Gebrauch allg. einspr. Wörterbücher. Legitimation Wörterbuchschreibung

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Transkript:

Nils Burghardt

Kühn/Püschel: Gebrauch allg. einspr. Wörterbücher Spezialwörterbücher Legitimation Wörterbuchschreibung

Spezialwörterbuch: konkreter Zweck eindeutiger Benutzer Legitimation! Allg. Wörterbuch: Zweck? Benutzer??

Gliederung: 1.) Das allgemeine einsprachige Wörterbuch theoretische Überlegungen 2.) Empirische Untersuchung Ergebnisse & Schlussfolgerungen

Lexikographen: Jeder Deutschsprachige und jeder Ausländer der Deutsch lernen will benötigt ein Wörterbuch! Sicherheit im Sprachgebrauch tägliches Nachschlagen Kommunikationsbarrieren abbauen Fremdsprachige unterstützen Sprechreflexion fördern Wortschatz dokumentieren Stellung des Deutschen stärken

Kühn/Püschel: WER benutzt allgemeine Wörterbücher zu welchen ZWECKEN werden Wörterbücher benutzt welche INFORMATIONEN werden gesucht wie HÄUFIG wird nachgeschlagen BENUTZERMASSEN und NACHSCHLAGBEDÜRFNISSE überhaupt vorhanden

allg. einspr. Wörterbücher: Vielzahl verschiedener Informationen allgemeine Zielsetzung nicht primär für praktische Benutzungsbedürfnisse dokumentieren Wortschatz Benutzungssituation offen keine lexikographische Konkurrenz zu Spezialwörterbücher mehr als die Summer der Teile

allg. einspr. Wörterbücher: zugunsten Benutzerkreise und -interessen vernachlässigbar Darstellung des Wortschatzes und Erklärungen ABER: viele Informationen erschweren Zugriff Vorteile für Benutzer?

Kühn/Püschel: BENUTZER? Wiegand: Wörterbuchbenutzer = bekannter UNBEKANNTER empirische Untersuchung notwendig

Kühn/Püschel: Ziel: Wörterbuchbenutzer kennenlernen kleine Erhebung nicht repräsentativ keine gesicherten Ergebnisse ABER: Stimmungsbild

Fragebogen: Besitz allg. einspr. Wörterbücher Häufigkeit der Benutzung Gelegenheiten der Benutzung welche Informationen werden nachgeschlagen Besitz Spezialwörterbücher Benutzung von Enzyklopädien Wörterbücher in der Ausbildung Empfehlungen

Auswertung 1: kein allg. einspr. Wörterbücher kein Zugang zu allg. Wörterbüchern kein Interesse andere Wörterbücher ausreichend allg. Wörterbücher teilw. unbekannt

Berücksichtigung Spezialwörterbücher: dominierend in: Besitz Gebrauch Spezialwörterbuch! allg. Wörterbuch Befragte: allg. Wörterbuch? Duden-RS

Rangfolge : g

Auswertung 2: (Besitzt oder Zugang zu allg. Wörterbüchern) 1.) kaum verwendet: Duden-RS ausreichend 2.) selten verwendet: hauptsächlich für Unterricht 3.) häufig verwendet: privat und beruflich aber auch Duden weniger Enzyklopädien

Lehrer: kein ausgeprägtes Bedürfnis nachzuschlagen eingeschränkte Zahl Spezialwörterbücher (weitere unbekannt, wie auch allg. Wörterbücher) Suche spezieller Informationen

Duden-Rechtschreibung: lexikographische Bibel Verbreitung & Bekanntheitsgrad Züge eines einbnd. allg. Wörterbuches Informationen nur dort, wo notwendig Informationen zur unterrichtl. Praxis

Allgemeine einsprachige Wörterbücher: haupts. verwendet von Sprachinteressierten mit Wörterbüchern Vertrauten Benutzerbedürfnis wecken! Wörterbücher bekannt machen! ZIEL: Schüler zur kontinuierlichen Wörterbuchbenutzung zu Hilfszwecken anleiten!

Fragen?

