Instrumente zur Integration von Naturschutz in die Landwirtschaft Erfahrungen aus der Schweiz Urs Niggli

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ZIELE DER KANTONALEN POLITIK

Transkript:

Research Institute of Organic Agriculture Forschungsinstitut für biologischen Landbau Institut de recherche de l agriculture biologique Instrumente zur Integration von Naturschutz in die Landwirtschaft Erfahrungen aus der Schweiz Urs Niggli

FiBL, seit 1973 als weltweit erstes Institut wissenschaftlich im Ökolandbau tätig FiBL Schweiz 135 Mitarbeitende plus 60 Studenten aus aller Welt. FiBL Deutschland: 20 Mitarbeitende FiBL Österreich: 15 Mitarbeitende

Programm Ökologisierungs-Strategie der Schweizer Agrarpolitik, Massnahmen und Kosten. Ergebnisse des Agrar-Umwelt-Monitorings. Grundzüge der nächste Reform (ab 2014). Synergien mit dem Privatsektor. Schlussfolgerungen.

Konzept der Direktzahlungen in der Schweiz Allgemeine Direktzahlungen* Kompensation für die Marktstützung. Stabilisierung des landwirtschaftlichen Einkommens. Erhaltung der flächendeckenden Bewirtschaftung. Direktzahlungen Ökologische Direktzahlungen Förderung von zusätzlichen ökologischen und tierethologischen Leistungen der Landwirtschaft. Die Zahlungen sind voneinander unabhängig. Die Zahlungen sind kumulativ. 04.09.2007

Ökologischer Leistungsnachweis (ÖLN) Tiergerechte Haltung der Nutztiere. Ausgeglichene Düngerbilanz. Angemessener Anteil an ökologischen Ausgleichsflächen (7 %, Sonderkulturbetriebe 3.5 %). Geregelte Fruchtfolge. Geeigneter Bodenschutz.

Schweizer Direktzahlungssystem Artgerechte Tierhaltung 7% Sömmerung 4% Gewässerschuz 0.4% Extenso (Getreide, Raps) 1% Ökoausgleich 5% Ökoqualität-V 1% Ökolandbau 1% ~2 Milliarden für 1 Mio. Hektar Landw. Nutzfläche

Ökoausgleich Agrarbericht 2009, BLW

Artenvielfalt in Lebensräumen

Veränderung der Biodiversität von Grünland bei Nutzungsänderungen

Öko-Qualitätsverordnung (höhere Qualität, Vernetzung) Agrarbericht 2009, BLW

ÖQV mit Qualität (inkl. Hochstammbäume) Agrarbericht 2009, BLW

ÖQV mit Vernetzung (inkl. Hochstammbäume) Agrarbericht 2009, BLW

Entwicklung von ÖLN und Ökolandbau

Entwicklung der ökologischen Ausgleichsflächen

Verteilung der ökologischen Ausgleichsflächen (2009)

Direktzahlungen von Referenzbetrieben nach Regionen (Jahr 2009) Direktzahlungen (davon Öko- und Ethobeiträge): Tal: 1772 /ha (329 /ha) Hügel: 2180 /ha (346 /ha) Berg: 2385 /ha (344 /ha)

Monitoringprogramme Biodiversitätsmonitoring (BDM) des Bundesamtes für Umwelt (BAFU). Agrar-Umweltmonitoring des Bundesamtes für Landwirtschaft.

Bestandesentwicklung von Brutvogelarten des Kulturlandes Gewinner: anspruchslosere Arten wie Saatkrähe, Schwarzkehlchen. Verlierer: Rotkopfwürger, Wendehals, Feldlerche, Braunkehlchen

Gartenrotschwanz-Besiedlung abhängig von Ökoflächen (Phoenicurus phoenicurus)

Evaluation Ökoausgleich - Laufkäfer Lukas Pfiffner & Henryk Luka, 2003

Unterschiedliche Tiergemeinschaften (Nuvilly 2003) 1.0 0.5 0.0-0.5 Ago.mue. Anc.dor. Poe.cup. Dia.ger. Ste.teu. Ani.bin. -1.0-1.0-0.5 0.0 0.5 1.0 Bem.tet. Lor.pil. Pte.mel. Tri.nit. Car.pro. Mol.pic. Standorte Hecken Arten Extensive Wiesen Wenig intensive Wiesen Hochstammobstgärten Intensivwiesen Weiden Kunstwiesen Getreide Eurytope Arten (Ubiquisten) Ago.mue.: Agonum muelleri Anc.dor.: Anchomenus dorsalis Bem.tet.: Bembidion tetracolum Lor.pil.: Loricera pilicornis Ackerarten Pte.mel.: Pterostichus melanarius Poe.cup.: Poecilus cupreus Grünlandarten Ani.bin.: Anisodactylus binotatus Dia.ger.: Diachromus germanus Ste.teu.: Stenolophus teutonus Waldarten Car.pro.: Carabus problematicus Mol.pic.: Molops piceus Tri.nit.: Trichotichnus nitens

