Vorarlberg-Leitfaden

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Transkript:

Vorarlberg-Leitfaden zur individuellen Beurteilung von Schallimmissionen aus Anlagen Abteilung Maschinenbau und Elektrotechnik Amt der Vorarlberger Landesregierung Stand Februar 2013

Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung... 1 2. Begriffe... 2 3. Individuelle schalltechnische Beurteilung... 4 3.1 Grundlegender Ansatz... 4 3.1.1 Ruhiges Gebiet Planungsrichtwert ist eingehalten... 4 3.1.2 Gebiet mit Vorbelastung Planungsrichtwert ist überschritten... 4 3.2 Planungsrichtwert nach der Flächenwidmungskategorie... 5 3.3 Beurteilung der spezifischen Schallimmission... 6 3.4 Beurteilung von Dauergeräuschen... 7 3.5 Beurteilung von Schallpegelspitzen... 7 3.5 Besondere und zeitlich begrenzte Lärmeinwirkungen... 8

1. Einleitung Über viele Jahre hinweg wurden in Österreich im Zuge von Betriebsanlagen- und Bauverfahren Schallimmissionen im Nachbarschaftsbereich anhand der überholten ÖAL-Richtlinie Nr. 3 Blatt 1, zuletzt geändert im Jahr 1986, beurteilt. Durch Neuerungen auf europäischer Ebene wurde eine Überarbeitung dieser bewährten Richtlinie notwendig. Auch Änderungen im österreichischen Recht und neuere wissenschaftliche Erkenntnisse gaben den Anstoß zu einer völligen Neukonzeption der ÖAL-Richtlinie Nr. 3 Blatt 1, welche im Oktober 2006 neu erschien. Eine überarbeitete Ausgabe wurde im März 2008 veröffentlicht. Die neue ÖAL-Richtlinie Nr. 3 1 enthält als zentrales Element den Planungstechnischen Grundsatz. Es handelt sich dabei um eine Art Irrelevanzkriterium. Wenn die Einhaltung des Planungstechnischen Grundsatzes nicht nachgewiesen wird, ist eine individuelle Beurteilung notwendig. Dazu liefert die neue ÖAL-Richtlinie Nr. 3 Verfahrensanweisungen, aber wenig konkrete Vorgaben zur Beurteilung. Es war deshalb notwendig, Grundlagen zur individuellen Lärmbeurteilung zu schaffen, welche sich hinsichtlich der Grundsätze und der Terminologie an die ÖAL-Richtlinie Nr. 3 bzw. an europäische Regelwerke anlehnen. So entstand der Vorarlberg-Leitfaden, der mit den Amtsärzten der Vorarlberger Landesverwaltung abgestimmt wurde. Die ÖAL-Richtlinie Nr. 3 sieht eine individuelle Beurteilung im Planungsfall, für bestehende Anlagen und für Sanierungsfälle vor (siehe Abschnitt 4.2 der Richtlinie). 1 ÖAL-Richtlinie Nr. 3 Blatt 1, Ausgabe 2008-03-01: Beurteilung von Schallimmissionen im Nachbarschaftsbereich, Österreichischer Arbeitsring für Lärmbekämpfung, A-1010 Wien, Ebendorferstr. 4 1

