techem Viessmann Verband der Immobilienverwalter Hessen e.v. Fachtagung am 06.11.2013 Allendorf (Eder) BGH-Urteil Einbau von Rauchwarnmeldern nach Hessischer Bauordnung Ruth Breiholdt, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Mietund Wohnungseigentumsrecht, Hamburg S. 1
Rauchwarnmelder (RWM) Begriff: RWM sind technische Einrichtungen, die einen Alarm auslösen, wenn die Konzentration von Kohlenstoffmonoxid oder Kohlenstoffdioxid, wie sie bei Bränden entsteht, in einem Raum einen bestimmten Wert überschreitet. S. 2
Landesbaurecht Gesetzgebungszuständigkeit: Länder. 12 (in 2011: 9) von 16 Bundesländern: Gesetze zur Ausstattung von Wohnungen mit RWM. Regelungen in Landesbauordnungen RWM-Einbaupflicht nur für Neu- und Umbauten: - Saarland - Thüringen S. 3
Letzte gallische Dörfer ohne RWM-Pflicht Berlin Brandenburg Sachsen S. 4
Mehrheit für Neu-, Um- und Bestandsbauten Rheinland-Pfalz (Frist bis 31.07.2012) Schleswig-Holstein (Frist bis 31.12.2010) Hamburg (Frist bis 31.12.2010) Mecklenburg-Vorpommern (Frist bis 31.12.2009) Bremen (Frist bis 31.12.2015) Sachsen-Anhalt (Frist bis 31.12.2015) Niedersachen (Frist bis 31.12.2015) Bayern (Frist bis 31.12.2017) Baden-Württemberg Nordrhein-Westfalen (Frist 31.12.2016) und S. 5
natürlich Hessen: Bauordnung 13 Abs. 5 In Wohnungen müssen Schlafräume und Kinderzimmer sowie Flure, über die Rettungswege von Aufenthaltsräumen führen, jeweils mindestens einen Rauchwarnmelder haben. Die Rauchwarnmelder müssen so eingebaut oder angebracht und betrieben werden, dass Brandrauch frühzeitig erkannt und gemeldet wird. Die Eigentümerinnen und Eigentümer vorhandener Wohnungen sind verpflichtet, jede Wohnung bis zum 31.Dezember 2014 entsprechend auszustatten. S. 6
Die Sicherstellung der Betriebsbereitschaft obliegt den unmittelbaren Besitzerinnen und Besitzern, es sei denn, die Eigentümerinnen oder die Eigentümer haben diese Verpflichtung übernommen. S. 7
Umlagefähigkeit Wartungskosten auf Mieter DIN 14676: mindestens 1x jährlich Funktionsprüfung (Beschädigungen, Reinigung Raucheintrittsöffnungen, Probealarm, Batteriewechsel). Durch bestimmungsgem. Gebrauch des Gebäudes laufend entstehende Kosten ( 1 I 1 BetrKV). Problem: Kosten Batterieaustausch. Sonstige Kosten, 2 Nr. 17 BetrKV. (AG Lübeck ZMR 2008, 302) S. 8
Umlagevereinbarung bei 2 Nr. 17 BetrKV Umlegung sonstiger Betriebskosten nur wirksam vereinbart, wenn jeweilige Kostenart einzeln bezeichnet. (BGH ZMR 2007, 851) Oder umgekehrt: Wartungskosten RWM können nicht als sonstige BK umgelegt werden, wenn nicht ausdrücklich im Mietvertrag aufgeführt. (AG Potsdam, ZMR 2009, 458) S. 9
Umlage bei Altverträgen Entstehen BK infolge duldungspflichtiger Modernisierungsmaßnahme umlegbar, bei Pauschale, wenn Öffnungsklausel im Mietvertrag ausdrücklich die Umlage dieser Kosten für den Fall ihres Neuentstehens vorsieht, im Wege ergänzender Vertragsaulegung oder aus Treu und Glauben. BGH ZMR 2007, 851 S. 10
Umlage Kosten der Anmietung Streitig, ob als Betriebskosten umlegbar. - Bisher wohl überwiegende Auffassung: Wohl nur bei Nichtwohnraummietverhältnissen wirksam. - A. A. und jetzt LG Magdeburg, Urt. v. 27.09.2011 1 S 171/11: Kosten Anmietung von RWMn können als sonstige Betriebskosten auch Wohnraummieter formularvertraglich auferlegt werden. S. 11
Allgemeiner Betriebskostenbegriff, 556 I 2 BGB, 1 BetrKV: Anmietkosten RWM entstehen Eigentümer laufend durch bestimmungsgemäßen Gebrauch des Gebäudes. Gesetzgeber hat Umlage von Mietkosten in 3 Fällen (Kalt- und Warmwasserzähler, Geräte zur Wärmeerfassung) zugelassen. Umlegbarkeit Anmietkosten nicht grundsätzlich ausgeschlossen. S. 12
