Handlungsempfehlungen Eckpunkte eines Lehrerbildungskonzepts Herausgeber: Arbeitskreis Hochschule und Kultur der CSU Fachausschuss Hochschule und Forschung Vorsitzende: Oliver Jörg, MdL und Carmen Langhanke Ausarbeitung: Janina Kuhn
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 0. Präambel Bei der Lehrerbildung lassen sich drei Phasen unterscheiden: 1. Phase: Studium an der Universität 2. Phase: Referendariat 3. Phase: Weiterbildung Das Studium unterteilt sich in allen Lehrämtern für allgemeinbildende Schulen in vier Bereiche: Fachwissenschaft Erziehungswissenschaft Fachdidaktik Praktika Die Mehrzahl der Probleme in der Lehrerbildung (vor allem der ersten und zweiten Phase) lassen sich unter die Problemfelder Quantität und Qualität subsumieren. Das Ziel einer Reform der Lehrerbildung muss es sein, Lehrer besser und zielorientierter auszubilden. Die Lehrerbildung muss weiterhin an den Universitäten und Akademien verbleiben. Der Arbeitskreis Hochschule und Kultur der CSU hat Handlungsempfehlungen erarbeitet, die sich auf sechs Problemfelder beziehen. 1. Prinzip der durchgängigen Reflexion In den vergangenen Jahrzehnten war die Einstellung von Lehrern immer wieder starken Bedarfsschwankungen unterworfen. Das StMBW veröffentlicht Bedarfsprognosen. Eine hohe Zahl an Absolventen steht einem sinkenden Bedarf gegenüber. Dies gilt insbesondere für die Schularten Gymnasium und Realschule. Vor allem im Bereich der Geisteswissenschaften folgt für viele Junglehrer die Arbeitslosigkeit. Dagegen bestehen im Bereich der Mittelschule weiterhin gute Anstellungschancen. Die folgenden Zahlen sollen die Problematik verdeutlichen. Gymnasium 2015: Angebot 1970 Bedarf 600 Realschule 2015: Angebot 970 Bedarf 300 Mittelschule 2015: Angebot 480 Bedarf 530 (Quelle: Bedarfsprognose StMBW Februar 2014) Angesichts dieser Problematik erachtet der AKH die folgenden Maßnahmen als erforderlich. 1. Die jährlich veröffentlichten Bedarfsprognosen des StMBW dürfen sich nicht nur auf die Bedarfsentwicklung der einzelnen Schulart beziehen, sondern sollten 2
36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 fachspezifischer gestaltet werden. So wäre zum Beispiel ergänzend die Darstellung des erwarteten Bedarfs in den häufigsten Fächerkombinationen denkbar. 2. An den Hochschulen ist eine verpflichtende Studienberatung durchzuführen. Diese sollte mit einem Test zur Feststellung der Eignung verbunden sein. Die Teilnahme an einem Eignungstest ist Zulassungsvoraussetzung für die Aufnahme eines Studiums. Ist das Ergebnis des Eignungstests nicht zufriedenstellend, hat sich der Studieninteressierte einem Beratungsgespräch zu unterziehen, das eine erneute Überprüfung der angestrebten Berufswahl ermöglicht. Die Aufnahme eines Lehramtsstudiums kann nach einem solchen Gespräch auch entgegen der Empfehlung erfolgen. 2. Einführung polyvalenter Strukturen Angesichts der sehr schwankenden Bedarfsprognosen ist es sinnvoll, die Einführung polyvalenter Strukturen an den Hochschulen voranzutreiben. Die polyvalente Ausgestaltung von Studiengängen ermöglicht den Studenten zum einen eine breiter angelegte Ausbildung sowie eine Ausstiegsoption aus dem Bereich des Lehramts. Exemplarisch ist der Modellstudiengang Lehramt Gymnasien an der Universität Bayreuth zu nennen. Die Studenten können einen Bachelor of science erwerben, der sie ihnen einen Wechsel in einen Studiengang ermöglicht, der mit dem Master of science abschließt. Gleichzeitig ist jedoch nach dem 1. Staatsexamen parallel zum 2. Staatsexamen der Erwerb eines Masters of Education möglich. Eine andere Möglichkeit der Zusatzqualifikation bietet die Universität Würzburg mit dem Konzept DIREKT Brücke Studium Wirtschaft an, das Geisteswissenschaftlern den Erwerb von Kenntnissen im Bereich der Betriebswirtschaft ermöglicht, um sie so auf einen schnellen Berufseinstieg in der Wirtschaft vorzubereiten. 3. Modifikationen der Inhalte der LPO I Lehrer stehen heute an allen Schularten immer größeren Anforderungen im erzieherischen Bereich gegenüber. Den Herausforderungen durch eine heterogene Schülerschaft muss bereits im Studium Rechnung getragen werden. Im Bereich der Erziehungswissenschaften und der Fachdidaktik sind daher verpflichtend Module aus den Bereichen Inklusion, Diagnosefähigkeit, Auffälligkeitsstörungen, individuelle Förderung, Medienbildung, Ganztageslernen und Stimmphysiologie zu besuchen. Des Weiteren ist im Rahmen einer übergreifenden Fachlichkeit der Bezug der fachlichen Inhalte zur Anwendung im Unterricht herzustellen. 3
