Perspektiven in der Holzwirtschaft - Ergebnisse und Interpretation der Zukunftsstudie Holz - Delphistudie revisted

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Transkript:

Perspektiven in der Holzwirtschaft - Ergebnisse und Interpretation der Zukunftsstudie Holz - Delphistudie revisted Keynote zum 9. Holzwerkstoffkolloquium in Dresden Marcus Knauf, Arno Frühwald Wie wird sich die deutsche Holzwirtschaft zukünftig entwickeln? In der Trendanalyse Zukunft Holz Delphistudie zur Entwicklung der deutschen Holzindustrie sind die Autoren in den Jahren 2003/04 dieser Frage nachgegangen [1-2]. Diese intensiv rezipierte Studie beschrieb mögliche Entwicklungen in der deutschen Holzindustrie bis zum Jahr 2020. Mit der Delphistudie Holz 2020 revisited gab es 2009 ein Follow up der damaligen Studie. Die Ergebnisse beider Studien unterstützen Akteure in Forst- und Holzwirtschaft auf betrieblicher wie auch auf politischer Ebene, zukunftstaugliche Strategien zu entwickeln. Daneben soll ein Branchendialog in der Forst- und Holzwirtschaft über Zukunftsthemen angestoßen werden. Das Interesse in der Holzwirtschaft an Zukunftsfragen, wie sie die Studie aufwirft, zeigt sich an der hohen Beteiligung von mehr als 300 Experten. Neben dem grundsätzlichen Interesse an diesem Thema ist auch bemerkenswert, dass ein großer Teil der Teilnehmenden zum Topmanagement der Forst- und Holzwirtschaft gehört. Durch das hochkarätige Expertenfeld ermöglicht die Studie sehr aussagekräftige Ergebnisse zur Sicht der Branche auf die Zukunft der deutschen Holzindustrie. Ein Fünftel der sich beteiligenden Experten arbeitet in der Holzwerkstoffbranche. Insgesamt waren für die Auswertung folgende Expertencluster u. a. besonders relevant: Holzwerkstoffindustrie: 62 Experten Sägeindustrie: 55 Experten Forstwirtschaft: 49 Experten Rohstoffmarktexperten (aus verschiedenen Branchen) 112 Experten Die Studie von 2009 bietet nicht nur die Chance, ein relativ aktuelles Stimmungsbild zu den zukünftigen Entwicklungen der deutschen Holzwirtschaft zu zeichnen, sondern zeigt auch den Wandel in den Ansichten der Experten zwischen 2003/4 und 2009 auf. Methode und Ergebnisse der Befragung wurden der Fachöffentlichkeit in einer fünfteiligen Artikelserie im Holz-Zentralblatt ausführlich vorgestellt [3-7]. Das 9. Holzwerkstoffkolloquium in Dresden wird nun zum Anlass genommen, die Ergebnisse der Studie mit Blick auf die Entwicklung der Holzwerkstoffindustrie zu präsentieren und zu interpretieren. In diesem Beitrag sollen die Aspekte betrachtet werden, die für die Holzwerkstoffindustrie eine

besondere Bedeutung haben (so z. B. die Themen Rohstoffnutzung oder Nachhaltiges Bauen). Die Ergebnisse der Studie werden im Folgenden im Fokus Holzwerkstoffindustrie in vier Themen vorgestellt und interpretiert: 1. Rohstoffverfügbarkeit und Nutzungskonkurrenz 2. Megatrend Nachhaltigkeit und Klimaschutz 3. Produktinnovationen 4. Veränderung von Märkten und Strukturen Im Anschluss an die Präsentation wird unter den Teilnehmenden eine Befragung zur aktuellen Einschätzung brisanter Themen durchgeführt. Die Ergebnisse werden zum Abschluss des Holzwerkstoffkolloquiums präsentiert und erlauben so ein aktuelles Stimmungsbild der Branche. 1. Rohstoffverfügbarkeit und Nutzungskonkurrenz: Holz bleibt in Europa mit großer Wahrscheinlichkeit ein knapper Rohstoff Eine wachsende Rohstoffknappheit gilt in der Holzwirtschaft als unbestritten. Die aktuelle Frage lautet also weniger, ob der Rohstoff knapp wird sondern wie knapp er wird. Zur Beantwortung dieser Frage wurden in der Studie insgesamt acht Aussagen formuliert, deren Eintrittswahrscheinlichkeit die Experten beurteilten. In Abb. 1 sind die Aussagen aller befragten Experten zusammengefasst. Die Experten bewerteten ihre Aussagen auf einer Skala von sehr unwahrscheinlich (dunkelrot) bis sehr wahrscheinlich (dunkelgrün).

