transparent Coloplast Traumasive Film Hexal NU-DERM Thin Acelity (ehemals Systagenix) Varihesive Extra dünn ConvaTec 33 Klinische Infektion Chirurgische Intervention Bei Bedarf systemische Antibiotikagabe (lokale Applikation von Antibiotika ist obsolet) 34 17
Infektion Antiseptik Polyhexanid Lavasept Konzentrat* B. Braun * Apothekenzubereitung Octenidin Octenisept Lösung Schülke & Mayr 35 Infektion Antiseptik PVP-Jod = Polyvinylpyrrolidon-Jod = Povidon-Jod = Iodophor wasserlöslich Früher als alkoholische Lösung (Jod-Tinktur) angewendet schmerzhaft 36 18
Infektion Antiseptik Neben der hohen Wirksamkeit hat PVP-Jod auch einige zu beachtende Nachteile: Jod wird über die intakte Haut und Schleimhaut resorbiert (Kontraindikation Hyperthyreose, Schwangerschaft, Stillzeit). Auftreten von Jodunverträglichkeiten. Jod ist bei längerer Anwendung ein Mitosehemmer. Eiweißfehler (Inaktivierung durch Proteine (Eiweiße)) 37 Infektion Antibiotika Wertung von lokalen Antibiotika Vorteile Applikationsort = Wirkort Nachteile - Sensibilisierung, Gefahr von Kontaktallergien - Gefahr der Resistenzbildung - Schädigung von Granulations- und Epithelgewebe Nutzen Risiko Abwägung! 38 19
Polyhexanidhaltige Wundbehandlungsmittel Polyhexanid ist das Mittel der Wahl für den Einsatz bei infizierten oder mit Biofilm besiedelten chronischen Wunden. Besonderheit: PHMB (Polyhexamethylen Biguanid) Antimikrobielle Wirkung Keine toxischen Effekte bekannt Infektionsprophylaxe Klinisch infizierte Defekte Mit Biofilm besiedelte Wunden Kontraindikationen: Auf Knorpelgewebe Produktbeispiele: TELFA AMD Covidien Suprasorb X + PHMB Lohmann & Rauscher 39 Silberhaltige Wundbehandlungsmittel Besonderheit: Formen: In unterschiedlichen Trägermaterialien eingearbeitete verschiedene Silberformen (Herstellerabhängig). Antibakterielle Wirkung Klinisch infizierte Wunden Verdacht auf Wundinfektionen, kritische Kolonisation Kompresse, Tamponade Produktbeispiele: Aquacel Ag ConvaTec Contreet Schaumverband Coloplast Actisorb Silver 220 Acelity (ehemals Systagenix) PolyMem silver Mediset 40 20
Silberhaltige Wundbehandlungsmittel Silberformen Silberionen: wirken physikalisch, keine Resorption Elementares Silber: gebunden, keine Verfügbarkeit zur Keimreduktion Nanokristallines Silber: hohe keimabtötende Wirkung, systemische Resorption! Silbersulfadiazin: zelltoxisch Silbernitrat: zelltoxisch 41 Keimreduzierende Wundbehandlungsmittel Besonderheit: Acetatgewebe Saugender Kern aus Polyester und Viskose Tamponaden aus Baumwollgewebe Antimikrobielle Wirkung auf Grundlage einer hydrophoben Wechselwirkung Infektionsprophylaxe Produktbeispiele: Cutimed Sorbact BSN medical 42 21