Modelle der Werbewirkungsforschung



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Transkript:

Prof. Dr.-Ing. et Dr. phil. habil. Alfred Kirpal Technische Universität Ilmenau Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft Fachgebiet: Technik- und Wirtschaftsgeschichte Seminar: Interkulturelles in der Technik- und Wirtschaftskommunikation Wintersemester 2005/06 Modelle der Werbewirkungsforschung am Beispiel der Handywerbung vorgelegt von: Christoph Gawlik Manuel Löffelholz Jan Torben Redlefsen Oehrenstöcker Str. 18 Am Helmholtzring 3 Kopernikusstraße 12 98693 Ilmenau 98693 Ilmenau 98693 Ilmenau christoph.gawlik@stud.tuilmenau.de manuel.loeffelholz@stud.tuilmenau.de jantorben.redlefsen@stud.tuilmenau.de Matrikelnummer: 35588 Matrikelnummer: 35884 Matrikelnummer: 35638 Ilmenau, den 31.03.2006

Inhaltsverzeichnis 1. Einblick... 1 2. Funktionen der Werbewirkungs-Modelle... 1 3. Stufen-Modelle der Werbewirkung... 2 3.1. AIDA-Modell... 2 3.2. S-(O)-R-Modelle... 3 3.3. Kritik an den Stufen-Modellen... 5 4. Relationale Modelle der Werbewirkung... 6 4.1. Modell der Konsonanz / Dissonanz... 7 4.2. Elaboration Likelihood Model... 8 4.3. Das Modell der Wirkungspfade... 12 4.4. Kritik an den relationalen Modellen... 19 5. Die Wirkungskette der Werbewirkung... 22 6. Fazit... 25 7. Literaturverzeichnis... 27 8. Anhang... 30 Anhang 1: Grafik: Netto Werbeeinnahmen erfassbarer Werbeträger in Deutschland... 30 Anhang 2: Grafik: Zusammenhang zwischen Werbespendings und Markenanteil... 30 Anhang 3: Grafik: TV steigert Werbeerinnerung und Markenbekanntheit... 31 Anhang 4: Print-Werbung Siemens M75... 32 Anhang 5: Print-Werbung Samsung SGH-D500... 33 Anhang 6: Print-Werbung Nokia 7710: informative Werbung... 34 Anhang 7: Print-Werbung Nokia 8800: emotionale Werbung... 35 Anhang 8: Print-Werbung Nokia 6680: gemischte Werbung... 36

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: AIDA-Modell... 3 Abbildung 2: S-R-Modell.. 3 Abbildung 3: Print-Werbung für das Siemens M75. 4 Abbildung 4: S-O-R Modell.. 5 Abbildung 5: Aisschnitte aus der TV-Werbung für das Nokia 6230i 7 Abbildung 6: Vergleich High und Low-Involvement 9 Abbildung 7: Print-Werbung für das Samsung SGH-D500 11 Abbildung 8: Wirkungskomponenten der Werbung.. 13 Abbildung 9: Bedingungen der Werbewirkung. 15 Abbildung 10: Print-Werbung für das Nokia 7710.. 15 Abbildung 11: Print-Werbung für das Nokia 8800... 15 Abbildung 12: Print-Werbung für das Nokia 6800.. 16 Abbildung 13: Wirkungspfad der informativen Werbung bei involvierten Konsumenten... 17 Abbildung 14: Wirkungspfad der informativen Werbung bei wenig involvierten Konsumenten.. 18 Abbildung 15: Wirkungskette der Werbewirkung.. 22 Abbildung 16: Wirkungsebenen und ihre Beschreibungen. 23 Abbildung 17: Wirkungsebenen und ihre Indikatoren. 24 Abbildung 18: Wirkungsindikatoren und ihre Wirkungsmaße 24

