Ratings in der Lebensversicherung



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Ratings in der Lebensversicherung Von Bernhard Häfele, Jochen Ruß und Andreas Seyboth 1 1 Warum Ratings und Rankings in der Lebensversicherung? Die Liberalisierung des deutschen Versicherungsmarktes hat einen Preis-, Produkt- und Servicewettbewerb ausgelöst. Die dadurch entstandene Angebotsvielfalt sorgt für wachsenden Informationsbedarf bei Versicherungsnehmern und Versicherungsvermittlern. Versicherungsnehmer streben ein gutes Preis-/Leistungsverhältnis an und Ausschließlichkeitsvertreter benötigen in einem vielfältigeren Markt Argumentationshilfen für den Vertrieb ihrer Produkte. Anforderungen an die Beratungsqualität (Stichwort Best Advice ) fordern ferner vom Versicherungsmakler eine geeignete Informationsbeschaffung über Versicherungsunternehmen und ihre Produkte. Als eine Antwort auf solche Fragestellungen haben sich Ratings entwickelt. Ein Rating ist zunächst ganz allgemein das Ergebnis einer Bewertung wirtschaftlicher Sachverhalte (z.b. Leistungen, Preise, Qualitäten), das durch nicht-numerische Symbole dargestellt wird (und damit auch für Nicht-Fachleute verständlich werden soll) und jederzeit eine Klassifizierung der betrachteten Sachverhalte zulässt. 2 Meist werden dabei Unternehmen oder Produkte anhand bestimmter Kennzahlen nach einem Punkteverfahren bewertet (dies bezeichnet man als Scoring ). Aus den verschie- 1 Bernhard Häfele ist Mitarbeiter am Institut für Finanzund Aktuarwissenschaften (IFA), Dr. Jochen Ruß ist stellvertretender Direktor des IFA und Lehrbeauftragter der Universität Ulm, Andreas Seyboth ist stellvertretender Direktor des IFA. 2 Vgl. Sönnichsen (1992). denen numerischen Bewertungsergebnissen wird abschließend durch Anwendung von Gewichtungsfaktoren ein Gesamtergebnis erstellt. Der wesentliche Unterschied zwischen Rating und Ranking besteht nun darin, dass beim Rating die Ergebnisse verschiedenen Klassen zugeordnet werden, während beim Ranking eine Rangfolge ohne Klassenbildung ermittelt wird. 2 Ziele von Ratings Beziehen sich die bewerteten Sachverhalte auf die Versicherungsunternehmen, so spricht man konkret von Unternehmensrating. In Gestalt der Solvenzratings durch professionelle Rating-Agenturen wie Standard & Poor s, Moody s oder A.M. Best besitzen solche Unternehmensratings in liberalisierten Versicherungsmärkten schon lange Tradition. Sie bewerten die Finanzstärke von Versicherern zur Einhaltung der garantierten Leistungszusagen und machen so auch die langfristige Ertragskraft vergleichbar. Angesichts der Freiheiten des deregulierten Marktes (z.b. Wegfall der materiellen Aufsicht über die Lebensversicherungsunternehmen) ist von einer zunehmenden Bedeutung der finanziellen Stabilität von Versicherern in Deutschland auszugehen. Unternehmensratings geben zwar Anhaltspunkte, ob man Aussagen über zukünftige Leistungen vertrauen kann, sie schließen im Allgemeinen aber keine Bewertung des Produktangebotes ein. Für den Versicherungsnehmer ist jedoch neben einer allgemeinen Ertragskraft insbesondere wichtig, welcher Teil der Erträge seinem Vertrag zufließt und wie es um die sonstigen Qualitätsmerkmale eines Produktes bestellt ist. Diese Informationen soll das Produktrating liefern. Es bewertet die Qualität eines Versicherungsproduktes, spiegelt also im Prinzip ein Preis-Leistungs-Verhältnis wider. Rating von Unternehmen und Produkt verfolgen folglich unterschiedliche Ziele und besitzen deshalb oft unterschiedliche Ergebnisse. Es muss also

