Halvers Kapitalmarkt Monitor - Ausgabe vom 24.07.2015 - KW 30



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Transkript:

Seite 1 von 16 24. Juli 2015 ROBERT HALVER IN DEN MEDIEN Der wöchentliche Kapitalmarkt-Ausblick von Robert Halver - jetzt als Video-Kolumne auf maxblue.de. Einen weiteren aktuellen Marktkommentar mit dem Titel "Was kommt nun nach dem griechischen Sommer für die Börsen? - Sommerpause? - Zinsherbst?" können Sie auf der Website von Börsen Radio Network abrufen. DER MARKT UNTER DER LUPE Im Gegensatz zu Geld ist Gold ein knappes Gut Gold bekommt zwar keine Jungen, Nachwuchssorgen haben aber auch Zinsanlagen US-Notenbank als Brunnenvergifter für Gold? Goldhändler lügen nicht Wer oder was drückt den Goldpreis? Bei Gold zählt vor allem der langfristige Besitz, nicht die kurzfristige Rendite Mario Draghi macht unsere Währung runter und stützt den Euro-Goldpreis Gold in welcher Form? Corporate America mit Reibungsverlusten Aktuelle Markteinschätzung: Europa gewinnt gegenüber Amerika an relativer Stärke GRAFIK DER WOCHE Anlegerstimmung: Wieder mehr Risikofreude Charttechnik DAX und Euro Stoxx 50: Eine Verschnaufpause ist möglich Und was passiert in der KW 31? HALVERS WOCHE VOLKSWIRTSCHAFTLICHE PROGNOSEN AUF EINEN BLICK KAPITALMARKT AUF EINEN BLICK WEITERE NEWSLETTER DER BAADER BANK DER MARKT UNTER DER LUPE Gold - Trotz viel Substanz und vieler Krisen glanzlos, glanzloser, am glanzlosesten? Krise ist der beste Freund von Gold. Und an Krisen und damit Gründen für steigende Goldpreise mangelt es nicht. Geopolitisch ist die weitere Entwicklung im Ukraine-Russland- Konflikt und in puncto IS-Terror kaum abzuschätzen. Und das griechische Schuldendrama ist nur aufgeschoben, nicht aufgehoben. Die Akte Griechenland kommt spätestens in drei Jahren zur Wiedervorlage, wenn nicht sogar schon früher. Nicht zuletzt ist die überbordende Staatsverschuldung der G7-Länder kein Ruhmesblatt, sondern ein stabilitätspolitischer Schandfleck. Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse, Baader Bank

Seite 2 von 16 Im Gegensatz zu Geld ist Gold ein knappes Gut Gegen das Weltmeer Geld ist Gold ein Froschtümpel Für Gold spricht grundsätzlich, dass es im Gegensatz zu Geld nicht beliebig vermehrbar ist. Die drei größten Notenbanken der Welt - Fed, EZB, Bank of Japan - betreiben die wundersame Geldvermehrung, um über künstlich gedrückte Staatsanleiherenditen Schuldenkrisen zu bekämpfen und Währungen zum Wohle der Exportwirtschaft abzuwerten. Bei diesen Fantastischen Drei wird es nicht bleiben. Auch andere Notenbanken wie die in China schwenken auf den Pfad des Quantitative Easing ein. Mit geldpolitischer Planwirtschaft will Peking die Anlageblasen vor dem Platzen bewahren und so die Marktwirtschaft retten. Gegen Geld ist Gold ein knappes, tatsächlich real existierendes, nicht nur virtuelles Gut. Mittlerweile sind Zinsanlagen genauso unfruchtbar wie Edelmetalle Gold bekommt zwar keine Jungen, Nachwuchssorgen haben aber auch Zinsanlagen Gold ist für viele Anleger nicht attraktiv, weil es keine laufende Rendite abwirft. Ja, man kann zwei Goldmünzen in einem gemütlichen Zimmer nebeneinander legen, das Licht schummrig dimmen und Musik der Marke Kuschelrock auflegen: Gold wird niemals durch Fruchtbarkeit auffallen, Gold bekommt keine Jungen. Das ist bei Zinsanlagen anders, zumindest war es früher anders, damals in der guten alten Zins-Zeit, als der Weltspartag noch ein Freudentag

