Bekommen wir genug Vitamin D im Winter? Fit durch den Winter Um seinen Bedarf an Vitamin D komplett über die Nahrung decken, müsste man täglich entweder vier Kilogramm Schweinefleisch, 20 Eier, zehn Liter Milch oder 400 Gramm fetten Fisch essen. Weil das praktisch unmöglich ist, decken wir unseren Vitamin-D-Bedarf vor allem über Sonneneinstrahlung auf der Haut. Aber reicht das in der dunklen Jahreszeit? Vitamin D vom Körper selbst gebildet Bei trübem Wetter bildet der Körper kaum Vitamin D Vitamin D ist ein ganz besonderes Vitamin: Es ist das einzige Vitamin, das nicht allein über die Nahrung zugeführt, sondern vom Körper selbst gebildet wird. Dazu braucht der Körper Sonne, genauer gesagt die UVB-Strahlen der Sonne direkt auf der Haut. Dann wird Vitamin D in der Haut gebildet bei intensiver Sonne in hohen Mengen. Doch im Winter ist das in unseren Breitengraden ein Problem: Die Sonne steht tief, so dass die Sonnenstrahlen in einem flachen Winkel einfallen und meist ihre Wirkung nicht entfalten können. Dazu kommt: Die meisten Menschen gehen nur noch selten raus ins Freie, oft nur, wenn es morgens noch und abends schon wieder dunkel ist. Dabei sind sie warm angezogen, nur im Gesicht bleibt die Haut frei. Die Folge: Im Winter kann der Körper kaum Vitamin D bilden im Dezember und Januar
ist es in unseren Breitengraden fast völlig unmöglich. In Nordeuropa kann die Vitamin-D-Bildung sogar für fünf lange Wintermonate ausfallen. Vitamin D in Lebensmitteln Fetter Fisch und Lebertran helfen 90 Prozent des Vitamins erhält der Körper normalerweise über die Sonneneinstrahlung. Doch die Zufuhr über Lebensmittel ergänzt diese und kann sie zumindest teilweise ersetzen. Das erkannte man erst im Jahr 1922, als die Substanz Vitamin D entdeckt wurde. Doch bereits im Jahr 1848 hatten Ärzte des Londoner Krankenhauses für Schwindsucht und Erkrankungen erste Hinweise darauf: Damals war Tuberkulose eine lebensgefährliche Krankheit, gegen die es keine Therapie gab. Die Tuberkulose-Kranken konnten nur gepflegt werden. Die Ärzte versuchten es dennoch: Der Hälfte ihrer Patienten gaben sie täglich einen Löffel Lebertran. Aus dieser Gruppe starb nur ein Fünftel an Tuberkulose, in der Gruppe ohne Lebertran war es ein Drittel. Lebertran ist ebenso wie fetter Fisch eines der wenigen Lebensmittel, in denen Vitamin D steckt. Um seinen Vitamin D-Bedarf zu decken müsste man allerdings täglich mindestens 400 Gramm fetten Fisch essen. Alternativ gingen auch vier Kilogramm Schweinefleisch, 16 bis 20 Eier, 20 Liter Vollmilch oder ein Kilogramm sonnengetrocknete Pilze. Vitamin D - das Mangelvitamin? Wie viel Vitamin D der Körper braucht, ist umstritten. Während manche Experten hohe Mengen für wichtig halten, sehen andere das kritisch. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat nun einen Wert veröffentlicht, mit dem die meisten Experten im In- und Ausland (etwa das Institute of Medicine der US-
amerikanischen National Academy of Sciences) einverstanden sind: Danach gilt ein Spiegel von mehr als 30 Nanogramm pro Milliliter Blut als optimal, 20 bis 29 Nanogramm pro Milliliter werden als ausreichend angesehen. Bei 10 bis 19 Nanogramm pro Milliliter spricht man von einer Insuffizienz, also einem leichten Mangel, bei unter zwei Nanogramm pro Milliliter von einer Defizienz, also einem schweren Mangel. Dagegen sind mehr als 150 Nanogramm pro Milliliter im Blut giftig und führen zu Nierensteinen und anderen Gesundheitsproblemen. Nach diesen Kriterien sind etwa 60 Prozent der deutschen Bevölkerung in den Wintermonaten nicht ausreichend mit Vitamin D versorgt. Das haben Untersuchungen des Robert- Koch-Instituts und des Max-Rubner-Instituts festgestellt. Jeder fünfte Mann und jede fünfte Frau haben sogar weniger als zehn Nanogramm pro Milliliter, also einen schweren Mangel. Demzufolge sollte jeder Mensch täglich 800 IE (Internationale Einheiten), das sind 20 μg, Vitamin D zuführen. Über die Ernährung nehmen Jugendliche und Erwachsene üblicherweise 2 bis 4 µg (= 80 bis 160 IE) Vitamin D pro Tag auf. Diese Menge reicht also bei Weitem nicht aus, um die empfohlenen 20 µg pro Tag zu erreichen. Vitamin D das Knochenvitamin Laut Medizinern drohen bei Vitamin D Mangel Knochenschäden Der Körper benötigt Vitamin D vor allem zum Aufbau der Knochen. Wer zu wenig Vitamin D im Blut hat, riskiert Knochenkrankheiten wie Osteoporose. Vor allem ältere Menschen können sich dann leicht die Knochen brechen, etwa die Hüfte das hat lange Krankenhausaufenthalte zur Folge und kann so sogar zum vorzeitige Tod führen. Vitamin-D-Mangel schwächt auch die Muskulatur, sodass dadurch die Sturzgefahr wächst. Kinder, die zu wenig Vitamin D aufnehmen, können Rachitis bekommen. Bei dieser Krankheit entkalken die Knochen, sodass sie sich verformen
