Kleine Anfrage mit Antwort. Wortlaut der Kleinen Anfrage des Abgeordneten Christian Meyer (GRÜNE), eingegangen am

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Transkript:

Niedersächsischer Landtag 16. Wahlperiode Drucksache 16/4806 Kleine Anfrage mit Antwort Wortlaut der Kleinen Anfrage des Abgeordneten Christian Meyer (GRÜNE), eingegangen am 19.03.2012 Gülleproblem größer als bisher zugegeben? Zu wenig Land für den Dünger titelte die Meppener Tagespost am 28.02.2012 und bezog sich in ihrem Bericht auf den Vortrag eines Mitarbeiters der Landwirtschaftskammer Niedersachsen vor dem 12. Forum Emsländischer Landwirte am 24.02.2012 in Meppen. Der Kammermitarbeiter präsentierte dabei die bisher nicht veröffentlichten Tierzahlen der Tierseuchenkasse Niedersachsen. Demnach beträgt die Nutztierdichte im ehemaligen Regierungsbezirk Weser-Ems im Durchschnitt 1,9 Großvieheinheiten je Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche (GVE/ha). Besonders ragen dabei die Landkreise Emsland (2,5 GVE/ha), Grafschaft Bentheim (2,52 GVE/ha), Cloppenburg (3,49 GVE/ha) und Vechta (4,07 GVE/ha) heraus. Demgegenüber sind die offiziellen Zahlen der vom LSKN herausgegebenen Agrarstatistik niedriger. Darin wird eine Nutztierdichte etwa für den Landkreis Cloppenburg von 2,64 GVE/ha und für den Landkreis Vechta von 2,96 GVE/ha angegeben. Entsprechend den höheren Tierzahlen ist auch das Problem des Überschusses an organischem Dünger aus Gülle, Festmist und Trockenkot größer als bisher zugegeben: Der Mitarbeiter der Landwirtschaftkammer taxierte den inklusive der Gärreste aus Biogasanlagen anfallenden organischen Stickstoff im Raum Weser-Ems auf durchschnittlich 165 kg N/ha und die Phosphatmenge auf 94 kg P2O5/ha. Insbesondere in den Landkreisen Cloppenburg und Vechta sind die Nährstoffmengen demnach zum Teil mehr als doppelt so hoch. Hinzu kommen Nährstoffe aus der landwirtschaftlichen Verwertung von Klärschlämmen und der Gülleimport aus den Niederlanden. Zudem dürften auch im Raum Weser-Ems stickstoff- und phosphathaltige Kunstdünger eingesetzt werden. Setzt man die von der Landwirtschaftskammer angegebenen maximale Phosphat-Düngemenge von 80 kg/ha/a an, besteht im Landkreis Cloppenburg eine Versorgung von 209 %, im Landkreis Vechta sogar von 246 %. Entsprechend wären allein aus den Landkreisen Cloppenburg und Vechta rund 3 260 000 t Gülle und Mist in andere weniger viehstarke Regionen - in der Regel außerhalb des Raumes Weser-Ems - zu transportieren, um die Düngevorgaben einzuhalten. Bei einem Fassungsvermögen von 25 000 l wären dafür rund 130 000 Fahrten in zum Teil weit entfernte Räume erforderlich. Ähnlich stellt sich die Situation hinsichtlich des organischen Stickstoffs dar: Hier empfiehlt die Landwirtschaftskammer - je nach angebauter Frucht - Düngegaben von 150 bis 190 kg N/ha/a abzüglich des noch vorhandenen Stickstoffs im Boden (Nmin), der laut Homepage der Kammer für die Weser-Ems-Landkreise im Frühjahr 2012 bei rund 50 kg/ha liegt. Entsprechend dürften also im Laufe der Vegetationsperiode zusätzlich 100 bis 140 kg N/ha auf die Flächen aufgebracht werden; ebenfalls weit weniger als durchschnittlich aus Tierställen und Biogasanlagen anfällt. Trotz der Nährstoffüberschüsse gelingt es Betrieben, die einen neuen Geflügel- oder Schweinestall bauen wollen, offenkundig noch immer, die angeblich ordnungsgemäße Verwertung des anfallenden Dungs nachzuweisen; andernfalls dürften sie keine Genehmigung erhalten. Ich frage die Landesregierung: 1. Womit erklärt und begründet sie die offenkundigen Unterschiede zwischen den Zahlen der offiziellen, vom LSKN herausgegebenen Agrarstatistik und den Daten der Niedersächsischen Tiersuchenkasse? 