kein Widerspruch sein, dass ein Versicherer ein besseres Unternehmensrating als ein anderer bekommt, obgleich er im Beobachtungszeitraum für seine Kunden schlechtere Leistungen erbringt. Eine völlige Separierung von Unternehmens- und Produktqualität kann in der Lebensversicherung aber nicht durchgeführt werden. So wird eine fehlerhafte Produktgestaltung (z.b. unzureichende Tarifkalkulation) oder eine verfehlte Zeichnungspolitik (z.b. negative Risikoauslese) die finanzielle Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Auf der anderen Seite wird bei langfristigen Sparvorgängen die Qualität des Produktes maßgeblich von der finanziellen Leistungsfähigkeit des Produktanbieters abhängen. Ist die Anbieterqualität wesentliches Merkmal der Produktqualität, muss sie zwangsläufig in ein Produktrating einfließen. In der Praxis kommt es bei langfristigen Versicherungsverträgen, wie sie im Lebens- oder Krankenversicherungsbereich auftreten, häufig zu einer Hintereinanderschaltung von Unternehmens- und Produktrating. Entweder will der Kunde zunächst wissen, welche Gesellschaften für ihn in Frage kommen (Unternehmensrating), um unter diesen das ihm am günstigsten erscheinende Angebot auszuwählen (Produktrating). Oder der Verbraucher bestimmt zuerst über ein Produktrating die für ihn am besten geeigneten Produkte und entscheidet sich unter diesen für ein Angebot eines akzeptablen Anbieters (Unternehmensrating). Beide Perspektiven sind somit erforderlich, um dem potenziellen Versicherungskunden die für ihn optimale Entscheidung für ein Versicherungsprodukt zu erleichtern. Eine Vermischung von Unternehmens- und Produktrating in einem Gesamtrating ist jedoch oft problematisch, da die Möglichkeit besteht, dass eine hohe finanzielle Sicherheit eines Unternehmens zu einer Überbewertung schlechter Produkte führt oder aber ein auf dem Papier gutes Produktdesign bei einem sehr unsicheren Anbieter empfohlen wird. Diese Problematik bedeutet gleichwohl nicht, dass Ratings grundsätzlich abzulehnen sind. Fachgerecht ausgeführte Ratings reduzieren die Informationsproblematik für den Entscheider, indem sie die Transparenz auf dem Versicherungsmarkt erhöhen. Sie bereiten Informationen über Produkte und Unternehmen in einer Form auf, die einen schnellen Überblick über deren Qualität auch für den Nicht-Fachmann möglich macht. 3 Auswirkungen von Ratings Durch die zunehmende Berichterstattung in den Medien und die größere Zahl von Rankings und Ratings ist festzustellen, dass Verbraucher preissensitiver und informierter werden. Obgleich die Qualität von Ratings in vielen Fällen angezweifelt werden kann, sensibilisieren die Vergleiche die Versicherungsnehmer für die Unterschiede im Markt. Einer Untersuchung der Schweizer Rückversicherung zufolge glauben 86% aller Versicherungskunden, dass diese Ranglisten wahrscheinlich oder ganz sicher gut recherchiert und fachlich fundiert sind. 3 Über 60% der Versicherungsnehmer würden danach Ratings sogar als Anlass zur Kündigung ihrer Police nehmen, über 70% erwägen, Versicherungsratings beim nächsten Vertragsabschluss zu berücksichtigen. Im Ergebnis wird so ein erheblicher Wettbewerbsdruck erzeugt, der zunehmende Marktwiderstände für Unternehmen erwarten lässt, die sich regelmäßig im unteren Teil der Vergleiche wieder finden. Andererseits können Unternehmen gute Rating-Ergebnisse als Imagegewinn werten und für ihre Werbung nutzen. Hier ist sogar zu erwarten, dass gute Testergebnisse zugleich auf andere (nicht untersuchte) Produkte projiziert werden und die Kunden in anderen Bereichen ebenfalls gute Leistungen vermuten. Bedenkliche Folgen von Ratings liegen darin, dass im Zuge der Produktentwicklung versucht wird, 3 Vgl. Orbanz (1998).

