M&A aus China: Rahmenbedingungen sowie Chancen und Risiken für den deutschen Mittelstand. Bachelorarbeit. für die Prüfung zum.



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Transkript:

M&A aus China: Rahmenbedingungen sowie Chancen und Risiken für den deutschen Mittelstand Bachelorarbeit für die Prüfung zum Bachelor of Arts des Studiengangs Business Administration an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin von Sergej März 11.08.2014 Martikelnummer: 320670 1. Gutachter: Prof. Dr. Rainer Strachuletz 2. Gutachter: Prof. Dr. Hansjörg Herr

Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung... 1 1.1. Hintergrund... 1 1.2. Methodisches Vorgehen... 2 2. Entwicklung der chinesischen Auslandsinvestitionen... 3 2.1. 10. 5-Jahres-Plan 2001-2005... 4 2.2. 11. 5-Jahres-Plan 2006-2011... 4 2.3. 12. 5 Jahres-Plan 2011-2015... 5 2.4. Volumen der chinesischen Direktinvestitionen im Ausland... 6 3. Entwicklung chinesischer Direktinvestitionen in Deutschland... 9 3.1. Bestand chinesischer Direktinvestitionen in Deutschland... 10 3.2. Branchenfokus... 10 3.3. Fokus Mittelstand... 12 4. Rahmenbedingungen für chinesische Direktinvestitionen in Deutschland 14 4.1. Das rechtlich-politische Umfeld für chinesische Investoren in Deutschland... 14 4.1.1. Investitionsförderung in Deutschland... 15 4.1.2. Regulatorisches Umfeld für ADI in Deutschland... 17 4.2. Ökonomisches Umfeld in Deutschland... 20 4.3. Zwischenfazit... 21 5. Rechtliche Rahmenbedingungen für ADI in China... 22 5.1. Liberalisierung der Genehmigungsprozesse... 22 5.2. Liberalisierung des Devisenerwerbs... 23 5.3. Serviceangebote für die Investierenden Unternehmen... 24 6. Kulturelle Aspekte bei den deutsch-chinesischen Transaktionen... 24 6.1. Sprache und Kommunikation... 25 6.2. Hierarchie... 26 6.3. Deutsch-chinesische Transaktionsverhandlungen... 28 7. Chancen und Risiken für den deutschen Mittelstand... 30 7.1. Status Quo des deutschen Mittelstandes... 30 7.2. Probleme im Mittelstand... 32 7.3. Chancen für den deutschen Mittelstand... 33 7.3.1. Chinesische Investoren als verlässliche Finanzierungspartner... 33

7.3.2. Absatzchancen durch Zugang zum chinesischen Markt... 37 7.3.3. Chancen durch gemeinsame F&E und Technologietransfer... 38 7.4. Risiken für die Deutschen Unternehmen... 39 7.4.1. Risiken durch den Technologietransfer nach China... 40 7.4.2. Wertvernichtung durch unprofessionell geplante M&A... 42 8. Fazit... 42 Literaturverzeichnis... 47 Eidesstattliche Erklärung... 51

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis Abbildung 1: Jährliche chinesische Investitionen weltweit in Mrd....7 Abbildung 2: Bestand chinesischer Investoren weltweit in Mrd....7 Abbildung 3: Chinesische ADI-Bestände in Deutschland in Mrd...10 Abbildung 4: Chinesische ADI-Projekte in Deutschland nach Sektoren. 11 Tabelle 1: Investitionsfördergesellschaften der deutschen Bundesländer..16 Tabelle 2: Übernahmen chinesischer Investoren 2001-2013....35

1. Einleitung 1.1. Hintergrund Jahr für Jahr gibt es in Deutschland immer mehr Firmenübernahmen durch Unternehmen und Investoren aus China. Dieses Thema gewinnt auch auf politischer Ebene immer mehr an Aktualität. Sieht die deutsche Politik in dem steigenden Engagement chinesischer Investoren eine Chance für die deutsche Wirtschaft, so werden auf der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ebene eher Kritiker laut. Bei der Fülle an zahlreichen Negativerfahrungen lassen sich aber die negativen Aspekte des M&A aus China auch nur schwer abstreiten. So lautet der allgemeine Tenor der deutschen Medien, dass ein Ausverkauf Deutschlands und dessen Technologien stattfindet. In den Chefetagen vieler deutscher Unternehmen hat sich zudem ein nachhaltig negatives Bild von einem chinesischen Investor manifestiert, diese sollen nur an dem Know-how interessiert sein, welches sie zum Kopieren der Produkte einsetzen. Die positiven Erfahrungen gehen in der Berichterstattung meist unter. Die Erfahrung letzter Jahre zeigt aber zunehmend, dass die chinesischen Investoren aus ihren anfänglichen Fehlern gelernt haben, und sich langsam zu einem wichtigen Partner für viele Unternehmen in Deutschland entwickeln. Insbesondere für die kleinen und mittelständischen Unternehmen auf denen der Fokus der chinesischen M&A-Aktivitäten liegt ergeben sich viele Chancen. Denn während man in Deutschland ein Wirtschaftswachstum von kaum mehr als 1 % pro Jahr erreicht und die Unternehmen zunehmend mit saturierten Märkten und steigendem Wettbewerbsdruck zu kämpfen haben, wuchs Chinas Wirtschaft in den letzten 5 Jahren um durchschnittlich 8,5 % pro Jahr. 1 Kaum verwunderlich, dass die Volksrepublik China sich innerhalb weniger Jahre zu einem der größten Exportländer der Welt entwickelt hat. Für Unternehmen mit einem Zugang zum chinesischen Markt eröffnen sich große Absatzchancen und damit die Möglichkeit an dem chinesischen Wachstum zu partizipieren. Die Voraussetzungen dafür sind auf der chinesischen Seite durchaus vorhanden, denn zum einen begrüßt die Regierung das Engagement chinesischer Unternehmen im Ausland und fördert es auch durch gezielte Vergabe 1 Statista.de: China: Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 2004 bis 2014 (gegenüber dem Vorjahr), URL: http://ezproxy.hwr-berlin.de:2054/statistik/daten/studie/14560/umfrage/wachstum-desbruttoinlandsprodukts-in-china/, (01.05.2014) 1

