VERBRENNUNGEN Verbrennungskrankheit)! Verbrennungskrankheit Neunerregel nach Wallace



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Transkript:

VERBRENNUNGEN DEFINITION: Verbrennung = Gewebezerstörung durch Hitze, elektrischen Strom, chemische Substanzen. Das Schädigungsmuster an Haut und Weichteilmantel ist ähnlich. In der notwendigen Therapie nur unwesentliche Unterschiede! PATHOPHYSIOLOGIE : Folgen einer Verbrennung bzw. einer Verbrühung sind lokale Veränderungen im Bereiche der Haut und pathophysiologische Veränderungen im gesamten Organismus (=Verbrennungskrankheit)! Beim thermischen Trauma steht die Tiefenwirkung in Abhängigkeit von der Temperatur und der Einwirkzeit, wobei erfahrungsgemäß eine kurz einwirkende Wärmequelle mit hoher Temperatur, z.b. eine Explosion, eine geringere Tiefenwirkung hat, als eine länger einwirkende mit niedriger Temperatur. Schmerzrezeptoren an der Haut werden bei einer Temperatur von 47 Grad erregt. Die Haut reagiert mit Rötung und Ödem. Blasen treten bei Temperaturen von ca. 55 Grad auf und bei Temperaturen von über 60 Grad kommt es nach einer Einwirkungsdauer von ca. 1 Minute zu einer Koagulation des Eiweißes und damit zu einer irreversiblen Schädigung der Haut. Durch die anhaltenden Veränderungen der Gefäßpermeabilität entwickelt sich im Verlauf der folgenden Stunden ein massives lokales Ödem. Durch Exsudation gehen zusätzlich Wasser, Elektrolyte und Eiweiß über die Wunden verloren. Verbrennungen von mehr als 30 % der Körperoberfläche führen schließlich zur Ödembildung auch im unverbrannten Gewebe! Zum Unterschied zur akuten Blutung kommt es beim Brandverletzten zu einem mehrtägigen, zwar substituierbaren, aber im eigentlichen Sinne nicht zu beeinflussenden Verlust intravasalen Volumens in das Interstitium und über die Wundoberfläche. Ohne rascher und ausreichender Therapie entwickelt sich schnell ein manifester hypovolämischer Schock und ein Multiorganversagen bedingt durch die im Rahmen der Verbrennungskrankheit auftretenden Aktivierung des Kontaktsystems ( Gerinnung - DIC, Thrombose, Blutung/ Kininsystem - capillary leaksyndrom,hypotonie, Schock/ Komplementsystem - Anaphylaktischer Schock). Erst im Verlaufe des zweiten und dritten Tages normalisiert sich die Durchlässigkeit der geschädigten Gefäße. PROGNOSE: Entscheidend ist die Tiefe der Verbrennung, die Ausdehnung, weiters das Alter des Patienten. Einer Spezialbehandlung bedürfen Verbrennungen des Gesichtes, der Hände und der Ano- Genitalregion. AUSDEHNUNG: Die Ausdehnung des Verbrennungsschadens wird in Prozent der Gesamtkörperoberfläche angegeben. Zur Ermittlung der Ausdehnung genügt grob orientierend die Neunerregel nach Wallace. Kopf = 9% Thorax vorne/hinten = je 9% Re Arm = 9% Li Arm = 9% Abdomen vorne/hinten = 9% Genitalregion = 1% Re Bein vorne/hinten = je 9% Li Bein vorne/hinten = je 9% Für Kinder gilt aufgrund der relativen Größe des Kopfes im Verhältnis zu den anderen Körperteilen eine andere prozentuelle Verteilung. 1