1. Einblick Ich weiß, daß die Hälfte des Geldes, das ich für Reklame ausgebe, hinausgeschmissen ist. Die Frage ist nur: welche Hälfte? Diesen Satz soll vor über 50 Jahren der amerikanische Warenhausunternehmer John Wanamaker (teilweise wird dieses Zitat auch Henry Ford zugeschrieben) gesagt haben (vgl. Bongard 2002, S.11). Wenn man sich die Summe der Netto-Werbeeinnahmen in Deutschland von über 19 Mrd. Euro im Jahre 2004 ansieht (siehe Anhang 1), erscheint das Thema Werbewirkung hoch brisant. Doch was kann unter Werbewirkung verstanden werden? Einer Definition von Ulrich Lachmann, Werbeforscher, gemäß ist Werbewirkung [ ] das Erreichen einer beabsichtigten Reaktion durch Werbeaktivitäten bei der Zielgruppe (zit. nach Burst 2002, S. 08). Häufig wird Werbewirkung jedoch mit der Steigerung von Abverkäufen gleich gesetzt, da dies vielfach das primäre Ziel aus Sicht der Werbetreibenden ist. Als ebenso wichtige Ziele können beispielsweise Imagebildung, Sympathiegewinn oder Bekanntheitssteigerung genannt werden. Interessant ist zudem, dass insbesondere von den Werbeunternehmen ein monokausaler Zusammenhang zwischen Werbung und Umsatz- bzw. Gewinnsteigerung propagiert wird (siehe Anhang 2), wodurch es bei Unwissenheit der Auftraggeber leicht zu nicht unterschätzenden Fehlinvestitionen kommen kann. Angesichts der riesigen Werbeausgaben, der zahlreichen Fachliteratur, der ständigen Strukturveränderungen des Werbemarktes bzw. Mediamixes, den umstrittenen Modellen bzw. Werbewirkungstheorien (nachfolgend erläutert) sowie den empirischen Forschungen und dem Kosten- und Renditedruck der Unternehmen scheint die Diskussion über die Wirkung der Werbung brandaktuell zu sein Dabei sind die bisherigen Ergebnisse nicht als unverrückbar einzustufen. Diese Arbeit soll einen Einblick in die komplexe Werbewirkungsforschung ermöglichen, um das Phänomen Werbung besser zu verstehen. 2. Funktionen der Werbewirkungs-Modelle Unter Zuhilfenahme von Modellen wird versucht, das Phänomen Werbewirkung erklärbar zu machen. Die Aufgabe eines Modells ist, ein auf die wesentli- 1

chen Grundzüge reduziertes Abbild der Wirklichkeit zu liefern und somit die Komplexität und Vielfältigkeit der Wirklichkeit zu vereinfachen und verständlich zu machen (vgl. Scharpe 2003, S. 9). Dies kann ebenfalls auf die Werbewirkung übertragen werden. Die Fokussierung auf wenige Wirkungsfaktoren war jedoch im Zuge der Forschung unzulänglich, da zahlreiche neue Wirkungsfaktoren gefunden wurden, die sich nicht ignorieren ließen. Eine Einbindung in alte Modelle war meist nicht ohne weiteres möglich, so dass neue Modelle entstanden und heute eine Vielzahl von Modellen nebeneinander existieren. Im Folgenden werden einige der wichtigsten Modelle vorgestellt, die sich global in Stufen-Modelle und relationale Modelle untergliedern lassen. 3. Stufen-Modelle der Werbewirkung Stufen-Modelle laufen, wie der Name schon andeutet, hierarchisch ab. Beim Rezipienten müssen verschiedene Stufen durchlaufen werden, um zu einer Wirkung zu gelangen. Die Stufen müssen der Reihe nach durchlaufen werden, wobei mit dem Erreichen einer Stufe die Wahrscheinlichkeit des Erreichens der nächsthöheren steigt. Voraussetzung für die Wirkung ist immer zuerst die Wahrnehmung bzw. Aufmerksamkeit, danach folgen weitere Stufen. Im Folgenden werden die Stufen-Modelle AIDA-Modell, S-R-Modell und S-O-R-Modell in ihrer Entwicklung betrachtet, deren Anfänge sich mit dem AIDA-Modell von Lewis aus dem Jahr 1898 (vgl. Bongard 2002, S. 8 ff und Burst 2002, S. 10-11) begründen. 3.1. AIDA-Modell Das AIDA-Modell spiegelt exakt die Definitionen eines klassischen Stufen- Modells wieder. Am Anfang der vier Stufen steht die Wahrnehmung eines Objektes beispielsweise durch ein Handy in einem Werbespot (Attention). Das Interesse (Interest) wird an jenem gesteigert, wodurch ein Verlangen (Desire), was letztendlich zu einer Handlung, möglicherweise dem klassischen Kaufakt, (Action) führt. Die Stufen müssen, damit es letztendlich zu einer Handlung kommt, hierarchisch durchlaufen werden und können in kognitive, affektive und intentionale Stufen aufgegliedert werden (vgl. Bongard 2002, S. 8 und Scharpe 2003, S. 11). Dabei ist die Wirkungsebene die dem AIDA-Modell zu Grunde liegt, die Aufmerksamkeit. 2