zinsgünstiger Kredite und zum anderen sind die deutschen Mittelständler, die oft Weltmarktführer in ihren Nischensegmenten sind und damit als hidden champions gelten, begehrte übernahmeziele. Die Übernahme des Nähmaschinenherstellers Dürkopp Adler durch den chinesischen Konzern SGSB aus Schanghai verdeutlicht dies allemal. Das Traditionsunternehmen mit einer über 150-jährigen Geschichte geriet 2005 in finanzielle Schwierigkeiten. Als einziger Interessent übernahm SGSB das marode Unternehmen, und brachte es innerhalb weniger Jahre wieder an die Weltmarktspitze zurück. Es wurden über 1.200 Arbeitsplätze in Deutschland gerettet. 2 Damit stellt sich zwangsweise die Frage ob das negative Image der chinesischen Investoren verfälscht ist und die Chancen für die deutschen Mittelständler mittlerweile die negativen Aspekte überwiegen. Diese Bachelorarbeit widmet sich deshalb der Frage, welche Chancen und Risiken sich insbesondere für die kleinen und Mittelständischen Unternehmen in Deutschland durch ein steigendes Engagement chinesischer Geldgeber und Unternehmer in Deutschland ergeben. 1.2. Methodisches Vorgehen Um die Frage aus dem ersten Kapitel zu klären wird einleitend die Entwicklung der chinesischen Außenpolitik, die in den 5-Jahres-Plänen definiert ist analysiert, sowie die M&A-Aktivitäten von chinesischen Investoren untersucht. Der Fokus liegt dabei auf der Analyse der bisherigen Investitionsvolumina und den erreichten Investitionsbeständen. Außerdem wird untersucht welche Unternehmen zu den beliebtesten Übernahmezielen chinesischer Investoren gehören, deren Branche sowie Umsatzgrößenklasse. Im nächsten Abschnitt der Arbeit stehen dann die Rahmenbedingungen für Investoren aus China im Vordergrund, in erster Linie sollen die politischen Rahmenbedingungen in Deutschland und China, sowie die kulturellen Unterschiede der beiden Ländern insbesondere bei der Unternehmensführung erörtert, und deren Auswirkungen auf die Transaktionen analysiert werden. Abschließend sind auch die Risiken und Chancen, die sich aus dem steigenden 2 Vgl. Klöckner, Jürgen: Chinesische Investoren: Freunde in der Krise. http://www.zeit.de/2013/09/chinesen- Unternehmen-Duerkopp-Adler (04.05.2014) 2

Engagement chinesischer Investoren für die Unternehmen in Deutschland ergeben, ebenfalls Gegenstand dieser Arbeit. Diese werden anhand zahlreicher Beispiele aus der Praxis abgeleitet. Anschließend erfolgt im Fazit eine Wertung des Chancen- Risiko Verhältnisses. 2. Entwicklung der chinesischen Auslandsinvestitionen In dem immer noch sehr staatswirtschaftlich geprägten China ist die Internationalisierungsstrategie keine Erscheinung, die im privaten Wirtschaftssektor entstanden ist, vielmehr ist sie eine explizite polit-strategische Zielsetzung. 3 Am 24 Dezember 1997 formulierte der damalige Staatspräsident Jiang Zeming in einer Rede zum ersten Mal die beiden Strategien Drawing Capital in und Going Out. Jiang Zeming forderte wegen der gegenseitigen Einflüsse und Abhängigkeiten die gleichzeitige Umsetzung der beiden Strategien. Diese Strategien scheinen aus kapitalflusstechnischer Sicht völlig konträr zu sein, aus wirtschaftspolitischer Sicht sind diese aber Komplementär. Die ausländischen Direktinvestitionen sollen, auf der einen Seite die Entwicklung der Binnenwirtschaft vorantreiben und auf der anderen Seite soll die Politik des Zou Chu Qu (Schwärmt aus!) die Außenwirtschaft entwickeln und die chinesischen Unternehmen auch auf ausländischen Märkten wettbewerbsfähig machen. 4 Vielmehr sollten diese Reformen nicht als einzelnes ökonomisches Ziel verstanden werden, sondern als ein Teil einer umfassenden Reformpolitik, die eine Transformation der chinesischen Gesellschaft anstrebt. Kernpunkt dieses Reformpaketes war die Globalisierung der Wirtschaft, d.h. die Inanspruchnahme von internen und globalen Märkten und Ressourcen. In den drauffolgenden Jahren bereitete sich die Regierung auf die Einführung der Globalisierungsstrategie vor, um diese auf dem 16. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) politisch zu beschließen. Im Jahr 2000 wurde die Globalisierungsstrategie in dem 10. Fünfjahresplan (2001-2005) verankert. Damit bekam die Strategie des Ausschwärmens ihre konkrete Form und deren 3 Vgl. Dr. Reisach Ulrike: Internationalisierungsstrategien chinesischer Unternehmen, in: M&A in China, Praxisberichte und Perspektiven, hrsg. Lucks, Kai, Frankfurt am Main, 2006, S. 103 4 Vgl. Fuchs, Hans Joachim: Die China AG. Zielmärkte und Strategien chinesischer Markenunternehmen in Deutschland und Europa, 1. Auflage, München, 2007, S. 16-17 3