Für kleinflächige Verbrennungen verwenden wir die Handflächenregel. Die Fläche einer Hand des Patienten entspricht ca. 1 % der Körperoberfläche. VERBRENNUNGSTIEFE: Die Tiefe des Verbrennungsschadens wird in Graden eingeteilt. Tiefenbestimmung am Unfallort ist unzureichend! Der Hitzeschaden schreitet in den ersten Stunden nach dem Unfall weiter fort! Erst eine wiederholte Beurteilung nach 1-2 Tagen führt zu einer genauen Diagnose! Für die Therapie am Unfallort spielt die Tiefeneinwirkung keine Rolle! Für die richtige Wahl des Zielkrankenhauses sollte allerdings eine grobe Schätzung des Verbrennungsausmaßes vorgenommen werden, da durch etwaige Sekundärtransporte sehr viel wertvolle Zeit verloren geht! Indikationen für einen Transport in ein Verbrennungszentrum (Empfehlung UKH Linz) : - >20% KOF 2.gradig - >10% KOF 3.gradig - Patientenalter < 8 bzw. >60 Jahre - Verbrennungen komplizierter Regionen : Anogenitalbereich, Gesicht/Hals, Über großen Gelenken, Hand/Fuß - Inhalation 1.-GRADIGE VERBRENNUNG: Kennzeichen: Trockenheit, Rötung, starke Schmerzen. Betroffen ist dabei das Stratum corneum, kann aber auch bis in das Stratum basale vordringen. Klinisch entspricht der 1.-gradigen Verbrennung eine Rötung und Schwellung (Sonnenbrand), der Patient klagt über Schmerzen. Nach 2-3 Tagen verschwinden die Symptome. Es kommt zu keiner Narbenbildung. Spontanheilung mit Restitutio ad integrum. 2.-GRADIGE VERBRENNUNGEN: werden unterteilt in oberflächliche und in tiefe 2.-gradige Verbrennungen. Die oberflächliche 2.-gradige Verbrennung = 2a ist am Wundgrund feucht, zeigt Blasenbildung, Wundgrund gerötet und stark schmerzhaft. Es ist die gesamte Epidermis und die oberflächliche Dermis betroffen. Blasen können dabei unmittelbar nach der Verbrennung auftreten und noch 24 Stunden nach dem Ereignis. Nach Entfernung der Blasen sieht man am Blasengrund rote Flecken, den gestauten Gefäßen der Dermis entsprechend. Der Patient klagt über starke Schmerzen. Nach 3-4 Tagen wird die Wunde von einem Schorf bedeckt. Kommt es zu keiner Infektion heilt die Wunde in 10-14 Tagen ab. Tiefe 2.-gradige Verbrennung = 2b: Feuchter Wundgrund, keine Blasenbildung, Blasen sind bereits zerplatzt, der Wundgrund ist grau, diese Verbrennungswunden sind deutlich weniger schmerzhaft! Es wurden durch die Hitze die tiefen Schichten der Dermis erreicht, einige Hautanhangsgebilde sind intakt geblieben. Die Wundfläche trocknet in wenigen Tagen aus. Die spontane Abheilung dauert ca. 3-4 Wochen! Das regenerierte Epithel ist sehr dünn und verletzlich. Es kommt zu einer häßlichen Narbenbildung. Kommt es dabei zu einer sekundären Infektion, wird aus der tiefen 2.-gradigen eine 3.-gradige Verbrennung! Diese tiefen 2.-gradigen Verbrennungen stellen gemeinsam mit den 3.-gradigen Verbrennungen eine Indikation zur Nekrosektomie und Deckung mit Spalthaut dar! 2

3.-GRADIGE VERBRENNUNGEN: sind trocken, ockergelb bis braun, verkohlt und schmerzlos. Es ist dabei die gesamte Haut betroffen. Sie kann dabei blass, braun oder verkohlt erscheinen. Die Haut zeigt keinerlei Elastizität mehr, ist hart und trocken. Der Patient hat keine Schmerzen! Die Nervenendigungen sind zerstört. 4.-GRADIGE VERBRENNUNGEN ( Verkohlung ) liegen dann vor, wenn nicht nur die Haut, sondern auch darunter liegende Strukturen wie Fett, Muskulatur, Gefäße, Nerven, Sehnen und Knochen zerstört sind. Kommen derart schwerst verbrannte Patienten überhaupt ins Krankenhaus, ist die Wahrscheinlichkeit des Überlebens gering. INHALATIONSTRAUMA: Schädigung des Respirationstraktes durch Hitze und Rauchbestandteile sowie die systemische Vergiftung durch Rauchgase. Als systemisch-toxisch wirksame Bestandteile des Rauches sind vor allem das Kohlenmonoxid und die Zyanide zu nennen, aber auch eine Reihe anderer Verbrennungsprodukte können akute oder verzögerte Vergiftungserscheinungen hervorrufen. Bei der thermischen oder histochemischen Schädigung des Epithels der Luftwege ist unter Zugrundelegung der anatomischen Einheiten eine Einteilung in 3 Tiefenabschnitte möglich: 1) Obere Luftwege (Mund, Nase, Pharynx und Larynx) 2) Tiefe Luftwege (Trachea, Hauptstamm-, Lappen- und Segmentbronchien) 3) Lungenparenchym (Bronchiolen und Alveolen) Die morphologischen Schäden der Schleimhaut können analog zu der Verbrennung der Haut in 3 Schweregrade eingeteilt werden: 1.