und nicht mehr richtig wachsen können. Die Geriaterin Prof. Heike Bischoff-Ferrari am Zentrum Alter und Mobilität der Universität Zürich/Stadtspital Waid Zürich befasst sich seit langem mit Vitamin D und Vitamin-D-Mangelerscheinungen. Sie rät dazu, den Mangel mithilfe von Vitamin-D-Präparaten auszugleichen. "Um Krankheiten vorzubeugen, müssen über das ganze Jahr hinweg stabile Vitamin-D-Spiegel erreicht werden", sagt die Expertin. Bislang gibt es Empfehlungen zur Vitamin-D-Einnahme lediglich für Schwangere, Säuglinge und Kleinkinder, sowie für Senioren mit erhöhtem Osteoporose-Risiko. "Ein Vitamin-D-Mangel tritt aber auch in den mittleren Altersgruppen häufig auf", sagt Prof. Bischoff-Ferrari. Auch Kinder und Jugendliche wiesen häufig Defizite auf, die man durch Einnahme von Tabletten oder Tropfen leicht ausgleichen könne. Vitamin D Studien fehlen Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie sieht die künstliche Zufuhr von Vitamin D wesentlich kritischer. Weil bislang wissenschaftliche Studien über die Langzeitwirkung von künstlichen Vitamin-D-Gaben fehlen, gibt der Endokrinologe Dr. Thomas Eversmann aus München nur dann Vitamin D, wenn er nach einer Blutuntersuchung einen Mangel festgestellt hat. Und auch dann nur für kurze Zeit, etwa sechs bis acht Wochen, allerhöchstens vier Monate, bis der Spiegel im Blut wieder normal ist. Gesunden Menschen vorsorglich Vitamin D zu verabreichen, davon hält er gar nichts. Gesunde Menschen könne man schließlich raus in die Sonne schicken, wo sie in kürzester Zeit ohne Medikamente ihren Vitamin-Vorrat wieder aufgetankt haben. Auch die Züricher Professorin Bischoff-Ferrari weiß, dass Studien noch fehlen. Deshalb beginnt sie jetzt die von der EU finanzierte größte europäische Altersstudie "DO-HEALTH" um die Wirkung einer höheren Vitamin-D- Dosis zu untersuchen. Die Studie "DO-HEALTH" findet in sieben europäischen Städten an über 2.000 Menschen statt, die 70 Jahre oder älter sind, und ist über drei Jahre angelegt. Bischoff-Ferrari will jedoch nicht nur die Wirkung von Vitamin D auf die Knochenbruch- und Sturz-Prävention belegen. Sie will auch überprüfen, ob das Vitamin vor Bluthochdruck, Funktionsverlust, Abnahme der Gehirnleistung und Infekten schützen kann. Vitamin D besser in die Sonne
Im Winter hat der Körper nur eine kleine Chance Vitamin D zu bilden Doch wer im Sommer in die Sonne kann, sollte diese Möglichkeit nutzen. An einem sonnigen Sommertag reicht etwa eine Viertelstunde Sonnenbestrahlung auf Gesicht, Hände und Unterarme, um mehrere Tausend Einheiten Vitamin D zu produzieren. Bei einem Sonnenbad in der Badehose oder Bikini im Sommer kann die Haut eines jungen, hellhäutigen Erwachsenen innerhalb von 15 bis 30 Minuten vermutlich 10.000 bis 20.000 IE Vitamin D durch die Sonne bilden. Wer dunklere Haut hat, braucht längere Zeit in der Sonne so kann bei sehr dunkelhäutigen Menschen, die in Mitteleuropa leben, sogar im Sommer ein Vitamin-D-Mangel entstehen. Und auch ältere Menschen brauchen mehr Zeit in der Sonne, denn im Alter verliert die Haut allmählich die Fähigkeit zur Bildung des Vitamins. Doch für Kinder und die meisten Erwachsenen gilt: Einmal täglich, am besten mittags, für kurze Zeit ohne Sonnenschutz in die Sonne genügt vermutlich, um gut mit Vitamin D versorgt zu sein, und sogar einen Vorrat anzulegen. Denn der Körper speichert das Vitamin, wenn es im Sommer ausreichend gebildet wird, und kann davon im Winter zehren. Wichtig ist auch: Langes Sonnenbaden bringt nicht mehr und ist auch wegen des Hautkrebsrisikos nicht zu empfehlen. Und: Sonnenschutzmittel verhindern die Vitamin D-Produktion in der Haut. Quelle: SWR Fernsehen 2013