Wechselwirkungen der Medikamente 9. Bayerischer Selbsthilfekongress in Landshut am 25. Oktober 2013 Sonja Stipanitz, Landesbeauftragte für Selbsthilfegruppen
Gliederung Was ist eine Wechselwirkung? Welche Mechanismen stehen dahinter? Beispiele für häufig vorkommende Wechselwirkungen 2
Was ist eine Wechselwirkung? Eine Wechselwirkung kann dann auftreten, wenn mehrere Medikamente gleichzeitig eingenommen werden. Wechselwirkungen sind auch zwischen Medikamenten und Lebens-/ Nahrungsergänzungsmitteln möglich Die Wechselwirkung kann die (Neben-)Wirkung des Arzneimittels verstärken oder abschwächen. 3
Folgen von Wechselwirkungen in Deutschland Rund 300 000 Krankenhauseinweisungen erfolgen jährlich als Folge von Interaktionen. Ca. 25.000 Patienten sterben jährlich durch falsch eingenommene Arzneimittel oder Arzneimittel- Kominationen.
Wer hat ein erhöhtes Risiko? Patienten, die mehrere Arzneimittel gleichzeitig einnehmen Ältere Menschen Menschen mit eingeschränkter Nieren- und/oder Leberfunktion Raucher Alkoholiker Foto. Andrea Damm, www.pixelio.de Bei Einnahme von Nahrungsergänzungsmittel 5
Arzneimittel mit erhöhtem Risiko Es gibt Arzneimittel, die eher zu einer Wechselwirkung führen als andere: Enger therapeutischer Bereich zum Beispiel Phenprocoumon (Blutverdünnung), Steile Dosis-Wirkungs-Kurve zum Beispiel Digoxin (Herzmittel) Vielseitige pharmakologische Effekte zum Beispiel Psychopharmaka 6
Welche Mechanismen stehen hinter den Wechselwirkungen?
Mechanismen für Wechselwirkungen Zwei Mechanismen für Wechselwirkungen Pharmakodynamische Wechselwirkungen (Arzneimittelwirkungen am Wirkort) Pharmakokinetische Wechselwirkungen (Freisetzung, Aufnahme, Verteilung, Umbau, Ausscheidung) 8
Beispiele für häufig vorkommende Wechelwirkungen
Medikamente der Schmerztherapie- welche Wechselwirkungen können auftreten? Ausgewählte Beispiele Fot: Ernst Rose, www.pixelio.de
Schmerzmittel - Bluthochdruckmittel Gleichzeitige Einnahme von Schmerzmittel und Bluthochdruckmittel: Erhöhung des mittleren arteriellen Blutdrucks um ca. 5 bis 10 mm Hg Bei älteren Patienten stärker ausgeprägt Bei Schmerzmittel sind Art der Anwendung (Tablette oder Gel) und Dosis für Wechselwirkungsrisiko entscheidend Erhöhte Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall 11
Schmerzmittel Zu den von der Wechselwirkung betroffenen Schmerzmitteln gehören z.b.: Acetylsalicylsäure Ibuprofen Diclofenac Nicht betroffen sind z.b.: Paracetamol Tramadol 12
Bluthochdruckmittel Zu den von der Wechselwirkung betroffenen Bluthochdruckmitteln gehören z.b.: ACE-Hemmer (z.b. Enalapril) Beta-Blocker (z.b. Atenolol) Angiotensin-II-Antagonisten (z.b. Irbesatan) Diuretika (z.b. Furosemid) Kaum betroffenen von der Interaktion sind z.b.: Calciumantagonisten (z.b. Verapamil oder Felodipin) 13
Schmerzmittel - Bluthochdruckmittel Mögliche Maßnahmen: Bei gelegentlicher oder kurzfristiger Einnahme des Schmerzmittels - KEINE Sonst: Blutdruckmittel höher dosieren Schmerzmittel wechseln (z.b. Paracetamol) ABER: Änderungen bei der Medikation immer nur in Absprache mit Apotheke und/oder Arzt 14
Schmerzmittel - Phenprocoumon Gleichzeitige Einnahme von Schmerzmittel aus der Gruppe der NSAR und Phenprocoumon: Verstärkung des blutverdünnenden Effektes, da beide Arzneimittelgruppen eine blutverdünnende Wirkung haben Besonders relevant die schleimhautschädigende ulcerogene Wirkung der NSAR Bei Schmerzmittel sind Art der Anwendung (Tablette oder Gel) und Dosis für Wechselwirkungsrisiko entscheidend Erhöhtes Blutungsrisiko vorwiegend im Magen-Darm-Trakt 15