Abbildung 1: AIDA-Modell (eigene Darstellung) 3.2. S-(O)-R-Modelle Die Medienwirkungsforschung in den 1920/30er Jahren ging vom behavioristischen Bild des vom Instinkt beherrschten Menschen aus, der passiv auf Reize mit fixierten Verhaltensmustern reagiert. Somit entstand ein unidirektional-kausales Wirkungsmodell, welches Stimulus-Response-Modell (kurz S-R-Modell) genannt wurde (vgl. Bongard 2002, S. 171-174 und Scharpe 2003, S. 10-11). Stimulus (unabhängige Variable) Response (abhängige Variable) Werbemaßnahme - Kauf eines Produktes - Inanspruchnahme einer Dienstleistung - Übernahme einer Idee Abbildung 2: S-R-Modell (Bongard 2002, S. 174, nach Kloss 1998, S. 49) Wie in Abbildung 2 ersichtlich, ist das Verhalten des Rezipienten, z.b. der Kauf eines neuen Handys (Response) Folge eines bestimmten Reizes oder einer Reizkonstellation, z.b. Werbespot für das Handy (Stimulus). Soziologisch wurde diese Theorie der uniformen Reaktion durch die Isolierung des Einzelnen in der Massengesellschaft gestützt, wodurch aufgrund des Funktionsverlustes der Familie die Botschaften der Massenmedien stärkeren Einfluss gehabt hätten (vgl. Bongard 2002, S. 172). Insgesamt kann von einer Theorie der starken Medienwirkung aus- 3

gegangen werden, die durch Begriffe wie hypodermic needle oder magic bullet beschreibbar ist: Der Rezipient hat keine Chance, sich der Medienwirkung zu entziehen, sie wird ihm förmlich eininjiziert und löst entsprechend Reaktionen aus. Die zentrale Frage ist jedoch: Welche Vorgänge auf der Inputseite lösen Reaktionen auf der Outputseite aus? Welcher Stimulus verursacht welche Response? Da der Rezipient in diesem Modell als Black Box angesehen wird, kann die Frage nicht beantwortet werden. Kognitive und affektive Stufen wie im AIDA-Modell (siehe 3.1.) fehlen komplett. Bei Betrachtung der nebenstehenden Abbildung 3 (siehe auch Anhang 4) wird der Reiz Das M75 ist extrem stabil, vergleichbar mit Steinen und somit das ideale Outdoor-Handy ausgesandt, sowohl textlich als auch visuell. Entsprechend des S-R-Modells könnte dann als Response z.b. der gesteigerte (Ver)Kauf des Handys klassifiziert werden aber ebenso auch die gesteigerte Reputation des M75 als Outdoor-Handy. Gemäß dem S-R-Modell lassen sich folgende Abbildung 3: Print-Werbung für das Siemens M75 (vgl. Aussagen formulieren: Spiegel 2005/39, S. 4) - Die Wirkung des Reizes hat auf jeden Fall Erfolg. - Die Response ist aufgrund der Black Box Rezipient nicht eindeutig dem Reiz zuschreibbar. Beide Folgerungen lassen die praktische Anwendbarkeit des S-R-Modells als ü- beraus fragwürdig erscheinen. Als Wirkungsebene des S-R-Modells wurde die Aufmerksamkeit identifiziert. Um jene messbar zu machen, wurden anfangs Recognition-Tests für die Wiedererkennung und später Recall-Tests für die Wiedererinnerung benutzt (vgl. Koeppler 2000, S. 50-57). Die Ergebnisse der Tests spiegeln allerdings nicht die Aufmerksamkeitsleistung sondern die Gedächtnisleistung der Messpersonen wieder. Trotzdem werden die Tests noch heutzutage vielerorts angewandt (vgl. Scharpe 2003, S. 10; siehe Anhang 3). In den 1940/50er Jahren wurde aufgrund neuer Ansätze in der psychologischen Forschung die Instinkttheorie in Frage gestellt, was Auswirkungen auf die Wer- 4

bewirkungsforschung hatte. Der bis dahin geltende S-R-Ansatz wurde zum Stimulus-Organism-Response-Modell (kurz S-O-R-Modell) erweitert. Abbildung 4: S-O-R Modell (nach Katz/Maurer/Kalusch/Grahn/Isenbart/Breinker 2004, S. 8) Der Rezipient stellt keine Black Box mehr dar, sondern rückt als entscheidender und wirkungsrelevanter Faktor in den Mittelpunkt. Die individuelle psychische Disposition des Rezipienten mit seinem Repertoire an so genannten intervenierenden Variablen wurde neuer Untersuchungsgegenstand der Werbewirkungsforschung (zit. nach Scharpe 2003, S. 11). Es reicht also nicht mehr, lediglich Stimuli auszusenden, sondern es ist notwendig, die Einstellungen des Rezipienten zu berücksichtigen und zu ändern. Die Verarbeitungsleistung des Rezipienten, die aus aktivierenden und kognitiven Komponenten besteht, rückt in den Vordergrund zur bereits bekannten Wirkungsebene der Aufmerksamkeitsleistung (vgl. Scharpe 2003, S. 11). Aus Sicht der Werbetreibenden reicht es also nicht mehr aus, lediglich simple Stimuli auszusenden, sondern es ist vonnöten, einen Lernprozess im Rezipienten auszulösen und seine Einstellungen unter Berücksichtigung der verschiedenen Komponenten zu ändern. Diese Komponente könnte beispielhaft die Beachtung und dementsprechend Beseitigung einer kognitiven oder auch emotionalen Technikfeindlichkeit bzw. Mobilfunkaversion sein. 3.3. Kritik an den Stufen-Modellen Aufgrund ihrer Eingängigkeit und der Möglichkeit der proportionalen Darstellung des Erfolgs von Werbemaßnahmen bzw. von Werbewirkung, wie im Fall Werbe- 5