-gradig: Rötung, Ödem, Hypersekretion 2.-gradig: Rötung, Ödem, Bläschenbildung, Haemorrhagie, Ischämie 3.-gradig: Rötung, Ödem, Bläschenbildung, Haemorrhagie, Ischämie, Ulzeration, Nekrose. DIAGNOSTIK: Klinische Kriterien des Inhalationstraumas beim Brandverletzten: 1) Unfall im geschlossenen Raum 2) Anwesenheit von giftigen Gasen oder Rauch 3) Verbrennungen im Bereiche des Gesichtes 4) Rußiges Sputum 5) Heiserkeit 6) Feuchte und trockene Rasselgeräusche Intubationsindikationen nach bekanntem oder vermutetem Inhalationstrauma: - Schluckbeschwerden, Speichelfluss - Stridor - Rasselgeräusche wie bei Lungenödem - Verdacht auf Kohlenmonoxid (CO) oder Cyanid (CN) vergiftung Indikation wegen der Gefahr einer schwierigen Intubation bei verzögerten Versuchen großzügig. Zumindest Tubusgröße 7 mm (Ch28) verwenden---bronchoskopie 3

DIE NOTFALLMEDIZINISCHE ERSTVERSORGUNG BEI BRANDVERLETZTEN: Vorerst Orientierung über Unfallshergang, Zeitpunkt und Ausdehnung der Verbrennungsverletzung. Die Ausdehnung der verbrannten Körperoberfläche kann mit Hilfe der zuvor angeführten Neunerregel bzw. Handflächenregel abgeschätzt werden. Sie stellt zunächst den wichtigsten Parameter für die Schwere des erlittenen Traumas dar und ist als prinzipielle Grundlage für das weitere notärztliche Vorgehen zu sehen. Der Verbrennungsgrad ist zunächst von unwesentlicher Bedeutung! Primär muss das weitere schädliche Einwirken der Noxe verhindert werden, d.h. die Wärmequelle, die zur Verbrennung geführt hat, ist unverzüglich auszuschalten, zu entfernen. Flammen werden mit Wasser, Decken, Mäntel, Jacken, Hin- und Herrollen am Boden und Absprühen mit dem Feuerlöscher gelöscht (Stop-Drop-Roll). Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Löschstrahl nicht in das Gesicht des Opfers gelangen kann! Hat sich der Patient verbrüht, so werden so rasch wie möglich die heißen nassen Kleider entfernt. In extremen Fällen kann es vorkommen, dass festgeschmorte Kleidung, die mit der Haut verklebt ist, nicht entfernt werden kann. Die Entfernung sollte dann erst im erstversorgenden Krankenhaus erfolgen. Kaltwasserbehandlung: Dabei werden die verbrannten Hautareale mit Wasser mit einer Temperatur von ca. 15-20 Grad über eine Zeit von etwa 15 Minuten bis zum Nachlassen der Schmerzen abgekühlt. Dadurch wird das sogenannte Nachbrennen verhindert. Achtung bei Kindern! Unterkühlung! (nie länger als 5 Minuten) Das Kühlen des Patienten mit Leitungswasser sollte bereits im Rahmen der Laienhilfe erfolgen. Ein Auskühlen des Verunfallten sollte durch die Verwendung von Metallfolien zum Transport unbedingt vermieden werden. (Infektionsrate, Kammerflimmern durch ph-verschiebungen) Venöser Zugang: Vordringlich ist das Legen eines großlumigen, venösen Zuganges! Es sollte immer eine periphere Vene gewählt werden. Bei der Wahl des Punktionsortes ist zu beachten, dass zirkuläre Extremitätenverbrennung innerhalb kürzester Zeit zu