Umsetzung wird seit dem intensiv verfolgt. In den späteren Fünfjahresplänen wurde die Globalisierungsstrategie erweitert und präzisiert. 5 2.1. 10. 5-Jahres-Plan 2001-2005 Im dem 10 Fünfjahresplan wurde die Politik des Ausschwärmens offiziell verankert. Konkret war das Ziel des 10. Fünfjahresplans der Aufbau von Weltmarken, 500 mittlerer sowie 5.000 kleinerer staatlicher und privatfinanzierter multinationaler Unternehmen, die durch eine gezielte finanzielle Förderung zu Weltmarken entwickelt werden sollen. Die 150 führenden chinesischen Unternehmen wurden dabei als Test für die internationale Wettbewerbsfähigkeit Chinas gesehen. 6 2.2. 11. 5-Jahres-Plan 2006-2011 Im Rahmen des 11. Fünfjahresplans wurde beschlossen, die Umsetzung der Globalisierungsstrategie zu beschleunigen. Dazu äußerte sich auf der Investitionsmesse China international Fair for Investment and Trade die Vize- Premierministerin Wu Yi, dass China seine Initiative zur Teilhabe am internationalen Wettbewerb weiter intensivieren wird. Es sollen die Wettbewerbsvorteile von den 100 top Exportunternehmen Chinas mit einem Exportvolumen von über 1 Mrd. US-Dollar gezielt gefördert und mit verschiedenen Maßnahmen zu Investitionen im Ausland ermutigt werden. Darüber hinaus werden auch 1000 mittlere Unternehmen mit einem Exportvolumen von mehr als 100 Mio. US-Dollar pro Jahr gefördert. 7 Die Vereinfachung von Genehmigungsverfahren chinesischer Direktinvestitionen im Ausland, Unterstützung der Firmen bei der Finanzierung sowie beim internationalen Management und dem Währungsmanagement sind dabei die wichtigsten Instrumente der Förderung. So erweiterten die Bank of China, die China Development Bank und der Versicherungskonzern Sinosure ihre Leistungsprofile um 5 Vgl. Fuchs, Hans Joachim: Die China AG. Zielmärkte und Strategien chinesischer Markenunternehmen in Deutschland und Europa, 1. Auflage, München, 2007, S. 6 Dr. Reisach Ulrike: Internationalisierungsstrategien chinesischer Unternehmen, in: M&A in China, Praxisberichte und Perspektiven, hrsg. Lucks, Kai, Frankfurt am Main, 2006, S. 105 7 Vgl. Fuchs, Hans Joachim: Die China AG. Zielmärkte und Strategien chinesischer Markenunternehmen in Deutschland und Europa, 1. Auflage, München, 2007, S. 19 4

speziell an auslandorientierte Unternehmen zugeschnittenen Produkte aus dem Bereich der Finanzierung, des FOREX-Management und Versicherung. 8 Auch auf strategischer Ebene wurden mehrere Korrekturen vorgenommen. Die Wichtigsten Änderungen: Ausbau von Stärken chinesischer Großunternehmen, die über klare Wettbewerbsvorteile verfügen, und im Vergleich zum Ausland eine hohe Konkurrenzfähigkeit aufweisen. Konzentration der Förderung auf die produzierende Industrie. Der Dienstleistungssektor ist weiterhin nachrangig. Multidimensionales Wachstumsmodell: Förderung zahlreicher Branchen und die Entwicklung hochwertiger Produkte und Dienstleistungen. Verbesserte Finanzierung globalisierender Unternehmen. Erschließung weiterer Märkte in den Industrieländern. Intensivierung des Aufbaus eigener Marken im Ausland. Verbesserung der Qualität des Managements der chinesischen Unternehmen. Die Unternehmen, die bereits über Auslandserfahrung verfügen sollen zur Weitergabe ihres Wissens herangezogen werden. 9 2.3. 12. 5 Jahres-Plan 2011-2015 Am 16. März 2011 wurde vom Nationalen Volkskongress der Volksrepublik China das Konzept des 12. 5 Jahres-Plans vorgestellt, welcher einen Zeitraum von 2011 8 Vgl. Fuchs, Hans Joachim: Die China AG. Zielmärkte und Strategien chinesischer Markenunternehmen in Deutschland und Europa, 1. Auflage, München, 2007, S.20 9 Vgl. Fuchs, Hans Joachim: Die China AG. Zielmärkte und Strategien chinesischer Markenunternehmen in Deutschland und Europa, 1. Auflage, München, 2007, S.20-21 5

