Der MVM Quartalsbrief

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Transkript:

Der MVM Quartalsbrief > Ausgabe 2. Quartal 2013 vom 28. Mai 2013 Unsere aktuellen Themen > Auswirkungen einer Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze auf die Höhe der Betriebsrente (BAG-Urteil vom 23. April 2013) > Wartezeitregelung in einer Versorgungsordnung (BAG-Urteil vom 12. Februar 2013) > Passivierung angeschaffter Pensionsrückstellungen (BFH-Urteil vom 12. Dezember 2012) > Berechnung einer unverfallbaren Anwartschaft / Altersdiskriminierung (BAG-Urteil vom 11. Dezember 2012) > Widerruf einer Versorgungszusage wegen Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers (BAG-Urteil vom 13. November 2012) > Betriebsrente wegen Invalidität bei Verweis auf die gesetzliche Rente (BAG-Urteil vom 9. Oktober 2012) Liebe Leserin, lieber Leser, die betriebliche Altersversorgung hat in den vergangenen Monaten wieder in einer Vielzahl von Fällen die deutschen Gerichte beschäftigt. Immer häufiger geht es dabei auch um Fragen der Gleichbehandlung. Nicht nur in diesem Themengebiet sind eindeutige und verständliche Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung das unüberhörbare Gebot der Stunde. Auf den folgenden Seiten haben wir wieder alle wichtigen Entscheidungen praxisnah für Sie kommentiert. Erfreuliche Nachrichten kommen dieser Tage aus Brüssel: Das deutsche Betriebsrentensystem steht in vielen Bereichen Modell für die Gestaltung des europäischen Rechtsrahmens für Pensionen. Wir werden Sie natürlich an dieser Stelle über alle Entwicklungen und Diskussionen, ob sie nun in Brüssel oder in Berlin geführt werden, wie gewohnt auf dem Laufenden halten. Wir wünschen Ihnen bei dieser neuen Ausgabe unseres MVM Quartalsbriefs wieder eine angenehme Lektüre und sind bei Fragen gerne für Sie da. Ihre MVM Micha Martin Lauterjung Geschäftsführer Markus Schreieder Geschäftsführer

Seite 2 > Auswirkungen einer Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze auf die Höhe der Betriebsrente (BAG-Urteil vom 23. April 2013) In einem bislang noch nicht im Volltext veröffentlichten Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 23. April 2013 (3 AZR 475/11) ging es um die Frage, inwieweit sich die im Jahr 2003 erfolgte außerplanmäßige Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung auf die Höhe einer Betriebsrente auswirkt, wenn die zugrundeliegende Versorgungsordnung eine sogenannte gespaltene Rentenformel vorsieht. Mit einer solchen gespaltenen Rentenformel werden die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung in Abhängigkeit von der Beitragsbemessungsgrenze differenziert, wobei in aller Regel für die Einkommensteile unterhalb dieser Grenze eine geringere Leistung (bzw. ein geringerer Beitragsaufwand) zugesagt wird als für die Einkommensteile, die die Beitragsbemessungsgrenze übersteigen. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass Arbeitnehmer bei Überschreiten der Beitragsbemessungsgrenze keine höheren gesetzlichen Rentenansprüche aufbauen können und insoweit eine größere Lücke zwischen dem Erwerbseinkommen und den späteren Renteneinkünften entsteht. Gespaltene Rentenformeln sind in der Praxis häufig anzutreffen. Im Jahr 2003 wurde die Beitragsbemessungsgrenze außerplanmäßig angehoben, um die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung zu sichern. Dadurch waren besserverdienende Arbeitnehmer gezwungen, in deutlich höherem Umfang Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu leisten; im Gegenzug konnten sie allerdings auch höhere gesetzliche Rentenansprüche begründen als zuvor. Im vorliegenden Fall klagte ein Rentner dagegen, dass die vorgenommene Anhebung seine Betriebsrente aufgrund der gespaltenen Rentenformel erheblich verringert habe. Denn der Teil seines Einkommens, der die Beitragsbemessungsgrenze überstiegen hatte, war mit der Erhöhung dieser Grenze kleiner geworden, wodurch auch seine Betriebsrente geringer ausfiel. Der Kläger war der Auffassung, die zugrundeliegende Versorgungsordnung sei hinsichtlich einer außerplanmäßigen Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze lückenhaft