Durch die energetische Nutzung des Holzes wird es dauerhaft und bundesweit zu Engpässen in der Rohstoffversorgung der Holzwerkstoff-/Zellstoffindustrie kommen. n=291 18% 1 40% 28% Verfügbarkeit von Rohholz aus deutschen Wäldern: Staatliche Interventionen im Naturschutz und bei Ökologie sind 2020 insgesamt ein erhebliches Hemmnis für die Ausweitung der Holznutzung. n=268 21% 24% 38% 14% Holzmobilisierung im Kleinprivatwald: Durch entsprechende Maßnahmen ist es 2020 möglich, die durch die Bundeswaldinventur II ausgewiesenen erheblichen Vorräte im Kleinprivatwald in großem Maße zu nutzen. n=257 5% 21% 29% 4 4% Die heute noch als Versuchsflächen betriebenen Kurzumtriebsplantagen (KUP) werden 2020 bedeutende Flächen einnehmen und für die Holzbereitstellung Bedeutung haben (mehr als 1 Mio. t. atro Holz/Jahr). n=238 3% 18% 28% 4 10% Durch waldbauliche Vorgaben und veränderte klimatische Bedingungen findet ein Wandel zum Laubholz orientierten Wald statt. Ab 2020 werden bedeutende Mengen an Buchen- und Eichenschwachholz zur Verfügung stehen. n=255 15% 24% 47% 13% Die Holzwirtschaft ist bis 2020 in der Lage, neue Laubholzprodukte insbesondere für konstruktive Anwendungen zu entwickeln und dafür eine Marktakzeptanz und Marktnachfrage herbeizuführen. n=263 17% 25% 47% 8% Sägerundholz wird verstärkt für die energetische Nutzung nachgefragt. Der Bioenergiesektor ist in Zukunft nicht nur Kunde der Sägeindustrie (Sägenebenprodukte), sondern tritt bis 2020 verstärkt in Konkurrenz zur Sägeindustrie. n=282 4% 20% 14% 44% 18% Hersteller von Biokraftstoffen (z. B. Choren) werden 2020 mehrere großindustrielle Anlagen in Deutschland betreiben und in diesen Anlagen hauptsächlich Holz als Rohstoff einsetzen. n=251 7% 27% 35% 24% 6% n = Anzahl der Experten/Antworten 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% sehr unwahrscheinlich unwahrscheinlich unklar wahrscheinlich sehr wahrscheinlich Abb.1: Veränderung im Bereich Rohstoff (2020): Gesamtübersicht über die Antworten aller Experten (2009) Das wichtigste Ergebnis aus Sicht der Holzwerkstoffbranche: Mehr als zwei Drittel der Befragten halten dauerhafte und bundesweite Rohstoffknappheiten in der Rohstoffversorgung der Holzindustrie und aufgrund der Rohstoffsortimente in der Holzwerkstoffindustrie für (sehr) wahrscheinlich. Die Experten aus der Holzwerkstoffindustrie sind sogar zu mehr als 80 % dieser Ansicht. Diese Feststellung für die Holzwerkstoffindustrie bezieht letztlich die Antworten auf alle Fragen dieses Komplexes mit ein. So erwarten die Befragten z. B. weitere Nutzungseinschränkungen durch eine Ausweitung von Naturschutzgebieten. Die Experten halten es auf der anderen Seite aber auch für eher wahrscheinlich, dass sich die Rohstoffbasis erweitert, z. B. durch die Anlage von Kurzumtriebsplantagen oder durch eine deutlich bessere Mobilisierung der Holzvorräte im Kleinprivatwald. Jedoch reichen auch diese Maßnahmen zur Verbreiterung der Rohstoffbasis nach Meinung der Experten nicht aus, um die ebenfalls steigende Nachfrage nach Holz

(sowohl zur stofflichen als auch energetischen Nutzung) zu decken. Insgesamt erwarten die Experten daher eine deutlich stärkere Konkurrenzsituation von energetischer und stofflicher Nutzung, die sogar soweit geht, dass auch Sägerundholz energetisch genutzt wird, anstatt in der Sägeindustrie verarbeitet zu werden. Die Experten waren eher skeptisch, ob der Biokraftstoffsektor sich zu einem neuen Nachfrager nach Holz in Deutschland entwickelt. Die jetzige Insolvenz des Unternehmens Choren, bisheriger Marktführer in der Entwicklung der Technologie von Biokraftstoffen, belegt diese Einschätzung. Ohne diesen Holznachfrager mit einem potenziell großen Rohstoffhunger (vgl. [8]) entspannt sich der zukünftige Holzmarkt spürbar. Eine andere aktuelle Entwicklung jedoch könnte für die Holzwirtschaft beunruhigend sein. So wird