bis 2015 umfasst. 10 Eines der zentralen Punkte des 12. 5-Jahres-Plans ist die Entwicklung und die Förderung eines Umwelt- und Ökologiebewusstseins. Betont werden hierbei ein sparsamer und sorgsamer Einsatz von Ressourcen und Rohstoffen, sowie die effektive Nutzung von fossilen und erneuerbaren Energieträgern zur Reduzierung der C02-Emmisionen und Schutz der Ökosysteme Chinas. 11 Dazu wurden 7 strategische Zukunftsindustrien genannt, die die Entwicklung der chinesischen Wirtschat und Gesellschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit vorantreiben sollen. Als die Zukunftsindustrien werden genannt: Energieeinsparung und Umweltschutz, alternative Energieträger, Alternative Antriebstechnologien, neue Werkstoffe, High-End Fertigungsanlagen, Informationstechnologien der neuen Generation und Biotechnologie. 12 Neben dem produzierendem Gewerbe wird in dem 12. Fünfjahresplan auch ein Augenmerk auf den Dienstleistungssektor gelegt. Ziel ist eine Diversifikation der Beschäftigungsstruktur mit Schaffung neuer Arbeitsplätze und Ankurbelung der Binnenkonjunktur, und damit eine Abfederung weltwirtschaftlicher Konjunkturschwankungen. Zu den wichtigsten Dienstleistungsbranchen zählen hierbei: die Informationstechnologie, Finanzwirtschaft, Logistik, Umwelttechnologie und Tourismus. 13 Somit ist in kommenden Jahren mit einer verstärkten Konzentration chinesischer Investitionen auf diese Branchen zu rechnen. 2.4. Volumen der chinesischen Direktinvestitionen im Ausland Mit dem 10.Fünf-Jahres-Plan wurde im Jahr 2000 die Going Out -Politik zur offiziellen Wirtschaftsstrategie der Volksrepublik China erklärt. Seit dem weist das Wachstum sowie der Bestand der Investitionen aus China die bis 2000 in einem niedrigen Bereich stagnierten eine rasante Entwicklung auf. Belief sich der Zuwachs 10 Kubach, Tim: Chinas 12. Fünfjahrplan für 2011-2015: Prioritäten, Zielvorgaben, Projekte, Forschungsgruppe Politik und Wirtschaft Chinas Universität Trier, 2011, S. 2 11 Kubach, Tim: Chinas 12. Fünfjahrplan für 2011-2015: Prioritäten, Zielvorgaben, Projekte, Forschungsgruppe Politik und Wirtschaft Chinas Universität Trier, 2011, S. 6 12 Dr. Fuchs, Hans-Joachim, Liyuang Wang: Chinas neuer Fünfjahresplan 2011-2016, Chinabrand Consulting, 2011, S. 20 13 Kubach, Tim: Chinas 12. Fünfjahrplan für 2011-2015: Prioritäten, Zielvorgaben, Projekte, Forschungsgruppe Politik und Wirtschaft Chinas Universität Trier, 2011, S. 5 6

der Chinesischen Direktinvestitionen im Ausland im Jahr 2002 noch auf 2,6 Mrd., so nahmen die Investitionen im Jahr 2010 um 51,4 Mrd. zu (Abbildung 1). Abbildung 1: Jährliche chinesische Direktinvestitionen weltweit in Mrd. 60 50 40 40,1 39,5 51,4 30 20 10 0 16,1 18,2 10,4 2,6 2,3 4,1 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Quelle: Münich Innovation Group / TU München Der Bestand chinesischer Investitionen wuchs im gesamten Betrachtungszeitraum (2002-2010) von 28,5 Mrd. in 2002 auf rd. 237 Mrd. in 2010. Das Wachstum war dabei so schnell, dass sich die jährlichen Direktinvestitionen teilweise verdoppelten. So haben sich beispielweise die Investitionen im Jahr 2005 im Vergleich zum Vorjahr mit +155% mehr als verdoppelt. Abbildung 2: Bestand chinesischer Direktinvestitionen Weltweit in Mrd. 250 237,0 200 171,5 150 131,8 100 50 28,5 26,4 33,1 48,3 68,9 80,7 0 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Quelle: Münich Innovation Group / TU München 7

Im Krisenjahr 2008 haben viele chinesische Investoren die Chance genutzt sich günstig bei kriselnden Unternehmen einzukaufen. Die Investitionen wuchsen 2008 um rd. 121 % (Abbildung 2). 14 Auch 2012 hat sich das Wachstum fortgesetzt. Die Investitionen der State-owned Enterprises haben dabei immer noch einen überwiegenden Anteil an den gesamten ausländischen Investitionen, die Private-owned Enterprises (PoEs) gewinnen aber seit Jahren immer größere Anteile. Die Investitionen der PoEs haben sich im Jahr 2012 verdoppelt. Dieser Trend soll auch im Jahr 2013 anhalten und damit zum Wachstumsmotor der Chinesischen Auslandsinvestitionen werden. 15 Die chinesischen Investoren und Unternehmen sind mittlerweile, in welcher Form auch immer, überall auf der Welt präsent. Anfangs konzentrierten sich die chinesischen Unternehmen überwiegend auf die unmittelbaren Nachbarstaaten im asiatisch-pazifischen Raum. Gemäß den Studien des Development Research Center oft the State Council in Peking haben 97 % der chinesischen Investoren und Unternehmen, die bereits im Ausland aktiv sind und eine Beteiligung haben, den südostasiatischen Raum als Zielmarkt gewählt. 41 % sind in Japan und Südkorea engagiert und 21 % in Hongkong. 2011 flossen rund 60 % der chinesischen Investitionen in den asiatischen Markt dahinter folgen mit einem sehr großen Abstand Lateinamerika mit 16 % und Europa mit rd. 11 %. 16 Die asiatische Region bietet den chinesischen Unternehmen eine Reihe von Vorteilen. So können die Unternehmen nicht nur von billigen Arbeitskräften profitieren, sondern auch von einem stabilen Markt mit einer großen Nachfrage. Darüber hinaus lassen sich die Märkte, die eine geografische Nähe und somit kulturelle Ähnlichkeiten aufweisen, vertriebsseitig relativ gut bearbeiten. Die Regierung hat aber schnell erkannt, dass die einseitige Konzentration des Engagements auf den asiatischen Raum für die chinesischen Unternehmen nicht sehr Vorteilhaft ist. Die Unternehmen können zwar billig produzieren und viel verkaufen, ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit können die Unternehmen mit dieser Strategie aber kaum weiterentwickeln. Deshalb 14 Vgl. Munich Innovation Group, TU München: China Investiert: Patentportfolios und Investitionsstrategien chinesischer Firmen, April 2013, S. 14 15 Vgl. PWC, Otto, Jens-Peter: Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren: Die Prozesse der Übernahme, 2013, S. 13 16 Bertelsmann Stiftung, Jungbluth, Cora: Aufbruch nach Westen: Chinesische Direktinvestitionen in Deutschland, 2. Auflage, 2013, S. 33 8