Allgemeine Synthese der Ergebnisse Ebene aggregiert Durchschnittliche Wirkung auf Unterschiede Artenvielfalt Abundanzen bemerkenswerte Tiergemeinschaft Arten Ökoflächen vs. Nicht-Ökoflächen alle + o DD Spezialisten ++ + + ÖAF-Grasland vs. Nicht-Ökograsland alle ++ o DD Spezialisten + o + Ebene Element Extensiv-Wiesen vs. Nicht-Ökograsland alle + o D Spezialisten + o + wenig intensive Wiesen vs. Nicht-Ökograsland alle o o D Spezialisten +/o o +/o Hochstammobst vs. Nicht-Ökograsland alle o o D Spezialisten o o o Buntbrachen vs. Äcker alle ++ + DD Spezialisten ++ o ++ Hecken vs. Äcker & Nicht-Ökograsland alle o o DD Spezialisten ++ + ++ ++ höherer Wert in > 75% der Fälle bzw. hohe Wirkung + höherer Wert in mind. 50% der Fälle bzw. mittlere Wirkung o Ähnliche Werte bzw. keine Wirkung DD Unterschiede in > 75% der Fälle D Unterschiede in mind. 50% der Fälle

Kombination Ökolandbau + Ökoausgleich

Effiziente und zielgerichtete Agrarumweltpolitik Können Politikmassnahmen die mehrere Ziele gleichzeitig verfolgen effizient sein? Contra: Tinbergen-Regel: Es müssen mindestens so viele Politikinstrumente sein wie es Ziele gibt => Auf EIN Ziel gerichtete Politikmassnahmen sind am effizientesten (von Alvensleben 1998, Mann 2005) Pro: Transaktionskosten, sich widersprechende Ziele, Wechselwirkungen zwischen einzelnen Politikmassnahmen. Es besteht ein trade-off zwischen der Präzision von Politikmassnahmen und ihren Transaktionskosten. => Die Tinbergen-Regel ist in diesem Falle nicht ausschlaggebend, eine Mehrziel-Lösung könnte effizienter sein Stolze et al. 2000, Schader, 2009)

Biodiversity on organic farms* (global literature review of comparison studies) Taxon Positive Negative No difference Birds 7 2 Mammals 2 Butterflies 1 1 Spiders 7 3 Earthworms 7 2 4 Beetles 13 5 3 Other arthropods 7 1 2 Plants 13 2 Soil microbes 9 8 Total 66 8 25 * Scales: Plots, fields, farms, landscape Hole et al., 2005. Biological Conservation 122, 113-130

Habitat management part of the production technique

Zukünftige Entwicklung (2014 ff, CH) BLW, 2010v

Zukünftige Biodiversitätsbeiträge (CH, 2014 ff) BLW, 2010

Wiederkäuer ohne Kraftfutter

Wege der Ökologisierung: Agrarpolitik Typ Beispiele Effektivität Effizienz Regulatorische Instrumente Ökonomische Anreize Mischungen beider Typen Verbot Vorschrift Emissionshandel CO2 Steuer Ökologischer Leistungsnachweis Ökologische Direktzahlungen Ja Bedingt Ja Nein Ja Bedingt Effektivität = Grad der Zielerreichung = Wirksamkeit Effizienz = Mitteleinsatz für die Zielerreichung = Kosten-Wirksamkeit 30

Wege der Ökologisierung: Wertschöpfung am Markt Ökolabel IP Suisse Label: Fenster in Getreidefeldern für Bodenbrütende Vogelarten (Feldlerche u.a.). 6 Punkte Entwicklungsprogramm Biodiversität für IP- und Biobauern. Nachhaltigkeitsbewertung von Lebensmitteln (siehe Hofer/Aldi in Österreich

Schlussfolgerungen Integration von Landschaftsvielfalt und Biodiversität in die Landwirtschaft, nicht Segregation. Öffentliche Förderung der Landwirtschaft nur für öffentliche Güter und Leistungen. Monitoring wichtig! Grünland ist sehr wichtig für die Artenvielfalt. Abgestufte Nutzung, Erhaltung und Förderung extensiver Wiesen und Weiden. Sehr gezielte Förderung der Qualität und der Vernetzung von ökologischen Ausgleichsflächen. Kombination von Ökolandbau und Ökoausgleichsmassnahmen sehr gut. Gemischte Finanzierungsmodelle (Staat, Verursacher, Verbraucher) haben eine grosse Zukunft.

Weiterführende Informationen Agrarpolitik Schweiz: http://www.blw.admin.ch/ Agrarberichte 2009 und 2010: http://www.blw.admin.ch/dokumentation/00018/00498/in dex.html?lang=de

Elemente des ökologischen Ausgleichs mit und ohne Beiträge