eine verstärkte (und in den Beneluxstaaten wie auch Großbritannien schon übliche) Nutzung von Holz als Zufeuerung in Kohlekraftwerken diskutiert. Eine aktuelle Studie (Oktober 2011) der Deutschen Energieagentur (dena) stellt entsprechend die wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit einer Mitverbrennung von Holz in Kohlekraftwerken heraus [9]. Die sich aus dieser Studie ergebenden Folgen sollte die Holzwirtschaft sehr genau beobachten. Die Studie der dena macht implizit deutlich, warum es bei Holz zu Nutzungskonkurrenzen und Knappheiten kommt. Nicht ein weiterer Nationalpark im Schwarzwald oder in Ostwestfalen ist der Grund (auch wenn solche Projekte für Holzbearbeiter vor Ort ein großes Problem sind!), sondern der enorme Wettbewerbsvorteil des Rohstoffes Holz sowohl im energetischen (die dena errechnet z. B. bei Holzenergienutzung mit deutlich geringeren CO 2 - Vermeidungskosten als bei anderen alternativen Energien) als auch im stofflichen, wo sich Holz viele neue Anwendungen erschlossen hat und sich weiter erschließen wird. Die befragten Experten erwarten daher auch eine Ausweitung der Holznutzung bis 2020. Abb. 2 zeigt die quantitative Einschätzung zu Holzaufkommen und Holznutzung. In Summe wird sowohl bei der energetischen als auch bei der stofflichen Nutzung eine Ausweitung erwartet. Letztlich werden Forst- und Holzwirtschaft damit leben (müssen), dass sie im Bezug auf die Rohstoffnachfrage Opfer ihrer eigenen Erfolge werden.

Der Holzeinschlag in deutschen Wäldern betrug 2007 insgesamt 76,7 Mio. Fm. Wie wird sich die Menge bis 2020 ändern? 10% 29% 61% In Deutschland wurden 2007 insgesamt ca. 50 Mio. Fm Holz (Waldholz, Altholz, Sägenebenprodukte, Landschaftspflegematerial etc.) energetisch verwertet. Welche Menge erwarten Sie 2020? 10% 87% In Deutschland wurden 2007 insgesamt ca. 24 Mio. m3 Nadelholzschnittholz produziert. Welche Menge prognostizieren Sie für 2020? 46% 31% In Deutschland wurden 2007 insgesamt ca. 1,15 Mio. m3 Laubschnittholz produziert. Welche Menge prognostizieren Sie für 2020? 5% 19% 76% Der Anteil des Holzbaus am Bau von Ein- und Zweifamilienhäuser betrug 2007 14,7 %. Welchen Anteil erwarten Sie für 2020? 3% 10% 87% Der Pro-Kopf-Holz-Verbrauch betrug 2007 in Deutschland ca. 1,35 m3 Wie entwickelt er sich bis 2020? 3% 11% 86% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% abnehmend gleichbleibend zunehmend Abb. 2: Entwicklung von Holzaufkommen und -verwendung bis 2020: Gesamtübersicht über die Antworten (2009) Holz bleibt also in Europa mit sehr großer Wahrscheinlichkeit ein knapper Rohstoff. D. h., die Holzwerkstoffindustrie muss sich dauerhaft auf hohe und steigende Preise einstellen. Diese Entwicklung muss die Existenz der Holzwirtschaft und auch der Holzwerkstoffindustrie nicht Der Holzpreis steigt nämlich nicht nur national bzw. in Mitteleuropa sondern weltweit. D. h., international ergeben sich ähnliche Faktorpreise zur Herstellung von Holzprodukten. Gleichzeitig steigen (weltweit) die Energiepreise, was die Produktalternativen zu Holz ebenfalls verteuern wird, so dass Holzprodukte auch bei steigenden Rohstoffpreisen langfristig keinen Wettbewerbsnachteil haben sollten. Die Experten der Delphibefragung gehen deshalb davon aus, dass Holzprodukte in Zukunft preislich konkurrenzfähig sein werden. Die Holzwerkstoffindustrie tut sich in der Gruppe der Rohstoffnachfrager jedoch am schwersten. Sie ist unmittelbar und aktuell von höheren Rohstoffpreisen betroffen, weil für Standardprodukte das Holz einen hohen Anteil an den Gesamtkosten ausmacht. Die Schwierigkeiten hängen also stark mit dem bisherigen Produktspektrum der Holzwerkstoffindustrie zusammen. Die strategische Konzentration auf Commodity-Produkte (z. B. Spanplatte), führt daher in der Branche wahrscheinlich kurz- und mittelfristig zu Schwierigkeiten, denn ihr Wettbewerbsvorteil liegt insbesondere im (wenig elastischen) Preis. Gleichzeitig stagniert die wirtschaftliche Entwicklung der deutschen Möbelindustrie seit ca. 15 Jahren und gibt der Holzwerkstoffindustrie in einem gesättigten Abnehmermarkt