hat in China schon vor Jahren ein Umdenken stattgefunden, und die Unternehmen wurden dazu animiert auch neue Regionen zu erschließen. 17 So nimmt das Engagement der Chinesen im asiatischen Raum immer mehr ab. Gab es 2011 noch 56 Übernahmen im asiatischen Raum, so hat sich die Dynamik der Erschließung des asiatischen Raumes deutlich abgeschwächt. 2012 gab es nur noch 25 Übernahmen, damit hat sich die Anzahl der Akquisitionen im Vergleich zu 2011 mehr als halbiert. Die Anzahl der Investitionen in den USA blieb mit 57 Übernahmen in 2012 stabil. Dagegen haben die Investitionen in Europa um 30 % zugenommen. Mit 57 Übernahmen hat Europa zum ersten Mal in der Geschichte mit den USA gleichgezogen. 18 Dabei gilt Deutschland in den letzten Jahren vermehrt als Ziel Nummer eins für die chinesischen Investoren im Europäischen Raum. Im nächsten Kapitel wird deshalb ein genauer Blick auf die Entwicklung der chinesischen Direktinvestitionen in Deutschland geworfen. 3. Entwicklung chinesischer Direktinvestitionen in Deutschland Innerhalb Europas stellt Deutschland ein ausgesprochen attraktives Zielland für Investitionen dar. Deutschen Technologien und Marken wird in China hohe Reputation zugeschrieben. Ebenso schätzen die Investoren das Label Made in Germany sehr. Darüber hinaus verfügt Deutschland über exzellente personelle Ressourcen, die eine Forschung und Entwicklung auf höchstem Niveau ermöglichen. Der in den letzten Jahren durch zahlreiche Reformen flexibilisierte Arbeitsmarkt trägt auch zur Attraktivität Deutschlands als Standort bei. Der Deutsche Binnenmarkt gilt in Europa als der mit den kaufkräftigsten Verbraucherstrukturen. Durch Übernahmen bekommen die investierenden Unternehmen einen Zugang zu diesem Markt, auf welchem sich große Absatzchancen eröffnen. 19 17 Vgl. Fuchs, Hans Joachim: Die China AG. Zielmärkte und Strategien chinesischer Markenunternehmen in Deutschland und Europa, 1. Auflage, 2007, S. 37-38 18 Vgl. PWC, Otto, Jens-Peter: Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren: Die Prozesse der Übernahme, 2013, S. 13 19 Vgl. Bertelsmann Stiftung, Jungbluth, Cora: Aufbruch nach Westen: Chinesische Direktinvestitionen in Deutschland, 2. Auflage, 2013, S. 37 9

3.1. Bestand chinesischer Direktinvestitionen in Deutschland Zwar weichen die Zahlen des Ministry of Commerce (MOFCOM) von den der Bundesbank zu dem Volumen der chinesischen Investitionen in Deutschland teilweise stark ab, beide Institutionen bescheinigen aber einen eindeutigen Trend. MOFCOM bezifferte den Bestand der chinesischen Direktinvestitionen in Deutschland im Jahr 2005 auf 216 Millionen US-Dollar. Innerhalb von nur 6 Jahren sind die Bestände der Investitionen auf ein deutlich höheres Niveau gestiegen. Gemäß MOFCOM haben die chinesischen Unternehmen 2011 bereits rd. 1,7 Mrd. US-Dollar an Investitionen in Deutschland aufgebaut. Die Bundesbank geht in 2005 von einem etwas höherem Niveau aus in Höhe von 235 Mio. US-Dollar, in 2011 beziffert die Institution aber einen deutlich niedrigeren Bestand der Investitionen in Deutschland als MOFCON in Höhe von ca. 1,1 Mrd. US-Dollar (Abbildung 3). Abbildung 3: Chinesische ADI-Bestände in Deutschalnd in Mio. USD 2.000 1.725 1.500 1.000 1.093 500 0 235 216 2005 2011 Bundesbank MOFCOM Quelle: Bertelsmann Stiftung 3.2. Branchenfokus Überwiegend haben die Investoren aus China als Übernahmeziele Unternehmen aus der Automobilbranche, Industriemaschinen- und Anlagen, Elektronik und Halbleiter, sowie IT und Software gewählt. Mit rd. 30 % sind etwas weniger als ein Drittel der Investitionen in Deutschland in die Automobil- und Maschinenbaubranche geflossen. 16 % machten die Investitionen in die Elektronik- und Halbleiterbranche aus, gefolgt von IT und Software mit 13 %. Die Verteilung der Investitionen über die 10