DER DUDEN REICHT MIR Referat [nach: Kühn, Peter; Püschel, Ulrich: Der Duden reicht mir. Zum Gebrauch allgemeiner einsprachiger und spezieller Wörterbücher des Deutschen. In: Wiegand, Herbert Ernst (Hrsg.): Studien zur neuhochdeutschen Lexikographie II. New York 1982, S. 121-151.] Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Germanistisches Seminar Hauptseminar: (Lerner-)Lexikographie und Wörterbuchdidaktik Dozent: Prof. Dr. Kilian Referent: Nils Burghardt 24. Nov. 2008

EINLEITUNG Kühn und Püschel untersuchen in ihrem Aufsatz den Gebrauch allgemeiner einsprachiger Wörterbücher, besonders in Opposition zu den Spezialwörterbüchern. Dazu beginnen sie, indem sie zu allererst herausarbeiten, wo die Unterschiede liegen und wie überhaupt eine Wörterbuchschreibung legitimiert wird. So sind Spezialwörterbücher im Hinblick auf ihren konkreten Zweck und ihre potentiellen Benutzer unproblematisch, da ihre Spezialisierung selbst bereits diese genau definiert und sich selbst damit auch legitimiert. Ein medizinisches Fachwörterbuch verfolgt somit den Zweck, Fachbegriffe in ein allgemeinsprachiges Deutsch zu übersetzen und gleichzeitig dem Benutzer unbekannte Begriffe zu erklären. Der Benutzerkreis ist somit ziemlich deutlich definiert und eingegrenzt auf Mediziner und alle an der Medizin interessierten Laien. Anders verhält es sich nach Ansicht Kühns und Püschels mit den allgemeinen einsprachigen Wörterbüchern. Bei ihnen lässt sich weder leicht klären, welchem konkreten Zweck sie eigentlich dienen, noch für welche Benutzerkreise sie gedacht sind. Zwar haben die Lexikographen durch die gesamte Geschichte der Wörterbuchschreibung hindurch dazu immer wieder ähnliche Aussagen gemacht, doch blieben diese in Hinblick auf den Zweck, aber besonders in Hinblick auf die Benutzer immer sehr schwammig und unpräzise. Dieses Referat greift nun die grobe Struktur des Aufsatzes von Kühn und Püschel auf, indem es in zwei Abschnitte gegliedert ist. Begonnen wird mit den theoretischen Überlegungen zur Benutzung und Legitimation allgemeiner einsprachiger Wörterbücher, gefolgt von der Darstellung der empirischen Erhebung und deren Auswertung. Der Schwerpunkt liegt dabei eindeutig auf der empirischen Untersuchung und ihrer Ergebnisse.

DAS ALLGEMEINE EINSPRACHIGE WÖRTERBUCH Jeder Deutschsprachige und jeder Ausländer, der Deutsch lernen will, benötigt ein Wörterbuch! Diese Aussage, die sich im Grunde durch die gesamte Geschichte der Wörterbuchschreibung zieht, geht davon aus, dass praktisch jeder Benutzer von allgemein einsprachigen Wörterbüchern ist oder sein sollte. Größer zumindest kann man den Benutzerkreis nicht fassen! Zweck dieser Wörterbücher soll es derweil sein, als Ratgeber zu dienen und Sicherheit im Sprachgebrauch zu vermitteln, Kommunikationsbarrieren abzubauen, Fremdsprachige beim Deutschlernen zu unterstützen, Einsicht in die Sprache zu vermitteln und zur Sprachreflexion anzuregen, den Wortschatz zu dokumentieren und die Stellung des Deutschen unter den übrigen Sprachen zu stärken. Weiterhin sollen Wörterbücher das Bedürfnis täglichen Nachschlagens befriedigen. Aufgrund dieser äußerst weitgefassten und unscharfen Definition von Benutzergruppe und Benutzungszweck unterstellen Kühn und Püschel den Lexikographen nun eine unzureichende Reflexion über den Benutzer und die Benutzung von allg. einspr. Wörterbüchern. Die Frage bleibt, wer genau eigentlich der Wörterbuchbenutzer ist, zu welchen konkreten Zwecken er diese Wörterbücher tatsächlich benutzt und welche Informationen eigentlich gesucht werden. Außerdem muss geklärt werden, wie häufig tatsächlich nachgeschlagen wird. Laut Kühn und Püschel ist diese Aussage nämlich unter Umständen ziemlich widersinnig: Wer ständig nachschlagen muss, um sich richtig und verständlich auszudrücken, der kann die Muttersprache nicht wirklich beherrschen, so