2. Der Landesregierung dürften die Zahlen der Niedersächsischen Tierseuchenkassen schon lange bekannt sein. Aus welchen Gründen hat sie bisher nichts unternommen, damit die Zahlen der niedersächsischen Tierseuchenkassen Eingang in die Agrarstatistik und mit ihr in die 1

Informationen über die Nährstoffüberversorgung insbesondere in den genannten Landkreisen der Region Weser-Ems gefunden haben? 3. Gemäß 4 der Verordnung über das Inverkehrbringen und Befördern von Wirtschaftsdünger müssen Wirtschaftsdünger, die aus einem anderen Land (z. B. aus den Niederlanden) nach Niedersachsen verbracht werden, unter Angabe des Namens, der Anschrift des Abnehmers und der Menge gemeldet werden. In welcher Gesamtmenge und mit welchen Mengen an Stickstoff und Phosphat wurden welche Wirtschaftsdünger im Jahr 2011 in die Landkreise Emsland, Grafschaft Bentheim, Cloppenburg und Vechta verbracht? 4. In welcher Menge wurden in den in Frage 3 benannten Landkreisen im Jahr 2011 Stickstoff und Phosphor durch die Ausbringung von Klärschlämmen auf landwirtschaftliche Nutzflächen verbracht? 5. In welcher Menge wurden in den in Frage 3 benannten Landkreisen im Jahr 2011 Stickstoffund Phosphorverbindungen in Form von Kunstdünger auf landwirtschaftliche Nutzflächen ausgebracht? 6. In welcher Menge wurden im Jahr 2011 Gülle, Festmist, Trockenkot oder Gärsubstrat aus Biogasanlagen aus den Landkreisen Cloppenburg und Vechta in andere, weniger viehstarke Regionen verbracht? 7. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass in dem Maße, in dem überschüssige, also nicht im Rahmen der ordnungsgemäßen Landwirtschaft einzusetzende organische Stickstoffund Phosphatdüngemengen nicht in andere, weniger viehstarke Regionen verbracht wurden, gegen einschlägiges Fachrecht verstoßen wurde? Wenn nein, wie begründet sie diese Auffassung rechtlich? 8. In welchem Umfang wurde gegebenenfalls abweichend von der üblichen Stichprobenkontrolle bei 2 % der Betriebe die Einhaltung der ordnungsgemäßen Landwirtschaft hinsichtlich der Düngung von Nutzflächen in den besonders viehstarken Landkreisen Emsland, Cloppenburg und Vechta kontrolliert? Nach welcher Systematik wurden die kontrollierten Betriebe ausgewählt? (An die Staatskanzlei übersandt am 23.03.2012 - II/72-1315) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium Hannover, den 10.05.2012 für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung - 104.1-01425/3-315 - Die intensive Tierhaltung hat sich aus verschiedenen Gründen vor allem in den nordwestlichen Regionen Niedersachsens stark entwickelt. Die Landwirte haben dort auf den leichteren Böden traditionell Gemischtbetriebe bewirtschaftet oder Betriebe, die ihren Schwerpunkt in der Tierhaltung hatten. Durchschnittlich werden in dieser Region 2,25 Großvieheinheiten pro Hektar gehalten, mit Schwerpunkten in den Landkreisen Vechta, Cloppenburg, Emsland und der Grafschaft Bentheim. Der durchschnittliche Viehbesatz in Niedersachsen liegt für das Jahr 2011 bei 1,3 Großvieheinheiten pro Hektar. Durch die Intensivierung der Tierhaltung haben die Betriebe eine Steigerung der Einkommen erreicht, die es ihnen erlaubt, davon zu existieren und für die nachfolgende Generation wirtschaftliche Perspektiven zu entwickeln. Diese Entwicklung war sicherlich auch die Basis für die Gründung und Ansiedlung von weiterverarbeitenden Betrieben wie Schlachtbetrieben und anderen Betrieben der Lebensmittelwirtschaft. 2

