4 Besonderheiten bei Demenz I. Verfassungsrechtliche Grundlagen (Grundgesetz) Unantastbarkeit der Menschenwürde Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit Unverletzlichkeit der Freiheit der Person Freiheitsbeschränkungen nur auf gesetzlicher Grundlage Freiheitsentziehung nur mit richterlicher Entscheidung Verbot der Benachteiligung wegen einer Behinderung Art.1(1) Art.2(1) Art.2(2) Art.2(2) Art.140(1) Art.140(2) Art.3(3) http://www.rechtliches.de/info_gg.html II. gerichtliche Betreuung seit 1992 löste Vormundschaft ( Entmündigung ) für Erwachsene ab geregelt in: BGB ( 1896-1908i) Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit FGG ( 65-69o) Vormünder-und Betreuervergütungsgesetz VBVG (ersetzt zum 01.07.05 Berufsvormündervergütungsgesetz) http://www.rechtliches.de wichtige Inhalte aus BGB: - Betreuer nur für Volljährige möglich 1896(1) zuständig für Einsetzung ist Vormundschaftsgericht - Vollmacht hat Vorrang macht Betreuung überflüssig 1896(2) - Mitarbeiter von KKH/Heim scheiden als Betreuer und i.v.m. Bevollmächtigte aus 1897(3) - ehrenamtliche Betreuer sind vorrangig einzusetzen 1897 (bevorzugt Verwandte/ Vertrauenspersonen) i.v.m. 1900 - Betroffener kann Wünsche äußern (Betreuungsverfügung) 1897(4) i.v.m. 1901a - Betreuung nur für die jeweils notwendigen Angelegenheiten 1896(2) d.h.: i.v.m. 1901(1) Gesundheitssorge und/oder Vermögenssorge und/oder Aufenthaltsbestimmung aber: - Willenserklärungen des Betreuten bleiben unabhängig vom Betreuer möglich und wirksam, solange kein Einwilligungsvorbehalt angeordnet: 1903 nur bei erheblicher Gefahr für Person oder Vermögen - Betreuer braucht gerichtliche Genehmigung u.a. bei: a) Einwilligung zu medizinischen Maßnahmen mit 1
hohem Risiko 1904 b) Sterilisation 1905 c) freiheitsentziehenden Maßnahmen 1906 d) Kündigung der Mietwohnung 1907 ausführliche Erläuterungen: http://www.ruhr-uni-bochum.de/zme/lexikon/ III. Problemfeld Einkauf (BGB) 104 Geschäftsunfähigkeit Geschäftsunfähig ist: (1)... (2) wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist. 105 Nichtigkeit der Willenserklärung (1) Die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen ist nichtig. (2) Nichtig ist auch eine Willenserklärung, die im Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistestätigkeit abgegeben wird. 105a Geschäfte des täglichen Lebens Tätigt ein volljähriger Geschäftsunfähiger ein Geschäft des täglichen Lebens, das mit geringwertigen Mitteln bewirkt werden kann, so gilt der von ihm geschlossene Vertrag in Ansehung von Leistung und, soweit vereinbart, Gegenleistung als wirksam, sobald Leistung und Gegenleistung bewirkt sind. Satz 1 gilt nicht bei einer erheblichen Gefahr für die Person oder das Vermögen des Geschäftsunfähigen. http://dejure.org/gesetze/bgb/105a.html wichtig: 1) Bagatelleinkäufe (Schokolade, Saft, Zeitschrift u.ä.) immer möglich 105a 2) Geschäfts u n fähigkeit nur, wenn freie Willensbildung a u s g e s c h l o s s e n 104(2) (Koma, schwerste Hirnschädigung u.ä.) d.h.: Danach wären viele Menschen mit geistiger Störung nicht geschäftsunfähig, sondern allenfalls eingeschränkt geschäftsfähig Grundsatz - abzuleiten aus Rechtsprechung: 2
