Gestaltungsalternativen zur doppelnützigen Treuhand Trends aus Sicht der Kreditgeber Prof. Dr. Gerhard Schmidt / Dr. Uwe Hartmann Weil Gotshal & Manges LLP 8. Deutsche Distressed Assets Konferenz 2013 38371532#
Gliederung I. Die doppelnützige Treuhand Struktur und Grenzen II. III. Die Nachrangigkeit von Darlehensforderungen in der Insolvenz des Schuldners Markttrends: Gestaltungsalternativen zur doppelnützigen Treuhand 2
I. Die doppelnützige Treuhand (1) 1. Wesentliche Eckdaten 2. Eigenverantwortlichkeit des Treuhänders Ausgangslage: Gesellschafter ist nicht bereit oder wirtschaftlich nicht in der Lage, weitere finanzielle Mittel zuzuführen Aufrechterhaltung der Fremdkapitalfinanzierung durch Banken nur, wenn Anteile des Unternehmens auf einen Treuhänder zur Sicherung und gegebenenfalls Verwertung übertragen werden Der Treuhänder übt die Gesellschafterrechte in TopCo in eigener Verantwortung aus, d.h. er ist nicht an Weisungen des Altgesellschafters gebunden Kreditgeber sind nicht befugt, Weisungen zu erteilen (insoweit reine Sicherungstreuhand) Treuhänder hält die Gesellschaftsanteile treuhänderisch für den Altgesellschafter und die sicherungsnehmenden Kreditgeber (Doppelnützigkeit der Treuhand) Erlöse aus der Veräußerung des Unternehmens werden gemäß vereinbartem Wasserfall an die Stakeholder verteilt (Finanzgläubiger vor Altgesellschaftern) Die besicherten Gläubiger haben einen vertraglichen Anspruch gegenüber dem Treuhänder auf Auskehrung von Erlösen, die bei der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen (share deal) oder von sonstigen Vermögensgegenständen (asset deal) erzielt werden. 3
. I. Die doppelnützige Treuhand (2) Vertragliche Grundstruktur Restrukturierungsvertrag [und Intercreditor-Vereinbarung] (Parteien: Alt-Gesellschafter (Treugeber), Treuhänder, Darlehensgeber, Zielgesellschaft und deren Töchter) Treuhandvertrag ( TV ) (Parteien: Alt-Gesellschafter (Treugeber) und Treuhänder Alt-Gesellschafter (Treugeber) TA Treuhänder GmbH Darlehensgeber idr nicht Partei, sondern Vertrag zu Gunsten Dritter 100% TopCo (Borrower/Guarantor) Darlehen Tochter Tochter Tochter Darlehen Darlehen Darlehen 4
I. Die doppelnützige Treuhand (3) Hat sie sich in der Praxis bewährt? Ja, eindeutig; die doppelnützige Treuhand setzt aber "professionelles Handling" voraus. Grenzen der doppelnützigen Treuhand Drohpotential der Alt-Gesellschafter durch Kündigung/Anfechtung der Treuhandvereinbarung können Alt-Gesellschafter Unsicherheit darüber schaffen, ob Treuhänder im M&A-Verkaufsprozess zur Veräußerung der Anteile berechtigt ist. Komplexität der Gesellschafterstruktur bei Vielzahl von Alt-Gesellschaftern (z.b. bei börsennotierten Unternehmen) keine einvernehmliche Übertragung der Anteile möglich 5
II. Die Nachrangigkeit/Anfechtbarkeit in der Insolvenz des deutschen Schuldners (1) Bei richtiger Ausgestaltung und Umsetzung begründet die doppelnützige Treuhand keine Nachrangigkeit von Kreditforderungen oder Anfechtbarkeit von Leistungen in der Insolvenz; alternative Gestaltungen müssen sich daran messen lassen: 1. Nachrangigkeit in der Insolvenz des Schuldners von... Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens oder aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen. 2. Anfechtbarkeit in der Insolvenz des Schuldners von Rechtshandlung, die in bestimmtem Zeitraum vor Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens des Schuldners oder danach vorgenommen wird und für ein Gesellschafterdarlehen (oder ähnliches) Sicherheit gewährt (10 Jahre davor) oder Befriedigung gewährt (ein Jahr davor) 3. KEINE Nachrangigkeit / Anfechtbarkeit, wenn Kreditgeber keine Gesellschafter- oder gesellschafterähnliche Stellung hat Was macht den Gesellschafter aus? siehe (2) Kleinbeteiligten-Privileg: Nicht geschäftsführender Gesellschafter ist mit 10% oder weniger am Haftkapital beteiligt, aber nur, wenn Kein Koordiniertes Verhalten (sog. acting in concert) siehe (3) Sanierungsprivileg: keine Nachrangigkeit bis zur nachhaltigen Sanierung, falls Erwerb der Anteile zum Zwecke der Sanierung Was bedeutet nachhaltige Sanierung? Bei rein finanzieller Sanierung: keine große Hilfe 6