ausgaben und Umsatz, erfreuen sich Stufen-Modelle in der Werbewirtschaft einer großen Beliebtheit (vgl. Bongard 2002, S. 181-182). Jedoch gibt es eine ganze Reihe von Kritikpunkten, die die Aussagekraft von Stufen-Modellen stark relativieren und jene heutzutage als überholt darstellen. Die unidirektionale Reihenfolge der Stufen mehr als fragwürdig. Ein Interesse für ein neues Produkt kann Folge der Aufmerksamkeit sein, umgekehrt aber auch die Bedingung für jene (aufgrund des Interesses an einem neuen Handy lenke ich meine Aufmerksamkeit z.b. auf Werbespots für neue Handys). Des Weiteren wird heute davon ausgegangen, dass Werbung nicht auf alle Rezipienten gleich wirkt, diese also nicht nur die passive Rolle innehaben (vgl. Burst 2002, S. 11 und Scharpe 2003, S. 15). Wie in 3.2. bereits angedeutet, ist es sehr fraglich, ob das Auffallen von Werbung. bereits die Wirkung oder nur die notwendige Voraussetzung für eine Wirkung ist. Obwohl die erste Möglichkeit eher unwahrscheinlich ist, werden häufig lediglich Merkmale wie Markenbekanntheit und Werbeerinnerung erhoben, die dann für Wirkungszuwächse herangezogen werden (vgl. Wintrich 2002, S. 1; Anhang 3). Ebenso wie an den erwähnten Recall-Tests wird auch an apparativen Testverfahren, z.b. Blickverlaufsuntersuchungen, heutzutage noch festgehalten. Ein weiteres Beispiel für das Ignorieren der methodischen Bedenken ist das ebenfalls noch heute benutzte Kontakt-Modell (Werbe-Response-Modell), welches den Werbewirkungsverlauf der Werbung in Abhängigkeit der Zahl der Kontakte abbildet und als Stimulus-Response-Modell klassifiziert werden kann (vgl. Bongard 2002, S. 175-176). 4. Relationale Modelle der Werbewirkung Im Unterschied zu den Stufen-Modellen leiten relationale Modelle Werbewirkungen aus den Beziehungen zwischen Informationsangebot, dem internen Kontext des Rezipienten und den externen Kontext ab. Rezipienten werden in Relation zum Kommunikationsangebot gesetzt und Wirkungen als Ergebnis dieser Beziehungen definiert. Somit werden die in den S-R-Modellen kritisierten proportionalen Zusammenhänge von Stimulus und Wirkung ausgeschlossen (vgl. Bongard 2002, S. 9). 6

In diesem Kapitel werden ausgewählte relationale Modelle der Werbewirkungsforschung vorgestellt und anschließend kritisch hinterfragt. 4.1. Modell der Konsonanz / Dissonanz Ausgehend von der Einstellungsforschung wurde das Modell der Konsonanz bzw. Dissonanz entwickelt, welches davon ausgeht, dass der Mensch nach Harmonie und seelischer Balance strebt (vgl. Scharpe 2003, S. 12). Um das kognitive Gleichgewicht aufrecht zu erhalten, würden störende Spannungszustände vermieden oder beseitigt werden. Leon Festinger hat in seiner Theorie von der kognitiven Dissonanz aus dem Jahre 1957 die oben beschriebene Prämisse auch für das Kommunikationsverhalten festgestellt. Zur Vermeidung einer kognitiven Dissonanz würde ein selektives Informations- und Wahrnehmungsverhalten angewandt werden. Diese Theorie rückte die Aufmerksamkeitsleistung als relevante Größe für Werbewirkung wieder in den Mittelpunkt, da gemäß Festingers Theorie der Selektionsfilter des Rezipienten überwunden werden musste (vgl. Scharpe 2003, S. 12). Die Wirkungsebene des Konsonanz / Dissonanz Modells ist die physische Aktivierung des Rezipienten; beispielsweise das Lachen des Zuschauer eines Werbespots. Dieses Modell soll anhand zweier Ausschnitten (Abbildung 5) aus einem TV- Werbespot des Nokia 6230i praktisch erläutert werden: Abbildung 5: Ausschnitte aus der TV-Werbung für das Nokia 6230i (eigen gewählte Ausschnitte nach Nokia 2006) Insofern der Rezipient konsonant, also positiv, gegenüber der Handywerbung von Nokia eingestellt ist, wird diese von ihm rezipiert bzw. aufgenommen. Bei dissonanten Rezipienten gilt es jedoch, deren Selektionsfilter durch Aufmerksamkeits- 7