72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 4. Optimierung der Praktika während des Studiums Praktika dienen der Erprobung der Eignung für den Lehrerberuf und tragen somit zur ständigen Reflexion der Berufswahl bei. Ihnen kommt daher eine wichtige Funktion zu. Verbesserungen sind in den folgenden Bereichen anzustreben: 1. Orientierungspraktikum Niemand sollte ein Studium für das Lehramt aufnehmen könne, ohne bereits einmal in die Rolle eines Lehrers geschlüpft zu sein. Das Orientierungspraktikum sollte daher verpflichtend vor der Aufnahme des Studiums abgeleistet werden und ist Zulassungsvoraussetzung. Es erscheint überlegenswert, den Einbezug von zwei Schularten zu fordern, um eine bessere Vergleichsgrundlage zu haben. 2. Pädagogisch-didaktisches Praktikum Das pädagogisch-didaktische Praktikum soll beibehalten werden. Operationale Verbesserungen, die sich vor allem auf die Vor- und Nachbereitung beziehen, werden als notwendig erachtet. Diese darf nicht nur durch die betreuende Lehrkraft an der Schule erfolgen, sondern muss auch an der Universität geschehen. Als beispielhaft kann die Organisation des Praktikums in Form des TUMpaedagocicums an der TU München angeführt werden. In Vor- und Nachbereitungsworkshops werden Kriterien zur Beobachtung aufgestellt und besprochen. Ein Begleitseminar ist bereits für dieses Praktikum verpflichtend zu besuchen. 3. Studienbegleitendes-fachdidaktisches Praktikum Das studienbegleitende-fachdidaktische Praktikum soll auch in zwei Fächern abgeleistet werden können. Im Rahmen der Schulpraktika sind insgesamt mindestens zehn Unterrichtsstunden zu halten. Im Rahmen des Lehramtsstudiums ist auch ein Betriebspraktikum abzuleisten, das einen Einblick in die Berufswelt außerhalb der Schule vermitteln soll. Zugunsten einer besseren Ausbildung im pädagogisch-didaktischen Bereich ist die verpflichtende Dauer auf vier Wochen zu begrenzen. Dies gilt nicht für Studierende des Faches Wirtschafts- und Rechtslehre. 5. Antritt des Vorbereitungsdienstes Bedarfsprognosen ermöglichen eine Orientierung des tatsächlichen Bedarfs an Lehrern an den Schulen. Im Hinblick auf die Zukunftsperspektiven junger Menschen ist es nicht weiter 4
108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123 124 verantwortbar und gerechtfertigt, allen Lehramtsabsolventen den Zugang zum Referendariat zu ermöglichen, auch wenn bereits klar ist, dass nur ein geringer Bruchteil eine Chance auf eine Übernahme in den Staatsdienst hat. Daher erachtet der AKH die Einführung von Zugangsbeschränkungen zum Referendariat für sinnvoll und notwendig. Dieses Vorgehen ist bereits in fast allen Bundesländern gängige Praxis. Durch die gleichzeitige Einführung polyvalenter Strukturen an den Hochschulen, die den Studenten neue Tätigkeitsfelder erschließen, ist eine solche Zugangsbeschränkung ebenfalls zu rechtfertigen. 6. Bessere Verzahnung der drei Phasen der Lehrerbildung Derzeit besteht eine nur mangelhafte Verbindung der drei Phasen in der Lehrerbildung. Durch einen besseren Austausch zwischen Schule und Hochschule kann dieses Defizit behoben werden. Der AKH regt daher an, ein Modell zu entwickeln, das Lehrern den Weg für eine temporäre Beschäftigung an der Universität öffnet. Dadurch werden die Lehrerbildungszentren gestärkt, die fachdidaktische Ausbildung verbessert und das Potential für mehr Lehrerfortbildung an den Universitäten geschaffen. Die Universitäten müssen finanziell und personell gestärkt werden, um diese Aufgabe zu erfüllen. 5