dass ihm die Verwendung des Wörterbuches kaum wirklich helfen kann. Die Vorstellung vom täglichen Nachschlagen ist damit im ersten Moment wenig gehaltvoll und muss ebenfalls näher untersucht werden. Schließlich stellt sich auch die Frage, ob es diese Benutzermassen samt vielfältigen Nachschlagbedürfnissen überhaupt gibt! Tatsache ist, dass sich alle allgemeinen einsprachigen Wörterbücher der deutschen Gegenwartssprache hinsichtlich ihres Wortschatzes aufgrund verschiedener Akzentsetzung unterscheiden. Gemeinsam ist ihnen jedoch, dass sie neben der reinen Bedeutungserklärung eine Vielzahl an weiteren Informationen enthalten. Diese immense Material- und Informationsfülle ermöglicht es diesen Wörterbüchern Auskünfte zu geben, die sonst nur einer Reihe von Spezialwörterbüchern vorbehalten blieben. Nach Kühn und Püschel verfolgen allgemeine einsprachige Wörterbücher nur sehr allgemeine Zielsetzungen. Sie dienen nicht primär konkreten praktischen Benutzungsbedürfnissen. Ihr Zweck liegt vielmehr darin, den bestehenden Wortschatz verfügbar zu machen, ihn praktisch zu dokumentieren. Aufgrund dieses dokumentarischen Charakters bleiben sie im Hinblick auf ihre Benutzungssituation offen. Das breite Spektrum an Informationstypen und die große Fülle an Einzelinformationen, die teilweise auch jene von Spezialwörterbüchern einschließen, führen ihrer Meinung nach dennoch nicht zu einer direkten Konkurrenzsituation zu den Spezialwörterbüchern, zumindest nicht aus lexikographischer Sicht (durchaus aber aus kommerzieller Sicht). Allerdings führen sie möglicherweise zu einem qualitativen Sprung, so dass das allgemeine Wörterbuch mehr wird als nur die Summe seiner Teile. Kühn und Püschel vermuten nicht zuletzt hierin einen wichtigen Zweck von allgemeinen Wörterbüchern und sie erachten es unter Umständen als legitim, dass unter diesen Gesichtspunkten die unterschiedlichen Benutzerkreise und interessen zugunsten der Darstellung des Wortschatzes und seiner Erklärung vernachlässigt werden. Jedoch

erschweren die Informationsmassen den Zugriff auch, gerade bei mehrbändigen Ausgaben. Sie kommen daher zu der Ansicht, dass die Benutzerfreundlichkeit eines Wörterbuches Zusehens abnimmt, je vielfältiger und ausgedehnter die Informationen in ihm sind. Schließlich stellt sich damit die Frage, ob und inwiefern diese Mengen an Informationen dann noch von Vorteil für den Benutzer sind. Kühn und Püschel weisen also darauf hin, dass die umfassende Natur der allgemeinen Wörterbücher noch keine Aussage über Qualität und Quantität ihrer Benutzung gibt. Fernen, dass überhaupt nicht geklärt ist, wer denn der Benutzer überhaupt ist, zu welchen Zwecken er was nachschlägt und wie häufig. Sie zitieren daher Herbert Ernst Wiegand, der in diesem Zusammenhang den Wörterbuchbenutzer als bekannten Unbekannten bezeichnet. Wiegand fordert empirisch belegte Antworten auf die aufgeworfenen Fragen. Erst dann hätte man eine angemessene Basis für die zukünftige sinnvolle Wörterbuchschreibung. Kühn und Püschel haben diese Forderung Wiegands nun aufgegriffen und zur Bestimmung der Benutzungssituation von allgemeinen einsprachigen Wörterbüchern eine eigene empirische Untersuchung durchgeführt.

EMPIRISCHE ERHEBUNG: WÖRTERBUCHBENUTZUNG BEI DEUTSCHLEHRERN Das Ziel von Kühn und Püschel ist es, den Wörterbuchbenutzer als bekannten Unbekannten näher zu bestimmen. Dazu bedarf es einer eigentlich repräsentativen Erhebung die zu gesicherten Ergebnissen führt. Eine solche hat es zum Zeitpunkt ihres Aufsatzes noch nicht gegeben, und auch Kühn und Püschel führen nur eine kleine Erhebung durch, die, wie sie selbst sagen, weder repräsentativ ist noch zahlenmäßig gesicherte Ergebnisse liefert. Dennoch verweisen sie auf den Stimmungsbildcharakter, aus welchem sich Tendenzen ablesen lassen. Befragt wurden einige Deutschlehrer, da sie bei diesen am ehesten damit rechneten, dass sie allgemeine einsprachige Wörterbücher besitzen oder zumindest Zugang zu diesen haben. Sie wollten also nicht herausfinden, wer solche Wörterbücher benutzt, sondern was diejenigen, die solche besitzen, damit machen. Dazu entwickelten sie einen Fragebogen, der zusammengefasst folgende Fragen enthält: Besitz von allgemeinen einsprachigen Wörterbüchern? Wie oft werden diese allg. Wörterbücher benutzt? Bei welchen Gelegenheiten werden sie benutzt? Welche Informationen werden darin gesucht? Besitzt von Spezialwörterbüchern? Benutzung von Enzyklopädien? Während der Ausbildung in Benutzung von Wörterbüchern eingeführt? Werden Wörterbücher empfohlen? Kühn und Püschel machen in ihrem Aufsatz keine Angaben über die Zahl der befragten Deutschlehrer, über die Schularten oder die regionale Ausdehnung der Erhebung. Nach