steigerung zu überwinden, was in dieser Werbung beispielsweise durch die attraktive Frau erreicht werden soll, die im rechten TV-Ausschnitt durch das Bild läuft und für eine ungewöhnliche Situation sorg, weil die Männer ihren Blick nicht vom Handy wenden. 4.2. Elaboration Likelihood Model Das Elaboration Likelihood Modell (ELM) wurde 1983 von Richard E. Petty und John T. Cacioppo als Modell veröffentlicht, das die Einstellungsänderung unter den Gesichtpunkten der Sozialpsychologie betrachten sollte. Wenige Jahre später folgte die Übertragung in die Werbewirkungsforschung, in der es bis heute trotz mancher Kritik breite Anerkennung gefunden hat (vgl. Wiltinger 2002, S. 93). Das Modell schildert die allgemeinen Einstellungsänderungen von Personen, die Werbung rezipieren. Der Grundgedanke dieses Modells ist die Verknüpfung zwischen menschlicher Informationsverarbeitung von Werbung und bereits bestehendem themenspezifischen Wissen (vgl. Scharpe 2003, S. 18). Wichtig zu erwähnen ist, dass das Elaboration Likelihood Modell (Verarbeitsungs-Wahrscheinlichkeits- Modell) nur Wirkungsverläufe und keine Wirkungsstärken untersucht. Diese sind in Abhängigkeit der kognitiven Aktivitäten auf Seiten des Rezipienten fundiert. Wirkungsverläufe Das Modell unterscheidet zwei grundsätzliche Wirkungswege in Bezug auf den Rezipienten. Den - zentralen Weg der Beeinflussung ( Central Route to Persuasion ) und den - periphere Weg der Beeinflussung ( Periphal Route to Persuasion ). Beide Wege sind abhängig vom Grad der Informationsverarbeitung der Rezipienten. Die Informationsverarbeitung wiederum basiert auf dem von Krugman im Jahre 1965 eingeführten Involvement-Konstrukt. Exkurs Involvement Trommsdorff definiert Involvement folgendermaßen: Aktivierungsgrad bzw. Motivationsstärke zur objektgerichteten Informationssuche, -aufnahmen, - verarbeitung und -speicherung (zit. nach Wiltinger 2002, S. 79-80 nach Tromms- 8

dorff 1993, S. 48). Insofern beschreibt Involvement die persönliche Wichtigkeit eines Stimulus für ein Individuum, welches die erwähnte Informationsverarbeitung von Werbung beeinflussen kann. Somit kann dem zentralen Weg der Beeinflussung ein hohes Involvement und damit eine hohe kognitive Verarbeitungswahrscheinlichkeit zugeordnet werden. Dem peripheren Weg der Beeinflussung werden ein niedriges Involvement und damit eine niedrige Verarbeitungswahrscheinlichkeit zugeordnet. Um die Unterschiede zwischen hohem und niedrigem Involvement zu verdeutlichen, werden in der folgenden Tabelle typische Merkmalsausprägungen verglichen: Art der Informationsverarbeitung Art der Informationsaufnahme Auswahl eines Produktes Beziehung zu Persönlichkeit und Lebensstil des Konsumenten High-Involvement sorgfältige Abwägung, Vergleich vieler Alternativen, Verwendung vieler Informationen gezielte Suche nach Informationen Entscheidung für das beste Produkt stark Low-Involvement oberflächliche Informationsverarbeitung, Verwendung weniger Informationen eher zufällige Aufnahme von Informationen Entscheidung für ein akzeptables Produkt schwach Abbildung 6: Vergleich High und Low-Involvement (in Anlehnung an Schwaiger 1997, S. 28 nach Kuß 1993, S. 173) Für die Werbewirkungsforschung sind vor allem die Art der Informationsverarbeitung und die Art der Informationsaufnahme entscheidend, denn dadurch kann Werbung spezifisch gestaltet werden, um (noch) besser auf die Rezipienten bzw. Konsumenten einzuwirken. Die Folge: Das Elaboration Likelihood Modell ist kein einheitlich wirkendes Modell. Es erfordert eine grundsätzliche Unterscheidung zwischen beiden Involve- 9

