Wie war es, als Sie den Roman DAS PARFUM zum ersten Mal in Händen hielten? Hatten Sie damals schon Film-Bilder im Kopf?

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Transkript:

Kategorie: Produktion Interview mit Bernd Eichinger Wie war es, als Sie den Roman DAS PARFUM zum ersten Mal in Händen hielten? Hatten Sie damals schon Film-Bilder im Kopf? Eichinger: Patrick Süskind war damals [Anfang der Achtzigerjahre, Anm. d. Red.] ein sehr enger Freund von mir. Und das Witzige war, wir wussten alle nicht, dass er überhaupt einen Roman schreibt. Immerhin hat das ja fünf Jahre in Anspruch genommen. Er hat hauptsächlich in Paris geschrieben, da hat er so eine kleine Bude gehabt. Ich habe das also nicht gewusst und habe das Buch auch erst an dem Tag gekauft, an dem es im Buchladen war. Und soweit ich mich erinnern kann in einem Zug gelesen. Ich fand das... also ich will jetzt nicht übertreiben, aber ich würde mal sagen: Es war eines der Bücher, die mich am allermeisten erstaunt haben von allen, die ich je gelesen habe. Die Frage, ob da sofort Bilder im Kopf entstanden sind, kann ich nicht wirklich beantworten. Wahrscheinlich entstanden Bilder. Aber wahrscheinlich entstehen Bilder bei jedem Leser, nicht nur bei Leuten, die Filme machen. Durch die Beschreibung, die einem das Buch anbietet, stellt man sich natürlich auch die Dinge vor. Die Idee, das Buch zu verfilmen, hatte ich natürlich sofort, als ich es zugemacht habe. Man sucht als Produzent oder überhaupt als Filmemacher ja das Außergewöhnliche, man versucht möglichst ein Unikat zu bekommen. Was selten genug passiert. Und eben weil es so selten ist, ist es das wonach man sucht. Der Moment ist extrem aufregend, wenn man was gesehen oder gelesen oder erlebt hat, von dem man sagt: Das ist außergewöhnlich. Das ist immer der Beginn, bei mir jedenfalls, über einen Film nachzudenken. Nach der Lektüre des PARFUMS war mir klar: Das ist ein absolutes Unikat. Und das alleine hat schon ausgereicht um zu sagen: Das muss man probieren, das zu verfilmen. Es gab aber auch sofort Leute, die gesagt haben: Dieses Buch ist unverfilmbar! Eichinger: Die gibt es immer. Die Leute haben auch gesagt, DIE UNENDLICHE GESCHICHTE sei unverfilmbar. Oder DER NAME DER ROSE. Beim PARFUM ist folgendes passiert: Die Leute dachten, man kann im Film keine Gerüche darstellen. Aber muss ich sagen, der Gedanke kam mir gar nicht. Denn das Buch riecht ja auch nicht. Patrick Süskind hat ja auch Gerüche dargestellt, mit der Gewalt seiner Worte. Und wir hatten halt Bilder und Töne, um das herzustellen, was sehr viel schwieriger ist. Schwer verfilmbar an dem Buch war eher die Tatsache, dass es überhaupt keinen Helden anbietet. Es hat auch keinen normalen Konflikt zwischen Gut und Böse. Oder überhaupt einen Konflikt. Das Buch hat keinen, wenn man es so will, psychologischen Leitfaden, auch keine moralische Grundlage, die fast jeder Film braucht. Die Dramaturgie eines Stücks egal ob es ein Theaterstück, ein Buch oder ein Film ist besteht ja darin, dass Konflikte entstehen, meistens durch die Wünsche oder Absichten, die seine Protagonisten haben. Und durch die Schwierigkeiten der Protagonisten, ihre Mission durchzustehen. Dadurch identifiziert man sich sofort mit der Person und kann mitgehen. Beim PARFUM aber haben wir eine völlig autistische Person, also Grenouille, der eigentlich gar nichts redet. Und wenn er redet, dann bestimmt nicht von sich selber, weil er ja über seine