einer kurzen Erklärung über die Zielsetzung und der Vorstellung des Fragebogens kommen sie gleich zur Auswertung ihrer Umfrage. So haben sie herausgefunden, dass etwas 2/3 der Befragten weder ein allgemeines einsprachiges Wörterbuch besaßen, noch Zugang zu einem solchen hatten. Davon abgesehen hatte diese Gruppe offenbar auch gar kein Interesse an der Benutzung solcher Wörterbücher. Die Befragten sahen weder die Notwendigkeit, noch hatten sie Bedarf an allgemeinen Wörterbüchern. Sie kamen mit anderen Wörterbüchern hin oder kannten schlichtweg keine allgemeinen Wörterbücher. Diese sehr pauschale Erkenntnis relativiert sich jedoch unter Berücksichtigung des Gebrauchs von Spezialwörterbüchern. Dominierend bei Besitz und Gebrauch war der Duden-Rechtschreibung. Wie Kühn und Püschel herausfanden, wurde der Duden-Rechtschreibung nicht nur im Sinne eines Spezialwörterbuches zur Rechtschreibung benutzt, sondern zum Beispiel auch zum Nachschlagen von Bedeutungen, grammatischen Besonderheiten und von Informationen über die Bedeutung von Fremdwörtern. Das kommt einer Erweiterung des Gebrauchsspektrums von einem Spezialwörterbuch zu einem allgemeinen Wörterbuch gleich. Als Erklärung führen sie an, dass der Duden-Verlag den Duden-Rechtschreibung mehr oder weniger als Universalwörterbuch angelegt und eine solche Wirkung beabsichtigt hat. Überhaupt antworteten die meisten Befragten auf die Frage, ob sie ein allgemeines einsprachiges Wörterbuch besitzen mit ja, gaben dann aber den Duden-Rechtschreibung als solches an. An zweiter Stelle, nach dem Duden-Rechtschreibung, folgt der Duden-Das Fremdwörterbuch. Es wird primär zur Feststellung von Worterklärungen verwendet. An dritter Stelle folgen dann diverse Fachwörterbücher, je nach dem, welche Fächerkombination der Befragte Lehrer unterrichtet. Diese wiederum dienen

hauptsächlich der Übertragung der Definition der fachsprachlichen Bedeutung in eine allgemeinsprachliche Form. Kühn und Püschel fanden heraus, dass diese Gruppe während ihrer Ausbildung nicht systematisch in den Gebrauch von Wörterbüchern eingeführt wurde. Es zeigte sich aber, dass diese Lehrer dennoch versuchten, ihre Schüler im Rahmen des Unterrichts in die Benutzung von Wörterbüchern zu unterweisen hauptsächlich aber wohl deshalb, weil es im Lehrplan stand. Das verbleibende Drittel der Befragten ließ sich wiederum in drei etwa gleichgroße Gruppen aufteilen: (1) Diese Gruppe besaß zwar allgemeine einsprachige Wörterbücher oder hatte zumindest Zugang zu solchen, diese wurden allerdings praktisch nie verwendet. Als Erklärung wurde häufig angeführt, dass der Duden-Rechtschreibung ausreichend sei, da er handlich sei und man alles darin finden könne. (2) Die zweite Gruppe benutzte allgemeine Wörterbücher eher selten und nur zu unterrichtlichen Zwecken. Vor allem Spezialwörterbücher wurden verwendet. (3) Die letzte Gruppe gab an, häufig bis regelmäßig in allgemeinen einsprachigen Wörterbüchern nachzuschlagen, und zwar sowohl zu privaten wie auch zu beruflichen Zwecken. Doch auch hier wurde der Duden-Rechtschreibung und der Duden-Das Fremdwörterbuch häufig verwendet. Allerdings zeigte sich, dass diese Gruppe Informationen weit seltener in Enzyklopädien suchte. Vermutlich werden die Enzyklopädien hier teilweise durch die allgemeinen Wörterbüchern ersetzt.