und daher ergänzend zu seinen Gunsten auszulegen. Konkret sei die Betriebsrente so zu berechnen, als wäre die außerplanmäßige Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze nicht erfolgt. Das BAG folgte der Argumentation des Klägers nicht und gab dem beklagten Arbeitgeber Recht. Nach Ansicht des Gerichts besteht kein Anspruch auf eine höhere Betriebsrente. Damit ist das BAG von seiner gegenteiligen Rechtsprechung aus den Urteilen vom 21. April 2009 (3 AZR 471/07 und 3 AZR 695/08) abgewichen. Damals hatte das BAG noch die Auffassung vertreten, dass die außerplanmäßige Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze bei der Berechnung der Betriebsrente außer Ansatz zu lassen sei. Nach unserer Auffassung ist dieses arbeitgeberfreundliche Urteil in der Sache konsequent, da mit einer gespaltenen Rentenformel regelmäßig das Ziel verfolgt wird, die geringeren gesetzlichen Rentenansprüche bei Überschreiten der Beitragsbemessungsgrenze durch eine entsprechend höhere Betriebsrente auszugleichen. Gerade diese gesetzlichen Rentenansprüche waren jedoch mit der Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze gestiegen, sodass eine geringere Betriebsrente zur Schließung der gesetzlichen Rentenlücke folglich gerechtfertigt sein muss.

Seite 3 > Wartezeitregelung in einer Versorgungsordnung (BAG-Urteil vom 12. Februar 2013) Das BAG hatte in seinem Urteil vom 12. Februar 2013 (3 AZR 100/11) darüber zu entscheiden, ob die Regelung in einer arbeitgeberfinanzierten Versorgungsordnung, die den Anspruch auf Versorgungsleistungen an die Erfüllung einer Wartezeit knüpft, arbeitsrechtlich zulässig ist oder eine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters darstellt. Im konkreten Fall hatte ein Arbeitgeber eine betriebliche Altersversorgung über eine Unterstützungskasse eingerichtet und dazu in einer Versorgungsordnung bestimmt, dass für die Erteilung einer Versorgungszusage das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zum Ende des Jahres 1999 sowie die Möglichkeit einer mindestens 15-jährigen Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung vorausgesetzt werden. Eine Arbeitnehmerin, die bei ihrem Eintritt in das Unternehmen bereits 55 Jahre alt war und somit die 15-jährige Wartezeit nicht mehr erfüllen konnte, sah darin eine unzulässige Diskriminierung und klagte auf die Gewährung einer Betriebsrente. Die Klage hatte vor dem BAG ebenso wie bereits in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass die vorgesehene Wartezeit keine unzulässige Altersdiskriminierung und auch keine unzulässige Benachteiligung wegen des Geschlechts bewirke. Das beklagte Unternehmen sei daher nicht verpflichtet, der Klägerin eine betriebliche Altersversorgung zu gewähren. Mit diesem Urteil stellt das BAG unseres Erachtens zutreffend klar, dass die Einführung einer Wartezeit und damit wohl auch eine Höchstaltersgrenze für die Aufnahme in ein betriebliches Versorgungssystem im Entscheidungsbereich des Arbeitgebers steht. Wenn dieser freiwillig eine arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung anbietet, so kann er auch die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen im Rahmen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) frei vereinbaren. Nach 10 Nr. 4 AGG ist die Festsetzung einer angemessenen Altersgrenze und damit die unterschiedliche Behandlung wegen des Alters grundsätzlich zulässig. Allein dem Arbeitgeber muss die Entscheidung überlassen bleiben, welche Dauer der Betriebszugehörigkeit er voraussetzt, um seinen Arbeitnehmern Versorgungsleistungen zukommen zu lassen. > Passivierung angeschaffter Pensionsrückstellungen (BFH-Urteil vom 12. Dezember 2012) Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte sich in seinem Urteil vom 12. Dezember 2012 (I R 69/11) mit der Frage zu befassen, wie sich der entgeltliche Erwerb unmittelbarer Pensionsverpflichtungen im Rahmen eines Betriebsübergangs auf die Bewertung der Pensionsrückstellungen auswirkt. Im vorliegenden Fall hatte die Veräußerin hinsichtlich der bestehenden Pensionsverpflichtungen eine Erstattung durch eine Verrechnung mit dem Kaufpreis vorgenommen.

