Politische Mediation



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Transkript:

Schriftliche Ausarbeitung im Seminar Grundzüge der Mediation für Juristen und Psychologen, Universität Konstanz WS 12/13 Politische Mediation Am Beispiel des Camp-David-Abkommens von 1978 Isabelle Bohnacker 10.12.2012

Definition der Politischen Mediation Man spricht von Politischer Mediation, wenn in einem Konflikt gesellschaftspolitische Interessen berührt sind. Die Akteure, ob Auftraggeber und/oder Konfliktparteien, die am Mediationsverfahren beteiligt sind, kommen aus dem politischen System. Politische Mediation ist Konfliktregelung im sogenannten öffentlichen Bereich, die über die Regelung von Konfliktinhalten der Umweltmediation hinausgeht. Nach dieser Definition umfasst also Politische Mediation sowohl Konflikte innerhalb von Staaten, als auch zwischen Konfliktparteien, die Nationalstaaten sind. Mit politischer Mediation ist nicht die Mediation gemeint, die in einem engstufigen und festgelegten Verfahren einen Konflikt zu lösen versucht. Sie umfasst stattdessen alle möglichen Formen der Vermittlung aus dem internationalen Völkerrecht, die die UN-Charta als friedliche Streitbeilegungsmittel vorsieht. Diese Formen können Elemente der Mediation im engeren Sinne beinhalten, ihr aber auch widersprechen. So kann beispielsweise auch ein parteiischer Mediator eingesetzt werden oder aber, wie bei der sogenannten Power Mediation, eine Vermittlung von Drohungen oder Sanktionen begleitet sein. Die diplomatischen Mittel können dabei auf eine lange Tradition in den internationalen Beziehungen zurückblicken. Die Unterscheidung zur Klassischen Mediation In der klassischen Mediation handelt es sich meist um einzelne Individuen, die vom Konflikt betroffen sind. Jeder spricht für sich selbst und der Konfliktgegenstand ist relativ klar definiert. Bei der politischen Mediation hingegen werden Repräsentanten benannt oder gewählt, die jeweils für eine der Interessensgruppen einstehen. Es nehmen bei Weitem nicht alle am Konflikt beteiligten Personen an dem Verfahren teil. Die Grenzen des Konflikts sind häufig unschärfer. Auch in den Zielen unterscheiden sich die beiden Formen der Mediation wesentlich voneinander. In der Klassischen Mediation wird eine Lösung angestrebt, mit welcher sich am Ende beide Seiten bindend einverstanden erklären. Die Aufgabe der politischen Mediation liegt viel mehr in der Ausarbeitung von politischen Entscheidungsvorlagen, welche eine Konfliktlösung vorbereiten sollen. Mit dem Ende des politischen Mediationsverfahrens ist noch keine bindende Entscheidung für die Konfliktparteien getroffen. Die Repräsentanten können nur bedingt bindende Lösungen für ihr Gruppen treffen. Die Rolle der Öffentlichkeit ist ein dritter Punkt, der sich bei der Politischen Mediation stark von der Klassischen Mediation unterscheidet. Bei der klassischen Mediation spielt die Öffentlichkeit keine Rolle. Das Verfahren ist vertraulich und es dürfen keine Informationen an Dritte weitergegeben werden. Andererseits ist auch das Interesse der Öffentlichkeit meist gering. Die politische Mediation hingegen erregt große öffentliche Aufmerksamkeit. Die Öffentlichkeit wird von den Streitparteien oftmals sogar bewusst genutzt, um das Mediationsverfahren zu beeinflussen. Gerade deswegen ist es wichtig, dass zu Beginn des Mediationsverfahrens verbindliche Regeln zum Umgang mit der Öffentlichkeit getroffen werden. Denn nur in einem vertrauensvollen Umfeld kann die Mediation zum Erfolg führen. (vgl. Ewen, 2009) 2