Seite 3 von 16 Zinssparen wird zum Masochismus war: Seit 1977 gab es in Deutschland im Durchschnitt 5,4 Prozent Rendite für Staatspapiere. Heute spricht man vom Weltspartrauertag. Zinsanlagen haben ihren komparativen Vorteil aufgegeben. Auf Besserung brauchen Zinssparer nicht zu hoffen. Insgesamt werden die Anleiherenditen zwar keine neuen Tiefstände mehr erreichen. Doch müssten unsere geldpolitischen Rettungsengel Selbstmörder sein, ließen sie eine teuflische Renditewende zu. Sie zerstörten ihr eigenes Rettungswerk. Sie wissen genau, dass man geldpolitisch gezähmte Rentenmärkte nicht einfach wieder in die freie Wildbahn entlassen kann. Spekulanten würden sie auffressen wie Löwen arglose Antilopen, die im Streichelzoo aufwuchsen und plötzlich in der afrikanischen Savanne ausgesetzt werden. Wenn es denn sein muss, wird die EZB ihr Anleiheaufkaufprogramm zur Aufrechterhaltung der Wehrkraft des Rentenmarkts auch über September 2016 hinaus verlängern. Die international schwache Inflation liefert ohnehin jedes Alibi für das geldolympische Motto Schneller, Höher, Stärker. Selbst wenn es irgendwann wegen der üppigen Geldpolitik zu einer richtigen Preissteigerung kommt, wird die EZB dieser dennoch nicht wie früher die Deutsche Bundesbank zu Leibe rücken. Nein, man wird dankbar sein, das die Inflation die Euro-Schulden auffrisst. US-Notenbank als Brunnenvergifter für Gold? Vor einer rigorosen US-Zinspolitik müssen Goldanleger ebenso wenig Angst haben wie vor einem Papiertiger Steigende US-Leitzinsen sind sicherlich Gift für den Goldpreis. Aber selbst wenn die US-Leitzinswende im September eingeleitet wird, braucht sich kein Anleger vor einer Zinspolitik mit Schaum vor dem Mund wie zwischen 2004 und 2006 zu fürchten: Mit einem Anstieg von einem auf 5,25 Prozent hatte der frühere Notenbankpräsident Ben Bernanke damals nicht nur die ungeliebte Immobilienblase wie eine lästige Fliege auf der Vase zerschlagen, sondern die Vase gleich mit: Mit einem Schlag ist auch die US- und Weltkonjunktur zerbrochen. Diese Fehler werden Fed-Chefin Yellen nicht passieren. Ohnehin betreibt Frau Yellen eine Geldpolitik für urbi (Amerika) und orbi (Welt). Einem bereits ladegehemmten China will sie nicht auch noch eine Kapitalflucht in das zinsattraktive Amerika zumuten. Ohnehin, die aktuelle Rohstoffpreisschwäche schürt keine Inflations- sondern eher Deflationstendenzen. Und dank der wiedererstarkten Ölproduktion im Iran, der Fördermanie Saudi-Arabiens sowie des grundsätzlichen Preisdrucks durch Fracking ist Öl auch längerfristig kein Preistreiber. Frau Yellen hat einen weiten Spielraum für zinsseitige Zurückhaltung. Damit bremst sie auch die Aufwertung des US-Dollar, der sich vermeintlich gegenläufig zu Rohstoffen entwickelt. Allerdings ist dieser Zusammenhang bei Öl deutlich auffälliger als bei Gold.

Seite 4 von 16 Goldhändler lügen nicht Weiter Netto- Goldkäufe Diese Argumente erzielen durchaus ihre Wirkung. Im I. Quartal 2015 ist die gesamte Goldnachfrage im Vorjahresvergleich um lediglich ein Prozent gefallen. In den Schwellenländern ist Gold ein Demonstrationsinstrument von Wohlstand wie bei uns der Mercedes, der Audi, der BMW oder der Porsche vor der Haustür. Als Schmuck ist Gold dort ohnehin beliebt. Sicherlich kam es in China im Zuge der dramatischen Aktienverluste zu einer erhöhten Liquiditätshaltung, die auch vor Goldverkäufen nicht Halt gemacht hat. Doch hat sich nach dem Verbot von Aktienverkäufen und weiteren planwirtschaftlichen Stützungsaktionen die Aktienpanik gelegt. Ebenso berichten die Goldhändler von zwar weniger, aber definitiv Netto- Käufen. In den USA war zuletzt ein ansteigender Absatz von Goldmünzen zu beobachten. Im Juli hat sich dieser Im Vorjahresvergleich mehr als verdreifacht und liegt damit ähnlich hoch wie in den Folgemonaten der Pleite der Lehman Bank. Sind die Anleger auf Wer oder was drückt den Goldpreis? Ein ganzes Arsenal an Argumenten spricht also theoretisch für steigende Goldpreise. Doch die Praxis sieht völlig anders aus. Nach seinem Hochstand im