mentstärken. Wie schon erwähnt, begründet sich dies in der Verarbeitungswahrscheinlichkeit des Rezipienten. Verarbeitungstiefe und Konsequenz Auch die Verarbeitungstiefe ist abhängig von der Verarbeitungswahrscheinlichkeit und letztendlich von der Involvementstärke. Prinzipiell stellt das Elaboration Likelihood Modell fest, dass sich ein hohes Involvement in der Verarbeitungstiefe stärker bemerkbar macht, als ein niedriges Involvement: - Der Rezipient der Werbung schenkt der Botschaft mehr Aufmerksamkeit. - Der Rezipient der Werbung versucht die aufgenommenen relevanten Informationen mit bereits existierenden Informationen zu verknüpfen. - Der Rezipient prüft die Argumente der Werbebotschaft mit seinen bereits vorhandenen Informationen. Die Rezipienten mit niedrigem Involvement orientieren sich hingegen nicht allein auf argumentative Informationen sondern auch auf die so genannten Peripheral Cues, die situationsgebundenen bzw. peripheren Signale (vgl. Bongard 2002, S. 328-329). Beispielhaft anzuführen sind hier: Aufmachung der Werbung, Glaubhaftigkeit des Kommunikators und Emotionalität der Werbung. Die unterschiedlichen Verarbeitungsprozesse haben nach dem Elaboration Likelihood Modell Einfluss auf ist eine Einstellung des Rezipienten. Der Rezipient wird in seiner Einstellung bezüglich des Produktes gestärkt, geschwächt oder bleibt unverändert (vgl. Wiltinger 2002, S. 94). Voraussetzungen des Elaboration Likelihood Modell Damit das Modell von Cacioppo und Petty gelten kann und somit die Verarbeitung des Rezipienten beginnt, sind zwei Faktoren notwendig (vgl. Bongard 2002, S. 330 nach Cacioppo/Petty 1984, S. 673): 1. die Motivation zur Informationsverarbeitung 2. die Fähigkeit zur Elaboration (Informationsverarbeitung) des Rezipienten Die Motivation zur Informationsverarbeitung des Rezipienten ist abhängig von der persönlichen Relevanz für den Rezipienten, welche gleichbedeutend mit dem 10

oben beschriebenen Involvement des Rezipienten ist. Weiterhin ist nach Cacioppo/Petty die Anzahl der Quellen, die auf einen Rezipienten wirken, verantwortlich für das Einsetzen der Informationsverarbeitung, da eine hohe Anzahl an Quellen auf höhere Glaubwürdigkeit hindeutet. Und letztendlich wirkt das Informationsbedürfnis des Rezipienten auf die Motivation zu Informationsverarbeitung (vgl. Bongard 2002, S. 332-333 nach Cacioppo/Petty), denn das eigene Verlangen nach Information ist der Faktor mit der größten Motivation. Die Fähigkeit zur Elaboration des Rezipienten wird nach Cacioppo/Petty ebenfalls mit drei Faktoren erklärt. Eine Ablenkung in der Kommunikationssituation schränkt die Informationsverarbeitung stark ein. Für eine optimale Fähigkeit zur Rezeption sollte der Empfänger bei der Aufnahme von Werbung möglichst wenig Ablenkungen ausgesetzt sein. Weiterhin wirkt das Vorwissen des Rezipienten stark auf die Fähigkeit zur Elaboration, denn mit gesteigertem themenspezifischen Vorwissen steigt auch die Wirkungsrelevanz der Rezipienten. Der dritte Faktor für die Fähigkeit zur Elaboration ist die Wiederholung des Informationsangebotes. Denn nach den Autoren des Elaboration Likelihood Modells lässt die Penetration mit Werbung eine größere Auseinandersetzung mit den Inhalten zu (vgl. Bongard 2002, S. 332-333 nach Cacioppo/Petty). Beispiel an der Handywerbung Die nebenstehende Zeitschriftenwerbung (Abbildung 7) des Mobiltelefons für den Geschäftsbereich, Samsung SGH-D500, lässt sich für ein praktisches Beispiel des Elaboration Likelihood Modells sehr gut verwenden. Stellen wir uns eine typische Frau (Stereotyp) vor. Aufgrund ihrer Tätigkeit in einem Nicht-Business Bereich, beispielsweise als Krankenschwester, wird sie höchstwahrscheinlich diese Reklame der Abbildung 7: Print-Werbung Firma Samsung in der Zeitschrift Spiegel nicht für das Samsung SGH-D500 (vgl. Spiegel 2005/2, S. 9) wirklich interessieren. Ihr Involvement für diese Produktwerbung ist damit sehr schwach. Diese niedrige Involviertheit führt nach Cacioppo/Petty zu einer nur niedrigen Verarbeitungswahrscheinlichkeit. Das Ela- 11