ebenfalls keine Impulse. Eine neue rettende Commodity-Cash-Cow, wie es der Laminatfußboden fast zwei Jahrzehnte war, ist zurzeit nicht im Sicht. Die sich mittel- bis langfristig weltweit angleichenden Wettbewerbsverhältnisse, wie sie oben beschrieben wurden, können daher für einige Unternehmen der deutschen Holzwerkstoffindustrie zu spät kommen. Wer jedoch 2020 den Satz sagen kann: Wir haben überlebt!, dem steht wahrscheinlich eine goldene Zukunft in der Holzwerkstoffbranche bevor. Außerhalb des Commodity-Bereichs gibt es natürlich auch Perspektiven, die sich durch die veränderten Rohstoffsortimente begründen. So erwarten die befragten Experten eine deutliche Zunahme der Verfügbarkeit von Laubschwachholz (Abb. 1). Zugleich sind sie jedoch skeptischer, ob die Holzwirtschaft in der Lage ist, für das vorhandene Laubholz neue und markttaugliche Produkte zu entwickeln. Die Entwicklung von solchen innovativen markttauglichen Laubholzprodukten ist ein Schlüsselthema der Holzwirtschaft in den nächsten 10 Jahren. Hier könnten sich auch für die Holzwerkstoffbranche Perspektiven und neue Möglichkeiten ergeben, um sich aus dem reinen Preiskampf des Massenmarktes herauszuarbeiten bzw. in der Holzbeschaffung alternative Wege zu gehen. 2. Megatrend Nachhaltigkeit und Klimaschutz Mit der Nachhaltigkeit hatte die Forst- und Holzwirtschaft drei Jahrhunderte ein Alleinstellungsmerkmal. Sie gab der Branche Identität, doch leider erwuchsen daraus nur Selbstverständlichkeiten aber keine Marktchancen. Innerhalb der letzten fünf Jahre ist der Begriff der Nachhaltigkeit in der Gesellschaft angekommen und spielt gerade auch außerhalb der Forst- und Holzwirtschaft eine bedeutende Rolle. Mit dem (diffusen) Label Nachhaltigkeit eröffnen sich damit nun auch zunehmend Marktchancen. Kennzeichnend dafür sind die sogenannten Lohas (Lifestyle of Health and Sustainability). Bei den Lohas handelt es sich um Konsumenten, denen Gesundheit und Nachhaltigkeit in ihrem Konsumverhalten besonders wichtig sind. Trendforscher ordnen bis zu 30 % der Bevölkerung in Europa und Nordamerika der Gruppe der Lohas zu [10]. War Nachhaltigkeit zunächst also eher ein politisch forciertes Thema (Brundtland-Report), so ist es heute auch für die Konsumenten wichtig ist (auch wenn nur wenige wissen, was das wirklich ist). In der aktuellen Delphistudie wurde das Thema Nachhaltigkeit insbesondere auch unter dem Blickpunkt des Nachhaltigen Bauens aufgegriffen. 81 % der befragten Experten sind der Meinung, dass Nachhaltigkeitsaspekte im Bauen bei Kauf- und Investitionsentscheidungen von Immobilien 2020 eine wesentliche Rolle spielen werden (Abb. 3). D. h., Nachhaltigkeit im Bauwesen wird nach Ansicht der befragten Experten in den nächsten 10 Jahren ein wichtiges Thema sein. Darüberhinaus sind die Experten auch der Meinung, dass Holz von dieser Entwicklung profitieren kann. 79 % der befragten Experten bejahen, dass sich Holz

aus Gründen des nachhaltigen Wirtschaftens und der Energieeffizienz stärker durchsetzen wird. Zum Thema Nachhaltiges Bauen lässt sich resümieren, dass in der Branche die klare Erwartung vorherrscht, dass Nachhaltigkeit bei Investitionsentscheidungen von Immobilien eine große Rolle spielen wird und sich dadurch für Holz Chancen eröffnen. Im Expertenkreis besteht ebenfalls die Hoffnung, dass die Politik einen ordnungspolitischen Rahmen setzt, der die Vorzüge der Holzverwendung im Bezug auf Nachhaltigkeit zum Tragen kommen lässt. Kauf- und Investitionsentscheidungen von Immobilien werden 2020 wesentlich durch Nachhaltigkeitsaspekte (Nachhaltiges 7% Bauen) beeinflusst werden. n=291 1% 11% 55% 26% Holz wird sich