BGH, Urteil vom 18. Mai 1993, BGH NStZ 1993, 489 Falscher Zeuge

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Transkript:

BGH, Urteil vom 18. Mai 1993, BGH NStZ 1993, 489 Falscher Zeuge Sachverhalt: Bruno verursacht auf dem Heimweg fahrlässig einen Unfall mit einem anderen PKW. Um den straf- und zivilrechtlichen Folgen zu entgehen, will er den Sachverhalt vor der Polizei und dem Richter so darstellen, dass nicht er, sondern der Fahrer des anderen Wagens schuld war. Hierzu überredet er seinen Freund Paul, der weder bei dem Unfall dabei war, noch diesen beobachtet hatte, als Zeuge vor Gericht diese Version des Unfallhergangs durch eine entsprechende Aussage zu unterstützen. Damit, dass Paul vor Gericht möglicherweise vereidigt werden würde, rechnet Bruno allerdings nicht. In dem später gegen Bruno geführten zivilrechtlichen Verfahren macht Paul eine entsprechende uneidliche Falschaussage zu Gunsten Brunos. Um die Glaubwürdigkeit der Aussage zu untermauern, beantragt Brunos Anwalt, Paul zu vereidigen. Diesem Antrag kommt der Richter nach einer kurzen Verhandlungspause nach. In dieser kurzen Pause stehen Bruno und Paul auf dem Flur vor dem Verhandlungssaal, ohne jedoch mit einander zu sprechen. Nachdem die Verhandlung fortgesetzt wird, bestätigt Paul die Richtigkeit seiner Aussage und wird daraufhin vorschriftsmäßig vereidigt. Haben sich Anton und Bruno wegen Eidesdelikten strafbar gemacht? Thema: 153, 154 StGB Täterschaft und Teilnahme; Rechtspflicht zur Verhinderung eines Meineids nach Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage Materialien: Arbeitsblatt BT Nr. 49; Arbeitsblatt Examinatorium Nr. 49

Lösungsübersicht: Teil 1: Strafbarkeit Pauls Strafbarkeit nach 153, 154 StGB a) Tätereigenschaft: Zeuge (+) b) Tatsituation: Vor Gericht (+) c) Tathandlung: Falsches Schwören aa) Falschheit der Aussage im Sinne des 153 StGB (+) bb) Vereidigung (+) 2. Subjektiver Tatbestand (+) II./III. Rechtswidrigkeit / Schuld (+) IV. Ergebnis (+) Teil 2: Strafbarkeit Brunos A. Strafbarkeit Brunos gem. 153, 154, 26 StGB a) Vorliegen einer vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat (+) b) Bestimmen zu dieser Tat (+) 2. Subjektiver Tatbestand a) Vorsatz bzgl. vorsätzlicher rechtswidriger Haupttat Problem: Nur Vorsatz bzgl. 153 StGB b) Vorsatz bzgl. des Bestimmens (+) II./III. Rechtswidrigkeit / Schuld (+) IV. Ergebnis: 153, 26 StGB (+) B. Strafbarkeit Brunos gem. 153, 154, 26, 13 StGB ( ) Keine Bestimmung durch Schweigen C. Strafbarkeit Brunos gem. 153, 154, 27, 13 StGB a) Vorsätzliche rechtswidrige Haupttat (+) b) Beihilfe durch Unterlassen Problem: Rechtspflicht zur Verhinderung eines Meineids nach Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage aa) Verhinderungstheorie (+) bb) Risikoerhöhungstheorie (BGH) (+) cc) Eigenverantwortlichkeitstheorie ( ) 2. Subjektiver Tatbestand (+) II./III. Rechtswidrigkeit /Schuld (+) IV. Ergebnis (+)

Lösungsvorschlag: Examinatorium im Strafrecht II: BT Teil 1: Strafbarkeit Pauls Strafbarkeit nach 153, 154 StGB Durch seine Aussage vor Gericht, der Fahrer des anderen Wagens sei am Unfall Schuld gewesen, könnte Paul sich wegen eines Meineids gem. 153, 154 StGB strafbar gemacht haben. Paul müsste sich tatbestandsmäßig verhalten haben. Zunächst ist zu prüfen, ob der objektive Tatbestand verwirklicht wurde. a) Tätereigenschaft Als mündiger und fähiger Zeuge ist Paul geeigneter Täter des 154 StGB. b) Tatsituation Paul traf seine Aussage vor einem Gericht und damit vor einer geeigneten Stelle. c) Schwören eines falschen Eides Paul müsste eine Falschaussage i.s.d. 153 StGB getroffen und darauf einen Eid geschworen haben. Indem Paul aussagte, dass der andere Fahrer für den Unfall verantwortlich sei, tätigte er eine falsche Aussage i.s. des 153 StGB. Auch wurde er nach Abschluss der Aussage vereidigt. Mithin schwor Paul einen falschen Eid.