Regelungen BetrKV Mietkosten nicht abschließend. Betriebskosten unterliegen Veränderungen, dafür gibt es Auffangtatbestand 2 Nr. 17 BetrKV. Inkrafttreten BetrKV 01.01.2004: damals keine Veranlassung, (Folge-) Kosten Einbau RWM zu regeln. Fälle zugelassener Umlage der Mietkosten diesem vergleichbar: für alle Geräte Ausstattungspflicht. Mieter geschützt über Wirtschaftlichkeitsgebot. S. 13
WEG-Recht: Beschlusskompetenz der WEG? Der sachenrechtliche Ansatz: Gemeinschaftseigentum oder Sondereigentum? Bei Sondereigentum keine Beschlusskompetenz Beschluss nichtig. Zwingend Gemeinschaftseigentum sind alle Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, sowie Anlagen und Einrichtungen die dem gemeinschaftlichen Gebrauch aller Eigentümer dienen ( 5 II WEG). S. 14
A. A.: RWM = Sondereigentum RWM befinden sich innerhalb der Wohnungen (Sondereigentumseinheiten). RWM schützen nur Leib + Leben der jeweiligen Sondereigentümer. Zweck der RWM: Alarm wird (nur) ausgelöst, um Bewohnern Flucht zu ermöglichen. Eigentum soll nicht geschützt werden. AG Hamburg-Wandsbek, ZMR 2010, 809 u.a. S. 15
H. M.: RWM = zwingend Gemeinschaftseigentum Auch wenn vorrangiges Gesetzesziel Schutz von Leib und Leben, werden geschützt die in den Räumen befindlichen Personen, das Gebäude an sich, das darin befindliche Eigentum und die Nachbarschaft. AG Ahrensburg, ZMR 2009, 78; AG Rendsburg, ZMR 2009, 240; OLG Frankfurt/M., DWE 2009, 63 S. 16
Weder Noch (LG Hamburg, ZMR 2011, 387; Schneider, ZMR 2010, 822; Schultz, ZWE 2011, 21) Überhaupt nicht Gegenstand Wohnungseigentum = weder Gemeinschafts- noch Sondereigentum. Sondereigentum/Gemeinschaftseigentum nur an wesentlichen Bestandteilen. RWM sollen (nur Zubehör und) keine wesentlichen Bestandteile sein! Sonderrechtsfähig Alleineigentum. S. 17
und der BGH legt sich nicht fest Kein Eingriff in Sondereigentum, wenn Einbau infolge Mehrheitsbeschlusses aufgrund gesetzl. Pflicht. Diese RWM Sondereigentum. Wenn wesentl. Bestandteile zwingend Gemeinschaftseigentum. Schutz sämtlicher Bewohner + Besucher der Wohnanlage + Schutz Gemeinschaftseigentum durch schnelle Entdeckung (egal, ob Reflex). S. 18
Wenn Zubehör, Eigentum des Anschaffenden = WEG als Verband. Wenn RWM schon vorhanden, stünden sie als Zubehör im Alleineigentum des Wohnungseigentümers, hindern aber nicht Einbau der neuen RWM des Verbandes. BGH, Urt. v. 08.02.2013, V ZR 238/11 S. 19
Beschlusskompetenzen der WEG nach h. M.: Gemeinschaftseigentum Einbau RWM = bauliche Maßnahme, als Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung in Form der Instandhaltung oder -setzung ( 21 III, V Nr. 2 WEG),»privilegierte«bauliche Veränderung nach 22 II WEG oder»klassische«bauliche Veränderung nach 22 I WEG S. 20
Bei gesetzlicher Einbaupflicht Umsetzung der gesetzlichen Vorgabe stellt Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung dar. Sie kann nach 21 III WEG mit einfacher Stimmenmehrheit beschlossen werden. S. 21
Ohne gesetzliche Einbaupflicht Mietrechtlich: Einbau von RWM = Modernisierungsmaßnahme i. S. d. 555b Nr. 4 BGB.»Privilegierte«bauliche Veränderung nach 22 II WEG Beschluss mit doppelt qualifizierter Mehrheit (75 % aller stimmberechtigten Eigentümer - nach Köpfen - und gleichzeitig mehr als 50 % der Miteigentumsanteile). S. 22
Beschlusskompetenz, wenn Zubehör RWM Gemeinschafts- bzw. Sondereigentum Jedenfalls bei gesetzlicher Pflicht folgt Verwaltungszuständigkeit aus 10 VI 3 - Hs. 1 WEG: geborene Wahrnehmungskompetenz (LG Hamburg, ZMR 2011, 387). - Hs. 2 WEG: gekorene Wahrnehmungskompetenz (Schneider, ZWE 2011, 21). Folge: RWM sind dann Verwaltungsvermögen. S. 23