II. Die Nachrangigkeit/Anfechtbarkeit in der Insolvenz des deutschen Schuldners (2) Die Gesellschafter- oder gesellschafterähnliche Stellung Die unmittelbare Gesellschafterstellung Was macht den Gesellschafter aus? Inhaber von Gesellschaftsanteilen (nicht: bloße Call-Option oder Wandelungsmöglichkeit) >10% aber auch gesellschafterähnliche Dritte (=Nicht-Gesellschafter) GER Co Darlehen atyp. Pfandgläubiger strittig Schwestergesellschaft des Schuldners (nicht, wenn Geschäftsführung der Schwester ohne bestimmenden Gesellschaftereinfluss agieren kann) Mittelsmann Die mittelbare Gesellschafterstellung MutterCo > 50%? Mittelbare Beteiligung des Kreditgebers am Schuldner Nach BGH wird Beteiligung der MutterCo an GERCo einem mittelbaren Gesellschafter (=Gesellschafter der MutterCo) zugerechnet, wenn: GER Co >10% Darlehen er beherrschenden Einfluss auf MutterCo ausüben kann, z.b. aufgrund einer qualifizierten Anteils- oder Stimmrechtsmehrheit, aber auch aufgrund flankierender anderer rechtlicher oder tatsächlicher Umstände (z.b. Identität in der Geschäftsführung) Nicht: bloße Durchrechnung der mittelbaren Beteiligung 7
II. Die Nachrangigkeit/Anfechtbarkeit in der Insolvenz des deutschen Schuldners (3) Bei abgestimmtem Verhalten von Kleinbeteiligten: Addition der Beteiligung: 6% + 5% = gemeinsam über 10% Abgestimmtes Verhalten im Hinblick auf Ausübung der Stimmrechte Dauerhafte Stimmbindungsvereinbarungen (nicht nur schriftlich) Nicht einmalige oder auf spezifischen Tagesordnungspunkt einer Gesellschafterversammlung bezogener Meinungsaustausch 6% 5% 1 Darlehen GER Co Darlehen 2 Abgestimmte Darlehensvergabe von kleinbeteiligten Gesellschaftern Derzeit überwiegende Meinung: soll auch für 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO gelten Die koordinierte Vergabe oder das koordinierte Stehenlassen von Krediten führt zur Zusammenrechnung der Gesellschaftsanteile der koordinierenden kleinbeteiligten Gesellschafter (gemeinsam über 10%) Die von diesen Kleinbeteiligten vergebenen Kredite laufen Gefahr, in der Insolvenz des Schuldners als Gesellschafterdarlehen eingestuft zu werden, da das Kleinbeteiligten-Privileg dann nicht greifen soll. 8
III. Markttrends: Gestaltungsalternativen zur doppelnützigen Treuhand: Dritt-Investoren ohne Treuhandauftrag Marktgängige Gestaltungsalternativen involvieren eine von den Gläubigern akzeptierte Investorengesellschaft. Außerhalb der Insolvenz des Schuldners (z.b. bei Asset Finanzierungen): Der Dritt-Investor mit strukturell subordinierter Junior Finanzierung siehe III. 1 In der Insolvenz des Schuldners (nach ESUG): Der insolvenzrechtliche Squeeze-Out von Alt-Gesellschaftern durch InvestorCo siehe III.2 Im Insolvenzplan des Schuldners: gesellschaftsrechtlicher Kapitalschnitt mit anschließendem Debt-to-Equity Swap durch InvestorCo 9