Seite 5 von 16 ihren Edelmetall- Ohren taub? Jahr 2011 von 1.900 US-Dollar je Unze ist Gold zuletzt sogar unter 1.100 US- Dollar und damit auf den niedrigsten Stand seit Anfang 2010 gefallen. Schuld daran sind die Notenbanken. Sie sind nicht nur perfekte Zinsdrücker, nein sie sind auch erfolgreiche Goldpreisdrücker. Das machen sie allerdings nicht selbst. Das lassen sie von befreundeten Geschäftsbanken über die Terminmärkte erledigen. Wie soll man es nennen: Einflussnehmende Manipulation oder manipulative Einflussnahme? Du sollst keine fremden Götter (Gold) neben mir (Geld) haben Wie auch immer, aus Sicht der Notenbanken macht das Ganze Sinn. Denn die Rettung des Weltfinanzsystems wird mit Geld betrieben. Da kann man keine Konkurrenzwährung Gold gebrauchen, die die Wirkung der geldpolitischen Rettungsmission ähnlich einschränken würde wie eine mit Selters verdünnte Bowle die Stimmung auf einer Party. Vor diesem Hintergrund wird Gold keine massive Kursbefestigung wie zwischen 2008 bis 2012 erleben können, so sehr sie auch fundamental gerechtfertigt wäre. Die geldpolitische Allmacht hat etwas dagegen. Bei Gold zählt vor allem der langfristige Besitz, nicht die kurzfristige Rendite Die aktuell mangelnde Dynamik des Goldpreises sollte jedoch einem zweiten Blick unterzogen werden. Physisches Gold war, ist und bleibt eine grundsätzlich solide Vermögensversicherung gegen finanz- und geopolitische Risiken. Denn am süßen Gift der Schuldenfrönerei mit geldpolitischem Segen werden wir irgendwann schwer erkranken. Volkswirtschaften - auch nicht die der Europäischen Schuldenunion - können ohne Wirtschaftsreformen längerfristig nicht überleben. Daran können auch die Laborversuche der EZB nichts ändern. Überhaupt, wurden die großen Staatsschulden der Vergangenheit jemals zurückgezahlt? Staatspapiere waren am Ende immer wieder tatsächlich nur Papier. Gold dagegen hat alle Krisen überlebt und seinen Wert erhalten: Z.B. bekam man im alten Rom für eine Goldunze eine ordentliche Toga und heute einen guten Maßanzug. Einen Wert hat selbst Papiergeld immer: Brennwert Wenn wir in der Eurozone so weiter machen, werden wir noch dankbar sein, neben Aktien und Immobilien auch Gold zu besitzen. Gold ist eine harte sachkapitalistische Währung, eine Versicherung, die nicht ausfällt, schon gar nicht im systemischen Schadensfall. Es geht um die Werterhaltungsfunktion von Gold.

Seite 6 von 16 Mario Draghi macht unsere Währung runter und stützt den Euro-Goldpreis Absurderweise ist der EZB-Chef ein unfreiwilliger Goldtreiber für uns eurozonale Goldanleger. Da der Goldpreis in US-Dollar notiert, kommt uns Marios Politik der Euro-Drückung zugute. Insbesondere seit Juli 2014 hält sich Euro-Gold deutlich stabiler. Goldminen entwickeln sich schlechter als der Goldpreis Gold in welcher Form? Neben physischem Gold zur Absicherung von längerfristigen Systemrisiken kann man auch auf den kurzfristigen Preis des Rohstoffes Gold spekulieren. Hierzu bietet die Finanzindustrie viele börsengehandelte Produkte an, die die Wertentwicklung des Goldes 1 zu 1 nachbilden oder hebeln, ohne die für physische Produkte typisch hohen Aufschläge auf den Kaufpreis bezahlen zu müssen. Vor diesem Hintergrund haben diese Produkte sogar einen Vorteil gegenüber Goldminenaktien. Denn bei letzteren kommen die charakteristischen Risiken einer Aktie hinzu. Ist das Unternehmensmanagement vernünftig? Betreibt es eine vernünftige Förderpolitik? Zu welchen Goldpreisen hat es sich abgesichert? Gibt es standortpolitische Handicaps wie z.b. Streiks? Und tatsächlich, vor allem seit 2012 entwickelt sich der US-Goldminenindex schlechter als der Goldpreis auf US-Dollar-Basis.