Psychologie keine Vorstellung hat. Er ist nicht nur autistisch, er hat auch tatsächlich nichts, was man im Sinn einer Identifikation ergründen könnte also keine Natur, die man ergründen könnte. Die Begriffe, die aus der Moral kommen, sind ihm nicht geläufig. Weil er nicht unmoralisch ist, sondern amoralisch. Es ist nicht innerhalb seines Konzepts, überhaupt Moral zu empfinden. Außerdem nimmt er die ganze Welt nur durch Gerüche wahr. Das heißt: Alles, was nicht riecht, existiert für ihn nicht. Es ist schwer, daraus eine Figur zu machen, der man folgen will, denn das ist ja immer wichtig. Man muss trotzdem der Figur folgen, obwohl sie grausige Sachen macht also schöne Mädchen umbringt, und ihnen in ganz schlimmen Verfahren den Körpergeruch entzieht, und so fort. Es ist schwer, daraus etwas zu machen, das im weitesten Sinne eine Geschichte ist und nicht nur eine Aneinanderreihung von Ereignissen. Was wir die Und-dann-Dramaturgie nennen: Und dann passiert das, und dann passiert das, und dann passiert das. Das ist überhaupt keine Dramaturgie, das ist mehr wie ein Fotoalbum anschauen. Eine dramaturgische Komponente reinzubekommen, damit Spannung überhaupt entstehen kann, und eben ein Funken Identifikation, das war schwierig. Wir haben dann auch fast darauf verzichtet und Identifikation durch Faszination ersetzt. Wir haben versucht, dieser Figur so schräg und verrückt sie auch ist eine Faszination zu geben. Und den Zuschauer einzuladen, sie gewissermaßen als Faszinosum zu betrachten. Sie haben sich bereits 1985 sehr schnell um die Rechte beworben. Was ist dann passiert? Eichinger: Ganz einfach, Patrick Süskind hat sich verweigert. Nicht nur mir. Er hat sich überhaupt verweigert, die Rechte zu verkaufen. Er hat sehr, sehr viele Angebote aus der ganzen Welt bekommen, die er einfach ausgeschlagen hat. Da war nichts zu machen. Da kannte ich ihn gut genug, um zu wissen: Wenn er so etwas sagt, dann meint er das auch. Und allen Stories, die so kursieren, zum Trotz: Ich bin auch nicht in ihn gedrungen. Ich habe einfach gesagt: Na ja, gut, da gibt es jetzt nichts zu tun. Aber wie man weiß, kann die Zeit die Dinge auch ändern. Nach fünfzehn Jahren war es dann so, dass ich vom Verlag gehört habe, dass jetzt doch eine Möglichkeit da wäre. Wenn man sich jetzt schnell einig würde. Ich bin dann von Los Angeles nach Zürich geflogen, wo der Diogenes Verlag sitzt. Da konnte ich das dann abschließen. Dann habe ich knapp vier Jahre gebraucht, um den Film herzustellen. Wie schnell haben Sie das Geld für die Rechte aufgetrieben? Eichinger: Ja, das Geld... Das Problem war, dass ich damals Vorstandsvorsitzender der Constantin Film AG war. Ich konnte das Geschäft natürlich abschließen aber anschließend musste ich zum Aufsichtsrat gehen und mir das bestätigen lassen. Der Aufsichtsrat hat es nicht bestätigt (lacht). Weil man dort der Meinung war, dass der Preis zu hoch gewesen sei. Dann bin ich halt zu meiner Bank gegangen und habe gesagt, ich brauch das Geld und habe die Rechte privat gekauft. Mit großem persönlichen Risiko. Gab es da Zweifel? Eichinger: Nein, nein. Also bei so etwas hat man keine Zweifel, da gibt es keine Zweifel. Das Buch muss man haben. Mann muss dann nur schaffen, einen Film daraus zu machen, der gut genug ist, um dem Buch gerecht zu werden. Und natürlich auch gut genug, um den Leuten das Zutrauen zu geben, hineinzugehen. Und gut genug, damit die Leute rauskommen und den Film weiterempfehlen. Das ist immer die Frage, ob man einen Film so hinkriegt, wie man ihn haben will. Aber man geht davon aus sonst muss man es bleiben lassen. Das Filmemachen, meine ich. Wie hoch war das Risiko für Sie?

