Patenschaften für Preziosen



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Transkript:

HERMAN-JOSEF SCHMALOR Patenschaften für Preziosen Der Förderverein der Erzbischöflichen Akademischen Bibliothek Paderborn e. V. Die Bestandsgeschichte der Erzbischöflichen Akademischen Bibliothek reicht mit dem Corveyer Evangeliar zurück bis in die Karolingerzeit entsprechend alt und restaurierungsbedürftig sind die wertvollen historischen Bestände. Die Kosten dafür werden mit Hilfe eines Fördervereins aufgebracht, der neben eigenen Spenden durch Vorträge, Ausstellungen, Führungen und eigene Publikationen die Öffentlichkeit für die kulturhistorische Bedeutung der Sammlung interessiert und individuelle Buchpatenschaften anbietet. Von der Domschulbibliothek zur Akademischen Bibliothek Bevor die Erzbischöfliche Akademische Bibliothek (EAB) vor rund 110 Jahren in Erscheinung trat, gab es in Paderborn bereits eine lange Bibliothekstradition. Sie begann mit der Bibliothek von Domkloster und Domschule. Bald nach der Gründung der Benediktinerabtei Abdinghof im Jahre 1015 ist auch hier eine Bibliothek nachzuweisen. Später kam noch die Kollegbibliothek der Jesuiten (ab 1604), aus der sich die Universitätsbibliothek entwickeln sollte, hinzu, sowie die umfangreiche Privatbibliothek des gelehrten Fürstbischofs Ferdinand von Fürstenberg (1661 1683). Nach Aufhebung des Jesuitenordens 1773 wurde die Universitätsbibliothek zur Bibliothek der Philosophisch-Theologischen Lehranstalt und des Gymnasiums. Sie diente ab 1802/03 auch als Auffangstation der Restbestände an Büchern aus den säkularisierten Klöstern des Paderborner Landes, die heute den weitaus größten Teil der historischen Altbestände ausmachen. Eigenständige Deposita bilden die Bücher aus der ehemaligen Reichsabtei Corvey und dem Zisterzienserinnenkloster Wormeln. Die Institution Akademische Bibliothek ist ein Ergebnis des Kulturkampfes (1874 1887). Als der Staat die für die Priesterausbildung notwendige Literatur nicht länger finanzierte, sahen sich die Professoren genötigt, aus eigenen Mitteln Bücher anzuschaffen. Dadurch entstand die zur Akademie gehörige Akademische Bibliothek. Mit der Erhebung des Bistums Paderborn zum Erzbistum im Jahre 1930 erhielt die Bibliothek den Namen Erzbischöfliche Akademische Bibliothek.

176 Hermann-Josef Schmalor Als gegen Ende des Zweiten Weltkrieges, im März 1945, ein alliierter Bombenangriff fast ganz Paderborn zerstörte, wurde die Hälfte des damals bereits auf 150 000 Bände angewachsenen Bestandes vernichtet und das Bibliotheksgebäude schwer beschädigt. Vollständig gerettet werden konnten lediglich die Archive, die Inkunabeln und die Handschriften. Die zerstörten Bücher wurden, so weit es ging, aus Nachlässen ersetzt. Heute dient die Bibliothek mit ihren nunmehr rund 300 000 Bänden der Theologischen Fakultät Paderborn als Hochschulbibliothek und der Erzdiözese Paderborn als Diözesanbibliothek. Handschriften und Inkunabeln Die zweifellos wertvollsten Bestände der EAB sind neben den Inkunabeln die Handschriften. Die älteste Handschrift bringt uns bis in die Karolingerzeit zurück; es ist das sog. Corveyer Evangeliar, das um das Jahr 840 vielleicht noch im französischen Mutterkloster Corveys, Corbie, geschrieben wurde. Das Ende der Handschriftenzeit markiert das Abdinghofer Graduale, das im Jahre 1507 in dem Paderborner Benediktinerkloster entstand. Zwischen diesen beiden markanten Bänden sind vor allem die großartig illuminierten Handschriften aus Böddeken zu nennen, die an die bedeutende Buch- und Bibliothekskultur dieses Augustiner-Chorherrenstiftes in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts erinnern. Die Gesamtzahl der Handschriften beträgt rund 1 000 Stück, davon etwa 140 mittelalterliche. Eine besondere Gruppe des Altbestandes stellen die rund 750 Inkunabeln dar, die im sog. Paderborner Inkunabelkatalog 1 erschlossen sind. Wie die Handschriften weist auch eine Reihe von Inkunabeln im Bereich der Initialenmalerei bemerkenswerte Illuminationen auf. Markante Stücke des Inkunabelbestandes sind ein halbes Pergamentblatt aus einer Gutenbergbibel sowie eine komplette niederdeutsche Kölner Bibel von 1477/78, deren Holzschnitte durchgehend koloriert sind, ebenso wie die des reich illustrierten Stundenbuchs, gedruckt von Adrian van Liesfeld im Jahre 1494. Die historischen Archive Die EAB verwaltet neben ihren Bibliotheksbeständen auch das Archiv des Vereins für Geschichte und Altertumskunde Westfalens, Abt. Paderborn. Es handelt sich dabei um rund 100 Regalmeter Handschriften und Akten, etwa 2 000 Originalurkunden aus dem 12. bis 18. Jahrhundert, eine Sammlung von 1 Die Inkunabeln in der Erzbischöflichen Akademischen Bibliothek Paderborn (1993).

