Kapitel 1 Einführung in die Makroökonomie 1 Pearson Studium
1.1 Ein Blick auf die makroökonomischen Daten Wenn Makroökonomen sich mit einer Volkswirtschaft beschäftigen, betrachten sie zunächst vor allem drei Variable: Die Produktion Die Wirtschaftsleistung der gesamten Volkswirtschaft und die Wachstumsrate der Produktion. Die Arbeitslosenquote (auch Erwerbslosenquote) Der Anteil der Arbeitnehmer in der Volkswirtschaft, der in keinem Beschäftigungsverhältnis steht, der aber auf der Suche nach Beschäftigung ist. Die Inflationsrate Die Rate, mit der in der betrachteten Volkswirtschaft das durchschnittliche Preisniveau aller Güter im Zeitverlauf zunimmt. 2 Pearson Studium
1.1 Ein Blick auf die makroökonomischen Daten Tabelle 1-1 Wirtschaftswachstum in den Vereinigten Staaten, Deutschland, dem Euroraum und China, 1970-2013 (in Prozent) 3 Pearson Studium
1.1 Ein Blick auf die makroökonomischen Daten Tabelle 1-2 Arbeitslosenquote in den Vereinigten Staaten, Deutschland und dem Euroraum, 1970-2013 (in Prozent) 4 Pearson Studium
1.1 Ein Blick auf die makroökonomischen Daten Tabelle 1-3 Inflationsrate in den Vereinigten Staaten, Deutschland, dem Euroraum und China, 1970-2013 (in Prozent) 5 Pearson Studium
1.1 Ein Blick auf die makroökonomischen Daten Die Daten verdeutlichen folgende Aspekte : Die Wachstumsrate des BIP war sowohl in den USA wie im Euroraum im letzten Jahrzehnt niedriger als in den Jahrzehnten zuvor; in China (wie in anderen Schwellenländern) war sie dagegen sehr hoch. Mit Ausbruch der Finanzkrise kam es zu einem starken Einbruch des Wirtschaftswachstums. Viele Industriestaaten sind in eine tiefe Rezession geraten Die Erwerbslosenquote hat sich in den USA nach Ausbruch der Finanzkrise fast verdoppelt; allmählich geht sie dort aber wieder zurück. Dagegen steigt sie im Euroraum insgesamt weiter stark an. Die Inflationsraten sind mit Ausbruch der Finanzkrise in den USA und im Euroraum gesunken. Manche befürchten das Risiko einer Deflationsspirale. 6 Pearson Studium
1.1 Ein Blick auf die makroökonomischen Daten Wann spricht man von einer Rezession? Einer gängigen Definition zufolge spricht man von Rezession, wenn die Produktion einer Volkswirtschaft zwei Quartale in Folge im Vergleich zum Vorjahr schrumpft. Auch der Rückgang der Inflationsrate (Tabelle 3) ist Anlass zur Sorge. Führt er zu einer Deflationsspirale (einem länger anhaltenden Rückgang des Preisniveaus), so erhöht dies die Schuldenlast von Schuldnern; Insolvenzen nehmen zu; die Wirtschaft gerät aus dem Tritt. Die Zentralbank reagiert auf Deflation mit expansiver Geldpolitik. Gelingt es ihr damit jedoch nicht die Deflation zu beenden, kann die die Volkswirtschaft in eine Liquiditätsfalle geraten, in der Geldpolitik wirkungslos wird. 7 Pearson Studium
1.1 Ein Blick auf die makroökonomischen Daten Zur Qualität der Daten: Für China sind zuverlässige Werte erst ab 1980 verfügbar. Im letzten Jahrzehnt wies China mit einer Wachstumsrate von durchschnittlich ca. 10% ein beeindruckendes Wirtschaftswachstum auf (bei dieser Rate verdoppelt sich das BIP/Kopf alle 7 Jahre). Für China liegen keine zuverlässigen Arbeitsmarktdaten vor. Dies liegt vor allem daran, dass in ärmeren Ländern Arbeitslose - wegen der Vielzahl von Wanderarbeitern und Beschäftigte in der Landwirtschaft - nur schwer zu erfassen sind. Die offiziellen Statistiken sind somit wenig informativ. 8 Pearson Studium
1.2 Die Entstehung der Finanzkrise und ihre Folgen in der kurzen Frist Die weltweite Rezession wurde von einer dramatischen Finanzkrise ausgelöst. Das Problem begann mit einer großen Immobilien- und Kreditblase in den Vereinigten Staaten. Im Lauf des letzten Jahrzehnts waren dort die Immobilienpreise als Anteil am Einkommen stark angestiegen. Angesichts niedriger Zinsen und steigender Hauspreise waren Immobilienfinanzierer bereit, Kredite selbst an Käufer zu vergeben, die gar nicht in der Lage waren, sie jemals zurückzuzahlen, es sei denn, die guten Jahre würden ewig weiter gehen. Die massive Verfügbarkeit von Krediten erhöhte die Nachfrage nach Häusern und trieb so die Preise noch höher. 9 Pearson Studium