venösen Abflussbehinderungen führen können. Die Punktion kann auch durch verbranntes Hautareal erfolgen, da die Oberfläche in den ersten Stunden äußerst keimarm ist. Die gewählte Kanüle sollte möglichst großlumig sein, um eine ausreichende Durchflussrate zu gewährleisten. Absicherung der Nadel mit halbelastischer Binde! Pflaster lösen sich meistens auf verbrannter Haut! Die Volumensubstitution beginnt am Unfallort. Unter normalen Umständen sollte sie intravenös erfolgen, die orale Flüssigkeitsgabe bleibt dem Katastrophenfall vorbehalten, da ihre Wirksamkeit bei ausgedehnten Brandverletzungen fraglich ist. Eine kontinuierliche Fortführung der Infusionstherapie ist auch während des gesamten Transportes zu gewährleisten. Als Faustregel kann gelten: 1 Liter einer kristalloiden Infusionslösung (Ringerlaktat), pro Stunde zu infundieren. Für die genaue Festlegung der erforderlichen Volumensubstitution sind in erster Linie die Ausdehnung der Verbrennung und das Körpergewicht des Patienten von Bedeutung. Infusionsschema für die ersten 4 Stunden nach Verbrennung: LUDWIGSHAFENER FORMEL: 1 ml Ringerlactat x kg Körpergewicht x Prozent verbrannter Körperoberfläche 4

Die Volumensverluste des Brandverletzten in der Schockphase werden immer wieder unterschätzt. Versäumnisse in der Infusionstherapie während der ersten Stunden nach dem Trauma sind häufig nicht mehr zu korrigieren. Zur Berechnung des Flüssigkeitsbedarfes innerhalb der ersten 24 h wird heute die Formel n. BAXTER 4x kg Körpergewicht x % verbrannte KOF = ml RL in 24 h (davon 50% in den ersten 8h) Schmerzmedikation i.v. oder i.m. (Kinder auch rektal, intraossär) Verbrennungen verursachen erfahrungsgemäß starke Schmerzen, wobei oberflächliche Verbrennungen mehr Schmerzen verursachen als tiefe. Anhaltende Schmerzen deuten auf das Tieferwerden der Verbrennung hin. In den letzten Jahren hat sich besonders Ketamin bewährt ev. kombiniert mit Midazolam und Fentanyl. Systemische Gabe von Corticoiden ist nicht indiziert, ausgenommen beim Vorliegen eines Inhalationstraumas. Die Gabe von Diuretika in der Schockphase eines Brandverletzten ist kontraindiziert! Reduzierte Urinproduktion ist immer Zeichen eines Volumenmangelschocks. WEITERER UNTERSUCHUNGSGANG: Kontrolle der Bewusstseinslage und Pupillenmotorik zum Ausschluss eines Schädel-Hirn-Traumas bzw. Intoxikation, insbesondere einer Kohlenmonoxidvergiftung gehört zur routinemäßigen Untersuchung. Die Erfassung von Begleitverletzungen ist ebenfalls erforderlich! Derartige Verletzungen werden häufig im Rahmen einer ausgedehnten Verbrennung übersehen. Falsche Faustregel: Schwere Verbrennungstraumen haben selten Begleitverletzungen! Allzuleicht kann ein begleitender Haematopneumothorax übersehen werden, oder zusätzliche Frakturen. Bewusstseinslage: Patienten mit Verbrennungen, auch Schwerstverbrannte, sind meistens ansprechbar! Ist der Patient bewusstlos, handelt es sich meistens zusätzlich um ein SHT oder eine Kohlenmonoxidvergiftung. Bei Kindern mit Brandwunden ist auch an eine Misshandlung und damit an Begleitverletzungen zu denken. Prognose für Brandverletzte: Der sogenannte Verbrennungsindex: Ergibt sich aus dem Alter in Jahren + Prozent der verbrannten Körperoberfläche.( Grobe Faustregel ) <70 Überleben wahrscheinlich 70-100 Überleben fraglich >100 Überleben unwahrscheinlich Säuglinge : Klein/Schulkinder : > 5% KOF - schockgefährdet > 10% KOF - schockgefährdet 5