Patenschaften für Preziosen 177 rund 450 historischen Landkarten und eine Graphiksammlung, die insbesondere aus Kupferstichen besteht. Dieser Band aus der Abdinghofer Bibliothek, der einen bereits vor 1470 entstandenen Druck enthält, war am oberen Rand des Buchblocks so stark vermodert, daß er nur durch eine grundlegende Papierrestaurierung zu retten war. Neben den Arbeiten an den Buchdeckeln wurde das vermoderte Papier vorsichtig entfernt und durch Angießen von Papierfasern ergänzt, so dass wieder ein vollständiger Buchblock entstand. Des weiteren ist das Archiv des Paderborner Studienfonds mit den Verwaltungsunterlagen des Paderborner Jesuitenkollegs zu nennen, die sich vor allem auf den umfangreichen Landbesitz in und um Paderborn beziehen, dann aber auch auf die wissenschaftlichen Hinterlassenschaften der Patres sowie auf die Tagebücher der Rektoren des Kollegs und der Universität. Nach der Säkularisation nahm das Studienfondsarchiv für die Archivalien der Paderborner Klöster die gleiche Funktion wahr wie die Bibliothek für die Klosterbücher. Es diente als Auffangstation für die Materialien, die nicht in andere preußische Archive, etwa nach Münster, verbracht wurden. Der Gesamtumfang beläuft sich auf etwa 80 Regalmeter Handschriften und Akten, dazu kommen noch rund 1 500 Originalurkunden des 13. bis 18. Jahrhunderts. Die Gründung des Vereins In den achtziger Jahren wurde die Notwendigkeit deutlich, die alten und wertvollen Buchbestände, die allein schon durch ihr Alter, aber auch vor allem

178 Hermann-Josef Schmalor durch den Zweiten Weltkrieg stark gelitten hatten, nicht mehr nur zu verwahren, sondern auch deren Erhaltung durch restauratorische Maßnahmen zu sichern. Im Zuge einer neuen Wahrnehmung des Wertes der alten Bücher als solcher und nicht nur, wie es früher oft der Fall war, als reines Trägermaterial für schriftliche Überlieferung, trat die kultur- und geistesgeschichtliche Bedeutung nicht nur der Texte, sondern der Bücher selbst ins Blickfeld. Dinge wurden bedeutsam, denen man vorher vielfach kaum Beachtung geschenkt hatte: Besitzvermerke, Einbandgestaltung, Buchblockbearbeitung, Druckerumfeld, Bibliothekenzusammenhänge usw. Um dem weiteren Verfall zuvorzukommen, war schnelles Handeln erforderlich. So kam es am 21. Januar 1987 zur formellen Gründung des als gemeinnützig anerkannten eingetragenen Vereins. Dass dies nicht nur den Verantwortlichen der Bibliothek ein großes Bedürfnis war, sondern auch der nichtbibliothekarischen Öffentlichkeit, zeigt sich daran, dass die Gründung des Vereins eigentlich von Außenstehenden u. a. Angehörigen der Paderborner Hochschulen initiiert wurde. Zu den engagierten Mitgliedern des Vereins zählen Hochschulprofessoren, Lehrer, Angestellte, Studenten und solche Benutzer, die die Bibliothek kennen und offensichtlich schätzen gelernt haben. Erstmals in Deutschland: Buchpatenschaften Es war von vornherein klar, dass das Einwerben von Spenden für Restaurierungsarbeiten den zentralen Anteil der Vereinsarbeit ausmachen würde. Um eine besondere Identifikationsmöglichkeit der potentiellen Spender mit den Buchbeständen zu ermöglichen, wurde nach amerikanischem Vorbild erstmals in Deutschland auch die Übernahme von Buchpatenschaften vorgesehen. Der Name des Buchpaten wird dabei in einen Patenschaftsbrief eingetragen, der in das restaurierte Buch eingeklebt wird. Für einige der bedeutendsten Werke wie etwa das Abdinghofer Graduale (1507) oder die niederdeutsche Halberstädter Bibel (1522) fanden sich schnell Patenschaften. Auch der berühmte Blaeu- Altas (um 1640), die astronomischen Schriften des Johannes de Sacro Bosco (um 1494) oder der Fasciculus medicinae (1500) konnten besonders durch