Produkte zu entwickeln, die sich üblichen Rating- Verfahren entziehen (d.h. nicht vergleichbar sind) oder durch für den Kunden vergleichsweise unwichtige Modifikationen im Hinblick auf Ratings optimiert sind. 4 Beispiele für Ratings Die Datenbasis für Ratings bieten Brancheninformationsdienste wie map-report und dfi-gerlach Report sowie diverse Softwaretools, unter denen das Informations- und Vergleichsprogramm LV- Win von Morgen & Morgen, das FSS/map- ZOOM-rating-tool von FSS und rendite lv von rendite 2000 die wichtigsten sind. Umgesetzt werden diese Informationen in Produktvergleichen mit kombinierten Unternehmensratings. Einige Beispiele sollen nun kurz vorgestellt werden. Die in Capital (10/99), DM (10/98), FINANZEN (6/97) oder Impulse (9/99) veröffentlichten Ratings basieren auf der Software von Morgen & Morgen. Sie sind dadurch charakterisiert, dass unterschiedliche Kennziffern der Vergangenheit gewichtet und zu einer Gesamtnote kombiniert werden. Vergangenheitswerte zu betrachten ist grundsätzlich sinnvoll. Für eine zukunftsgerichtete Entscheidungssituation genügt eine ausschließlich vergangenheitsorientierte Betrachtung allerdings nicht. Die Ratings in Das Wertpapier (24/99), DM (3/99 bzw. 6/99), FOCUS (4/99), Geld idee (20/99) oder Mein Geld (9/98) stützen sich auf das Rating des map-report, gegebenenfalls unter Mitarbeit der FSS. Es differenziert sinnvollerweise nach Versicherungstarifen. Dann werden versprochene Ablaufleistungen mit einer Reihe von Bilanz- Kennzahlen kombiniert, sodass sich die bereits erwähnte problematische Mixtur aus Produkt- und Unternehmensrating ergibt, die zahlreiche Angriffspunkte bietet. Es bleibt zu vermerken, dass auch hier die Ablaufleistungen nicht auf Realitätsnähe untersucht werden, mithin das Unternehmen, das viel verspricht, besonders gut abschneidet. Die Stiftung Warentest berücksichtigt in ihren Ratings (u.a. in FINANZtest-Spezial Versicherungen bzw. FINANZtest 11/99 über Kapital-LV und 8/99 über Risiko-LV) die zukünftigen Gewinnversprechen nicht, sie kombiniert dafür verschiedene Kennzahlen (z.b. Nettoverzinsung, Verwaltungskostenquote) der letzten 7 Jahre mit einer Messzahl, welche die Gleichmäßigkeit des Vertragsverlaufs beschreiben soll. Im Ergebnis liegen stets kleine Risikoversicherer vorne, weil diese keine hohen Provisionen zahlen. Daneben schneiden Versicherer ohne Schlussgewinn besser ab als Versicherer mit Schlussgewinnen, weil deren Verlauf nicht gleichmäßig genug ist. Die Fragwürdigkeit solcher Ergebnisse ist offenkundig. 4 Das Rating der Zeitschrift Wirtschaftswoche (43/98 bzw. 47/99) stammt von dem Wiener Professor Finsinger. Es verfolgt das Motto Entscheidend ist, was am Ende für den Kunden herauskommt, und zwar in DM. Mark ist Mark. Dazu werden Bilanzkennzahlen der einzelnen Gesellschaften auf eine Modellgesellschaft übertragen und deren Leistungen berechnet, welche die Grundlage für das Rating-Ergebnis bilden. Auch diese Rating-Methodologie kann als nicht ausgereift bezeichnet werden und wurde deshalb bereits heftig kritisiert. Obgleich Ratings als Orientierungshilfe für Kunden wichtiger werden und große Beachtung in der Öffentlichkeit finden, zeigen alle Beispiele, dass die bisherigen Vorgehensweisen allesamt noch Defizite aufweisen. 5 Kritik an bisherigen Ratings Zusammengefasst zielt die Kritik vor allem auf zwei Bereiche. 4 Vgl. auch Abschnitt 5.