boration Likelihood Modell versucht eine mögliche Einstellungsänderung zu erklären. In diesem Beispiel ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Werbung zu einer Einstellungsänderung führt durch das niedrige Involvement und die damit geringe Verarbeitungswahrscheinlichkeit kaum denkbar. Letztendlich könnte die niedrige Kaufwahrscheinlichkeit mit dem Elaboration Likelihood Model begründet werden. Im umgekehrten Fall des hohen Involvements, d.h. bei einem Geschäftsmann (Stereotyp) könnte die Zeitschriftenwerbung eine hohe Verarbeitungswahrscheinlichkeit auslösen. Der Mann würde die technischen Argumente für das Handy mit seinem bisherigen Wissen vergleichen und eventuell zu dem Schluss kommen, dass das neue Mobiltelefon von Samsung, ganz im Gegensatz zu den Vorgängern, ein sehr gutes Gerät ist. Vielleicht würde es sogar zu einer positiven Kaufentscheidung kommen. Das Elaboration Likelihood Modell ist ein Modell, das die Einstellungsänderung des Rezipienten zum Mobiltelefon erklären kann. Einen Anspruch auf Alleingültigkeit gibt es jedoch nicht. 4.3. Das Modell der Wirkungspfade Das Modell der Wirkungspfade ist ein weiterer Versuch, Werbewirkungen mit Hilfe einer Modellvorstellung erklären und beschreiben zu können. Dieses Modell baut auf dem schon vorgestellten Involvement- Modell auf und geht auf seinen Schöpfer Werner Kroeber-Riel zurück. Kroeber-Riels Modell ist gekennzeichnet durch eine Dreiteilung des Gegenstandsbereiches in: - Wirkungskomponenten - Wirkungsdeterminanten - Wirkungsmuster (vgl. Kroeber-Riel 1999, S. 587) Wirkungskomponenten Unter dem ersten Gegenstandsbereich, der Wirkungskomponenten, versteht Kroeber-Riel psychische Reaktionen der Umworbenen auf die Werbung und das davon bestimmte Kaufverhalten (zit. nach Kroeber-Riel 1999, S. 587). Beispielhaft ist hier die kognitive Beschäftigung mit dem beworbenen Mobilfunkgerät, die Erinnerung an technische Details oder etwa Form oder Markenname des Gerätes. 12

Ferner bezeichnet er Wirkungskomponenten als die in Frage kommenden Bausteine der gesamten Werbewirkung (zit. nach Kroeber-Riel 1999, S. 587). Als Wirkungsmuster der Werbung bezeichnet Kroeber-Riel Werbewirkungen der Wirkungskomponenten, die unter den verschiedenen Bedingungen der Determinanten zu erwarten sind. Beispielsweise kann bei der Rezeption informativer Mobilfunk-Werbung und einer hohen Aufmerksamkeit des Rezipienten, das Muster aus der weiter unten stehenden Abbildung 13 angewendet werden. Die folgende Abbildung 8 beschreibt das Grundmodell der Wirkungskomponenten und wird im nachfolgenden Abschnitt erläutert. Werbekontakt Schwache Aufmerksamkeit Starke Aufmerksamkeit kognitiver Vorgang emotionaler Vorgang Einstellung Kaufabsicht Verhalten Abbildung 8: Wirkungskomponenten der Werbung (nach Kroeber- Riel 1999, S. 588) Im Folgenden wird nun auf die Wirkungskomponenten, die sich durch aktivierende, emotionale und kognitive Vorgänge beschreiben lassen, und als Folge die Einstellung und Kaufabsicht des Rezipienten determinieren, näher eingegangen. Emotionale Prozesse beschreiben Wirkungen der Werbung auf Emotion und Motivation des Rezipienten. Kognitive Prozesse repräsentieren die Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung der Werbeinformationen (vgl. Kroeber-Riel 1999, S. 588). 13

Einstellung, Kaufabsicht können als Vorentscheidungen der Konsumenten verstanden werden, die durch das Zusammenwirken von emotionalen und kognitiven Wirkungen entstehen und wesentlich für die Kaufentscheidung verantwortlich sind. Die Aufmerksamkeit wird nach Kroeber-Riel nur teilweise von der Werbung beeinflusst und in erheblichem Ausmaß vom Involvement des Empfängers bestimmt. Von der Aufmerksamkeit hängt die mehr oder weniger aktive Wahrnehmung der Werbung ab, welche in Kroeber-Riels Modell der Wirkungspfade in zwei Intensitätsstufen betrachtet wird. Den Rahmen des Modells bilden, wie in der Abbildung 8 ersichtlich ist, der Werbekontakt und das (Kauf-)Verhalten. Als Werbekontakt werden die durch Sinnesorgane des Rezipienten aufgenommenen Reize der Werbebotschaft verstanden. Ohne Belang ist hierbei, ob die Reize bewusst oder unbewusst, mit oder ohne Aufmerksamkeit des Rezipienten aufgenommen werden (vgl. Kroeber-Riel 1999, S. 589). Die angestrebte Wirkung der Werbung ist das (Kauf-)Verhalten. In diesem Modell wird das Verhalten als unmittelbare Folge von psychischen Wirkungen verstanden und somit die zeitliche Dimension vernachlässigt. Wirkungskomponenten Der zweite Gegenstandsbereich, die Wirkungsdeterminanten, sind nach Kroeber- Riel Bestimmungsgrößen der Werbewirkung, mit Ihnen werden Bedingungen angegeben, die zu bestimmten Werbewirkungen führen. Als Wirkungsdeterminanten werden zwei Stellgrößen betrachtet: - Art der Werbung (informativ, emotional) - Involvement des Konsumenten (low, high) Zur Anwendung dieses Modells sind die Wirkungsdeterminanten genauer aufzuschlüsseln. Die Wirkungsdeterminanten sind als Indikatoren der Werbesituation zu sehen und lassen einen Schluss auf bestimmte Wirkmuster zu. Kroeber-Riel s Modell stellt die Art der Werbung (emotional, informativ oder gemischt) und das Involvement der Konsumenten (geringes oder hohes Involvement) als die beiden wichtigsten Determinanten heraus (vgl. Kroeber-Riel 1999, S. 590). 14