Seite 4 Der BFH widersprach in seinem Urteil einem entsprechenden Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 24. Juni 2011 (IV C 6 S 2137/0-03) und damit der Auffassung der Finanzverwaltung. Diese verlangt im Falle der Schuldübernahme eine Beachtung der Passivierungsbeschränkungen, in diesem Fall also der Spezialvorschrift des 6a EStG, an den nachfolgenden Bilanzstichtagen. Dies hätte zur Folge, dass die stillen Lasten der Pensionsverpflichtung zwar vorübergehend aufgedeckt, aber in der auf den Erwerb folgenden Bilanz durch eine Reduzierung auf den niedrigeren Teilwert nach 6a EStG (also auf den in einem versicherungsmathematischen Gutachten ermittelten Wert) wieder gewinnerhöhend aufgelöst würden. Dies hatte das Finanzamt im vorliegenden Fall durchsetzen wollen. Nach Ansicht des BFH ist die Argumentation des Finanzamts nicht mit dem Realisationsprinzip in Einklang zu bringen, nach dem Anschaffungsvorgänge stets erfolgsneutral zu behandeln sind. Dies gelte auch für übernommene Passivposten und ungeachtet fiskalisch motivierter und von der Handelsbilanz abweichender Ausweisverbote in der Steuerbilanz. Auch die Übernahme steuerrechtlich nicht bilanzierter Verpflichtungen sei Teil des vom Erwerber zu entrichtenden Entgelts und erhöhe damit dessen Anschaffungskosten. Die Verpflichtung sei durch den entgeltlichen Erwerb realisiert worden und somit zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechend zu passivieren. Die besondere Teilwertberechnung nach 6a EStG sei daher in diesem Fall nicht anzuwenden. Zudem hält der BFH eine weitere Zuführung zu den mit den Anschaffungskosten ausgewiesenen Pensionsrückstellungen nach den Grundsätzen des 6a EStG (Differenz der steuerlichen Teilwerte) in den Folgejahren für zulässig, auch wenn der rechnerische Teilwert der Anwartschaften nach 6a EStG also der Bilanzansatz bei einer gedanklichen Fortführung der Bilanz der Veräußerin noch nicht erreicht ist. Die mit ihren Anschaffungskosten zugegangenen Rückstellungen werden damit also nicht etwa eingefroren, bis der steuerliche Teilwert nach 6a EStG die Anschaffungskosten übersteigt, sondern ununterbrochen fortgeführt. Mit diesem Urteil hat der BFH unseres Erachtens ein sachgerechtes Konzept für die Zugangs- und Folgebewertung übernommener Verpflichtungen entwickelt und dabei die Bedeutung der grundsätzlichen Erfolgsneutralität von Anschaffungsvorgängen klar betont. Allerdings sind momentan auch gegenläufige Gesetzesvorhaben in der Diskussion, sodass die weitere Entwicklung abzuwarten bleibt. > www.bundesfinanzhof.de > Berechnung einer unverfallbaren Anwartschaft / Altersdiskriminierung (BAG-Urteil vom 11. Dezember 2012) Das BAG hat in seinem Urteil vom 11. Dezember 2012 (3 AZR 634/10) entschieden, dass eine Versorgungsordnung, die die Zahl der für die Versorgung anrechenbaren Dienstjahre begrenzt, auch bei einem vorzeitigen Dienstaustritt nicht zu einer unzulässigen Altersdiskriminierung führt. Der klagende Arbeitnehmer war vorzeitig mit unverfallbaren Anwartschaften aus dem Unternehmen ausgeschieden, in das er bereits im Alter von 21 Jahren eingetreten war. Die dienstzeitabhängige Versorgungsordnung sah eine Begrenzung der anrechenbaren Dienstjahre auf 40 Jahre vor. Die Ermittlung