als Baustoff aus Gründen des nachhaltigen Wirtschaftens und der Energieeffizienz stärker durchsetzen. n=298 5% 1% 15% 56% Die Politik wird bis 2020 einen ordnungspolitischen Rahmen zu Ökologie, Nachhaltigkeit, CO2-Neutralität setzen, der die besonderen Vorzüge der Holzverwendung zum Tragen kommen lässt. n=291 1 26% 41% 20% Gesundheit und Wohlfühlen wichtigere Verkaufsargumente für Holz und Holzprodukte als Ökologie, Nachhaltigkeit, CO2- Neutralität. Persönlicher Nutzen vor Eigenschaften, von denen die Umwelt profitiert. n=284 11% 21% 45% n = Anzahl der Experten/Antworten 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Abb. 3: Die Bedeutung von Nachhaltigkeit für die Holzverwendung (2020): Gesamtübersicht über die Antworten aller Experten (2009) sehr unwahrscheinlich unwahrscheinlich unklar wahrscheinlich sehr wahrscheinlich Holz als nachhaltiger Werkstoff profitiert zwar von der wachsenden gesellschaftlichen Bedeutung von Nachhaltigkeit (auch beim Bauen), gleichzeitig bleiben aber andere Argumente, die den persönlichen Nutzen der Verbraucher in den Vordergrund stellen (Gesundheit, Wellness, aber auch nicht explizit genannte wie Energiesparen u. a.) wichtiger. Sie sollten daher bei der Produktentwicklung im Auge behalten werden. Wenn ein Megatrend wie Gesundheit für die Entwicklung und Vermarktung von Produkten eine große Bedeutung hat, dann ist ein Blick auf das Thema der Emissionen aus Holzprodukten besonders wichtig. Die befragten Experten sehen zwar die Gefahr, die mit einem Thema wie VOC verbunden ist. Jedoch wird das Problem 2009 weniger kritisch bewertet als 2004. Es ist der Holzwirtschaft offensichtlich gelungen, das Argument zu entkräften, das Naturmaterial Holz sei gesundheitsschädlich. Diese Entwicklung ist für die Holzverwendung zentral, denn das Thema Wohngesundheit ist für die Vermarktung von Holz

besonders wichtig. Punktet Holz beim Verbraucher doch gerade dadurch, dass es für angenehmes Raumklima, Wohlfühlen und Gesundes Wohnen steht (z. B. [11]). 3. Produktinnovationen: Innovationstreiber Klimaschutz/Energieeffizienz und Ressourceneffizenz Wie werden innovative Holzprodukte in Zukunft aussehen? Um diese Frage zu beantworten, wurden in der Studie übergreifende Entwicklungen herausgearbeitet, die man als eindeutige Treiber von Produktinnovationen bezeichnen kann. Anknüpfend an die Entwicklung im Bezug auf den Megatrend Nachhaltigkeit (siehe 2.) werden die Themen Klimaschutz/Energieeffizienz zu starken Innovationstreibern: 82 % der befragten Experten sehen in den Themen Klimaschutz und Energieeffizienz wichtige zukünftige Innovationstreiber für die Produktentwicklung von Holzprodukten. Damit ist dieser Trend aus Sicht der Experten der stärkste Produkttrend überhaupt. In der Befragung 2004 [12] wurden sechs Trends als eindeutige Treiber von Produktinnovationen in der Holzindustrie identifiziert, die auch in der aktuellen Befragung grundsätzlich als Trend bis 2020 (vgl. Abb. 4) bestätigt wurden: Standardisierung: Holz wird zum industriellen Produkt Systemlösungen Verbund-Materialien Leichte Produkte Zeitökonomische ( schnelle ) Produkte: Convenience Wood Produkte mit Zusatznutzen Obwohl die Entwicklung von Holzprodukten auch weiterhin diesen Trends folgt, so lässt sich dennoch ein Wandel in den Ansichten zu den Grundlagen für diese Trends beobachten: 2004 wurde z. B. der Trend zu leichten Produkten primär mit den veränderten Anforderungen an Produkte begründet und nur sekundär mit Ressourceneffizenz. Heute hat sich dies aufgrund der Rohstoffknappheiten (siehe 1.) geändert Ressourceneffizenz ist heute primär. Die heutige und zukünftig erwartete Rohstoffsituation zwingt zu Produktinnovationen ideal in der Weise, dass auch höherwertige (weil z. B. benutzerfreundlichere) Produkte entstehen und sich dadurch Holzprodukte Märkte sichern oder sogar neue Märkte erschließen.

