Logopädische Aspekte bei der Behandlung von Parkinsonpatienten



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Logopädische Störungsbilder bei M. Parkinson Dysarthrophonie = Sprechstörung Dysphagie = Schluckstörung

Funktionsbereiche des Sprechens und mögliche Defizite Sprechatmung - verkürzte Ausatmung und somit verkürzte Sprechphrasen, Einschränkung der Sprech-/Atemkoordination Artikulation - reduzierte Artikulationsschärfe, somit verwaschene Aussprache Startschwierigkeiten, also Probleme beim Sprechbeginn Phonation Prosodie - raue, heisere, behauchte bis aphone (stimmlos) Stimme, reduzierte Lautstärke, reduzierter Tonhöhenumfang, tendenziell erhöhte Sprechstimmlage - beschleunigtes, überhastetes Sprechtempo, monotone Intonation Iterationen (Stottern)

Schluckstörungen Schwierigkeiten beim Schlucken sind schon früh im Krankheitsverlauf möglich. Die Häufigkeit der Dysphagien liegt bei 40 bis 50 %.

Hinweise auf das Vorliegen einer Dysphagie können sein: Vermehrter Speichelfluss aufgrund verminderter Schluckfrequenz Häufiges Verschlucken, Husten und Räuspern beim Essen oder Trinken Veränderung der Stimmqualität, Stimme gurgelnd / feucht oder gepresst / rau nach dem Schlucken Plötzliche Atemgeräusche oder Atemnot während / nach der Mahlzeit Verlängertes Kauen, wiederholte Schluckversuche, Ausspucken der Nahrung

Hinweise auf das Vorliegen einer Dysphagie können sein: Verlängerte Dauer der Nahrungsaufnahme Nahrungsreste auf der Zunge, am Gaumen, in den Wangentaschen Fremdkörpergefühl im Hals, Gefühl des Steckenbleibens von Nahrung hinter Brustbein Vermeidungstendenz beim Trinken / Essen bis zur Nahrungsverweigerung Immer wieder erhöhte Temperaturen oder Pneumonien unklarer Genese Gewichtsverlust / Exsikkose

Sollten Sie als Parkinsonpatient eine oder mehrere der beschriebenen Beeinträchtigungen des Sprechens und / oder des Schluckens bei sich bemerken, sprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt, ob eine logopädische Beratung, Diagnostik und / oder Therapie für Sie angezeigt ist. Verordnungen für die Behandlungen von Dysphagie/ Dysarthrophonien dürfen grundsätzlich alle Vertragsärzte ausstellen.

Wichtig für eine effiziente Schlucktherapie ist eine umfassende logopädische Diagnostik und ggf. weitere diagnostische Verfahren z.b. die für die Patienten schmerzfreie transnasale Fieberendoskopie bei einem erfahrenen HNO-Arzt oder Phoniater oder die Videokinematographie / Videofluroskopie ebenfalls bei einem erfahrenen Radiologen.

Methoden der funktionellen Dysphagietherapie Verbesserung und / oder Wiederherstellung der Schluckfunktion durch: Übung und Stimulation Haltungsänderungen oder das Erlernen von Schlucktechniken Veränderung der Nahrungskonsistenz und Einsatz von Hilfsmitteln

Schluckverbessernde Regeln beim Essen und Trinken Nach der Mahlzeit noch mind. 20 Min. aufrecht sitzen! Gute Sitz-und Kopfhaltung (möglichst aufrecht, Kinn zur Brust) Zeitlassen bei den Mahlzeiten, keine Ablenkung Kleine Bissen und Schlucke nehmen. Nachschlucken! Mund sollte leer sein, bevor es weiter geht Gut kauen (Zahnprothese!), kräftig schlucken! Mundschluss! Bei Speiseresten im Mund ein oder mehrmals nachschlucken. Plaudern und Fragen nur, wenn Mund leer und alles geschluckt! Mundpflege ist nach jeder Mahlzeit wichtig!

Methoden der Therapie bei Dysarthrophonie Übende Verfahren bei der Therapie von Dysarthrophonie z.b. zum Haltungsaufbau und für die mimische Muskulatur zur Koordination von Atmung und Sprechen zur Präzision der Artikulation zur Kontrolle des Sprechtempos und der Satzmelodie zur Stimmkräftigung etc.

Lee Silverman voice treatment Behandlungsfokus liegt auf der Stimmfunktion und Sprechlautstärke Grundkonzept: Intensität, Häufigkeit, Einfachheit der Aufgabe Prinzipien des LSVT sind: Denken Sie: Laut 1. Intensität (4x wöchentlich, 4 Wochen lang) 2. Vermehrte Anstrengung ( high effort ) 3. Alleiniger Stimmschwerpunkt ( voice Focus ) 4. Neueinstellung der Wahrnehmung ( Calibration ) 5. Quantifizierung (objektive, messbare Dokumentation)

Studien haben gezeigt, dass das intensive Stimmtraining deutliche Verbesserungen aller Funktionsbereiche des Sprechens bewirkt und die Verständlichkeit insgesamt verbessert. Ebenso konnten Verbesserungen der Kau- und Schluckvorgänge in Untersuchungen nachgewiesen werden. Insgesamt wird ein guter Transfer auf den Alltag und die Nachhaltigkeit der Wirkung beobachtet.

Ein früher Behandlungsbeginn ist Prophylaxe und hilft, kommunikative Fähigkeiten und die Kau- und Schluckfunktionen zu erhalten!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und alles Gute für Sie und Ihre Angehörigen!