verschiedenen Branchen macht noch mal deutlich, dass Deutschland bei den chinesischen Investoren vor allem für ihre hochtechnologisierte und innovationsstarke Unternehmen beliebt ist. Wenig überraschend ist damit die Tatsache, dass die restlichen Branchen, die überwiegend in den Dienstleistungssektor einzuordnen sind, allesamt einen Anteil an den Investitionen von unter 10 % aufweisen. 20 Schließlich ist auch in den 5-Jahres-Plänen festgehalten, dass der Dienstleistungssektor zunächst nachrangig ist (Abbildung 4). Abbildung 4: Chinesische ADI-Projekte in Deutschalnd nach Sektoren Chemikalien, Plastik, Papier 3% Unternehmensn ahe und Finanzdienstleis tungen 5% Energie, Mineralien und Metalle 6% Textilien 5% Tansportwesen, Lagerung und Logistik 2% Erneuerbaren Energien 2% Hotel, Tourismus und Unterhaltung 1% Sostige 3% Automobilbranc he, Industriemaschi nen und Anlagen 30% Gesundheitswe sen, Pharmaindustri e und Biotechnologie 6% Quelle: Bertelsmann Stiftung Konsumgüter ( Inkl. Lebensmittel und Getränke) ICT und Software 13% Elektronik und Halbleiter 16% Auch wenn der relative Anteil an den Gesamtinvestitionen der erneuerbaren Energien 2009 gerade mal bei 2 % liegt, ist das Engagement der chinesischen Investoren in diesem Bereich dennoch erwähnenswert. Die Reformierung der Ressourcenintensiven und wenig nachhaltigen chinesischen Wirtschaft zu einer Green Economy ist seit dem 12. 5-Jahres-Plan strategisch vorgegeben. Der zunehmende Einsatz nicht-fossiler Energieträger erfordert dabei ein umfangreiches ausländisches Know-how. Dieses Know-how wird in Deutschland seit dem beschließen der Energiewende und der damit verbundenen Subventionen für diesen Bereich verstärkt aufgebaut. Da die Nachfrage nach erneuerbaren Energien in China, insbesondere nach Photovoltaikanlagen, schon lange das Angebot übersteigt, 20 Vgl. Bertelsmann Stiftung, Jungbluth, Cora: Aufbruch nach Westen: Chinesische Direktinvestitionen in Deutschland, 2. Auflage, 2013, S. 46 11

sind die Unternehmen gezwungen ihre Kapazitäten aufzubauen. Die Expansion wird dabei vermehrt auch durch M&A-Aktivitäten in Deutschland und Europa vorangetrieben. Die Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing German Trade and Invest rechnet deshalb in den kommenden Jahren mit einem rasanten Anstieg des Engagements chinesischer Firmen im Bereich der erneuerbaren Energien in Deutschland. 21 Sektorenübergreifend sollen die jährlichen chinesischen Direktinvestitionen bis 2020 auf ca. 2,5 Mrd. p.a. ansteigen. 22 3.3. Fokus Mittelstand Das Interesse chinesischer Investoren richtet sich in Deutschland in erster Linie an die kleinen und mittelständischen Unternehmen mit einem Umsatz von 1 bis 50 Mio.. In diesem Segment suchen die Investoren vor allem Unternehmen, die in ihrem Bereich deutschland- oder weltweit Marktführer sind, jedoch bei den personellen, organisatorischen und finanziellen Ressourcen Defizite aufweisen. So die Frage der Finanzierung, die bei zahlreichen deutschen Mittelständlern zunehmend im Vordergrund steht. Die Wirtschaftskrise der vergangenen Jahre hat die Finanzierungsgewohnheiten vieler Unternehmen in Frage gestellt. Die meist familiengeführten Unternehmen haben oft einen eingeschränkten Zugang zum Wachstumskapital und die Innenfinanzierung ist im großen Maße von wirtschaftlichen Bedingungen abhängig. Hinzu kommt, dass die Mittelständler traditionell hohe Eigenkapitalquoten aufweisen, und sich ungerne Verschulden um das Wachstum zu finanzieren Die Banken ihrerseits, sind in den letzten Jahren zunehmend restriktiver mit Unternehmensfinanzierungen umgegangen. Darüber hinaus ist der Markt für Unternehmensanleihen in Deutschland eher schwach ausgeprägt. Insbesondere die kleinen und mittelständischen Betriebe sind deshalb auf der Suche nach alternativen Finanzierungsmöglichkeiten. Die Bereitschaft zu einer Finanzierung durch den Einstieg eines strategischen Investors hat in den letzten Jahren deshalb deutlich zugenommen. 23 Die chinesischen Investoren können 21 Vgl. Bertelsmann Stiftung, Jungbluth, Cora: Aufbruch nach Westen: Chinesische Direktinvestitionen in Deutschland, 2. Auflage, 2013, S. 46 22 Vgl. Bertelsmann Stiftung, Jungbluth, Cora: Aufbruch nach Westen: Chinesische Direktinvestitionen in Deutschland, 2. Auflage, 2013, S. 46 23 Vgl. Ergo Kommunikation: Chinesische Investitionen in Deutschland, 2012, S. 1 12