(i) Ungeeignete Kennziffern Häufig werden in Ratings Kennziffern verwendet, die nicht in der Lage sind, gewünschte Effekte aufzuzeigen. Beispielsweise kann der Gesamtüberschuss bezogen auf die Beitragseinnahmen kein Maß für die Ertragskraft eines Unternehmens sein, da diese Kennzahl wegen Effekten, die aus Abschlusskosten resultieren, Unternehmen mit geringem Neugeschäft bevorzugt. 5 Ein weiteres, viel zitiertes Beispiel, ist die Kennzahl Gleichmäßigkeit des Vertragsverlaufes. Hier kann man zeigen 6, dass gewisse Verträge durch eine Senkung der Überschussbeteiligung also durch Reduktion der Leistung! ein besseres Rating erlangen könnten. Ein Rating wird oft schon dadurch fragwürdig, dass Kennzahlen ohne Berücksichtigung der Bestandszusammensetzung verwendet werden. Insbesondere der Anteil des Risikoversicherungs-Geschäfts muss bei Größen wie Verwaltungskosten, Vertriebskosten oder Risikogewinn berücksichtigt werden. Geschieht dies nicht, kommt man zu so merkwürdigen Ergebnissen wie dem, dass ein Unternehmen zum besten Kapitalleben-Anbieter gekürt wird, das dieses Produkt fast gar nicht verkauft. 7 Die Liste könnte noch beliebig verlängert werden. 8 (ii) Subjektivität der Kriterien und Inkonsistenzen von Ratings Neben relativ leicht objektivierbaren Hardfacts (z.b. Kennzahlen) gehen in ein Ranking auch sogenannte Softfacts ein, die nicht völlig objektiv beurteilt werden können (z.b. Beratungsqualität). 5 Vgl. Hanus (1997). Hier muss ein Rating notwendigerweise subjektiv werden. Diese Subjektivität beginnt bei der Auswahl der Kriterien und setzt sich mit deren Gewichtung und Zusammenführung zu einer abschließenden Bewertung fort. Dass es hier mehr Meinungen als Rater gibt, verwundert kaum. Vor diesem Hintergrund überrascht es auch nicht, dass Experten bemängeln, dass 14 Ratings in relativ kurzen Zeitabständen bei keinem von 19 analysierten Unternehmen zu einigermaßen übereinstimmenden Bewertungsergebnissen kamen. 9 Dennoch steht außer Frage, dass für die Beurteilung eines komplexen Produktes wie einer Lebensversicherung subjektive Kriterien erforderlich sind. Einen Absolutheitsanspruch, das einzig konsistente Rating in Deutschland zu sein, kann folglich kein noch so gutes Rating für sich in Anspruch nehmen. 6 Eigenschaften eines guten Ratings Jedes sachgerechte Rating muss allerdings eine Reihe von Eigenschaften erfüllen, die vielfach in der Praxis noch nicht ausreichend berücksichtigt werden. In der Literatur wurden diese bereits ausführlich erörtert. Wir fassen in aller Kürze die wichtigsten Punkte zusammen. Für weiterführende Literatur zu diesem Thema sei der Leser auf Sönnichsen (1992) und Lanfermann (1998) verwiesen. Die Anforderungen der Genauigkeit und Aktualität sollten selbstverständlich sein; ebenfalls die Unabhängigkeit der Rating-Ersteller von den Produktanbietern. Daneben gibt es einige weitere Anforderungen, auf die wir etwas detaillierter eingehen wollen. 6 Vgl. Finsinger (1998). 7 Vgl. Schulz (1999). 8 Vgl. z.b. Ackermann (1996), Finsinger (1997), Finsinger (1998), Henry (1996), Holz (1998), Morgen und Siebert (1997), Schulz (1997), Schulz (1999). 9 Vgl. Bruer (1999).

(i) Konsistenz und Problemadäquanz Zunächst muss klar vorgegeben sein, welche Fragestellungen das Rating beantworten will. Bei der Durchführung ist darauf zu achten, dass alle verwendeten Kennzahlen zum einen widerspruchsfrei sind und zum anderen auch der Beantwortung dieser Fragestellung dienen. Die in Abschnitt 5 vorgestellte Kennzahl Gleichmäßigkeit verletzt diese Anforderung, da sie in bestimmten Fällen Policen, die dem Kunden einen höheren Nutzen bringen, schlechter bewertet als objektiv schlechtere Policen. (ii) Bezug zur Zielgruppe In einem Lebensversicherungs-Rating muss klar erläutert werden, für welche Musterkunden ein optimales Produkt gesucht wird. Wird zum Beispiel in einem Rating von Kapitallebensversicherungen das Vorhandensein von Nachversicherungsgarantien bei gewissen Ereignissen