Patenschaften für Preziosen 179 Spenden von Banken bald restauriert werden. Weitere Werke wie etwa das karolingische Corveyer Evangeliar oder eine um 1250 entstandene Perlbibel wurden von bekannten Paderborner Persönlichkeiten privat als Patenbücher übernommen. Nicht zuletzt kamen auch durch viele kleinere Spenden der Vereinsmitglieder Beträge zusammen, die es ermöglichten, zahlreiche bedrohte Werke zu restaurieren. Mehr als 400 wertvolle Bücher konnten bis heute einer grundlegenden Erneuerung unterzogen werden. Der Verein als Motor Buchrestaurierung ist langwierige Handarbeit und entsprechend teuer. In den letzten 18 Jahren konnte der Verein mehr als 200 000 Euro als Spenden für diese Zwecke einwerben. Neben den Vereinsgeldern erhielt die Bibliothek auch vom Träger und anderen öffentlichen Stellen Mittel zur Erhaltung des wertvollen Buchbestandes. Diese Zuschüsse in einer Gesamthöhe von rund 80 000 Euro sind zwar nicht über den Verein geflossen, haben aber nichtsdestoweniger die Bemühungen des Vereins gefördert und müssen im Sinne der Bibliothek hinzugerechnet werden. Alles in allem also konnten Restaurierungsmittel in Höhe von rund 280 000 Euro eingesetzt werden. Schätze ans Licht gebracht Die Präsentation der wertvollen historischen Bestände in der Öffentlichkeit ist nicht minder wichtig. Hier sieht sich der Verein in enger Zusammenarbeit mit der Bibliothek in die Pflicht genommen. Erst durch das Präsentieren der Schätze in der Öffentlichkeit kann in der Bevölkerung Interesse für die Notwendigkeit der Erhaltung dieser Kulturgüter geweckt werden. In Vorträgen, Publikationen, Ausstellungen, Führungen versuchten Bibliothek und Verein in gemeinsamen Aktionen, das Anliegen der Erhaltung dieser einzigartigen Zeugnisse der Buchkultur publik zu machen. Ausstellungen wie Liturgica Paderbornensia (1989) oder Natur und Medizin (1991) fanden große Beachtung. Ende 1995 konnten aufgrund der Ausstellung Ferdinand von Fürstenberg und seine Bücher zahlreiche, auch kleinere Werke aus der Sammlung des bedeutenden Paderborner Fürstbischofs restauriert werden. Ein Gesamtüberblick über alle wertvollen Bibliotheksbestände wurde erstmals 1996 zum 100jährigen Jubiläum der Bibliothek versucht zu erstellen: Pretiosa aus der Erzbischöflichen Akademischen Bibliothek. Bücher, Urkunden, alte Landkarten, Graphik, Photodokumente, Anlass für zahlreiche neue Patenschaften sowohl von Privatpersonen als auch aus der Wirtschaft. In den folgenden Jahren setzten thematische Ausstellungen die