d) Zwischenergebnis Der objektive Tatbestand liegt vor. 2. Subjektiver Tatbestand Paul handelte mit Vorsatz bezüglich sämtlicher objektiver Tatbestandsmerkmale. II. / III. Rechtswidrigkeit und Schuld Rechtswidrigkeit und Schuld unterliegen keinen Bedenken. IV. Ergebnis Paul ist strafbar gem. 153, 154 StGB. Teil 2: Strafbarkeit Brunos A. Strafbarkeit gem. 153, 154, 26 StGB Indem Bruno den Paul zu seiner Aussage vor Gericht überredete, könnte er sich wegen einer Anstiftung zur falschen Aussage bzw. zum Meineid gem. 153, 154, 26 StGB strafbar gemacht haben. a) Vorsätzliche rechtswidrige Haupttat Mit der falschen Aussage bzw. dem Meineid Pauls ist eine vorsätzliche rechtswidrige Haupttat gegeben.

b) Bestimmen zur Tat Bruno müsste Paul zu dessen Tat bestimmt haben. Indem er ihn dazu überredete, die entsprechende falsche Aussage vor Gericht zu machen, bestimmte er diesen zu seiner Tat. 2. Subjektiver Tatbestand Bruno müsste vorsätzlich hinsichtlich der Haupttat und dem Bestimmen gehandelt haben. a) Vorsatz bzgl. der vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat Bruno hatte Vorsatz bezüglich der falschen Aussage Pauls vor Gericht, doch rechnete er nur damit, dass Paul uneidlich falsch aussagt, nicht damit, dass Paul vereidigt wird und falsch schwört. Mithin ist Vorsatz nur hinsichtlich 153 StGB zu bejahen, nicht hinsichtlich des Meineids. b) Vorsatz bzgl. des Bestimmens Hinsichtlich der Bestimmung Pauls handelte Bruno mit Vorsatz. II. / III. Rechtswidrigkeit und Schuld Rechtswidrigkeit und Schuld unterliegen keinen Bedenken. IV. Ergebnis Paul ist strafbar gem. 153, 26 StGB. B. Strafbarkeit gem. 153, 154, 26, 13 StGB Bruno könnte ferner, indem er es unterließ, Paul in der Verhandlungspause von dem falschen Eidschwur abzubringen und ihn zu einer wahrheitsgemäßen Aussage zu bewegen, Paul zum Meineid angestiftet haben.

Jedoch reicht ein bloßes Schweigen hier nicht aus, um die Anforderungen des Bestimmens i.s.d. 26 StGB zu erfüllen, da nicht ersichtlich ist, dass Paul gerade durch Brunos Schweigen den Tatentschluss zum Meineid gefasst hat. Darüber hinaus ist es höchst fraglich, ob eine Anstiftung durch Unterlassen überhaupt denkbar ist. C. Strafbarkeit gem. 153, 154, 27, 13 StGB Doch könnte es sich bei Brunos Verhalten um eine Beihilfe zum Meineid durch Unterlassen gem. 153, 154, 27, 13 StGB handeln. a) Vorsätzliche rechtswidrige Haupttat Paul hat vor Gericht einen falschen Eid gem. 153, 154 StGB geschworen. Damit ist eine vorsätzliche rechtswidrige Haupttat gegeben. b) Beihilfe Bruno müsste Paul Hilfe geleistet haben. Fraglich ist, ob er Pauls Meineid hier unterstützt hat, indem er es unterließ, ihn in der Verhandlungspause von dem Schwören eines falschen Eides abzubringen und zu einer wahrheitsgemäßen Aussage zu bewegen. Da es insoweit auf ein Unterlassen ankommt, ist dies gem. 13 StGB nur tatbestandsmäßig, wenn Bruno einer Pflicht zum Handeln im Sinne einer Garantenpflicht nicht nachgekommen ist. Es ist jedoch umstritten, ob und ab wann eine Rechtspflicht zur Verhinderung eines Meineids nach Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage besteht. Es stehen sich diesbezüglich drei Ansichten gegenüber. aa) Verhinderungstheorie