Eichinger: Naja, ich will jetzt keine Zahlen nennen, aber das finanzielle Risiko ging weit über meine Verhältnisse, um es mal so zu sagen. Aber das bin ich gewohnt. Ich bin mehrmals in meinem Leben in finanzielle Engpässe gekommen durch Filme, das hat mich nie besorgt gemacht. Das Wichtigste ist, dass man gute Stoffe hat. Dann muss man das Selbstvertrauen aufbringen, das auch zu zeigen, und alles zum guten Ende führen. Später war es dann so, als das Projekt Gestalt annahm, hat die Constantin die Rechte nachträglich wieder von mir erworben. Und ich habe den Film für die Constantin gemacht. Das wollten sie dann doch nicht, dass ich jetzt, ich sage mal, den Film für Twentieth Century Fox oder Warner Brothers mache. Das kam ihnen komisch vor. Und dann haben sie es doch noch gemacht. Das Gespür, dass die Zuschauer am Ende kommen werden, hat sie das nie verlassen? Hat alles immer funktioniert, was Sie sich ausgedacht haben? Eichinger: Nein, es hat nicht immer funktioniert. Das weiß man auch nicht. In aller Regel sind die größeren Unternehmungen, die ich gemacht habe, auch kommerzielle Erfolge gewesen. Aber mir ist nicht immer alles gelungen, keineswegs. Es arbeiten so viele Leute an einem Film, das ist nicht alles kontrollierbar. Manchmal stimmt die Chemie einfach nicht zwischen den Leuten, und wenn die Chemie allein zwischen Produzenten und Regisseur nicht stimmt, dann ist es aus. Dann können sie gar nichts mehr machen. Auch wenn jeder besten Willens ist und sein Bestes gibt es geht nicht. Also das ist der Horror. Meistens merkt man es aber vorher und kann sich dann verständigen. Also mir ist es viermal passiert und viermal vor dem Drehen, Gott sei Dank dass man sich irgendwie in die Augen schaut und sagt, das geht nicht, lassen wir es. Vielleicht beim nächsten Mal. War es schwierig, die richtigen Leute für den Film zusammenzubringen, als es los ging? Eichinger: Das ist immer schwierig, das ist das Schwierigste überhaupt. Das ist auch einer der Gründe, warum ich zunehmend mehr als Autor tätig bin. Ich habe beim UNTERGANG das Drehbuch geschrieben, ich habe für das PARFUM das Drehbuch in wesentlichen Teilen geschrieben, zusammen mit Andrew Birkin und Tom Tykwer und beim BAADER-MEINHOF- KOMPLEX auch. Das ist so eine der Erfahrung, die man macht dass es manchmal sehr, sehr lange dauert oder zu lange dauert mit Autoren den Stoff zu erarbeiten. Auch beim PARFUM war es so. Ich habe drei oder vier Autoren verschlissen und bin keinen Schritt weitergekommen. Von den vier Jahre Produktionszeit sind anderthalb, vielleicht sogar zwei Jahre durch vergebliche Drehbucharbeit verlorengegangen. Da habe ich mich entschlossen, das mit Andrew Birkin zu machen, mit dem ich ja schon mehr gemacht hatte DER NAME DER ROSE hat er auch geschrieben für mich. Andrew und ich haben eine Fassung geschrieben. Dann habe ich mich für Tom Tykwer als Regisseur entschieden. Tom ist ein guter Autor, wenn er am richtigen Projekt sitzt, und Tom hat auch noch mal sehr wichtige Dinge dazu beigetragen. Zu Dritt haben wir es gestemmt. Wenn man den Film sieht und das Buch kennt, würden man jetzt denken, dass es gar nicht so schwierig war. Weil man gar nicht bemerkt, dass sich zwischen Film und Buch großartig was geändert hat. Und man will ja dass es überhaupt gar keiner merkt. Trotzdem ist es so, dass der Film mit dem Buch kaum mehr was zu tun hat. Das ist das Verrückte dabei. Wir zeigen eine Straßenszene in Paris, wo Grenouille den ganzen Reichtum der Düfte wahrnimmt welcher Moment ist das im Film? Eichinger: Die Szene, in der Grenouille durch diese Pariser Straße geht und dort die Düfte aufsaugt, ist eine der ganz großen Schlüsselszenen des Films. Es ist das erste Mal, dass Grenouille überhaupt in seinem Leben in eine Situation kommt, wo er Gerüche wahrnimmt, die er bisher noch nie gerochen hat. Er kommt ja aus dem Dreck, aus der Armut, er kennt ja sozusagen nur die