Seite 7 von 16 Mainstream als Kontraindikator Wenn sich im Mainstream alle einig sind, dass Gold bald weniger als 1.000 Dollar je Unze kosten wird, haben wir es dann nicht mit einem klassischen Kontraindikator zu tun? Auch Anfang 2003 galt es als ausgemachte Sache, dass der DAX nach Dotcom-Krise noch weiter fällt, unter 2.000 Punkte. Und umgekehrt: War es 2011 nicht eine quasi todsichere Wette, dass der Goldpreis mühelos 2.000 US-Dollar überspringt. Und war es zu Beginn des Jahrtausends nicht für alle Experten klar wie Kloßbrühe, dass der Neue Markt (NEMAX) kinderleicht die Marke von 10.000 Punkten nimmt? Das Gegenteil ist jeweils passiert. Und zum Schluss gefragt: Warum kaufen die Notenbanken zu den von ihnen subventionierten Preisen eigentlich immer noch so viel Gold wie im letzten Jahr? Liegt es etwa daran, dass sie einen noch tieferen Einblick in die real existierenden Probleme unserer Finanzwelt haben? Corporate America mit Reibungsverlusten Umsatz- und Gewinnwachstum in den USA verlieren an Dynamik Sicherlich ist die US-Konjunktur stabil, jedoch nicht robust. Der in den USA bedeutende Energiesektor leidet unter der Schwäche des Ölpreises. Und die Aufwertung des handelsgewichteten US-Dollar, die sich nach einer kurzen Verschnaufpause nun weiter fortsetzt, macht den exportorientierten US- Unternehmen zu schaffen. Insgesamt hat sich das Umsatzwachstum von Corporate America deutlich verlangsamt. Niederschlag findet die Dollar-Stärke ebenfalls in einem stark fallenden Gewinnwachstum.

Seite 8 von 16 Aktuelle Markteinschätzung: Europa gewinnt gegenüber Amerika an relativer Stärke Die US-Berichtsaison für das II. Quartal 2015 verläuft bislang durchwachsen und sorgt für zwischenzeitlichen Gegenwind an den US-Aktienmärkten. Branchenübergreifende Belastungsfaktoren für die Unternehmensergebnisse und die -ausblicke sind der exporthemmende US-Dollar und die verhaltene Konjunktur in China. So verbucht IBM in China einen Umsatzeinbruch um 40 Prozent bei zugleich deutlich volatileren Geschäften in Russland. Auch Caterpillar wird gleichermaßen von Dollar-Stärke und China heimgesucht. Im Gegensatz dazu ist die deutsche Berichtsaison u.a. mit einem soliden Ergebnis von Daimler angelaufen. Im ebenso überzeugenden Ausblick zerstreut Daimler die Ängste vor konjunkturellen Bremsspuren aus China. Die zyklische Euro- Konjunkturerholung bleibt intakt Grundsätzlich profitieren die Aktien der Eurozone vom schwachen Euro, der Liquiditätshausse der EZB - früher oder später wird auch Griechenland in das Anleiheaufkaufprogramm aufgenommen - der anhaltenden Renditeschwäche bei Zinsanlagen, den Strukturreformen z.b. in Spanien und dem volkswirtschaftlichen Nachholbedarf in Frankreich, Italien und Spanien. Als Vision kommt das Wirtschaftspotenzial des Irans hinzu, wo die Sanktionen allmählich auslaufen werden. Hier bieten sich insbesondere für deutsche Industriewerte angesichts der maroden Infrastruktur hervorragende Perspektiven. Die Konjunkturstimmung in der Eurozone zeigt sich gemäß der Einkaufsmanagerindices für das Verarbeitende Gewerbe zumindest stabil. Insgesamt hat Europa gegenüber den USA die fundamental attraktiveren Aktien: Lag das Gewinnwachstum in den USA seit Anfang 2013 deutlich über dem der Eurozone bzw. dem von Deutschland - zwischen 2012 und 2013 schrumpften hier sogar die Gewinne - hat sich mittlerweile eine Trendwende abgezeichnet. GRAFIK DER WOCHE Gewinnwachstum in den USA, der Eurozone und Deutschland, in Prozent zum Vorjahr