Nach der Verhinderungstheorie besteht eine Pflicht, die Falschaussage eines Zeugen zu verhindern, bereits dann, wenn eine Partei selbst den Zeugen zur Bestätigung einer unwahren Behauptung benennt oder durch wahrheitswidriges Bestreiten die Vernehmung eines Zeugen veranlasst. Bruno hat Paul als Zeugen in den Prozess eingebracht, um seine Version des Unfallherganges zu bestätigen. Mithin ist dieser Ansicht nach eine Garantenpflicht zu bejahen, die durch Brunos Schweigen während der Verhandlungspause verletzt wurde. bb) Risikoerhöhungstheorie Der Risikoerhöhungstheorie nach besteht eine Pflicht, die Falschaussage zu verhindern, nur dann, wenn eine Partei den Zeugen in eine dem Prozess nicht mehr eigentümliche ( prozessinadäquate ) Gefahr der Falschaussage gebracht hat. Wahrheitswidriges Bestreiten oder die bloße Zeugenbenennung sollen dafür noch nicht ausreichen. Wer aber einen Zeugen zur uneidlichen Falschaussage überredet hat und selbst anwesend ist, wenn der Zeuge falsch aussagt, habe dann, wenn die Vereidigung des Zeugen angeordnet wird, die Rechtspflicht, den Zeugen von der Leistung des Meineids abzuhalten. Auf den Fall bezogen, führt diese Ansicht dazu, dass eine Rechtspflicht Brunos, Paul von einem Meineid abzuhalten, anzunehmen ist. Sie begründet sich daraus, dass Bruno zuvor während Pauls Vernehmung selbst anwesend war und dass der Antrag auf Pauls Vereidigung gerade von Brunos Anwalt gestellt wurde. Somit wurde auch dieser Ansicht nach eine Handlungspflicht Brunos verletzt. cc) Eigenverantwortlichkeitstheorie Dagegen besteht nach der Eigenverantwortlichkeitstheorie überhaupt keine Pflicht, die Falschaussage eines mündigen Zeugen zu verhindern. Eine Garantenpflicht könne demnach nicht durch bloße Gefahrschaffung, sondern nur durch pflichtwidriges Verhalten entstehen. Habe es aber allein der Zeuge in der Hand, wie er aussagt, sei er ist nicht

Werkzeug der Prozesspartei. Aus diesem Grund könne auch keine Garantenpflicht zur Verhinderung der Falschaussage angenommen werden. Nach der Eigenverantwortlichkeitstheorie bestand mithin keine Handlungspflicht Brunos, so dass hiernach eine Beihilfe zum Meineid durch Unterlassen nicht in Betracht kommt. dd) Stellungnahme Da die letzte Ansicht zu einem von den zwei anderen Ansichten abweichenden Ergebnis kommt, muss der Streit insoweit entschieden werden. Begründet wird die Eigenverantwortlichkeitstheorie vor allem damit, dass ein fähiger und mündiger Zeuge für sein eigenes Handeln selbst verantwortlich sei. Durch ein bloßes Unterlassen seitens des Täters sei noch keine Gefährdung der Rechtspflege erkennbar, eine solche könne erst durch ein aktives, eigenes pflichtwidriges Verhalten entstehen. Doch führt diese Betrachtungsweise dazu, dass die Prozesspartei problemlos unwahre Behauptungen aufstellen und durch eigenes Verhalten auch Gefahren schaffen kann, dass diesen Behauptungen Glauben geschenkt wird. Auch in einem Unterlassen kann pflichtwidriges eigenes Verhalten gesehen werden, gerade wenn die Falschaussage des Zeugen auf einem früheren Überreden durch den Täter beruht. Mithin ist die Eigenverantwortlichkeitstheorie als zu eng abzulehnen. Da die zwei anderen Ansichten nicht zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, ist insofern keine Streitentscheidung erforderlich. Mithin ist von der Verletzung einer Garantenpflicht durch Bruno auszugehen. Bruno hat durch sein Schweigen seine entsprechende Handlungspflicht verletzt und somit Pauls Meineid i.s. des 27 StGB gefördert. c) Zwischenergebnis Der objektive Tatbestand ist damit zu bejahen.

2. Subjektiver Tatbestand Bruno handelte hinsichtlich Haupttat und Hilfeleistung vorsätzlich. II. / III. Rechtswidrigkeit und Schuld Rechtswidrigkeit und Schuld unterliegen keinen Bedenken. IV. Ergebnis Paul ist strafbar gem. 153, 154, 27, 13 StGB. D. Gesamtergebnis zur Strafbarkeit des Bruno Bruno hat sich vorliegend wegen einer Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage in Tatmehrheit mit einer Beihilfe zum Meineid durch Unterlassen gem. 153, 26; 153, 154, 27, 13; 53 StGB strafbar gemacht.