Camp-David I Diese Mediation sollte zur Friedenssicherung im Nahen Osten beitragen. Definition des Nahostkonflikts nach Brockhaus Multimedial 2002 Ursachen: divergierende und sich gegenseitig ausschließende Interessen der jüdischen und palästinensisch-arabischen Nationalbewegungen, die jeweils beide das frühere britische Mandatsgebiet Palästina für sich beanspruchen, um dort einen Nationalstaat zu gründen oder wie im Falle Israels den Bestand des Nationalstaats zu gewährleisten - dabei schließen beide Bewegungen die jeweils andere Nationalität aus und erheben einen absoluten Besitzanspruch auf Palästina. Diese Ausschließlichkeit verhindert bis heute einen beiderseits akzeptierten Kompromiss, nach dem beide Nationen gemeinsam innerhalb der Grenzen des heutigen Israels leben könnten. Die damalige Situation zwischen Israel und den umliegenden arabischen Nationen war sehr angespannt. Wie noch heute lebten auf dem israelischen Staatsgebiet zwei Völker, deren Nationalbewegungen sich gegenseitig ausschlossen. Israel mochte keinen palästinensischen Staat dulden und die Palästinenser wollten nur in einem eigenen Staat auf Israels Territorium leben. Aus diesem Dilemma folgten viele Kriege. Der letzte Krieg vor den Verhandlungen war der Jom-Kippur-Krieg von 1973. Darin griffen Syrien und Ägypten Israel am 6.September, dem höchsten israelischen Feiertag Jom Kippur, an. Ägypten drang 30km tief in das recht schmale Land Israel vor. Nach einigen Tagen Reaktionszeit drängt Israel die Angreifer jedoch sowohl in ägyptisches als auch in syrisches Gebiet zurück. Darüber hinaus stieß Israel selbst bis auf 100km vor Kairo in ägyptisches Staatsgebiet vor. Am 24.Oktober erzwang die USA einen Waffenstillstand von den Israelis. Die Verhandlungen von Camp David Vermittlerrolle in den Verhandlungen hatte die USA. Präsident Jimmy Carter hatte den Anspruch an sich selbst, das Vertrauen beider Seiten zu erlangen. Eingeladen waren der israelische Premierminister Menachem Begin und Ägyptens Präsident Mohammed Anwar al- Sadat. Ägypten war damals politisch und militärisch stärkster Vertreter der arabischen Welt. Beide bekundeten im Vorfeld ihr Interesse an Frieden und gingen damit ein großes Risiko ein, ihre Legitimation als Vertreter des Volks zu gefährden. Nach erfolgreichem Abschluss der Verhandlungen bekamen beide im Dezember 1978 den Friedensnobelpreis für ihre Bemühungen verliehen. Stattfinden sollte die Mediation in der Ferienanlage das amerikanischen Präsidenten Camp David. Sie sollte als neutraler und freundlicher Verhandlungsort dienen. Die Presse war vor Ort nicht zugelassen. Beide sollten ohne den Druck, permanent Vorwürfen ihrer Landsleute ausgesetzt zu sein und sich rechtfertigen zu müssen, einen mutmaßlich falschen Weg zu gehen, neue Ideen entwickeln und für neue Wege offen sein. So waren auch nur wenige und ausschließlich hochrangige Teilnehmer zu den Verhandlungen eingeladen, die entscheidungsbefugt und rückvermittlungsfähig waren. Zwei mögliche Erkenntnisse aus dem Jom Kippur Krieg könnten die Basis für die Verhandlungen geschaffen haben. Die Erkenntnis der eigenen Verwundbarkeit Israels und militärisch nicht unangreifbar zu sein, sowie auf Ägyptens Seite, dass diese Israel militärisch nicht besiegen können. 3