Seite 5 der unverfallbaren Anwartschaften erfolgte nach der zeitratierlichen Berechnungsmethode des 2 Abs. 1 BetrAVG ( m/n-tel-verfahren ), sodass die erreichbaren Versorgungsleistungen im Verhältnis der tatsächlichen zur insgesamt möglichen Dienstzeit gekürzt wurden. Insgesamt möglich war aufgrund des frühen Diensteintritts eine Dienstzeit von mehr als 43 Jahren. Der Kläger rügte, dass die Ermittlung des zu kürzenden fiktiven Vollanspruchs bei Renteneintritt nach der Versorgungsordnung nur auf Basis von 40 Dienstjahren erfolgte, obwohl bei der zeitratierlichen Kürzung im Nenner die tatsächlich mögliche Dienstzeit von über 43 Jahren angesetzt wurde. Er war der Meinung, dass in diesem Fall auch der Vollanspruch auf Basis der tatsächlich möglichen Dienstzeit zu ermitteln sei. Hilfsweise beantragte der Kläger, auch die zeitratierliche Kürzung nur auf Basis von 40 möglichen Dienstjahren (und damit abweichend vom Wortlaut des 2 Abs. 1 BetrAVG) vorzunehmen, da der Vollanspruch entsprechend begrenzt sei. Das Gericht gab dem Arbeitnehmer nicht Recht und folgte damit den Vorinstanzen. Die Begrenzung der anrechenbaren Dienstzeit und damit auch des fiktiven Vollanspruchs verstoße nicht gegen das AGG, so das Gericht. Die Regelung bewirke keine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters. Auch wenn sie dazu führen könne, dass eine längere Betriebszugehörigkeit nicht rentensteigernd wirkt, sei sie sachlich gerechtfertigt, da sie dem Arbeitgeber eine sichere Kalkulation der Versorgungsleistungen ermögliche. Zudem würden die Arbeitnehmer durch die Begrenzung nur unwesentlich betroffen. Mit diesem Urteil führt das BAG seine bisherige Rechtsprechung zur Altersdiskriminierung bei der Ermittlung unverfallbarer Anwartschaften fort. So hatte das BAG schon im Jahr 2011 geurteilt, dass die zeitratierliche Berechnungsmethode keine unzulässige Altersdiskriminierung bewirkt, auch wenn dieselben Dienstzeiten bei jüngeren Arbeitnehmern zu geringeren unverfallbaren Anwartschaften führen als bei älteren Arbeitnehmern. Dieses Urteil hatten wir im MVM Quartalsbrief für das 4. Quartal 2011 umfassend für Sie kommentiert. > Widerruf einer Versorgungszusage wegen Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers (BAG-Urteil vom 13. November 2012) Nach einem Urteil des BAG vom 13. November 2012 (3 AZR 444/10) kann ein Arbeitgeber eine Versorgungszusage nur dann wegen grober Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers widerrufen, wenn die Berufung des Arbeitnehmers auf die Versorgungszusage rechtsmissbräuchlich ist. Das BAG bestätigte damit seine bisherige Rechtsprechung. Insbesondere aufgrund des Entgeltcharakters der betrieblichen Altersversorgung ist der Widerruf einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft durch den Arbeitgeber nur dann zulässig, wenn der Arbeitnehmer die Unverfallbarkeit durch Vertuschung schwerer Verfehlungen erschlichen hat. Ein solcher Fall ist anzunehmen, wenn eine rechtzeitige Entdeckung dieser Verfehlungen noch vor Eintritt der Unverfallbarkeit zur fristlosen Kündigung geführt hätte und der Arbeitnehmer den Arbeitgeber

