Gottesdienst am Sonntag, den 21.06.2015 in der Ev. Kirche Tägerwilen Thema: Unter dem Schirm Gottes (Psalm 91) Ich habe hier einen Schirm dabei! Vermutlich ist der Schirm eine der praktischsten Erfindungen, die es je gegeben hat. In unseren Breitengraden meistens gegen Regen und Schnee. In heissen Ländern gegen die Sonne und die Hitze. Der Regenschirm, wie ich ihn hier habe, kam erst im 17. Jahrhundert in Mode und richtig los ging es mit den Regenschirmen fürs Volk erst im 19. Jahrhundert. 1928 hatte ein Hans Haupt aus der damals noch deutschen Stadt Breslau eine geniale Idee und erfand den ersten faltbaren Schirm und nannte ihn Knirps. Natürlich ist im Psalm nicht an einen Regen- oder Sonnenschirm, wie wir ihn benutzen gedacht. Im Psalm ist der Schirm ein Symbol für den umfassenden Schutz und Segen Gottes! 1 Wer unter dem Schirm des höchsten Gottes lebt, darf ruhen bei ihm, der alle Macht hat. 2 Er sagt zum Herrn:»Du bist meine Zuflucht, bei dir bin ich sicher wie in einer Burg. Mein Gott, ich vertraue dir!«1. Der Schirm das Symbol des umfassenden Schutz Gottes
Das ist das, was wir Menschen uns wünschen, wenn wir an einen Gott glauben. Dass er bei uns ist, für uns ist, uns begleitet und schützt. Das ist auch sicher das, was sich jedes Elternpaar für ihre Kinder wünscht. Psalm 91 spricht ganz handfest von diesem Schutz Gottes. 3 Du kannst dich darauf verlassen: Der Herr wird dich retten vor den Fallen, die man dir stellt, vor Verrat und Verleumdung. 4 Er breitet seine Flügel über dich, ganz nahe bei ihm bist du geborgen. Wie Schild und Schutzwall deckt dich seine Treue. 5 Du musst keine Angst mehr haben vor Gefahren und Schrecken bei Nacht, auch nicht vor Überfällen bei Tag, 6 vor der Seuche, die im Dunkeln zuschlägt, oder dem Fieber, das am Mittag wütet. Ihr spürt, da geht es um einen umfassenden Schutz, psychisch, dass man nicht das Opfer von Verrat und Verleumdung wird. Aber auch ganz klar körperlich: Schutz vor Überfällen und schlimmer Krankheit. Glücklicherweise sind da Gefahren genannt, die es bei so nicht gibt, wie Seuchen oder Überfälle. Aber ich denke, ihr versteht, was gemeint ist. Gott als Beschützer meines Lebens! Gott als einer, der über mich wacht, mit dem ich handfest rechnen kann. Gar nichts kann dich bedrohen, nichts kann dir schaden. Das ist die Botschaft! Ist das nicht ziemlich unrealistisch? Ein frommer Wunsch? Interessanter Weise gibt es viele solcher Bibelstellen, in denen uns Gott seine Hilfe so konkret und lebensnah zuspricht. Wenn wir das ernst nehmen, will uns Gott offenbar genau das geben. 2. Wer unter dem Schirm Gottes lebt... Jetzt müssen wir uns den ersten Satz etwas näher anschauen. Da heisst es: Wer unter dem Schirm des
höchsten Gottes lebt, darf ruhen bei ihm, der alle Macht hat. Wörtlich heisst das im hebräischen sogar: Wer unter dem Schirm des höchstens Gottes wohnt... Es geht ausdrücklich darum, unter diesem Schutz Gottes zu bleiben zu wohnen. Das bedeutet, in der Beziehung zu Gott zu bleiben. Das ist die Voraussetzung von Gottes Segen! Wir leben das ja unbewusst oft anders! Wir wünschen uns den Segen und Schutz Gottes. Besonders bei wichtigen Übergängen im Leben, bei der kirchlichen Hochzeit, bei einer Taufe oder einer Beerdigung. Da möchten wir den Segen Gottes und den Beistand der Kirche. Ist das nicht die Aufgabe von Gott und seines Bodenpersonals. Dafür ist er doch Kirche da, oder? Die Bibel sagt durchgehend noch etwas anderes. Sie sagt, dass der lebendige Gott, - nicht deine oder meine Vorstellung von Gott -, dass der lebendige Gott eine Beziehung zu jedem von uns persönlich eingehen will. Was ist das Merkmal einer Beziehung? Dass da zwei miteinander in Kontakt, ins Gespräch kommen. Beziehung ist ein Austausch... So, wie ich es eben bei der Taufe gesagt habe. Gottes grosses JA zu uns, auf dass wir mit unserem JA antworten sollen. Darum geht es! Kirche ist keine Institution deren Aufgabe es ist, den Segen Gottes, wenn du ihn dann haben möchtest, zu verteilen. Das ist nicht der Hauptjob von Kirche! Jesus ist nicht durch Israel gelaufen und hat ausschliesslich gesegnet und den
Schutz versprochen. Jesus hat Menschen zur Nachfolge gerufen, d. h. in eine Beziehung zu sich! Das ist auch die wichtigste Aufgabe der Kirche. Menschen zur Nachfolge zu rufen! Zu einem Leben, das sich nach Gott ausstreckt und in dem die Beziehung zu Gott im Mittelpunkt steht. Das bedeutet, dass Gott in meinem Alltagsleben einen Platz bekommt, in den kleinen und grossen Dingen, die mein Leben ausmachen. Das bedeutet Nachfolge oder mit den Worten von Psalm 91 ausgedrückt: unter dem Schutz Gottes bleiben/wohnen. Versteht ihr, die Zusage Gottes ist eine Beziehungszusage! Wenn Du bei mir bleibst, wenn du mir nachfolgst, dann verspreche ich dir... Schwierig wird es, wenn wir das einseitig darauf reduzieren, dass Gott uns ja immer segnet, egal ob wir eine Beziehung zu ihm haben oder nicht. Stellt euch eine Ehe vor und da geht der eine Partner immer und immer wieder fremd und erwartet auch noch, dass der andere alles mitmacht und treu bleibt. Ich glaube, die meisten von uns sagen: Moment mal, da stimmt doch etwas nicht. Das kann doch nicht sein! Und wir hätten vollstes Verständnis, wenn der treue Partner sich scheiden lässt. Wenn das ein guter Freund von uns wäre, würden wir das vielleicht sogar raten: Mach das nicht mit! Das Seltsame ist: Wir behandeln Gott oft genauso. Und Gott? Wir erwarten, dass er segnet und schützt, auch wenn er völlig am Gesäss vorbei geht? Im Gegenteil, wir setzen Gott sogar noch auf die Anklagebank, wenn er nicht so schützt, wie wir es eben in Psalm 91 gelesen haben.
Ist das fair? Die Zusagen Gottes gelten uns, aber sie gelten uns, wenn wir in Beziehung zu ihm leben. Das sollten wir nicht vergessen. AMEN.