sehr hoch bewertet, so ist das Ergebnis für einen Kunden, der keine Hinterbliebenen hat und nur an einer hohen Ablaufrendite interessiert ist, unter Umständen schlicht falsch. (iii) Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Methodik Ein Rating sollte weitgehend offen legen, nach welchen Kriterien bewertet wird und wie die Gewichtung der Kriterien und das Ergebnis zustande kommen. Nur so kann ein Verbraucher erkennen, ob die Ergebnisse für ihn relevant sind, beziehungsweise wie er die Ergebnisse auf seine Verhältnisse übertragen kann. (iv) Besonderheiten des Produktes Dass Finanzprodukte nicht mit denselben Methoden verglichen werden könne wie Waschmaschinen hat sich inzwischen herumgesprochen. Aber auch auf die verschiedenen Nuancen von Versicherungsprodukten muss in einem Vergleich eingegangen werden. In nebenstehendem Kasten haben wir exemplarisch einige Besonderheiten zusammengestellt, die bei einem Vergleich von fondsgebundenen Lebens- und Rentenversicherungen zu berücksichtigen sind. 10 7 Fazit Auf Grund der steigenden Produktvielfalt sind Ratings inzwischen im Lebensversicherungsbereich eine unverzichtbare Orientierungshilfe für den Vermittler und Endverbraucher geworden. Viele der durchgeführten Vergleiche weisen jedoch noch erhebliche Mängel auf. Es wäre wünschenswert, dass künftig die Macher derartiger Vergleiche zum einen ihren Absolutheitsanspruch reduzieren ( wir finden die beste Versicherungspolice für Sie ) und zum anderen verstärkt deutlich machen, für welche Adressaten aus welchen Gründen ihr Rating Aussagekraft besitzt. Im Idealfall zeigt ein Rating auf, was die Fragestellung ist, die es beantworten soll. Dies können z.b. Aspekte wie Sicherheitslage, Ertragskraft, Realisierbarkeit der Gewinnaussagen, Produktqualität oder Unternehmensqualität sein. Dann sollte dargelegt werden, weshalb die gewählten Kriterien geeignet sind, um die gestellten Fragen zu beantworten. Schließlich darf ein Hinweis nicht fehlen, dass andere Fragestellungen andere Kriterien erfordern und somit auch andere Ergebnisse entstehen können. Auf keinen Fall dürfen die Ergebnisse auf andere Fragestellungen verallgemeinert werden. 8 Literatur Ackermann, N.: Rating von Lebensversicherungsunternehmen Ein Zwischenbericht, Der Aktuar, Heft 3, 1996, 79-83. 10 Für eine ausführliche Darstellung vergleiche Häfele/Ruß (1999).

Bruer, A.: Ratingmacher mit Dichtung und Wahrheit, Performance, Dezember, 1999, 23-24. Finsinger, J.: Lebensversicherungsvergleiche, Versicherungswirtschaft, Heft 4, 1997, 208-215. Sönnichsen, C.: Rating-Systeme am Beispiel der Versicherungswirtschaft, Verlag Duncker & Humblot, Berlin, 1992 Finsinger, J.: Die Bewertung von Versicherungsunternehmen und ihren Produkten, Versicherungswirtschaft, Heft 15, 1998, 1042-1047. Finsinger, J.: Eine neue Kennzahl zur Bewertung von Lebensversicherungsunternehmen, Versicherungswirtschaft, Heft 21, 1997, 1508-1511. Häfele, B./Ruß, J.: Ranking und Rating von Fondsgebundenen Lebensversicherungsprodukten, Versicherungswirtschaft, Heft 9, 1999, 606-608. Hanus, P.: Wer ratet die Ratings?, Kurs, Heft 1, 1997, 10-11. Henry, A.: Streit um Benotung, Wirtschaftswoche, Heft 50, 1996, 148-150. Holz, R.: Produktrating: Einbettung in allgemeinere Ansätze, Versicherungswirtschaft, Heft 4, 1998, 233-236. Lanfermann, B: Transparenz durch Ratings?: Unternehmens- und Produktratings deutscher Nicht-Lebensversicherer, VVW, Karlsruhe, 1998. Morgen, M./Siebert, A.: Neuer Ratingversuch mit alten Schwachstellen, Versicherungswirtschaft, Heft 22, 1997, 1602-1604. Orbanz, U.: Rating von Lebensversicherungsprodukten, Vortrag auf der DAV-Frühjahrstagung, 1998. Schulz, J.: Das Geschäft mit der Intransparenz auf dem Lebensversicherungsmarkt, Versicherungswirtschaft, Heft 18, 1997, 1278-1280. Schulz, J.: Ratings in der Lebensversicherung ein qualitatives und quantitatives Problem, Vortrag beim Versicherungsmathematischen Kolloquium der Universität München, 08.11.1999.