Seite 9 von 16 Bis nach der Bundestagswahl 2017 könnte Ruhe im Euro-Karton herrschen Auch die Beilegung der griechischen Schuldenkrise stützt die positive Einschätzung europäischer Aktien. Die Finanzprobleme Griechenlands werden zwar wiederkommen. Doch mit der Zustimmung des griechischen Parlaments zum zweiten Reformpaket steht den Verhandlungen über das dritte Kreditpaket nichts mehr im Wege. Einstweilen hat die politische Krise in der Eurozone deutlich an Kraft verloren. Und nicht zuletzt ist die Finanzwelt über die erfolgreiche, wenn auch planwirtschaftliche Stabilisierung der chinesischen Aktienmärkte erleichtert. Anlegerstimmung: Wieder mehr Risikofreude Vor diesem Hintergrund hat sich die Risikoaversion an den Aktienmärkten markant zurückgebildet. Nimmt man den VDAX-Volatilitätsindex für die nächsten 30 Handelstage als Risikomaßstab, liegt die zu erwartende Kursschwankungsbreite aktuell zwischen 12.136 und 10.904 Punkten. Im historischen Vergleich kann von hohem Risiko ohnehin nicht die Rede sein. Charttechnik DAX und Euro Stoxx 50: Eine Verschnaufpause ist möglich Aus charttechnischer Sicht liegen im DAX auf dem Weg nach oben die ersten Hürden bei 11.600 und 11.792 Punkten. Darüber bietet der Bereich zwischen 11.920 und 12.080 Punkten Widerstand. Weitere Barrieren bestehen bei 12.219 und bei 12.390 Punkten. Im Fall einer Konsolidierung wartet die erste Unterstützung im Bereich um den kürzlich überwundenen Abwärtstrend bei 11.300 Punkten. Im Euro Stoxx 50 wartet der erste Widerstand im Bereich um 3.691 und darüber am langfristigen, seit dem Jahr 2000 bestehenden Abwärtstrend bei derzeit 3.710 Punkten. Weitere Hürden liegen bei 3.782 und am bisherigen Jahreshoch bei 3.836 Zählern. Im Fall einer Korrektur verläuft die erste, wenn auch schwache Unterstützung bei 3.651 Punkten. Darunter besteht der nächste nennenswerte Halt am kürzlich überwundenen Abwärtstrend, der zurzeit bei 3.500 Punkten notiert.

Seite 10 von 16 Und was passiert in der KW 31? Im Rahmen der deutschen Berichtsaison für das II. Quartal 2015 dürfte Linde nach einem schwächeren Jahresstart wieder solidere Zahlen präsentieren. Das Unternehmen dürfte im Ausblick eine verbesserte Auftragslage in China und dem Iran in Aussicht stellen. Volkswagen wird die Marktschwäche in Brasilien und Russland mit einem soliden Wachstum in Europa und China ausgleichen. Siemens peilt nach Stagnation in diesem wieder Wachstum für das kommende Jahr an. Die Ergebnisse von HeidelbergCement und Infineon dürften kaum negative Überraschungen bereithalten. Nach dem Vorstandswechsel bei der Deutschen Bank liegt der Fokus klar auf dem Ausblick und der Unternehmensumstrukturierung. Die Deutsche Lufthansa wird unter den Kosten der Streiks sowie der Konzernumstrukturierung zu leiden gehabt haben. Bayer dürfte im Ausblick seine zuvor angehobene Gewinnprognose bestätigen. Die Quartalszahlen von Fresenius fallen solide aus, wobei allerdings die US- Tochter Medical Care aufgrund der US-Dollar-Stärke belastet ist. Auf Makroebene wird die US-Wirtschaft die winterliche Schwäche laut BIP- Zahlen für das II. Quartal 2015 hinter sich gelassen haben. Darauf deutet auch ein klares Plus bei den Auftragseingängen langlebiger Güter im Juni sowie ein wieder stabilerer Einkaufsmanagerindex für die Region Chicago hin. Einzig das Verbrauchervertrauen der Universität von Michigan zeigt sich vergleichsweise schwächer. In der Eurozone deutet der von der EU-Kommission veröffentlichte Economic Sentiment Indikator auf eine sich weiter erholende Euro-Wirtschaft hin. Die laut Erstschätzung erneut schwache Inflationsrate in der Eurozone für Juli wird die EZB in ihrer lockeren Geldpolitik bestätigen. Steigt der ifo wieder? In Deutschland wird mit Spannung erwartet, ob die ifo Geschäftsklimadaten ihren Abwärtstrend beenden und wieder ein stabileres Bild der deutschen Industrie zeichnen. Unterdessen zeigt sich die deutsche Binnenwirtschaft gemäß Einzelhandelsumsätzen und GfK Konsumklimaindex robust. HALVERS WOCHE Nächstes Risiko: Zinsänderungsrisiko - Vision oder Illusion? Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse, Baader Bank Im 1. Halbjahr war das größte Risiko für die Finanzmärkte wohl Griechenland. Wenn auch definitiv nicht aufgehoben, so ist dieses Risiko zumindest aufgeschoben. Im 2. Halbjahr, nach der Sommerpause scheint für Anleger das Zinsänderungsrisiko im Mittelpunkt zu stehen. Das ist kein Wunder, denn für die aktuell ultraniedrigen Renditen fehlt jede Rechtfertigung seitens der Bonität. Seit dem Zusammenbruch der Immobilienblase 2008 sind weltweit die Staatsschulden um die Hälfte auf - konservativ geschätzt - 60 Billionen US- Dollar angestiegen. Durch das planwirtschaftliche Eingreifen der großen Notenbanken haben die Anleihemärkte allerdings ihre Funktion als marktwirtschaftliche Züchtigungsanstalten verloren. Früher noch wurden Länder, die der Schuldenmanie verfallen waren, mit Renditerisikoaufschlägen bestraft. Heute sorgen die Notenbanken mit gedrückten Renditen dafür, dass der Zinsdienst auf die Staatsschulden mühelos zu stemmen ist. Die jahrzehntelange Rentenhausse schreit förmlich nach Gewinnmitnahmen Als Nebenprodukt hat die internationale Bruderschaft des billigen und üppigen Geldes die gewaltigste Anlageblase aller Zeiten - die Anleiheblase - geschaffen. Die Angst der Investoren vor der Zins- und Renditewende ist groß. Keine Bank, keine Versicherung, keine Kapitalsammelstelle will dabei sein, wenn diese unter