1.2 Die Entstehung der Finanzkrise und ihre Folgen in der kurzen Frist Dies führte dazu, dass die Verschuldung der Haushalte als Anteil am Einkommen stark anstieg: Fokusbox 16.3. 10 Pearson Studium
1.2 Die Entstehung der Finanzkrise und ihre Folgen in der kurzen Frist Sinkende Vermögenspreise + hohe Verschuldung: Einschränkung der Kreditaufnahme Vorsichtssparen Einbruch der Konsumnachfrage Sparparadox: Das Bestreben der Konsumenten, mehr zu sparen, kann kurzfristig einen Einbruch der Produktion auslösen. Finanzintermediäre reduzieren Kreditvergabe Unternehmen werden pessimistischer über zukünftige Nachfrage; zögern mit Neuinvestitionen. Einbruch der Investitionsnachfrage Scharfer Rückgang von Produktion und Beschäftigung Zahlungsausfälle Finanzintermediäre geraten in größere Schwierigkeiten 11 Pearson Studium
1.2 Die kurze Frist Betrachtet Konjunkturschwankungen, also Zyklische Schwankungen um Produktionspotential Kurzfristige Analyse: Schwankungen der Nachfrage sind der wesentliche Bestimmungsfaktor Wichtige Determinanten gesamtwirtschaftlicher Nachfrage: Konsum, Investition, Staatsausgaben, Nettoexporte 12 Pearson Studium
Konjunkturschwankungen Z 13 Pearson Studium
Von der kurz- zur mittelfristigen Perspektive Kurzfristig: Einbruch der Nachfrage Produktion sinkt unter das Vollbeschäftigungsniveau (Produktionspotenzial) Mittelfristig: Sobald sich die Wirtschaft wieder erholt, kehrt die Produktion wieder auf das Produktionspotenzial zurück Langfristig bestimmt die Potenzial-Wachstumsrate das Produktionswachstum 14 Pearson Studium
Von der kurz- zur mittelfristigen Perspektive Z Y B) Mittlere Frist: Produktionspotential Y N A) Kurze Frist: Schwankungen um Y N Prognose?? C) Lange Frist: Wachstumsrate g YN von Y N Y N g YN Strukturbruch? Wirtschaftspolitik: A) Stabilisierung der Schwankungen B) Stärkung des Produktionspotentials C) Wachstumsrate g YN stimulieren Zeit 15 Pearson Studium
Von der kurz- zur mittelfristigen Perspektive Wodurch wird das Produktionspotential bestimmt? Mittelfristige Analyse: Produktionspotential Angebotsseite als Hauptdeterminante (Teil 4) Makroökonomische Produktionsfunktion: Y= A F(N, K) verfügbare Ressourcen: Arbeit N und Kapital K; verfügbare Technologie (technisches Wissen A); Strukturelle Faktoren: Monopolmacht auf Arbeits- und Gütermärkten 16 Pearson Studium
1.3 Die mittelfristige Perspektive: Produktionspotenzial Das Congressional Budget Office (CBO) in den USA erstellt Schätzungen für das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes und des Produktionspotenzials über 10 Jahre 17 Pearson Studium
1.4 Die langfristige Perspektive Lange Frist: Welche Faktoren beeinflussen die langfristige Wachstumsrate (Trendwachstum des Produktionspotentials)? Langfristige Analyse: Was bestimmt Veränderungen des Trends? Determinanten des Wachstums: Sparrate, technischer Fortschritt (Innovationen) Patente, Investitionen in Humankapital 18 Pearson Studium
1.4 Die langfristige Perspektive Langfristige Perspektive: Gelingt es, zu hohem Produktivitätswachstum zurückzukehren? Produktivitätswachstum ist der Schlüssel für langfristige Prosperität Innovation (Erfindung/Imitation neuer Technologien) steigert Produktion selbst bei unverändertem Ressourcen. Kleine Änderungen der Wachstumsrate über längere Zeit nachhaltige Effekte auf Lebensstandard! USA: Hohes Produktivitätswachstum 1995-2005 getrieben durch neue Informationstechnologien und dauerhafte Finanzinnovationen? oder nur ein Resultat von Blasenbildung? Sofern die Wachstumserwartungen nach unten korrigiert werden müssen: Notwendigkeit drastischer Anpassungen mit länger anhaltender Stagnation. 19 Pearson Studium