Schmerzmittel - Phenprocoumon Mögliche Maßnahmen: Schmerzmittel der 1. Wahl: Paracetamol 500 bis 1500 mg pro Tag nur kurzfristig für 3-4 Tage ASS: nie in Dosierungen von 400 mg und mehr einnehmen; niedrig dosiertes ASS zur Blutverdünnung nur auf Verordnung Ihres Arztes Andere NSAR nur kurzfristig, wenn bisher keine Magenprobleme aufgetreten sind 16
Schmerzmittel - Kortisonpräparate Gleichzeitige Einnahme von Schmerzmittel aus der Gruppe der NSAR und Kortisonpräparate: NSAR können schon alleine die Bildung von Magengeschwüren auslösen. Besonders relevant die angewendete Arzneiform Bei Kortison und NSAR in Salben und bei inhalativer Anwendung des Kortisons tritt keine Wechselwirkung auf. Gefahr für Magengeschwüre deutlich erhöht 17
Schmerzmittel - Kortisonpräparate Mögliche Maßnahmen: In der Selbstmedikation NSAR nie länger als 2-4 Tage zusammen mit Kortisonpräparaten einnehmen. Arzt oder Apotheker immer über die Einnahme von Kortisonpräparaten oder NSAR informieren bei Einsatz von weiteren Arzneimitteln. 18
Ibuprofen und ASS zur Blutverdünnung Gleichzeitige Einnahme von ASS (75-300mg) und Ibuprofen: Verminderung der blutverdünnenden Wirkung von ASS Erhöhtes Risiko für einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt Erhöhtes Risiko für Magengeschwüre (magenschutz ab 3 Tagen) Einnahme von ASS 30 Minuten vor Ibuprofen-Einnahme oder Ibuprofen 8 Stunden vor ASS Erhöhtes Risiko für einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt 19
Ibuprofen und ASS zur Blutverdünnung Mögliche Maßnahmen: Einnahme von ASS 30 Minuten vor Ibuprofen- Einnahme oder Ibuprofen 8 Stunden vor ASS- Einnahme (außer bei magensaftresisten Tabletten) Alternativ Diclofenac- oder Paracetamol-Einnahme, da diese Arzneistoffe diese Wechselwirkung mit ASS nicht zeigen. 20
Allgemein: Wechselwirkungen bei der Freisetzung Beeinflussung der Freisetzung der Wirksubstanz aus ihrer Darreichungsform Beispiel: magensaftresistente Tabletten - Nahrung Einnahme mit Nahrung: Nahrungsbrei verzögert die Abgabe in den Darm Verzögerte Wirkung Foto: Daniela Baack, www.pixelio.de
Allgemein: Wechselwirkungen bei der Absorption Beeinflussung der Absorption durch Komplexbildung im Magen-Darm-Trakt Beispiel: Antibiotika - mehrwertige Kationen (Calcium, Magnesium, Aluminium, Eisen) Wechselwirkung durch Komplexbildung Verminderte Absorption Verminderte Wirkung Foto: Lupo, www.pixelio.de
Allgemein:Wechselwirkungen beim Metabolismus Beeinflussung des Metabolismus durch Induktion abbauender Enzyme Beispiel: Johanniskraut und Statin Johanniskraut verstärkt die Aktivität eines abbauenden Leberenzyms Statin wird über das Leberenzym vermehrt und schneller abgebaut Foto: SueSchi, www.pixelio.de Verminderte Konzentration Verkürzte bzw. verminderte Wirkung 23
Allgemein: Wechselwirkungen beim Metabolismus Beeinflussung des Metabolismus durch Hemmung abbauender Enzyme Beispiel: Grapefruit(saft) Grapefruitsaft hemmt Aktivität eines abbauenden Leberenzyms Viele Arzneimittel werden langsamer abgebaut (Analgetika gering betroffen) Erhöhte Konzentration Foto: Marianne J., www.pixelio.de Verstärkte und verlängerte Wirkung
Grapefruit und Arzneimittel Arzneimittel, die von Grapefruit beeinflusst werden: Calciumantagonisten CSE-Hemmer Immunsupressiva Benzodiazepine Carbamazepin Terfenadin Grapefruit vom Speiseplan streichen! 25
Grapefruitsaft - Simvastatin Plasmakonzentration von Simvastatin bei Einnahme mit Grapefruitsaft bzw. Wasser 26
Fazit Um bei der Arzneimittel-Kombinationstherapie unnötige Risiken zu vermeiden, sind genaue Kenntnisse der Präparate wichtig. Neue Medikamente müssen vorsichtig angewandt werden. Richtige Ansprechpartner können die Therapie sicherer machen 27
Vielen Dank --- Ihre Fragen?