Die Mehrzahl dieser Befragten gab an, während des Studiums auf die Möglichkeiten der Wörterbuchnutzung hingewiesen worden zu sein, und seit dieser Zeit auch über ihre genannten Wörterbücher zu verfügen. Nach Auswertung der Ergebnisse stellen Kühn und Püschel nun fest, dass die Zielgruppe Lehrer offenbar kein ausgeprägtes Bedürfnis zum Nachschlagen in allgemeinen Wörterbüchern hat, sondern fast ausschließlich eine eingeschränkte Zahl an Spezialwörterbüchern benutzt. Zum Sturmgepäck des Lehrers wie sie es nennen gehört demnach der Rechtschreibduden, der Fremdwörterduden und ein Fachwörterbuch. Weitere Spezialwörterbücher waren den Lehrern größtenteils genauso unbekannt wie allgemeine Wörterbücher. Relativiert wird diese Erkenntnis unter Berücksichtigung der Bedürfnisse des Nachschlagens. So sucht der Lehrer in Wörterbüchern sehr spezielle Informationen, die er trotz seiner Sprachbeherrschung und/oder Ausbildung bisher nicht kannte. Der intensive Gebrauch der Duden sowie der Fachwörterbücher deutet darauf hin, dass besonders in diesen Spezialwörterbüchern Informationen ausgespart werden, die dem Benutzer bekannt oder für seine Zwecke unbrauchbar und überflüssig sind. So werden Fachwörterbuch und Fremdwörterbuch primär als eine Art Übersetzungswörterbuch gebraucht, während der Duden-Rechtschreibung beinahe schon als lexikographische Bibel gilt. Gründe dafür sind: Verbreitung und Bekanntheitsgrad. Weist Züge eines einbändigen allgemeinen Wörterbuches auf, mit der Besonderheit, dass keine von der Redaktion als bekannt vermuteten Informationen sondern nur Sprachproblemfälle enthalten sind.

Im Allgemeinen fehlen ausführliche Bedeutungsangaben. Diese finden sich nur dort, wo sie für das Verständnis des Wortes notwendig sind. Ausspracheangaben gibt es nur bei Fremdwörtern und bei einigen deutschen Wörtern, deren Aussprache von der sonst üblichen abweicht. Ausführlicher treten dafür Angaben zur Zeichensetzung, Rechtschreibung und Formenlehre auf, welche für die unterrichtliche Praxis wichtig sind. Der Duden-Rechtschreibung ist damit zwar kein vollständiges allgemeines Wörterbuch, der ausgewählte Wortschatz erscheint dennoch repräsentativ, zumindest für die Wörterbuchbenutzungssituation der Lehrer. Es besteht also nicht nur keine Notwendigkeit allgemeine Wörterbücher für die unterrichtliche Arbeit zu benutzen, vielen Lehrer sind solche Wörterbücher sogar weitgehend unbekannt. Letzteres ist nach Kühn und Püschel vermutlich sogar der Grund für die geringe Verbreitung von allgemeinen Wörterbüchern und deren eingeschränkten Gebrauchs. Schließlich gehen Kühn und Püschel davon aus, dass allgemeine einsprachige Wörterbücher hauptsächlich von zwei Gruppen verwendet werden: von an Sprache interessierten und von jenen, die mit diesem Wörterbuchtyp vertraut gemacht wurden. Sie nehmen an, dass ein Benutzerbedürfnis vielleicht vorhanden, dieses aber nicht bewusst ist. Somit muss das Bedürfnis zum Nachschlagen und Gebrauch allgemeiner Wörterbücher gestärkt oder gar erst geweckt werden. Problematisch ist das Ganze dahingehend, dass Lehrer, die weder mit allgemeinen Wörterbüchern umgehen, noch eine Vielzahl an Spezialwörterbüchern kennen, ihre Schüler natürlich auch kaum vernünftig in die Wörterbuchbenutzung einführen können. Ziel muss es sein, Schüler zu einer kontinuierlichen Wörterbuchbenutzung zu Hilfszwecken anzuleiten.