Seite 11 von 16 enormem Überdruck stehende Anlageblase platzt. Denn dann platzen auch die dicken Buchgewinne, auf denen die Anleger sitzen wie die Henne auf ihren Eiern. Schon gar nicht will man der Letzte sein, der das sinkende Renten-Schiff verlässt. Überhaupt, eine seit mittlerweile über 30 Jahre andauernde Anleihehausse z.b. in den USA und Deutschland schreit doch förmlich nach Gewinnmitnahmen. Die Schwankungsbreiten beim deutschen Bund- und US-Renten-Future haben tatsächlich bereits zugenommen. Für noch mehr Volatilität sorgen administrative Handicaps. Denn während Banken früher als große Händler noch massive Rentenbestände hielten, die sie zu Gralshütern einer volatilitätsarmen Entwicklung von Anleihen machten, sind sie heute von den Regulierungsbehörden über höhere Kapitalkosten in ihren Handelsaktivitäten deutlich eingeschränkt. Nicht zuletzt könnte der Hochfrequenzhandel bei einer plötzlichen Marktirritation - es soll ja schon vorgekommen sein, dass z.b. große, völlig uneigennützige US-Rentenanleger nach vorheriger Anlagedisposition einen Renten-Crash postulierten - schnell aus einer Mücke einen Elefanten machen und einen panikartigen Herdentrieb auslösen. US-Notenbank als Brunnenvergifter für Aktien? Eine gebrannte Frau Yellen scheut das Feuer Und zu allem Verdruss denkt jetzt auch noch die Fed an zinspolitische Schubumkehr. Längst schon haben die Wettbüros Hochkonjunktur: Wann kommt der erste Zinsschritt und wie stark fällt der Zinserhöhungszyklus aus? Und wie reagieren dann die Anleihemärkte? Bei Leitzinswenden kam es regelmäßig auch zu Renditesteigerungen bei Anleihen, siehe 1994, 1999 und 2004. Und steigende US-Renditen haben sich über die globale Finanz-Nahrungskette schon immer als Gift sowohl für die Weltkonjunktur als auch für die größte konkurrierende Anlageklasse Aktien erwiesen. Grundsätzlich hängt der Grad der Renditesteigerung nicht zuletzt davon ab, wie gut die Anleger von der Fed auf Zinswenden vorbereitet werden. 1994 kam es nach damaligen Verhältnissen zu einem Renten-Crash - die Renditen 10- jähriger US-Staatsanleihen stiegen von 5,4 auf ca. acht Prozent - da die Fed ihre Leitzinsen unerwartet mehr als verdoppelt hatte. Doch noch nie wurde eine kommende Leitzinswende von der Fed so frühzeitig angekündigt wie die kommende seit Ende 2013. Und selbst wenn die US- Leitzinswende im September eingeleitet wird, braucht sich kein Anleger vor einer Zinspolitik mit Schaum vor dem Mund wie zwischen 2004 und 2006 zu fürchten. Mit einem Anstieg von einem auf 5,25 Prozent hatte man damals nicht nur die ungeliebte Immobilienblase wie eine Schmeißfliege auf der Vase zerschlagen, sondern die Vase gleich mit: Mit einem Schlag haben auch Aktienmärkte und Weltkonjunktur den Löffel abgegeben. Die Fed hat einen weiten Spielraum für zinsseitige Zurückhaltung Frau Yellen betreibt Geldpolitik für urbi (Amerika) und orbi (Welt) Diese Fehler werden Fed-Chefin Yellen nicht passieren. In ihrer Zinspolitik gibt es keinen Zinserhöhungsautomatismus. Relevant sind die Datenlage der USund globalen Konjunktur. Einem bereits ladegehemmten China will sie nicht auch noch eine Kapitalflucht in das zinsattraktive Amerika zumuten. Ohnehin, Inflationserwartungen schlagen weder in den USA noch in Europa Alarm: Die aktuelle Rohstoffpreisschwäche schürt eher Deflationstendenzen. Und dank der wiedererstarkten Ölproduktion im Iran, der Fördermanie Saudi-Arabiens sowie des grundsätzlichen Preisdrucks durch Fracking ist Öl auch längerfristig kein Inflationstreiber. Frau Yellen hat einen weiten Spielraum für zinsseitige Zurückhaltung. Insgesamt könnten die US-Zinserhöhungen 2017 nach vorher homöopathischen Trippelschritten auf einem Niveau von zwei Prozent auslaufen und sich die Rendite von 10-jährigen US-Staatsanleihen auf etwa 3