mit einer Investition in den deutschen Mittelstand vielerlei Chancen ausnutzen, zum einen können die Investoren von einer fortschrittlichen Technologie, hohen Forschungsdrang, Produkten mit hoher Qualität und einem zuverlässigem Management profitieren und zum anderen gibt es in Deutschland einen großen M&A- Markt. 24 Aufgrund des demografischen Wandels und dem damit einhergehenden steigenden Anteil der älteren Personen an der Gesamtbevölkerung, stehen viele mittelständische Unternehmen in Deutschland vor einem ungelösten Nachfolgeproblem. Nach Schätzungen des Instituts für Mittelstandsforschung stehen bis 2018 jährlich 27.000 Unternehmen vor einem Nachfolgeproblem. Davon sind jährlich 400.000 Arbeitnehmer betroffen, von denen die Mehrheit aus Nordrhein- Westfalen kommt, wo auch die meisten Mittelständler angesiedelt sind. 25 In den 2000er Jahren haben vor allem die Übernahmen von Schiess einem Werkzeugmaschinenhersteller, Schneider Elektronik einem Elektronikhersteller Dürkopp Adler einem Nähmaschinenhersteller, sowie von vielen weiteren Maschinenbauern für Aufsehen gesorgt. In den 2010er Jahren haben sich die chinesischen Investoren vermehrt bei den Automobilzulieferern wie z.b. Saargummi sowie die Sellner Gruppe eingekauft. Darüber hinaus fand im Jahr 2011 eines der größten Übernahmen eines deutschen Mittelständlers durch einen chinesischen Konzern. 2011 hat Lenovo, damals der viertgrößte Computerhersteller weltweit, die Medion AG mit Sitz in Essen für rd. 629 Mio. übernommen. 26 Außerdem sind auch die Übernahmen der beiden Betonpumpenhersteller Schwing und Putzmeister aus dem Jahr 2012 erwähnenswert. Auch spiegeln sich mit der Übernahme der Solarmodulhersteller Q-Cells und Sunways in den letzten zwei Jahren, die Vorgaben des letzten 5-Jahres Plans, in dem die alternativen Energieträger als Technologie der Zukunft definiert werden, wider. 27 24 Vgl Reisach, Ulrike, Tauber, Tjeresia, Yuan, Xueli: China-Wirtschaftspartner zwischen Wunsch und Wirklichkeit, 4. Auflage, 2007, S. 87 25 Institut für Mittelstandsforschung, Kay, Rosemarie, Suprinovic, Olga: Unternehmensnachfolgen in Deutschland 2014 bis 2018, Daten und Fakten 11, 2014, S. 18 26 Vgl. Bird&Bird. Bird & Bird berät Lenovo bei Medion Übernahme. http://www.twobirds.com/de/news/pressreleases/2011/2011-06-03-lenovo-transaction (25.06.2014) 27 Vgl. Bertelsmann Stiftung, Jungbluth, Cora: Aufbruch nach Westen: Chinesische Direktinvestitionen in Deutschland, 2. Auflage, 2013, S. 13 13

4. Rahmenbedingungen für chinesische Direktinvestitionen in Deutschland Das Investitionsumfeld eines Landes ist ausschlaggebend für die Aktivität ausländischer Investoren im eigenen Land. Die bestimmenden Faktoren sind dabei die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen für Investitionen in dem Zielland sowie die kulturellen Unterschiede, die oft unterschätzt werden. Insbesondere Transaktionen zwischen China und Deutschland, Ländern, dessen Kulturen und die Mentalitäten der Menschen unterschiedlicher nicht sein könnten, erfordern eine hohe Sensibilisierung für diese Unterschiede sowie einen entsprechenden Umgang mit dem Verhandlungspartner. Die Unterschätzung oder gar die Nichtbeachtung der kulturellen Besonderheiten führte in der Vergangenheit oft zum Scheitern der Verhandlungen. In den nächsten Kapiteln stehen deshalb das politische und rechtliche Umfeld für Investitionen auf der deutschen sowie der chinesischen Seite und die kulturellen Hürden und die Auswirkung dieser Faktoren auf die Transaktionen im Zentrum der Analyse. 4.1. Das rechtlich-politische Umfeld für chinesische Investoren in Deutschland Grundsätzlich ist Deutschland eine sehr offene Volkswirtschaft, die ausländische Investitionen ausdrücklich begrüßt. Dabei stellt auch China keine Ausnahme dar, im Gegenteil, Investitionen aus China sind erwünscht und bei den Treffen der Bundesregierung und den Vertretern der chinesischen Führung, an denen regelmäßig zahlreiche Minister und Vertreter aus der Wirtschaft teilnehmen wird aktiv um die rieseigen Währungsreserven, die bisher überwiegend in US-Staatsanleihen angelegt sind geworben. Wie auch 2012 bei den 2. Regierungskonsultationen zwischen China und Deutschland bei denen die Wichtigkeit chinesischer Investitionen in Deutschland noch mal betont wurde. 28 28 Vgl. Sydow, Christoph: Peking-Besuch der Kanzlerin: Merkels heikle China-Mission. http://www.spiegel.de/politik/ausland/merkel-reist-nach-china-und-wirbt-in-euro-krise-um-hilfe-a- 852621.html, (27.06.2014) 14