üblen Gerüche, wenn man so will. In dieser Straße aber wird er mit einer Vielzahl, mit einem Millionenfachen an Duftmengen konfrontiert. Es ist das erste Mal, dass Grenouille diese Wahrnehmung auch für den Zuschauer verständlich machen kann. Er nimmt seine ganze Welt nur über Gerüche wahr. Und deswegen ist das auch relativ ausführlich und sehr detailliert gemacht. Ich hoffe, dass der Zuschauer hier merkt: Ach so, klar, der sieht das eigentlich alles gar nicht. Also er geht nicht sehenden Auges durch die Welt, sondern riechend er geht mit riechender Nase durch die Welt. So müsste man das sagen. Aus der Sicht des Produzenten: Was war besonders schwierig an dieser Szene? Eichinger: Bei Produzenten kann man ja meistens nicht einschätzen, was die eigentlich tun. Das Klischee, das mir immer einfällt, ist so ein kleiner glatzköpfiger Mensch mit einer großen Zigarre hinter einem riesigen Schreibtisch, der irgendwie mit Geld um sich schmeißt und meistens mit einer schönen Schauspielerin verheiratet ist, oder so etwas. Bei mir ist es nicht so, dass ich viel am Schreibtisch sitze. Insofern gibt es für mich keine Sicht des Produzenten es gibt die Sicht des Filmemachers. Meine Arbeit ist hauptsächlich, Leute zusammenzubringen, das heißt die Autoren, den Regisseur, die Schauspieler, also das Team zusammenzustellen. Das ist sozusagen die Hauptaufgabe. Beim Drehen selbst muss der Regisseur das in Szene setzen, das ist klar. Je nach Größe des Projekts und der Schnelligkeit, mit der man auch arbeitet, ist es für den Regisseur oft gut, wenn er einen Produzenten, dem er vertraut, am Drehort hat. Das muss aber nicht sein. Die "Muster", wie wir das nennen also das was am Tag gedreht worden ist das kann ich auch anschauen, wo immer ich bin, und am Abend mit dem Regisseur noch eine Stunde telefonieren. Das Schwierige war also nicht die einzelne Szene für mich, sondern das meine ich jetzt gar nicht böse, auch wenn es so klingen mag dass der Film nicht so ein "Arthouse-Movie" wird, sondern populären Appeal hat. Man könnte den Film auch als "Arthouse-Movie" machen, wäre vielleicht auch interessant. Aber das geht natürlich nicht, wenn man 60 Millionen Dollar ausgibt, das hätte mich auch nicht interessiert. Ich wollte das Populäre behalten, obwohl der Stoff sehr schräg ist. Gleichzeitig wollte ich das Außergewöhnliche des Romans schützen, weil es auch verrückt wäre, das nicht zu tun. Man hat etwas Außergewöhnliches und will das bewahren, ist ja klar. Die Straße in Paris, wie wurde das im Einzelnen gedreht? Eichinger: Die Straße im Film ist in der Altstadt von Barcelona. Wir haben sehr viel in Barcelona gedreht und Barcelona mit den Austattern so umgebaut, dass es für uns zum Paris des 18. Jahrhunderts wurde. Es hätte nichts genutzt, nach Paris selbst zu gehen. Das Paris, das wir heute kennen, ist ein neues Paris mit relativ breiten Straßen und Chausseen, das hat es damals nicht gegeben. Es waren sehr enge, letztlich sehr verdreckte Straßen. Auch die großen Straßen waren, wie soll ich sagen nicht Chausseen oder gepflastert, sondern im Prinzip sehr verdreckte, man würde heute fast sagen Seitenstraßen. Der Dreh erforderte natürlich sehr viel Vorbereitung. In der Straße in Barcelona sind überall Geschäfte, mit denen mussten wir natürlich reden und die umdekorieren. Man musste Läden daraus machen, die Mitte des 18. Jahrhunderts in Paris denkbar waren. Im Studio in München hatten wir die Parfümerie gebaut, in der Grenouille ausgebildet wurde. Die sieht man hier aber nicht. Die Parfümerie in dieser Szene haben wir in Barcelona gefunden, die wurde in ein bestehendes Geschäft hineingebaut. Was hat Sie auf dem Weg zum PARFUM geleitet? Eichinger: Ich durfte das, was mich an dem Buch fasziniert hat, auf gar keinen Fall verlieren. Das geht damit los, dass ich einen Drehbuchautor habe, und der findet andere Dinge faszinierend als ich, dann muss ich mich eigentlich schon von dem trennen. Dann geht schon der erste Schritt in die falsche Richtung. Vielleicht versucht er etwas zu glätten, was ich auf gar keine Fall geglättet