Für Holzprodukte werden die Themen Klimaschutz und Energieeffizienz wichtige Innovationstreiber für die Produktentwicklung sein. n=294 5% 1 50% 3 Holzprodukte werden bis 2020 überwiegend standardisiert sein. n=285 5% 19% 25% 35% 16% Holzprodukte werden in Zukunft deutlich leichter werden (z.b. Leichtbauplatten im Möbelbereich). Neben der Materialersparnis sind dabei Transportkosten und bessere Handhabbarkeit wichtige Motive. n=277 1 26% 43% 19% Verbund-Materialien bzw. Material-Kombinationen (z. B. Holz- Textil) werden bis 2020 sehr stark zunehmen. Dies ist eine 1% 8% übergreifende Entwicklung, die von der Möbelindustrie (Materialmix) bis zum Bau (Mischbauweise) reicht. n=282 18% 49% 24% Ein starker Trend zu Systemen und Produkten mit hoher Vorfertigung führt zu einer Verlagerung der Wertschöpfung vom Handwerk in die Industrie. n=295 1% 7% 17% 5 Wood Plastic Composites (WPC) werden 2020 insgesamt eine deutlich höhere Bedeutung haben als heute und sind kein Nischenprodukt mehr. n=280 15% 37% 35% 11% Die Probleme in der Außenanwendung von Massivholz werden bis 2020 durch Modifikationen wie Thermobehandlung (Thermoholz) technisch gelöst sein. n=283 19% 45% 11% n = Anzahl der Experten/Antworten 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% sehr unwahrscheinlich unwahrscheinlich unklar wahrscheinlich sehr wahrscheinlich Abb. 4: Produktinnovationen (2020): Gesamtübersicht über die Antworten aller Experten (2009) Wie genau wird die Holzwirtschaft diese Trends in Produkte umsetzen? Kommt es verstärkt zu Systemen und Verbünden mit verschiedenen Holzhalbwaren (z. B. Schnittholz und Platten) und damit auch zu einer verstärkten Kooperation innerhalb der Branche (Säge- und Holzwerkstoffindustrie) oder eher zu Lösungen, die die Holzwirtschaft zusammen mit anderen Industrien außerhalb der Holzwirtschaft entwickeln wird? Gerade im Blick auf das in Zukunft verstärkt verfügbare Laubholz und die notwendigerweise daraus zu entwickelnden Produkte ist diese Frage besonders aktuell. 4. Veränderung von Märkten und Strukturen Anbieter- und Abnehmermärkte sind (immer) in Bewegung. Dadurch verändern sich die Strukturen in der Holzwirtschaft andauernd und grundlegend. Das folgende Kapitel beleuchtet zentrale Aspekte dieser Veränderungsprozesse in Bezug auf die Holzwirtschaft. Aus den Einschätzungen der Experten lassen sich Impulse für die strategische Ausrichtung und die Entwicklung neuer Geschäftsfelder ableiten. Abbildung 5 gibt einen Überblick.