Seite 12 von 16 Prozent begrenzen. Zum Vergleich: Der durchschnittliche US-Notenbankzins liegt über fünf, Staatsanleiherenditen bei weit über sechs Prozent. Zinsrisiken sehen anders aus. Damit hält sich die Renditekonkurrenz von Anleihen im Vergleich zur Dividenden- und Eigenkapitalrendite von Aktien in Grenzen. Übrigens lehrt die Finanzgeschichte, dass anfängliche bzw. sanfte US- Zinserhöhungen mit steigenden US-Aktienkursen einhergehen. Immerhin zeugen sie von der fundamentalen Stärke der US-Konjunktur. Die EZB betrachtet die Euro- Rentenmärkte als bedrohte Tierart, die geschützt werden muss Vor der Geldpolitik der EZB müssen Anleger so wenig Angst haben wie vor einem Papiertiger Für die EZB gibt es gar keinen Grund für ein Anziehen der Schrauben. Es gibt kein Problem, dass so groß wäre, dass es nicht mit Geld gelöst werden könnte. Mario Draghi ist ein Meister auch im Spiel ohne Ball. Er weiß, dass allein schon geldpolitische Worte zerstören, wo sie nicht hingehören. Seine Verbalerotik wirkt auf die Euro-Rentenmärkte so sanft und beruhigend wie Musik der Marke Kuschelrock. Er ist der Finanzfriedensnobelpreisträger der Eurozone: Konjunkturelle, soziale und überhaupt systemische Sorgen werden einfach mit Liquidität herunter gespült. Insgesamt werden die Anleiherenditen zwar keine neuen Tiefstände mehr erreichen. Doch müssten unsere geldpolitischen Rettungsengel mit der Muffe gepufft sein, wenn sie eine teuflische Renditewende zuließen. Damit zerstörten sie ihr eigenes Rettungswerk. Sie wissen genau, dass man gezähmte Rentenmärkte nicht einfach wieder in die freie Wildbahn entlassen kann. Spekulanten würden sie auffressen wie Löwen arglose Antilopen, die im Streichelzoo aufwuchsen und plötzlich in der afrikanischen Savanne ausgesetzt werden. Wenn es denn sein muss, wird die EZB ihr Anleiheaufkaufprogramm zur Aufrechterhaltung der Wehrkraft des Rentenmarkts auch über September 2016 hinaus verlängern. Die ohnmächtige Allmacht der Notenbanken Die Fluchttür hin zu ordentlichen Zinsen ist verschlossen und bleibt verschlossen Je länger die Notenbanken Liquidität schaffen, um Schulden- bzw. Konjunkturkrisen zu unterdrücken, desto mehr werden die Anleiheblasen aufgebläht und umso größer wird das Risiko ihres Platzens, d.h. eines finalen Crashs der Finanzwelt. Daher ist die globale Geldpolitik in der Dauer- Rettungsschleife: Ohnmächtig ist sie dazu gezwungen, mit ihrer Allmacht das Zinsänderungsrisiko klein zu halten. Draghi & Co. haben uns die hohen Zinsen gestohlen wie der Fuchs die Gans in einem bekannten Kinderlied. Selbst Griechenland wird seine hohen Staatsanleiherenditen verlieren. Wenn es brav seine Reförmchen macht, dann wird es reich belohnt: Mario Draghi wird Hellas ab 2016 brüderlich in sein Anleiheaufkaufprogramm aufnehmen. Damit gibt es heute einen anlagetechnischen Strukturbruch. In früheren Zeiten verhinderten steigende Anleiherenditen, dass der DAX in der Dotcom- und Immobilieneuphorie nachhaltig über 8.000 Punkte steigen konnte. Warum auch, wenn es damals für deutsche Staatspapiere durchschnittlich etwa fünf Prozent Rendite gab. Diese Fluchttür hin zu ordentlichen Zinsen ist heute verschlossen, den Schlüssel haben die Notenbanken weggeworfen und machen auch keine Anstalten, ihn wiederzufinden. Wann gibt es wieder normale Zinsen? Nie mehr! Es gibt kein Problem, dass so groß wäre, dass es nicht mit Geld gelöst werden könnte Es ist nicht Schluss mit geldpolitisch lustig. Die Liquiditätshausse wird im Vergleich zu früher erstens nicht gestoppt. Zweitens wird sie über billiges Kreditgeld die fundamentalen Kräfte stärken, also auch eine Konjunkturhausse nach sich ziehen. Und drittens unterdrückt die notenbankseitige Vollkaskoversicherung die Schwankungsbreite an den Aktienmärkten. Der DAX