2. Begriffe In Abschnitt 3 der ÖAL-Richtlinie Nr. 3 werden die verwendeten Begriffe definiert. Im Interesse der Übersicht werden die wichtigsten Begriffe an dieser Stelle kurz angesprochen 2 : Die Tagzeit ist als Zeitraum zwischen 6:00 Uhr und 19:00 Uhr definiert. Daran schließt die Abendzeit zwischen 19:00 Uhr und 22:00 Uhr an. Die Nachtzeit umfasst den Zeitraum zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr. Der Beurteilungszeitraum für die Nachtzeit ist mit einer Stunde festgelegt. Beim Anpassungswert L z handelt es sich um einen Pegelzuschlag oder -abschlag für bestimmte Arten von Geräuschen. Der Beurteilungspegel L r setzt sich aus dem energieäquivalenten Dauerschallpegel L A,eq, einem Term zur Berücksichtigung der Einwirkzeit von Geräuschen und dem Anpassungswert L z zusammen. Zur Beschreibung der ortsüblichen Schallimmission dient der Wert L r,o, der Beurteilungspegel der ortsüblichen Schallimmission repräsentativer Quellen (Wortlaut gemäß ÖAL-Richtlinie Nr. 3). Es handelt sich dabei um den A-bewerteten energieäquivalenten Dauerschallpegel der ortsüblichen Geräusche. Allenfalls ist für Schienenverkehr ein Anpassungswert zu berücksichtigen. Die Flächenwidmung findet durch den Wert L r,fw (Planungsrichtwert nach Flächenwidmungskategorie) Eingang in die Beurteilung. Die zu beurteilende Schallimmission wird spezifische Schallimmission genannt. Sie wird in Form eines Beurteilungspegels L r,spez verwendet. Dieser Beurteilungspegel enthält einen generellen oder einen konkreten Anpassungswert. Der generelle Anpassungswert ist bei der Prüfung des Planungstechnischen Grundsatzes einzubeziehen, der konkrete bei der individuellen Beurteilung. Der Anpassungswert hängt von der Art der spezifischen Schallimmission ab. Geräusche aus Anlagen beispielsweise oder Baulärm werden mit einem generellen Anpassungswert von +5 db versehen, bei Straßenverkehr beispielsweise beträgt der Anpassungswert 0 db. Im Zuge der individuellen Beurteilung ist es zulässig, von diesen Werten abzuweichen, wenn dies eingehend begründet wird. Die kennzeichnende Pegelspitze ist ein charakteristisches Schallereignis begrenzter Dauer, welches sich deutlich wahrnehmbar vom übrigen Geräusch abhebt und eindeutig zugeordnet werden kann. Im Rahmen des Vorarlberg-Leitfadens sind verschiedene über die ÖAL-Richtlinie Nr. 3 hinausgehende Begriffe wie jener des Dauergeräusches oder des Planungsrichtwertes für den Basispegel eingeführt oder Begriffe angepasst worden. Die Definitionen lauten wie folgt: Ortsübliche Schallimmission L r,o: Kurzbegriff für den Beurteilungspegel der ortsüblichen Schallimmission repräsentativer Quellen Spezifische Schallimmission L r,spez: Kurzbegriff für den Beurteilungspegel der spezifischen Schallimmission. Gesamtschallimmission: Summe aller Beurteilungspegel an einem Immissionsort =10 lg (10,,,, ) Ruhiges Gebiet: Ein Immissionsort, an welchem die ortsübliche Schallimmission maximal den Planungsrichtwert erreicht. 2 Alle verwendeten Schallpegel sind mit Zeitbewertung schnell gemessenen und A-bewertet 2

Vorbelastetes Gebiet: Ein Immissionsort, an welchem die ortsübliche Schallimmission den Planungsrichtwert überschreitet. Dauergeräusch: Geräusche aus Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen sowie schalltechnisch vergleichbare Geräusche wie zum Beispiel ununterbrochene oder lang andauernde, gleich bleibende Geräusche aus Energieerzeugungsanlagen. Dauergeräusche können auch von Gebäudehüllen ausgehen. Dauergeräusche müssen im Verhältnis zur gesamten Tages-, Abend- oder Nachtzeit lange einwirken. Planungsrichtwert für den Basispegel Widmungsbasispegel L A,95,FW: Das ist der um 10 db verminderte Planungsrichtwert (Beurteilungspegel) für die Immission, abhängig von der Widmung. 3