Ein eingeschränkt geschäftsfähiger Mensch kann diejenigen Geschäfte rechtswirksam tätigen, deren Bedeutung er versteht! An dieser Situation ändert die Einsetzung eines Betreuers durch das Vormundschaftsgericht zunächst nichts, aber: Bei erheblicher Gefahr für Person oder das Vermögen des Betreuten kann das Gericht zusätzlich einen Einwilligungsvorbehalt anordnen 1903 Folge: i.v.m. 108-113 Vertragsabschlüsse nur mit Einwilligung des Betreuers möglich d.h.: Rechtslage analog zur Geschäftsfähigkeit Minderjähriger z.b. freie Verfügung über Taschengeld (dafür feststehender Begriff der beschränkten Geschäftsfähigkeit ) Erläuterungen bei: http://home.freiepresse.de/uwdel/betreuungsrecht.html#geschaeft IV. Problemfeld Bewegungsfreiheit (Straftäter ausgenommen) anzuwendendes Recht: BGB ( 1906) Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit FGG ( 70-70h) http://www.rechtliches.de Landesunterbringungsgesetze, z.b. Sächsisches Gesetz über die Hilfen und die Unterbringung bei psychischen Krankheiten (SächsPsychKG) http://www.saxonia-verlag.de/recht-sachsen/250_3bs.pdf Variante 1) Jemand wird gegen seinen Willen (zwangsweise) in einem (psychiatrischen) Krankenhaus bzw. in einer sonstigen Einrichtung festgehalten Fachbegriff: Unterbringung, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist 1906(1)BGB Variante 2) Jemandem wird in einem Krankenhaus, Heim oder in einer sonstigen Einrichtung gegen seinen Willen auf andere Weise über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig die Freiheit entzogen 3
Fachbegriff: freiheitsentziehende Maßnahmen allgemeinsprachlicher Begriff: Fixieren z.b.: - Bettgitter/ Fesseln/ Gurte - Verknotung des Pflegehemdes - Ruhigstellung mit Psychopharmaka ohne ärztlich festgestellte Notwendigkeit/Anordnung - Abschließen von Zimmer/ Station - Trickschlösser - Psychischer Druck - Wegnahme von Gehhilfen - Wegnahme von Schuhen/ Kleidung 1906(4)BGB 1) und 2) erfüllen ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen den Straftatbestand der Freiheitsberaubung 239 StGB http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/stgb/ Voraussetzungen für Zulässigkeit: a) Der einwilligungsfähige Betroffener stimmt der Maßnahme zu (z.b. Bettgitter erfüllt eigenes Schutzbedürfnis) oder b) Der Betroffene könnte krankheitsbedingt von seinem Freiheitsrecht keinen Gebrauch machen. z.b.: Der bewusstlose Patient wird mit einem Bettgitter vor dem Herausfallen durch unwillkürliche Bewegungen geschützt. oder c) Selbstmordgefahr oder Gefahr erheblicher gesundheitlicher Selbstschädigung oder ärztliche Maßnahme erfordert Unterbringung 1906 BGB Abs.1 Nr.1 Abs.1 Nr.2 Vormundschaftsgericht muss Maßnahme genehmigen Abs.2,4 Achtung: Eine bestehende Betreuung ersetzt nicht die richterliche Genehmigung! Ausnahmen: - Der Betroffene hat rechtzeitig eine wirksame Vollmacht erteilt, die sich ausdrücklich auf freiheitsentziehende Maßnahmen erstreckt. Folge: Der Bevollmächtigte kann die Maßnahmen ohne richterliche Genehmigung veranlassen. Abs.5 4
- Maßnahme duldet aus Gründen der Gefahrabwehr keinen Aufschub. Folge: Straffreiheit wegen Notwehr/ Notstand; soll Maßnahme länger als 1 Tag fortdauern, muss unverzüglich Genehmigung nachgeholt werden 34f. StGB Art.104(2)GG 1906(2)BGB Erläuterungen bei: http://neu.kdvz.de/hsk/probuerger/getfile.cfm?id=f87 Freiheitsentziehende bzw. beschränkende Maßnahmen sind notwendiger Bestandteil der Pflegedokumentation! Heimgesetz, 13 Abs.1 Nr. 9 http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/heimg/index.html 5