Seite 13 von 16 läuft bis Jahresende weiter, deutlich über 12.000 Punkte. Und wann gibt es mal wieder richtig Zinsen? Nie mehr! Die Rückkehr zur geldpolitischen Normalität ist nur eine Illusion für unverbesserliche Bundesbank -Romantiker. VOLKSWIRTSCHAFTLICHE PROGNOSEN AUF EINEN BLICK KAPITALMARKT AUF EINEN BLICK

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Seite 15 von 16 WEITERE NEWSLETTER DER BAADER BANK Nutzen Sie den Service auf Baader Bondboard und abonnieren Sie kostenlos weitere Newsletter der Baader Bank! Zertifikate Börse Newsletter Stefan Scharffetter, Leiter Verbriefte Derivate Baader Bank AG Stefan Scharffetter, Leiter Verbriefte Derivate bei der Baader Bank, gibt alle zwei Wochen einen Überblick über Trends am ETF- und Derivate-Markt. Neben der Vorstellung von neuen Produkten, beschreibt er Kursentwicklungen und nimmt das Zertifikat der Woche unter die Lupe. Baader Bond Markets Klaus Stopp, Leiter Skontroführung Renten Baader Bank AG Beim wöchentlichen Newsletter Bond Markets stehen Anleihen im Vordergrund. Der Baader Bank Anleihe-Experte Klaus Stopp berichtet über Höhen und Tiefen am internationalen Rentenmarkt und kommentiert ausgewählte aktuelle Themen. Sie finden im Newsletter Informationen zum Markt für Staats- und Unternehmensanleihen sowie ausführliche Beiträge zu neu emittierten Anleihen. Das Informationsangebot wird ergänzt durch direkte Links zum umfangreichen Kursangebot und den Analyse-Funktionen auf Baader Bondboard. BAADER BANK Die Baader Bank ist Marktführer im Handel von Finanzinstrumenten und eine der führenden Investmentbanken für die DACH-Region. Zentrale der Baader Bank in Unterschleißheim bei München Als Market Maker / Spezialist sind wir für die börsliche und außerbörsliche Preisfindung von ca. 860.000 Wertpapieren verantwortlich. Im Investmentbanking entwickeln wir Finanzierungslösungen für Unternehmen aus dem deutschsprachigen Raum. Institutionellen Anlegern bieten wir umfassende Dienstleistungen beim Vertrieb und dem Handel von Aktien, Anleihen und Derivaten. Herausgeber: Baader Bank AG

Seite 16 von 16 Weihenstephaner Str. 4 85716 Unterschleißheim Deutschland www.baaderbank.de Redaktion: Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse der Baader Bank AG Marc Schlömer, Kapitalmarktanalyse, Baader Bank AG Über mögliche Interessenkonflikte und rechtliche Hinweise informieren Sie sich bitte im Disclaimer auf www.bondboard.de/newsletter/disclaimer