Die Folge dieser Entwicklung sind Nährstoffüberschüsse, die umweltgerecht verbracht werden müssen. Auf Initiative der Bundesländer Nordrhein Westfalen und Niedersachsen wurde durch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz im Jahr 2010 die Wirtschaftsdünger Verbringensverordnung erlassen, die Dokumentations- und Meldepflichten über die Abgabe, den Transport und die Aufnahme von in der Verordnung genannten Düngemitteln oberhalb einer Grenze von 200 t vorschreibt. Niedersachsen wird darüber hinaus eine Landesverordnung erlassen, die eine regelmäßige Berichtspflicht auf elektronischem Wege für die betroffenen Betriebe vorsieht. Dieses vorausgeschickt beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1: Wesentliches Ziel der agrarstatistischen Erhebung ist es, Aussagen über die Entwicklung der Agrarstruktur im Zeitablauf (Zeitreihen) sowie im regionalen Vergleich auf Länder-, Bundes- und EU-Ebene machen zu können und damit auch die Grundlage für politische Entscheidungsprozesse darstellen zu können. Hierfür muss die Statistik in allen Ländern und auch über längere Zeiträume vergleichbar sein. Die Verwaltungsdaten der Agrarstatistik werden soweit wie möglich genutzt (z. B. die Daten der HIT-Datenbank Rinder). Die durch die Tierseuchenkasse (TSK) erhobenen Daten unterscheiden sich so deutlich von der durch die EU vorgegebenen Systematik der Daten der Agrarstatistik, dass eine Nutzung der Daten der TSK für die Zwecke der Agrarstatistik nicht möglich ist. Ausschließliches Ziel der Erfassung der zu meldenden Tierbestände durch die TSK ist die Berechnung und Erhebung von Beiträgen zur Tierseuchenkasse, um finanzielle Mittel für die Tierseuchenprävention und im Eintrittsfall für die Tierseuchenbekämpfung und Schadensregulierung zu haben. Aufgrund der unterschiedlichen Zielsetzung ergeben sich unterschiedliche methodische Ansätze zur Erfassung der Tierbestände, die die Diskrepanzen zwischen Zahlen der TSK und denen der Agrarstatistik erklären können. Die wichtigsten Unterschiede lassen sich wie folgt zusammenfassen: Stichtagsprinzip Während die Agrarstatistik aufgrund einheitlicher EU-weit geltender Vorgaben die Tierbestände jeweils zu einem festen Stichtag zählt, werden die Tiere durch die TSK zwar auch zu einem (anderen) Stichtag erfasst, jedoch hat der Tierhalter hier die Verpflichtung, nach dem Stichtag aufgestallte Tiere binnen zwei Wochen nachzumelden. Für diese Tiere werden Beiträge nacherhoben. Hierdurch ergibt sich näherungsweise die vorhandene Stallkapazität in einem Jahr. Die Stallkapazität ist aber nicht mit den tatsächlich im Durchschnitt des Jahres gehaltenen Tieren gleichzusetzen. Im Rahmen der Agrarstatistik gehen Ställe, die zum Stichtag leer stehen, mit dem Wert Null ein. Zuordnung der Tierbestände Die Agrarstatistik verknüpft in der Agrarstrukturerhebung die erhobenen Flächen, Tiere, Arbeitsplätze usw. mit dem zugehörigen landwirtschaftlichen Betrieb. So können nicht nur allgemeine Aussagen über die Anzahl der gehaltenen Tiere in einer Region gemacht werden sondern beispielsweise auch über die Anzahl