III.1 Der Dritt-Investor mit strukturell subordinierter Junior Finanzierung Alt- Gesellschafter 1. Erwerb aller Anteile InvestorCo 2. Neues Junior Darlehen ihv [X] 1. InvestorCo erwirbt alle Anteile der GERCo 2. begibt ein neues Junior Darlehen an InvestorCo über den derzeit nicht werthaltigen Teil der ursprünglichen Finanzierung auf GERCo Ebene (z.b. [X]) 3. InvestorCo leistet Einlage ihv [X] in GERCo; 4. GERCo tilgt [40] des ursprünglichen Senior Darlehens an 5. Anstelle des ursprünglichen Darlehens ihv 100 auf GERCo Ebene, hält die Dgeber nunmehr zwei Darlehen: 100% GERCo Eigentum 3. Einlage ihv [X] Ursprüngliches Darlehen ihv. 100 4. Rückzahlung ihv [X] 5. Verbleibendes Senior Darlehen von [100-X] (i) Junior Darlehen ihv [X] gegen InvestorCo (strukturell subordiniert gegenüber verbleibendem Senior Darlehen) ASSET (ii) Verbleibendes Senior Darlehen ihv [100-X] gegen GERCo (entspricht dem derzeit werthaltigen Teil des ursprünglichen Darlehens) 10
III.2 Der Insolvenzrechtliche Squeeze-Out (1): Ausgangssituation Verbesserung der EK-Quote der GERCo durch Neuordnung der Passivseite erforderlich außergerichtliche Sanierung nicht möglich oder nicht tunlich GERCo beantragt Insolvenz und bereitet in Abstimmung mit den wesentlichen Gläubigern einen Insolvenzplan unter Einschluss erforderlicher Kapitalmaßnahmen vor Alt-Gesellschafter 100% GERCo GERCo Schulden
III.2 Der insolvenzrechtliche Squeeze-Out (2): Kernmaßnahmen im Insolvenzplan Der Insolvenzplan bestimmt die Kernmaßnahmen der Entschuldung und der neuen Kapitalausstattung von GERCo Kapitalmaßnahmen der GERCo Kapitalschnitt durch Kapitalherabsetzung (hier: auf Null) Sachkapitalerhöhung (Debt-to-Equity Swap) Ausschluss Bezugsrecht der Alt- Aktionäre (nicht zwingend) Übernahme der neuen Aktien durch InvestorCo Entschuldung der GERCo Verschiedene Modelle zur Entschuldung der GERCo möglich: Entschuldung durch Debt Push Up: Befreiende Schuldübernahme durch InvestorCo siehe (3) (Pfleiderer) Entschuldung durch Kapitalmaßnahme: Forderungsübertragung auf InvestorCo mit anschließendem Verzicht/Einbringung der Forderung in GERCo siehe (4) 12
III.3 Der insolvenzrechtliche Squeeze-Out (3): Debt Push-Up auf InvestorCo InvestorCo übernimmt mit Zustimmung der Dgeber teilweise Schulden der GERCo in Höhe von X% InvestorCo Weitere Instrumente? InvestorCo Schulden (X%) Dgeber Schuldübernahme erfolgt mit schuldbefreiender Wirkung und begründet auf Ebene der InvestorCo die Investor Schulden in Höhe von X% GERCo haftet nicht für Investor Schulden, 100% sondern schuldet fortan die reduzierten GERCo Schulden (100-X%) GERCo GERCo Schulden (100-X%) Gegenstand der Sacheinlage in GERCo: vertraglicher Regreßanspruch der InvestorCo gegenüber GERCo aus der Schuldübernahme Neuordnung der Investor Schulden auf Ebene der InvestorCo (Haircut) Bezugsrecht der Alt-Aktionäre wird ausgeschlossen (andere Gestaltung möglich) Im Rahmen des Haircut, Schaffung weiterer Instrumente auf Ebene der InvestorCo denkbar: Verzicht mit Besserungsschein Nachrangdarlehen Rechte zum Erwerb von Anteilen an InvestorCo, z.b. über Wandel- oder Optionsanleihen oder Call Optionen
III.3 Der insolvenzrechtliche Squeeze-Out (4): Forderungsübertragung auf InvestorCo Dgeber übertragen X% ihrer GERCo Forderungen auf InvestorCo InvestorCo Instrumente gegen Übertragung von X% der GERCo Forderungen? Dgeber InvestorCo räumt übertragenden Dgebern bestimmte Instrumente als Gegenleistung ein Forderungsübertragung X% (siehe rechts unten) 100%-Y X% Gegenstand der Sacheinlage in GERCo: Forderungen der InvestorCo gegenüber GERCo GERCo GERCo Schulden (100-X%) in Höhe von X% Als Folge der Sachkapitalerhöhung reduzieren sich GERCo Schulden um X% Bezugsrecht der Alt-Aktionäre wird ausgeschlossen (andere Gestaltung möglich) InvestorCo begibt Instrumente an Dgeber gegen Übertragung der Forderung von X%, z.b. Darlehen Rechte zum Erwerb von Anteilen an InvestorCo, z.b. über Wandel- oder Optionsanleihen oder Call Optionen
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