Vorbereitung Die akribischen Vorbereitungen der Mediation waren enorm. Carter ließ sich vorher sowohl von Sadat als auch von Begin bestätigen, mit dem Willen, eine Einigung erzielen zu wollen, in die Verhandlungen zu gehen. Er studierte eingehend den Lebenslauf, bisherige Verhandlungsstrategien und Standpunkte beider. Es gab ein ausgearbeitetes Strategiepapier des damaligen amerikanischen Außenministers Cyrus Vance, welches Ziele, Möglichkeiten mit den sich widersprechenden Interessen umzugehen, den Verlauf, mögliche Ergebnisse und Vorschläge enthielt, wie Begin und Sadat von ihrer erwarteten taktischen Verhandlungsführung abgebracht werden könnten. Ein Szenario-Papier beschrieb, wie die Verhandlungen sich von Tag zu Tag verändern könnten. Modell-Verträge waren ausgearbeitet, die möglicherweise abgeschlossen werden könnten, aber vor allen Dingen als Gedankenanstoß dienen sollten. Das Strategiepapier enthielt Verhaltensregeln und Verhaltensabläufe sowie eine Strategie, wie die internationalen Reaktionen auf einen Abschluss wohlwollender ausfallen sollten. Auch waren Tipps gesammelt zur Darstellung in der Öffentlichkeit, um mehr Unterstützung zu erfahren. Vance empfahl Begin und Sadat zunächst 2-3 Tage zum Einleben, zum Austausch ihrer grundsätzlichen Standpunkte und zum Artikulieren ihrer Hauptinteressen zu geben. Carter könne in diesen Tagen durch das Fragen nach unbedingt zu berücksichtigenden Schlüsselinteressen und das Zusammenfassen von Fragen, in denen ein Kompromiss möglich sein könnte, die Gespräche unterstützen. ( Vgl. Mediation, Konfliktanalyse: Sammlung und Strukturierung von Interessen und Ermittlung von möglichen Kompromissen). Außerdem sollte in diesen Tagen über gemeinsame Abendessen, zu denen auch die Ehefrauen geladen waren, und gemütlichem abendlichen Zusammensitzen auf der Terrasse, eine Atmosphäre des Vertrauens entstehen, die nach dem Tranformationsansatz der Mediation den gelittenen Beziehungen eine neue Basis des Vertrauens ermöglicht. Am 5.September 1978 begannen die Gespräche. Carter traf zu Beginn Begin und Sadat jeweils einzeln. ( Informationssammlung und Strukturierung der Interessen). Nachdem am dritten Tag alle zusammen trafen, um sich auszutauschen, waren die Verhandlungen sehr schwierig. Sadat übergab an Carter im Vorfeld zwei Paper. Im einen postulierte er seine bisher auch in der Öffentlichkeit vertretene Meinung. Jeder Punkt dieses Papers war für Begin nicht haltbar. Das zweite Paper beschrieb auf drei Seiten sensible Bereiche, in welchen sich Sadat vorstellen konnte Zugeständnisse zu machen. Dieses gab er Carter mit dem Hinweis es zu gegebener Zeit einzusetzen. ( Harvard-Prinzip: Wunsch ein sachgerechtes Ergebnis zu erzielen, das nicht auf Kosten einer Partei geht, sondern alle Seiten zufrieden stellt. win-win-stiuation ). In den ersten Tagen führte die Klarstellung der öffentlichen Positionen zu starken Auseinandersetzung und zunehmend verhärteten Fronten. In Anbetracht der feindlichen Atmosphäre schien eine sachliche Verhandlung nicht mehr möglich. Carter beschloss, um noch die übrig gebliebene Kompromissbereitschaft auszuloten, Einzelgespräche zu führen. Nach dem hitzigen Austausch vom 7. September erschien es Carter als notwendig, selbst einen Vorschlag auszuarbeiten, um die Verhandlungen besser steuern zu können. 2-3 Tage arbeitete er mit Vertretern an neuen Ausarbeitungen und Definitionen, welche zunächst Grundlage schaffen sollten für weitere Gespräche. Er war es auch, der die Idee hatte das Ziel der Verhandlungen in zwei Lösungsansätze zu splitten. Carter realisierte, dass vielleicht eine Aufteilung der Probleme 4