1.4 Die langfristige Perspektive Kernfrage: Wird das Produktivitätswachstum in den USA wieder auf das hohe Niveau der 90er Jahre zurückkehren? Abbildung 1.2. Jährliche und durchschnittliche Wachstumsrate der Produktivität der Vereinigten Staaten. Die durchschnittliche Wachstumsrate der Produktivität in den Vereinigten Staaten ist Mitte der 90er Jahre angestiegen. Sie schwankt aber von Jahr zu Jahr sehr stark. 20 Pearson Studium
1.5 Herausforderungen für die Wirtschaftspolitik Wird der der Einbruch der Nachfrage in der kurzen Frist nicht durch wirtschaftspolitische Stabilisierungsmaßnahmen bekämpft, kann die Wirtschaft für längere Zeit auf Abwege geraten. Die Ökonomen warnen vor der Gefahr, dass verfehlte Politik zu fatalen langfristigen Schäden führen könnte. Makroökonomen sind normalerweise zuversichtlich, dass die Wirtschaft sich auf mittlere Frist an Nachfrageänderungen anpassen wird. Dieser Prozess kann aber recht lange dauern. Wird er in der kurzen Frist nicht durch Stabilisierungsmaßnahmen erleichtert, kann die Wirtschaft für längere Zeit auf Abwege geraten. Die Herausforderung besteht darin, das Finanzsystem zu stabilisieren und die Nachfrage durch Geld- und Fiskalpolitik zu stimulieren. 21 Pearson Studium
1.5 Herausforderungen für die Wirtschaftspolitik Die Rolle von Geld- und Fiskalpolitik: Während der Finanzkrise haben Zentralbanken in massivem Umfang Liquidität bereitgestellt. Um die Produktion zu stabilisieren, wurden in mehreren Schritten Zinssenkungen eingeleitet. Federal Funds Target Rate und Hauptrefinanzierungssatz Abbildung 1.3. Zentralbanken verändern ihre Leitzinsen im Konjunkturverlauf. Seit Sommer 2007 hat die amerikanische Zentralbank (FED) ihren Leitzins (die Federal Funds Target Rate) aggressiv gesenkt. Auch die EZB hat ihren Leitzins (Hauptrefinanzierungssatz) gesenkt. 22 Pearson Studium
1.5 Herausforderungen für die Wirtschaftspolitik Weil aber die Krise ihren Ausgangspunkt im gesamten Finanzsektor hat, ist der traditionelle Zusammenhang zwischen Geldpolitik und Kreditvergabe der Geschäftsbanken gestört. Solange der Finanzsektor nicht wiederhergestellt ist, ist die Wirkung von Zinssenkungen der Zentralbanken auf die Realwirtschaft abgeschwächt. Weil die Leitzinsen zudem schon fast bei Null liegen, gibt es für die Geldpolitik nur mehr wenig Handlungsspielraum: Unter Null können die Zinsen nicht sinken. Manche Zentralbanken gehen deshalb dazu über, unkonventionelle Maßnahmen zu ergreifen. 23 Pearson Studium
1.5 Herausforderungen für die Wirtschaftspolitik BIP pro Kopf in U.S.-$ auf Basis von Kaufkraftparitäten. Zwischen den Ländern gibt es starke Unterschiede des Bruttoinlandsprodukts (BIP) pro Kopf, gemessen in Kaufkraftparitäten 24 Pearson Studium
1.5 Herausforderungen für die Wirtschaftspolitik im Euroraum Zwei große Themen bestimmen die Tagesordnung europäischer Wirtschaftswissenschaftler und Politiker: 1. Welche makroökonomischen Auswirkungen ergeben sich aus dem einheitlichen Währungsraum? Und wie sollte Wirtschaftspolitik unter diesen Rahmenbedingungen gestaltet werden? 2. Welche wirtschaftspolitischen Maßnahmen sind erforderlich, um den anhaltenden Anstieg der Arbeitslosenquote im Euroraum zu begrenzen? 25 Pearson Studium
1.5 Herausforderungen für die Wirtschaftspolitik im Euroraum Wie lässt sich die Arbeitslosenquote in Europa verringern? Stilisierte Fakten in Europa: Niedrige Arbeitslosenquote in den 60er Jahren Anstieg in den 70er Jahren (Ölschock) Anfang der 80er Jahre weiterer Anstieg trotz Wirtschaftswachstum kaum Rückgang Ende der 80er Jahre Eurosklerose/ Hysteresis: Verharren auf neuem Niveau 26 Pearson Studium
1.5 Herausforderungen für die Wirtschaftspolitik im Euroraum Z Fallbeispiel: Eurosklerose auf dem Arbeitsmarkt in Europa 1974/75, 1981-83, 1992-94: Sprunghafter Anstieg der Arbeitslosigkeit in Europa Strukturelle Faktoren (Rigiditäten) 27 Pearson Studium
1.5 Herausforderungen für die Wirtschaftspolitik im Euroraum Z 28 Pearson Studium
1.5 Herausforderungen für die Wirtschaftspolitik im Euroraum Wie lässt sich die Arbeitslosenquote in Europa verringern? 29 Pearson Studium