nach BGH, Urt. v. 08.02.2013, V ZR 238/11 Wenn Normadressat LBauO = WEG als Verband 10 VI 2 WEG, Gesamtheit der WE (Gemeinschaftseigentum) 10 VI 3 Hs. 1 WEG, einzelner WE (Alleineigentum) 10 VI 3 Hs. 1 WEG, nur Wohnungseigentum 10 VI 3 Hs. 2 WEG, Wohnungs- + Teileigentum. S. 24
und noch ein bißchen aktuelle WEG-Rspr. Fall: WE er einer ETW im DG W-Anlage, als einzige durch Wasserleitung in Dachabseite (=GemE) versorgt. Leitung von ETW aus durch Wandöffnung erreichbar. Nach TE: SE = u.a. Wasserleitungen vom Anschluss an gemeins. Steigleitung. Antrag der WE er, Reparatur der Leitung nach Frostschaden mehrhl. abgelehnt + Beschluss, S. 25
SE er für Erhalt. + Reparatur der Leitung selbst verantwortlich. Anfechtungsklage WE er mit Antrag festzustellen, dass Leitung = GemE. BGH, Urt. v. 26.10.2012, V ZR 57/12 S. 26
Lösung nach BGH: Klage erfolgreich GemE (+)! Klarstellung: Welche wesentl. Bestandteile = SE, allein nach Gesetz, TE hat nur indirekte Bedeut.! TE bestimmt, welche Räume Gegenstand SE die zu diesen Räumen gehörenden wesentl. Bestandteile kraft Gesetzes ebenfalls SE, 5 I WEG. TE kann auch wesentl. Bestandteile, die danach SE GemE, 5 III WEG. S. 27
Nicht umgekehrt, TE kann nicht wesentl. Bestandteile (per se) dem SE zuordnen. TE kann Grenze zw. GemE + SE nur zugunsten, nicht zu Ungunsten GemE verschieben. Wesentl. Bestandteile, die nicht kraft Gesetzes SE zwingend GemE (vgl. auch 1 V WEG). Leitung zwingend GemE. S. 28
Räumliches Argument: Teile einer einheitl. Versorgungseinricht. im GemE, nicht deshalb SE, weil sie nur eine Einheit versorgen. Nur, wenn sie sich in dem betreffenden SE befinden. Aber Schnittstelle bei Zuleitungen nicht unmittelbar ab Durchqueren der Wand zur Wohnung, sondern SE erst von 1. für Handhab. durch SE er vorgesehe-nen Absperrmöglichk. (Schieber, Regler o. ä.). S. 29
Bauliche Veränderung, Mod., mod. Instandsetz.? Fall: Aufgrund verschiedener Beschlüsse sollen die sanierungsbedürftigen Holzbalkonbrüstungen im Wege der mod. Instandsetzung durch solche aus Stahl und Glas ersetzt werden. WE er fechten diese Beschlüsse an. BGH, Urt. v. 14.12.2012, V ZR 224/11 S. 30
Lösung nach BGH: Klage evtl. erfolgreich! Wenn baul. Veränder. gem. 22 I WEG, Zustimmung aller erforderl., da nachteilig i.s.d. 22 I i.v.m. 14 Nr. 1 WEG Beschluss wäre rechtswidrig. Nachteil = jede nicht ganz unerhebl. Beeinträchtig.. Stets (+), wenn erhebl. optische Veränder. des gesamten Gebäudes (Minderh. muss sich Geschmack der Mehrh. nicht beugen.). S. 31
Wenn mod. Instandsetz. gem. 22 III i.v.m. 21 V WEG, könnte Beschluss rechtmäßig. Instandsetzungsbedarf: (+), und Neuer. = techn. bessere oder wirtschaftl. sinnvollere Lösung aus Sicht eines vernünftigen, wirtschaftl. denkenden + erprobten Neuerungen gegenüber aufgeschlossenen Hauseigentümers. S. 32
Kosten-Nutzen-Analyse: Wenn Mehraufwend en innerhalb angemessenen Zeitraums (10 J.) amortisiert mod. Instandsetz.. Wenn Mod. gem. 22 II WEG, könnte Beschluss rechtmäßig. Großzügiger Mod.begriff: sinnvolle Neuerung, die voraussichtl. geeignet, Gebrauchswert nachhaltig zu erhöhen. S. 33
Sinnvolle Neuerung: (-), wenn entstehende (Mehr-) Kosten außer Verhältnis zum erzielb. Vorteil. Auch optische Veränderung kann sinnvolle Neuer. und somit Gebrauchswerterhöhung sein. S. 34
DANKE! Sie waren klasse und werden das sicher auch bei der Abschlussdiskussion noch sein! S. 35