4.1.1. Investitionsförderung in Deutschland Von einer diskriminierenden Haltung gegenüber dem chinesischen Engagement in Deutschland kann keine Rede sein, vielmehr wird durch zahlreiche Förderprogramme eine möglichst investitionsfreundliche Umgebung geschaffen. So erhalten ausländische Investoren in Deutschland Unterstützung von Germany Trade & Invest (GTAI). Die GTAI ging aus der Bundesstelle für Außenhandelsinformation und dem Industrial Investment Council, und der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland für Außenwirtschaft und Standortmarketing hervor. Die Gesellschaft unterstützt die ausländischen Unternehmen bei ihrer Auslandsexpansion, dabei reicht das Dienstleistungsspektrum von der Vorbereitung des Markteintritts bis hin zur Existenzgründung in Deutschland. Das oberste Prinzip ist das Prinzip der Gleichbehandlung. Unabhängig von der Investitionsgröße, Branche und Herkunftsland erfährt jedes Unternehmen die gleiche Behandlung. Daher können die ausländischen Investoren bzw. deren Unternehmen von den gleichen Förderprogrammen profitieren wie deutsche. Die Mittel für die Investitionsprogramme werden vom Bund, Ländern und der Europäischen Union bereitgestellt. Gefördert werden vor allem neue Produktionsstandorte und Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) stellt zinsgünstige Kredite zur Verfügung. Darüber hinaus können alle potenziellen Investoren von Investitionszulagen, Steuererleichterungen, und anteiligen Erstattung von Investitionskosten profitieren. Insbesondere die Förderung von Investitionen in Ostdeutschland ist auf Seiten der chinesischen Investoren auf ein großes Interesse gestoßen. Die Möglichkeit wurde von den chinesischen Investoren in vergangenen Jahren immer wieder genutzt. Ein gutes Beispiel dafür ist der Bau eines Werks in Halle durch das chinesische Unternehmen Greatview Aseptic Packaging. Das Investitionsvolumen beläuft sich dabei auf über 50 Mio.. Bis 2013 sollen an dem Standort 110 neue Arbeitsplätze entstehen. Neben der finanziellen Förderung des Projekts lobte das Management auch die professionelle Betreuung und Unterstützung durch das Land Sachsen-Anhalt. 29 29 Vgl. Bertelsmann Stiftung, Jungbluth, Cora: Aufbruch nach Westen: Chinesische Direktinvestitionen in Deutschland, 2. Auflage, 2013, S. 49-50 15

Aber nicht nur das Land Sachsen-Anhalt verfügt über spezielle Investitionsförderprogramme. Alle 16 Bundesländer verfügen über Investitionsfördergesellschaften dessen Aufgabe es ist die Investoren bei ihren Vorhaben zu unterstützen. In den letzten 10 bis 15 Jahren sind die chinesischen Investoren zu einer zunehmend sichtbaren Kundengruppe avanciert. Deshalb stellen mittlerweile nahezu alle Gesellschaften auf diese Zielgruppe spezialisierte Betreuungsangebote zur Verfügung. Tabelle 1: Investitionsfördergesellschaften der deutschen Bundesländer Bundesland Investitionsförderungsgesellschaft Baden- Würtemberg Bayern Berlin Baden-Würtemberg International Invest in Bavaria Berlin Partner Standort China Chinesischsprachiges Material Service für chinesische Investoren Nanjing Imagebroschüren Marktüberblick über Regionen und Branchen, Behördengänge Qingdao Guangdong ja Branchen- Regionalüberblick, Standortvergleiche, Bürosuche, Visafragen k.a. ja finanzielle Fördermöglichkeiten, Behördengänge Brandenburg Zukunftsagentur Brandenburg GmbH Nein (Nur Delegations-reisen und Kontaktpflege ja chinesischsprachige Mitarbeiter Bremen Wirtschaftsförderung Bremen GmbH Shanghai ja Grundlegender Service wie für andere Länder auch Hamburg Hessen Mecklenburg- Vorpommern Hamburgische Gesellschaft für Wirtschaftsförderung MBH Invest in Hessen Invest in Mecklenburg- Vorpommern Shanghai, Hongkong kein eigenes Büro, aber zwei Büros der Frankfurt Rhein Main GmbH: Shanghai Beinjing Informationen rund um den Standort Hamburg ja Unterstützung bei Gründung von Niederlassungen, Identifikation potenzieller Geschäftspartner "Service aus einer Hand" Nein ja Vorstellung des Landes auf Messen Niedersachsen Innovatives Niedersachsen Shanghai ja Wirtschaftsraumüberblick, Behördengänge, Gruppensupport Nordrhein- Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland Sachsen NRW Invest Investment and Economic Bank of Rheinland-Pfalz gw Saar Invest in Saxony Beijing, Nanjing, Shanghai Infobroschüren und Homepage Akquise und Besichtigung, Unterstützung bei Gründung von Niederlassungen Nein Infobroschüren Behördengänge, Beantragung einer Arbeitserlaubnis Nein ja (wenn gewünscht anfragespezifische Ergänzung) Grundlegender Service wie für andere Länder auch Nein ja Grundlegender Service wie für andere Länder auch Sachsen-Anhalt Invest in Saxony Anhalt Jiangyin Vor Ort in China erhältlich Grundlegender Service wie für andere Länder auch Schleswig- Holstein Thüringen Wirtschaftsförderung und Hangzhou Technologietransfer Schleswig- Holstein GmbH Landesentwiclungsgesellschaft Thüringen Infobroschüren und Homepage One-Stop-Agentur (Standortsuche, Finanzierung, Vermittlung) Xi'an ja Grundlegender Service wie für andere Länder auch, chinesischsprachige Mitarbeiter Quelle: Bertelsmann Stiftung 16