Die Holzwerkstoffindustrie wird vermehrt Produkte entwickeln, die im Baubereich angewendet werden und tritt 0% 14% verstärkt in Konkurrenz zur Sägeindustrie. n=276 16% 54% 16% Der Holzbau wird sich insbesondere in der Sanierung/ Modernisierung (z. B. Fassadenlösungen) und im Um- und 8% Ausbau, in der Anpassung sowie der Aufstockung besonders 1% durchsetzen. n=279 1 56% Der regionale Holzhausbau wird bis 2020 im Vergleich zu den industriellen (Fertighaus-)Herstellern an Bedeutung gewinnen. n=276 4% 20% 45% 8% Die Bedeutung von Montagetätigkeiten sowohl für Tischlerals auch für Zimmererarbeiten wird in den kommenden Jahren weiter deutlich wachsen. n=267 6% 1 58% 24% Die Unternehmen der deutschen Holzwirtschaft werden ihre Fertigungstiefe durch Vorwärtsintegration erhöhen 5% (z. B. Aufbau von Weiterverarbeitung in der Sägeindustrie). n=266 1% 16% 61% 17% Unternehmen der Holzwerkstoffindustrie und der Sägeindustrie werden zusammen Produkte entwickeln und herstellen. n=270 19% 20% 51% 9% Unternehmen der Holzwirtschaft werden bis 2020 zunehmend zusammen mit nicht-holzwirtschaftlichen Unternehmen Produkte entwickeln und herstellen. n=265 1% 17% 25% 50% 7% Die deutsche Sägeindustrie wird die Internationalisierung der Absatzmärkte fortsetzen und einen dauerhaften Außenhandelsüberschuss erwirtschaften. n=252 8% 25% 53% 13% Der Exportmarkt USA wird für die Sägeindustrie bis 2020 im Vergleich zu den letzten Jahren (vor der Finanzkrise) deutlich an Bedeutung verlieren. n=249 33% 33% 8% Durch die Internationalisierung der Holzindustrie und der Zulieferer (insbesondere Maschinenbau) wird 2020 weltweit ein annähernd gleiches Produktions-Know-how vorhanden sein. n=275 19% 20% 51% 9% n = Anzahl der Experten/Antworten 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% sehr unwahrscheinlich unwahrscheinlich unklar wahrscheinlich sehr wahrscheinlich Abb. 5: Märkte und Strukturen (2020): Gesamtübersicht über die Antworten aller Experten (2009) 4.1 Bauen mit Holz gewinnt relativ Insgesamt hat sich die Verwendung von Holzprodukten vom Einsatz in der Möbelindustrie hin zum Bauen mit Holz verschoben. D. h., das Bauen mit Holz hat aufgeholt. 70 % der befragten Experten sehen es daher auch als wahrscheinlich an, dass die Holzwerkstoffindustrie vermehrt Produkte entwickeln wird, die im Baubereich angewendet werden und verstärkt in Konkurrenz zu Produkten der Sägeindustrie stehen.

4.2 Bauen mit Holz ist immer weniger Neubau Seit Jahren verschiebt sich im Bau das Verhältnis vom Neubau zugunsten von Modernisierung/Sanierung. Ein Blick auf die Chancen des Holzbaus in diesem Bereich ist also besonders interessant. Nach Meinung der Experten wird der Holzbau bis 2020 gerade im Zukunftsmarkt Modernisierung/Sanierung punkten. Eine Mehrheit von ca. 80 % der Befragten stimmt der These zu, dass der Holzbau sich gerade im Modernisierungs- und Sanierungsbereich durchsetzen wird. 4.3 Von der industriellen zur handwerklichen Verwendung Die beiden zuvor genannten Trends haben zur Folge, dass sich die Struktur der Abnehmer und Verwender wandelt: von industriellen hin zu handwerklichen Abnehmern. Die Experten gehen z. B. davon aus, dass regionale Holzhausbauer Marktanteile von industriellen Fertighausbauern gewinnen werden, ganz im Gegensatz zu den Einschätzungen von 2004, wo man den industriellen Fertigbau im Vorteil sah. Diese Veränderung in den Zielmärkten hat eine große Auswirkung auf die Entwicklung von neuen Produkten (siehe 3.). 4.4 Vom traditionellen Handwerk zu Montageunternehmen Die Ausdifferenzierung des Handwerks ist in vollem Gange. Die befragten Experten erwarten, dass die Bedeutung von Montagetätigkeiten im Tischler- und Zimmererhandwerk bis 2020 weiter deutlich wachsen wird. 75 % halten diesen beschriebenen Trend für (sehr) wahrscheinlich. Aus Sicht der Befragten zeichnet sich der Trend im Vergleich zu 2004 noch deutlicher ab. Auch hier stellt sich die Frage, welche Produktinnovationen sich daraus ergeben. Die befragten Experten verknüpfen den Produkttrend nach Systemlösungen stark mit dem Strukturtrend der Zunahme der Montageunternehmen und einer Verschiebung der Wertschöpfung vom Handwerk zur Industrie (vgl. Abb. 3). Dieser Trend ist für die Holzwerkstoffindustrie deshalb wichtig, weil Halbfertigprodukte eine Domäne der Holzwerkstoffindustrie sind. Es bleibt jedoch offen, ob es in Bezug auf das Endprodukt (z. B Holzhaus) nicht auch gegensätzlich eine Verlagerung der Wertschöpfung von der Industrie ins Handwerk geben wird (siehe oben: Regionaler Holzhausbau). 4.5 Höhere Wertschöpfung durch Vorwärtsintegration Eine interessante Frage ist, ob Unternehmen ihre Fertigungstiefe durch Vorwärtsintegration erhöhen. 78 % der Experten gehen aktuell davon aus, dass es diesen Trend bis 2020 gibt, bei den Experten aus der Sägewirtschaft sind es sogar über 90 %! Auch die Experten aus der Holzwerkstoffindustrie beurteilen ihn zu 70 % als (sehr) wahrscheinlich. D. h., die Erhöhung der Fertigungstiefe wird von den Experten als ein zukünftig wichtiger Trend in der Holzwirtschaft beurteilt.