auf zwei Verträge ein Weg sein könnte und so wurde fortan zum Ersten über einen Frieden zwischen Israel und Ägypten verhandelt, für den eine Regelung zur Sinai-Halbinsel benötigt wurde und zum Zweiten über die Fragen, wie die Palästinenser sich in welchen Gebieten autonom selbst verwalten könnten. Der Vorschlag berücksichtigte nach Zielsetzung von Carter Interessen beider Parteien und bemühte sich um einen fairen Ausgleich. Am 15. September machte dann der israelische Verteidigungsminister einen interessanten Vorschlag für die Sinai-Halbinsel. Würde Sadat einem Vertrag über die Westbank und Gaza zustimmen, könnte im Gegenzug Begin einen Vertrag über die Sinai-Halbinsel unterschreiben ( Vgl. Mediation: Der Ausgleich von Interessen nimmt langsam Formen an, die Positionen sind nicht mehr so verhärtet wie zu Beginn der Verhandlungen). Nach zwölf Tagen Verhandlung wurden die Ergebnisse präsentiert. Der Gazastreifen und das Westjordanland bekamen einen fünfjähriger Autonomiestatus. Erst danach sollte eine endgültige Regelung getroffen werden. Israel verpflichtete sich, die legitimen Rechte des palästinensischen Volkes anzuerkennen. Der Normalisierungsprozess zwischen Israel und Ägypten sollte eine Vorbildfunktion für andere Länder der Region haben. Israel willigte ein sich von der Sinaihalbinsel zurückzuziehen. So kam es zu einem Friedensvertrag zwischen Israel und Ägypten. Dieser Friedensvertrag sollte die gegenseitige Anerkennung beinhalten und diplomatische Vertretungen in den Länder erlauben, ebenso wie einen freien Warenaustausch zwischen beiden Nationen. Am 21. März 1979 wurde der abgeschlossene Vertrag von der Knesset mit großer Mehrheit gebilligt. Umsetzung In der 1. Vereinbarung ( Rahmen für Frieden im Nahen Osten ) bekundeten die Unterzeichnerstaaten ihren Willen, eine gerechte, umfassende und dauerhafte Lösung des Nahostkonflikts zu erreichen. Insbesondere kamen sie überein, Verhandlungen über die Gewährung voller Autonomie an die Bewohner der von Israel besetzten Gebiete (Westjordanland und Gazastreifen) zu führen und hierzu auch Jordanien und Vertreter der Palästinenser einzuladen. Die 2. Vereinbarung ( Rahmen für den Abschluss eines Friedensvertrages zwischen Ägypten und Israel ) sah insbesondere die Rückgabe des Sinai an Ägypten vor, die Begrenzung der ägyptischen militärischen Präsenz auf dem Sinai, die freie Durchfahrt für israelische Schiffe durch den Suezkanal sowie die Aufnahme normaler Beziehungen zwischen den beiden Staaten. Aufgrund der 2. Vereinbarung wurde am 26. 3. 1979 in Washington der ägyptischisraelische Friedensvertrag geschlossen, und die getroffenen Abmachungen wurden anschließend verwirklicht. Bis zum heutigen Tage hat sich der Frieden als dauerhaft erwiesen - wenngleich dieser Friede auch heute noch eher als "kalter Friede" angesehen werden muss, da sich die Beziehungen zwischen beiden Ländern nicht sichtlich verbessert haben. Eine Einigung über palästinensische Selbstverwaltung wurde erst in den 1990er Jahren erzielt. 5

Der ägyptische Staatschef Muhammad Anwar As Sadat (links) und der israelische Ministerpräsident Menachem Begin (rechts) unterzeichneten unter Vermittlung von US-Präsident Jimmy Carter (Mitte) 1978 das Camp-David-Abkommen. Corbis/Bettmann/UPI 6

Literatur Brockhaus Multimedial (2002). Deutsche Gesellschaft für die vereinten Nationen e.v. (2006). UN Basis, Nr. 34 Europa-Archiv (Bonn), 1979/2, D 47-52. Ewen, C. (2009). Chancen und Risiken von Mediationsverfahren. Verfügbar unter http://www.bwk-bund.de/fileadmin/dokumente/veranstaltungen/kongresse/2009/ff-4- Mediation/FF4-Ewen-Mediation.pdf, Zugriff am 25.11.2012 Keller, M. (2007). Wenn Nationalstaaten sich streiten - Politische Mediation als ein Mittel der Konfliktlösung auf internationaler und nationaler Ebene: Grin-Verlag, München. 7