Seite 6 durch die Vertuschung seines Fehlverhaltens daran gehindert hat, die Kündigung auszusprechen, bevor die Anwartschaft unverfallbar wurde. Zudem kann der Einwand des Rechtsmissbrauchs dann gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber durch grobes Fehlverhalten einen nicht behebbaren und nicht durch Ersatzleistungen wiedergutzumachenden schweren Schaden zugefügt hat. Das Urteil verdeutlicht, dass der Widerruf einer Versorgungszusage an erhebliche Voraussetzungen geknüpft ist. Es handelt sich um eine in der Praxis sehr seltene Sanktion des Arbeitgebers für eine besonders schwerwiegende Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten. Für geschädigte Arbeitgeber kommt vorrangig vor dem Widerruf einer Versorgungszusage die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen in Betracht. > Betriebsrente wegen Invalidität bei Verweis auf die gesetzliche Rente (BAG-Urteil vom 9. Oktober 2012) Das BAG stellte mit seinem Urteil vom 9. Oktober 2012 (3 AZR 539/10) klar, dass der Bezug einer gesetzlichen Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auch dann einen Anspruch auf Betriebsrente wegen Invalidität auslöst, wenn in der zugrundeliegenden Versorgungsordnung auf veraltete Begrifflichkeiten wie Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit verwiesen wird. Konkret waren in der Versorgungsordnung Leistungen für die Dauer der festgestellten Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit sowie der Rentenzahlung durch den Rentenversicherungsträger nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses vorgesehen worden. Das BAG sah hierin eine dynamische Verweisung auf den jeweiligen Invaliditätsbegriff der gesetzlichen Rentenversicherung und stellte einen Betriebsrentenanspruch auch bereits im Falle einer nur teilweisen Erwerbsminderung fest. Mit diesem Urteil zeigt das BAG erneut die Bedeutung klarer und eindeutiger Formulierungen im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung auf. Sofern keine dynamische Verweisung auf gesetzliche Definitionen beabsichtigt ist, sollte dies ausdrücklich geregelt werden. Gleichzeitig sollten die Voraussetzungen für den Bezug von Versorgungsleistungen eigenständig definiert werden, wobei sich im Falle einer versicherungsmäßigen Rückdeckung gerade bei Invalidenleistungen eine Übernahme der entsprechenden Versicherungsbedingungen anbietet. Die Experten der MVM begleiten betroffene Arbeitgeber gerne bei der umfassenden Überprüfung und Anpassung ihrer betrieblichen Versorgungsregelungen.

Seite 7 > Kontakt MVM Münchner Versorgungsmanagement GmbH Südliche Münchner Straße 8a 82031 Grünwald bei München Tel. 089/540 41 16-0 Fax 089/540 41 16-20 info@mvmonline.de > Impressum Sitz der Gesellschaft: Grünwald bei München Geschäftsführer: Micha Martin Lauterjung, Markus Schreieder Handelsregister: Amtsgericht München, HRB 186286 Zulassung zur Rechtsdienstleistung im Bereich Rentenberatung nach 10 Abs. 1 Nr. 2 RDG erteilt durch den Präsidenten des Amtsgerichts München, Aktenzeichen: 371 E - M 1723. Verantwortlich für den Inhalt: Dipl.-Kfm. Micha Martin Lauterjung Münchner Versorgungsmanagement GmbH (Anschrift wie oben) Die Inhalte des MVM Quartalsbriefs wurden mit größtmöglicher Sorgfalt recherchiert. Dennoch sind Fehler unvermeidbar. Die MVM kann daher keine Haftung oder Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit, Zuverlässigkeit und Aktualität der enthaltenen Informationen übernehmen. Nachdruck nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung durch die MVM.