3. Individuelle schalltechnische Beurteilung Die ÖAL-Richtlinie Nr. 3 sieht folgendes Vorgehen bei der Beurteilung spezifischer Schallimmissionen vor, das heißt bei Emissionen aus Anlagen: Quelle: ÖAL-Richtlinie Nr. 3 Blatt 1 3.1 Grundlegender Ansatz Für regelmäßig einwirkende Schallimmissionen werden folgende Ansätze getroffen. Bei der Bildung der spezifischen Schallimmission L r,spez werden nach dem Stand der Technik konkrete Anpassungswerte L z vergeben, die zu begründen sind. 3.1.1 Ruhiges Gebiet Planungsrichtwert ist eingehalten Nach den Erkenntnissen der Verwaltungsgerichte ist in ruhigeren Gebieten die schrittweise Anhebung der Immission um bis zu 3 db vorstellbar und nach medizinischen Erkenntnissen vertretbar. Der Richtwert der spezifischen Schallimmission ist dann im äußersten Fall gleich dem Pegelwert der ortsüblichen Schallimmission. Es ist wichtig, ob sich das Geräusch vom Hintergrundgeräusch abhebt und ob es auffällig wirkt. Der Basispegel L A,95 ist ein Maß für Pausen mit Ruhemomenten und beschreibt die Hintergrundeffekte. Die Lärmwirkungsforschung hat gezeigt, dass eine Überschreitung des L A,95 um mehr als 10 db verbreitete Beschwerden zur Folge hat (gilt für die Gesamtschallimmission). 3.1.2 Gebiet mit Vorbelastung Planungsrichtwert ist überschritten Einerseits sollen in einem solchen Gebiet zusätzliche Lärmeinwirkungen nur stark eingeschränkt zugelassen werden. Zusätzliche Schallimmissionen dürfen zu keiner auffälligen Veränderung führen. Andererseits sind, wenn hohe Immissionspegel vorliegen, wirksame Minde- 4

rungsmaßnahmen anzustreben. Für den Fall, dass die Umgebungsgeräuschsituation verbessert werden kann, darf die spezifische Schallimmission nicht dominierend werden. Als Obergrenze für den Beurteilungspegel der spezifischen Schallimmissionen (Lr,spez) gilt der Planungsrichtwert nach Flächenwidmungskategorie (Lr,FW). Wichtig ist ferner, dass sich hinsichtlich der Gesamtschallimmission für alle Gebiete keine Unstetigkeiten (Pegelsprünge) ergeben (ruhiges Gebiet, Übergangsbereich von ruhigem zu vorbelastetem Gebiet sowie vorbelastetes Gebiet). 3.2 Planungsrichtwert nach der Flächenwidmungskategorie Gemäß ÖAL-Richtlinie Nr. 3 muss zur Ermittlung des Planungsrichtwertes nach der Flächenwidmungskategorie Lr,FW die ÖNORM S 50213 herangezogen werden. Das nachstehende Bild zeigt die Tabelle 1 dieser Norm und die Zuordnung der Widmungskategorien gemäß Vorarlberger Raumplanungsgesetz. Man erkennt, dass es Hauptzuordnungen und Bereiche möglicher Abweichungen gibt. Solche Abweichungen können durch besonders ruhige Lage, ruhige Hoflage, Nahbereich zu einer Hauptverkehrsstraße und ähnliche Faktoren verursacht werden. 3 ÖNORM S 5021-1: Schalltechnische Grundlagen für die örtliche und überörtliche Raumplanung und Raumordnung, Ausgabe 2010-04-01 5

3.3 Beurteilung der spezifischen Schallimmission Die Vorgaben der ÖAL-Richtlinie Nr. 3 in Verbindung mit dem grundlegenden Ansatz des Vorarlberg-Leitfadens führen bei der Beurteilung der spezifischen Schallimmissionen zu folgendem Diagramm: Die zentrale Rolle spielt der Planungsrichtwert nach der Flächenwidmungskategorie. Für den Richtwertvergleich sind sämtliche Schallpegelwerte kaufmännisch auf ganze db-werte zu runden. Man erkennt zwei charakteristische Kurven, die bei der Beurteilung von Schallimmissionen eine wichtige Rolle spielen: die Beurteilungsgrenze für den L r,spez (punktierte Linie) und die Kurve für die zulässige Gesamtschallimmission (blaue Linie). Darüber hinaus ist der Beurteilungspegel für ein als subjektiv ruhig empfundenes Gebiet mit L r,spez L A,95 + 7 db zu begrenzen. Die in ÖAL-Richtlinie Nr. 3 vorgesehene Prüfung auf charakteristische Merkmale oder die lärmmedizinische Beurteilung können gegenüber dem obigen Diagramm abweichende Beurteilungsergebnisse zur Folge haben. 6