Tiere in den jeweiligen Betriebsgrößenklassen. Dieser Bezug auf den landwirtschaftlichen Betrieb hat aber gleichzeitig zur Folge, dass alle Tiere eines Betriebes - unabhängig davon, wo diese Tiere eingestallt sind - dem jeweiligen Betriebsstandort zugeordnet werden. Wenn also der Betriebssitz im Landkreis Emsland liegt, die Stallungen aber im Landkreis Osnabrück, wird dieser Tierbestand dem Betrieb im Landkreis Emsland zugeordnet. Ein niederländischer Betrieb, der Ställe im grenznahen Bereich in Niedersachsen bewirtschaftet, wird mit diesen Ställen überhaupt nicht von der niedersächsischen Agrarstatistik erfasst. Die TSK erfasst zwar in der Regel den landwirtschaftlichen Betrieb, aber auch tierseuchenrechtliche Einheiten. Liegen die Stallanlagen eines Betriebes in entsprechender räumlicher Entfernung, können innerhalb eines Betriebes mehrere tierseuchenrechtlich eigenständige Einheiten vorliegen, aber bei entsprechender räumlicher Nähe auch einzelne Stallanlagen zu einer seuchenhygienischen Einheit zusammengefasst und zusammen gemeldet werden. Die Stallanlagen werden dem jeweiligen Landkreis zugeordnet, in dem sie liegen, nicht dem Betriebssitz des Betriebes. Ein Ver- 3

gleich der Tierzahlen auf Landkreisebene ist daher nicht möglich, ein Vergleich auf Landesebene mit Einschränkungen. Ermittlung der auskunftspflichtigen Betriebe Es ist davon auszugehen, dass der niedersächsische Landesbetrieb für Statistik und Kommunikationstechnologie (LSKN) die landwirtschaftlichen Betriebe in Niedersachsen annähernd vollständig erfasst hat. Durch die Nutzung der InVeKos-Daten (Verwaltungsdaten Flächenprämie) werden alle Betriebe erfasst, die einen Antrag auf die Flächenprämie stellen. Eine Ausnahme stellen hier die Geflügel haltenden Betriebe dar, die deutlich häufiger als andere Tierhaltungen gewerblich geführt werden und über keine eigenen Flächen verfügen. Diese Betriebe können über die Umsatzsteuerstatistik ermittelt werden, allerdings kann es hier zu deutlichen zeitlichen Verzögerungen kommen, bevor ein Betrieb bekannt wird. Insbesondere wenn viele neue Stallungen in einer Region gebaut oder der Betriebszweig Geflügel ausgegliedert worden ist, kann sich diese Tatsache auf die Zahlen der Agrarstatistik auswirken. Insgesamt kann nicht exakt beziffert werden, wodurch die Abweichungen zwischen den Daten der TSK und den Daten der Agrarstatistik im Einzelnen genau zu begründen sind. Hierfür müssten die Einzeldaten der Agrarstatistik und die Einzeldaten der TSK abgeglichen werden. Ein solcher Abgleich wäre extrem aufwändig, da die Einzeldaten der TSK den jeweiligen einzelbetrieblichen Daten der statistischen Betriebe zugeordnet und mit diesen verglichen werden müssten. Bei auffälligen Abweichungen wären Stichproben vor Ort notwendig, um zu klären, welche Angaben fehlerhaft sind. Außerdem wären die datenschutzrechtlichen Belange zu berücksichtigen. Zu 2: Die Daten der Agrarstatistik werden auf der Grundlage des Agrarstatistikgesetzes mit der möglichen Sorgfalt und Genauigkeit erhoben. Es ist bekannt, dass die Zahlen der TSK und die Zahlen der Agrarstatistik insbesondere im Bereich der Mastgeflügelhaltung voneinander abweichen. Wie bereits unter Frage 1 erläutert, unterscheiden sich die Erhebungen der jeweiligen Tierzahlen erheblich und sind daher nicht miteinander vergleichbar. Die Notwendigkeit zur Verbesserung der agrarstatistischen Datengrundlage