In der Kombination der beiden Determinanten kann man sechs mögliche Konstellationen herausstellen, die in der folgenden Abbildung 9 aufgezeigt werden. stark involvierte Konsumenten schwach involvierte Konsumenten informative Werbung 1 2 emotionale Werbung 3 4 gemischte Werbung 5 6 Abbildung 9: Bedingungen der Werbewirkung (nach Kroeber-Riel 1999, S. 594) Konkrete Beispiele Abbildung 10: Print-Werbung für das Nokia 7710 (vgl. Spiegel 2005/39, S. 176) Bei der Betrachtung der Art der Werbung wird als informative Werbung im Modell eine sachliche Informationsvermittlung verstanden. Nebenstehend (Abbildung 10) befindet sich ein Beispiel für informative Werbung (siehe auch Anhang 6). Emotionale Werbung (Abbildung 11) zielt darauf ab, den Konsumenten mit emotionalen Reizen anzusprechen und ein Bedürfnis in Ihm zu wecken. (siehe auch Anhang 7). Abbildung 11: Print-Werbung für das Nokia 8800 (vgl. Spiegel 2005/24, S. 39) 15

Bei der gemischten Werbung wird versucht mit der Mischung von informativen und emotionalen Elementen die Aufmerksamkeit der Konsumenten zu erreichen (vgl. Abbildung 12; auch Anhang 8). Abbildung 12: Print-Werbung für das Nokia 6800 (vgl. Spiegel 2005/46, S. 84) Die zweite Determinante in diesem Modell neben der beschriebenen Art der Werbung ist das Involvement, das in Kapitel 4.2 bereits beschrieben wurde. Kroeber-Riel definiert es als Engagement oder als Ich-Beteiligung der Konsumenten (zit. nach Kroeber-Riel 1999, S. 594). Er leitet nun die Ausprägungen der Aufmerksamkeit vom Involvement wie folgt ab: Geringe Aufmerksamkeit zeigt an, dass die Werbung auf passive, wenig involvierte Konsumenten trifft. Starke Aufmerksamkeit weist auf involvierte Empfänger hin (zit. nach Kroeber-Riel 1999, S. 594). Wirkungsmuster Nachdem die Wirkungskomponenten und Wirkungsdeterminanten definiert wurden, versucht Kroeber-Riel diese in einem komplexen Zusammenhang als Wirkungsmuster darzustellen. Dabei stellt er eine Besonderheit der Werbewirkung bei wenig involvierten Konsumenten heraus: die Wiederholrate einer Werbung muss bei wenig involvierten Konsumenten deutlich höher sein, damit eine Wirkung eintritt (vgl. Kroeber-Riel 1999, S. 595). Im Folgenden betrachten wir nun exemplarisch zwei Beispiele, mit denen Kroeber-Riel versucht, die Kaufentscheidung bei vorheriger Rezeption von informativer Werbung zu erklären. 16

Die Abbildung 13 beschreibt den Wirkungspfad bei informativer Werbung und involvierten Konsumenten. Werbekontakt Schwache Aufmerksamkeit Starke Aufmerksamkeit kognitiver Vorgang emotionaler Vorgang Einstellung Kaufabsicht Verhalten Abbildung 13: Wirkungspfad der informativen Werbung bei involvierten Konsumenten (nach Kroeber-Riel 1999, S. 596) Die Involviertheit bewirkt nach diesem Modell eine starke Aufmerksamkeit, welche kognitive Prozesse im Rezipienten hervorruft und mehr oder weniger starke emotionale Begleitreaktionen. Bezogen auf Mobiltelefon-Werbung heißt das, dass ein interessierter Rezipient, der z.b. die Anschaffung eines Mobiltelefons plant, die Werbebotschaft mit hoher Aufmerksamkeit wahrnimmt und sich Produkteigenschaften wie technische Details merkt. Emotionale Begleitreaktionen können sich z.b. im ansprechenden Design des Mobilfunkgerätes zeigen oder durch eine Assoziation mit einem Wunschzustand oder einem Vorbild auftreten. Man kann hier als Beispiel Testemonials ins Feld führen, bei denen eine prominente Person für ein Mobilfunkgerät wirbt. Kroeber-Riel geht davon aus, dass bei hohem Involvement durch die vermittelten Informationen im Konsumenten bereits vorhandene Bedürfnisse ange- 17