3.4 Beurteilung von Dauergeräuschen Dauergeräusche sind getrennt aufzuzeigen und zusätzlich zu beurteilen. Dabei bildet die Summe der A-bewerteten Schalldruckpegel aller am Immissionsort einwirkenden Dauergeräusche die Beurteilungsgröße. Nach dem Stand der Technik wird davon ausgegangen, dass Dauergeräusche keinen tonalen Charakter aufweisen, ansonsten wäre dies zusätzlich durch einen Anpassungswert zu berücksichtigen. Die blau punktierte Linie stellt den höchstzulässigen Immissionspegel für Dauergeräusche dar. Wenn in einem subjektiv ruhig empfundenen Gebiet der Messwert des Basispegels LA,95 geringer ist, muss der Messwert als Grenzwert für Dauergeräusche herangezogen werden. 3.5 Beurteilung von Schallpegelspitzen Die ÖAL-Richtlinie Nr. 6/184 enthält Untersuchungsergebnisse von Barbara Griefahn, wonach in der Nachtzeit bei einer geringeren Häufigkeit der Schallereignisse höhere maximale Schallpegel keine oder nur geringe Schlafstadienänderungen herbeiführen. Andere wissenschaftliche Erkenntnisse besagen, dass jedenfalls in der Nacht vorrangig der absolute Pegel am Ohr der schlafenden Person zu begrenzen ist. In lauteren Bereichen besteht die Forderung, dass kennzeichnende Schallpegelspitzen hinsichtlich Charakter und Häufigkeit Deckung im Umgebungsgeräusch finden müssen. Richtwerte, wie nachstehend angeführt, haben sich in der Praxis mehrfach als zweckmäßig erwiesen. ÖAL-Richtlinie Nr. 6/18: Die Wirkung des Lärms auf den Menschen, Beurteilungshilfen für den Arzt, Ausgabe 2011-02-01 4 7

Für häufiger innerhalb eines Beurteilungszeitraumes auftretende kennzeichnende Schallpegelspitzen gelten im Freien (außen vor der Fassade) nachstehende Richtwerte, abgeleitet für Verhältnisse bei gekippten Fenstern 5 : Richtwerte für den kennzeichnenden Spitzenpegel in db Kategorie Tag Abend Nacht 6:00-19:00 Uhr 19:00-22:00 Uhr 22:00-6:00 Uhr 1 70 65 60 2 und 3 75 70 65 4 und 5 80 75 70 Für selten in einer Nacht im Freien auftretende Schallpegelspitzen wird auf die ÖAL-Richtlinie Nr. 6/18 verwiesen. Für eine sehr geringe Zahl an Schallpegelspitzen (ein bis zwei Mal pro Nacht) sind höhere Richtwerte vorgesehen. 3.5 Besondere und zeitlich begrenzte Lärmeinwirkungen Eine von den aufgezeigten Beurteilungsregeln abweichende Vorgangsweise wird erforderlich sein wenn, besondere ortsübliche Lärmverhältnisse vorliegen (z.b. lauter Bahnlärm oder Fluglärm), hervortretende tieffrequente Geräusche einwirken, spürbare Erschütterungen vorhanden sind, die Schallübertragung innerhalb von Gebäuden erfolgt, die Lärmeinwirkungen sich auf wenige Tage im Jahr beschränken. 5 In der Literatur wird mehrfach angeführt, dass sich für gekippte Fensterstellungen die Schallpegel von außen zum Rauminneren um ca. 15 db verringern. 8