180 Hermann-Josef Schmalor Tradition fort: 400 Jahre Buchdruck in Paderborn 1597 1997 (1997), Sursum Corda Zur Geschichte des Paderborner Diözesangesangbuches (1999), Schöne Handschriften und Frühdrucke aus der Klosterregion Höxter/Paderborn (2000), Der Neuaufbau der Corveyer Klosterbibliothek nach dem Dreißigjährigen Krieg (2001, Schloss Corvey). An all diesen Ausstellungen hat der Förderverein zumindest dadurch ursächlich mitgewirkt, dass diese überhaupt erst möglich wurden, nachdem die Bücher restauriert worden waren. Nachhaltig: Erschließung von Inkunabeln und Handschriften Zuletzt muss noch ein wirkliches Highlight Erwähnung finden, nämlich die Publikation des Inkunabelkatalogs 1993. Kaum ein anderes Ereignis hat derart nachhaltig in der vor allem wissenschaftlich interessierten Öffentlichkeit gewirkt. Dieses maßgeblich von Michael Reker erarbeitete Werk machte vor allem auf einen Blick deutlich, um welche Schätze und Kostbarkeiten es sich bei den Inkunabeln in der Akademischen Bibliothek handelt. Vor allem aber wurde jedem klar, wie notwendig die Arbeit des Fördervereins tatsächlich war, und es ist zu ergänzen: bis heute ist. Mit der Veröffentlichung des Inkunabelkatalogs und einem Nachtrag dazu von 1998 ist Erschließung im Inkunabelbereich nun abgeschlossen. Im Jubiläumsjahr 1996 (100 Jahre Akademische Bibliothek) konnte ein weiterer Erschließungsbereich vorläufig abgeschlossen werden: Die Verzeichnung der mittelalterlichen Handschriften von Ulrich Hinz. Es handelt sich dabei um eine Kurzbeschreibung der einzelnen Bände im Zusammenhang mit der Erarbeitung eines Handschriften-Zensus für Westfalen unter Federführung der Universitäts- und Landesbibliothek Münster. Weitere Erschließungsprojekte sind noch nicht in konkreter Vorbereitung, könnten sich jedoch insbesondere auf die Postinkunabeln beziehen. Bilanz Seit seiner Gründung im Jahr 1987 kann der Verein eine stolze Bilanz vorweisen: - 121 eingetragene Mitglieder am 1.1.2005, - ca. 400 restaurierte Handschriften und alte Drucke, - ca. 200 000 Euro eingeworbene Spenden, zuzüglich 80 000 Euro für Restaurierungen aus dem ordentlichen Bibliotheksetat und in Form von Zuschüssen für die Bibliothek,

Patenschaften für Preziosen 181 - Beteiligung an rund 20 größeren Ausstellungen. Ziel des Vereins heute ist es, das, was sich in den vergangenen 18 Jahren als gut und positiv erwiesen hat, weiterzuverfolgen, d. h. weiterhin kontinuierlich fortzufahren mit den Restaurierungen, denn es bleibt noch genug zu tun. Auch die Präsentationen, Ausstellungen, Führungen werden in Zukunft weiterhin stattfinden, um zu zeigen, dass das Engagement für die Kulturgüter unserer Region sich im wahrsten Wortsinn auszahlt auch und erst recht für die kommenden Generationen. Literatur und Internetquellen (Auswahl) Erzbischöfliche Akademische Bibliothek Paderborn, homepage: http://www. eab-paderborn.de Hinz, Ulrich: Handschriftencensus Westfalen, Wiesbaden : Reichert, 1999 (Schriften der Universitäts- und Landesbibliothek Münster ; 18), darin: EAB Paderborn, S. 240-302 Die Inkunabeln in der Erzbischöflichen Akademischen Bibliothek Paderborn / Matthias Hartig, Karl Hengst, Michael Reker, Hermann-Josef Schmalor. Wiesbaden : Harrassowitz, 1993 [Nebent.: Paderborner Inkunabel-Katalog] (Nachtr. 1993-1998, nicht veröffentlicht) Ein Jahrhundert Akademische Bibliothek Paderborn : zur Geschichte des Buches in der Mitteldeutschen Kirchenprovinz ; mit einem Verzeichnis der mittelalterlichen Handschriften in Paderborn / Karl Hengst (Hg.). Paderborn : H-und-S-Verlag, 1996 (Veröffentlichungen zur Geschichte der Mitteldeutschen Kirchenprovinz ; 10) Rüthing, Heinrich, u. Hermann-Josef Schmalor: Aus mittelalterlichen Bibliotheken des Paderborner und Corveyer Landes. Paderborn : Volksbank, 1998 (Heimatkundliche Schriftenreihe ; 29) Schmalor, Hermann-Josef: Der Förderverein der Erzbischöflichen Akademischen Bibliothek Paderborn e.v. Paderborn : Paderborn : Förderverein der Erzbischöflichen Akad. Bibliothek Paderborn e.v., 2002 (Veröffentlichungen der Erzbischöflichen Akademischen Bibliothek Paderborn ; 6)

182 Hermann-Josef Schmalor Skutnik, Hermann-Josef: Paderborn, Erzbischöfliche Akademische Bibliothek, in: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland, Bd. 4: Nordrhein-Westfalen, Teil 2 / hrsg. von Severin Corsten. Bearb. von Reinhard Feldmann. Hildesheim : Olms, 1993, S. 259-267