wird vor allem im Bereich der Geflügelhaltung gesehen. Während Rinder, Schweine und Schafe im Rahmen der Viehzählung jährlich erfasst werden, werden die Geflügelbestände aufgrund der EU-Vorgaben durch die Agrarstatistik nur noch alle drei Jahre und dabei teilweise nur repräsentativ im Rahmen der Agrarstrukturerhebung erfasst. Um die Daten der Agrarstatistik im Bereich der Geflügelhaltung zu verbessern, werden schon seit geraumer Zeit Gespräche auf Landes- und Bundesebene geführt. In Erwägung zu ziehen sind die jährliche Befragung der Geflügel haltenden Betriebe im Rahmen der Viehzählung, die Abfrage der innerhalb eines Zeitraumes von 6 Wochen gehaltenen Tiere neben der Abfrage der am jeweiligen Stichtag gehaltenen Tiere und die Schaffung einer Rechtsgrundlage zur Nutzung von Adressdaten Geflügel haltender Betriebe. Durch ML wurde LSKN bereits über MI um Stellungnahme gebeten, welche Kosten durch eine zusätzliche Befragung der Geflügel haltenden Betriebe anfallen würden. Da eine entsprechende Erhebung gesetzlich angeordnet werden muss, wird geprüft, ob eine Initiative zur Änderung des Agrarstatistikgesetzes auf Bundesebene von den anderen Bundesländern, in denen die Geflügelhaltung meist nur eine untergeordnete Bedeutung hat, mitgetragen würde. Zu 3: 4 der Verordnung über das Inverkehrbringen und Befördern von Wirtschaftsdüngern regelt die Meldepflicht für Empfänger von Stoffen nach 1 Satz 1 Nr. 1 der VO, die in ein Land verbracht werden. Der für den Betriebssitz des Empfängers zuständigen Behörde sind folgenden Angaben verpflichtend zu melden: 4

Abgeber (Name und Anschrift), Datum/Zeitraum der Abgabe und Menge in Tonnen Frischmasse. Da sich die Meldepflicht nicht auf Nährstoffgehalte der Wirtschaftsdünger erstreckt, kann sich die Beantwortung nur auf die Herkunft, die Mengen in Tonne Frischmasse und die Wirtschaftsdüngerarten beziehen (siehe hierzu Tabelle 1). Unbeschadet dieser Meldepflicht unterliegt die innergemeinschaftliche Verbringung von Gülle auch EG-rechtlichen Vorschriften zu tierischen Nebenprodukten, wobei verarbeitete Gülle weder einer Genehmigungs- noch einer Meldepflicht unterliegt. Tabelle 1: 4 Meldepflicht - Meldungen für das Kalenderjahr 2011 Empfänger Land/Bundesland Wirtschaftsdüngerart Menge [to FM] Landkreis Emsland Niederlande NRW Mastschweinegülle Rindergülle 630 175 Grafschaft NRW Schweinegülle 768 Bentheim Cloppenburg - - - Vechta HB HH NW SH NW NW HE Hähnchenmist Hühnertrockenkot Hähnchenmist 1 269 3 993 19 075 10 836 17 037,49 2 079,02 55,74 Summe 55 918,25 Zu 4: Angaben zu Klärschlammmengen auf Landkreisebene sind im jährlich erscheinenden Klärschlammbericht der Landwirtschaftskammer Niedersachsen zusammengestellt. Der Klärschlammbericht ist gemäß 7 Abs. 8 Klärschlammverordnung (AbfKlärV) in Verbindung mit 1 Nr. 32 der Verordnung zur Übertragung von staatlichen Aufgaben auf die Landwirtschaftskammer Niedersachsen (AufgÜVO-LwK) bis zum 31. August eines Folgejahres für das vorherige Kalenderjahr an die zuständigen obersten Landesbehörden weiterzuleiten. Daraus ergibt sich, dass für das Jahr 2011 noch keine Angaben zu Nährstoffmengen für Stickstoff und Phosphor durch die Ausbringung von Klärschlamm gemacht werden können. Die jeweiligen Nährstoffdaten der Landkreise Emsland, Grafschaft Bentheim, Cloppenburg und Vechta für das aktuell vorliegende Jahr 2010 sind der folgenden Tabelle 2 zu entnehmen. Tabelle 2: Klärschlammausbringung 2010 für ausgewählte Landkreise Landkreis Fläche ha beschlammt Menge t TM Stickstoff (gesamt) t TM Phosphor (P 2 O 5 ) t TM Emsland 2 104,22 2 040,27 115,28 128,27 Grafschaft Bentheim 405,84 651,56 36,81 40,96 Cloppenburg 493,93 510,36 28,83 32,07 Vechta 101,21 86,29 4,87 5,42 Zu 5: Der Einsatz von Stickstoff- und Phosphorverbindungen in Form mit Mineraldüngern kann - bezogen auf Landkreise - aufgrund der verfügbaren Daten nicht zuverlässig beantwortet werden. Der Landesabsatz stickstoffhaltiger Mineraldünger beläuft sich mit geringfügigen jährlichen Schwankungen im Durchschnitt auf 122 kg N/ha (Quelle: Trinkwasserschutzkooperation in Niedersachsen, NLWKN 2011). In Gebieten mit einem Viehbesatz von über 1 GV/ha beträgt der mehrjäh- 5

rige Durchschnitt 97 kg N/ha mit abnehmender Tendenz. So wurden 2009 in Betrieben mit Viehhaltung im Durchschnitt ca. 79 kg N/ha eingesetzt. Mineralische Phosphatdünger werden nach Erkenntnissen aus der einzelbetrieblichen Beratung beim Einsatz von Wirtschaftsdüngern lediglich im Rahmen der Ergänzungsdüngung eingesetzt. So wird im Maisanbau in der Regel eine Unterfußdüngung mit leicht löslichem Phosphat (ca. 20 kg P 2 O 5 /ha) durchgeführt. In aktuellen Versuchen der Landwirtschaftskammer wird zurzeit untersucht, inwieweit auf eine mineralische P 2 O 5 -Unterfußdüngung verzichtet werden kann. Zu 6: Die Beantwortung der Frage 6 ist erst nach Inkrafttreten der geplanten Landesverordnung über Meldepflichten in Bezug auf Wirtschaftsdünger möglich, weil damit die vollständige Erfassung der Nährstoffströme ermöglicht wird. Die bisher vorliegenden, bei den Nährstoffvermittlungsdiensten freiwillig erhobenen Daten erlauben keine zuverlässige Gesamtbewertung. Zu 7: Die Landesregierung teilt die Auffassung, dass ein Verstoß gegen einschlägiges Fachrecht vorliegt, wenn die geltenden Rechtsvorschriften der Düngeverordnung, der Düngemittelverordnung, der Bundesverordnung für das Inverkehrbringen von Wirtschaftsdüngern sowie des EG-Rechtes zu tierischen Nebenprodukten im konkreten Einzelfall nicht eingehalten werden. Soweit dies bei anlassbezogenen und systematischen Vorortkontrollen des Prüfdienstes der Landwirtschaftskammer festgestellt wird, haben die Betroffenen die entsprechenden fachrechtlichen und förderrechtlichen Konsequenzen zu tragen. Über die Ergebnisse der Vorortkontrollen wurde mehrfach berichtet. Die große Mehrzahl aller Landwirte verhält sich im gegebenen ordnungsrechtlichen Rahmen rechtskonform. Die geplante Landesverordnung über Meldepflichten in Bezug auf Wirtschaftsdünger wird neben der vollständigen Dokumentation der Stoffkreisläufe eine wesentliche Verbesserung der Risikoanalyse bei gleichzeitiger Erweiterung der Vorortkontrollen ermöglichen. Zu 8: Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen nimmt die Überwachungsaufgaben als nach Landesrecht zuständige Stelle nach Weisung des Landes Niedersachsen wahr. Abweichend von den üblichen systematischen Stichprobenkontrollen wurden keine Kontrollen zur Einhaltung der ordnungsgemäßen Landwirtschaft hinsichtlich der Düngung von Nutzflächen in den genannten Landkreisen durchgeführt. Neben den systematischen Kontrollen überwacht die Landwirtschaftskammer Niedersachsen die Vorschriften des Düngerechtes landesweit anlassbezogen aufgrund von Anzeigen, Hinweisen und Beschwerden Dritter. Gert Lindemann 6 (Ausgegeben am 24.05.2012)