sehen will. Dann sagt er, das funktioniert beim Publikum aber nicht, und ich sage, ich kann das nicht opfern. Ich weiß nur, dass das Buch sehr wohl funktioniert hat, und es hat auch bei mir funktioniert, also in meinem Herzen und meiner Seele. Jetzt muss ich dieses Außergewöhnliche behalten, das ist immer der Kampf beim Filmemachen. Man muss ganz hart an der Kante sein und sehr außergewöhnlich sein, aber man darf das Publikum nicht entfremden. Das ist die Kunst, dass man auf der einen Seite das Ungewöhnliche nicht als Barriere ansieht, sondern als Freund. Das man versteht, das zu umarmen, also auf jeden Fall reinzunehmen, aber eben in irgendeiner Weise verständlich machen. Das ist die Kunst und die Schwierigkeit. Was zeichnet einen guten Filmproduzenten aus? Eichinger: Er muss einen guten Blick für außergewöhnliche Stoffe haben, das ist ganz, ganz wichtig. Er muss etwas vom Schreiben verstehen, das heißt nicht notwendig, dass er schreiben muss. Aber er muss die Gabe haben, ein gut geschriebenes Buch, einen gut geschriebenen Dialog von einem weniger gut geschriebenen Dialog unterscheiden zu können, denn das hat mit den Figuren zu tun. Und dann muss er, sagen wir, zumindest eine Energie haben, positive Energie, um Leute für sein Vorhaben zu interessieren. Gibt es eine Produzentenleistung im deutschen Film, die Sie beeindruckt hat? Eichinger: Man weiß ja nie wirklich genau, wer was gemacht hat. Also man kann nicht sagen, das ist die Leistung des Produzenten, wenn der Film groß ausschaut. Wenn sie ein gutes Projekt haben, kommt das Geld zu ihnen, also müssen Sie erst einmal das gute Projekt haben. Und Sie müssen Ihr Projekt auch für jeden verständlich, überzeugend darstellen können. Aber es gibt natürlich Filme, von denen ich weiß, dass sie große produzentische Leistungen beinhaltet haben. Wie zum Beispiel VOM WINDE VERWEHT. Den Film würde es nicht geben ohne David O. Selznick. Und den Film würde es vor allem, so wie wir ihn kennen, nicht geben. Außerdem fällt mir spontan DAS BOOT ein. Der hat den deutschen Film im Ausland nicht nur bekannt gemacht, sondern da wurde auch klar, dass wir auch populäre Filme machen können. Die richtige Entscheidung war, den Film in deutscher Sprache mit deutschen Schauspielern zu drehen, weil es eben eine deutsche Geschichte ist. Dass da eben kein Kompromiss gemacht wurde, auch wenn er im Ausland nur mit Untertiteln laufen kann. Aber das hat den Produzenten Günter Rohrbach nicht abgeschreckt. Und es hat ihn auch nicht dazu bewogen, den Film mit weniger finanziellen Mitteln auszustatten, als der Film es gebraucht hat. Wenn der Film anders ausgeschaut hätte, wegen fehlender Ausstattungsmittel zum Beispiel, dann wäre er nicht der Erfolg geworden, der er geworden ist. Was bedeutet Kino für Sie? Eichinger: Wenn ich jetzt Österreicher wäre, würde ich sagen: Das ist für mich das Leiwandste! Wenn sie nicht schon Produzent, Autor und Regisseur wären, welchen Beruf im Film könnten sie sich noch vorstellen? Und warum? Eichinger: Nein, da kann ich mir keinen vorstellen. Selbst Regisseur bin ich ja eigentlich nur, wenn es anders gar nicht anders geht. Und Autor eigentlich auch. Mein Beruf ist der des Produzenten und der ist mir auch der liebste.