Fraglich ist, ob eine solche höhere Wertschöpfung auch den vermehrten Aufbau von Handelsaktivitäten in der Industrie zur Folge hat. Eine solche Entwicklung entspräche auch der oben beschriebenen Erhöhung der Fertigungstiefe bzw. der Wertschöpfung in den einzelnen Unternehmen der Holzindustrie. Zur zukünftigen Rolle des Handels und dem Verhältnis von Industrie zu Handel herrscht in der Holzwirtschaft Unsicherheit. Jedoch lässt sich feststellen, dass zukünftige Handelsaktivitäten der Holzindustrie als deutlich wahrscheinlicher beurteilt werden als noch fünf Jahre zuvor. 4.6 Neue Wertschöpfungsketten Neben einer zunehmenden Konkurrenz zwischen Holzwerkstoff- und Sägeindustrie (Produkte der Holzwerkstoffindustrie in Konkurrenz zur Sägeindustrie; s. o.) kann es aber auch zu strategischen Allianzen zwischen Holzwerkstoffindustrie und Sägeindustrie auf der Produktseite kommen. Mit dem Einstieg eines Holzwerkstoffherstellers in die Sägewirtschaft in Deutschland (in anderen Ländern ist eine solche Kooperation fast normal) hat sich die harte Grenze zwischen Holzwerkstoffindustrie und Sägeindustrie verschoben. Führt dies auch dazu, dass verstärkt gemeinsame Produkte entwickelt werden? Ca. 60 % der befragen Experten halten es für (sehr) wahrscheinlich, dass Unternehmen der Säge- und Holzwerkstoffindustrie bis 2020 gemeinsam Produkte entwickeln und produzieren. Ebenso halten es die Experten für wahrscheinlich, dass es auch zu einer Zusammenarbeit von holzwirtschaftlichen mit nicht-holzwirtschaftlichen Unternehmen kommen werde. Beim Aufbau neuer Kapazitäten scheint es eher zu unternehmensinterner Integration zu kommen, im Moment allerdings getrieben durch Rohstoffbeschaffung und -ausnutzung. Optimierte Produkte auf Schnittholz- und Holzwerkstoffbasis spielen bislang noch keine Rolle. 4.7 Internationalisierung der Märkte In der Branche wird der Trend der dauerhaften internationalen Ausrichtung der Absatzmärkte für sehr wahrscheinlich gehalten. Beispielhaft wurde dies für die Sägewirtschaft erfragt: Die deutsche Schnittholzindustrie hat sich in der letzten Dekade von einer Import- zu einer Exportindustrie entwickelt. Der Exportanteil der deutschen Sägeindustrie lag in den letzten Jahren zwischen 30 und 40 % der Produktionsmenge, dabei übersteigt der Export den Import deutlich (vgl. [13]). 66 % der befragten Experten sind der Meinung, dass sich der Trend einer Internationalisierung der Absatzmärkte mit einem dauerhaften Außenhandelsüberschuss auch bis 2020 fortsetzen wird. Bei den Experten der Sägeindustrie sind es sogar fast 90 %. Zur Bedeutung des in der Vergangenheit wichtigen US-Marktes für die deutsche Holzwirtschaft bis 2020 herrscht dabei Unklarheit.

4.8 Internationalisierung der Produktion Internationalisierung wird also in erster Linie mit Exportorientierung und weniger mit Produktionsverlagerung gleichgesetzt. Wie auch schon 2004 erwarten die Experten, in der aktuellen Befragung, dass die Firmensitze auch weiterhin in Deutschland bleiben. 66 % halten dieses Szenario für (sehr) wahrscheinlich. Zahlreiche Experten waren sich 2004 auch sicher, dass durch die Internationalisierung der Holzindustrie und des Maschinen- und Anlagebaus innovatives Know-how bis 2020 weltweit verfügbar sein wird und der Innovationsvorsprung der mitteleuropäischen Holzindustrie bis 2020 deutlich geringer sein wird. Aktuell wird diese Frage nicht so klar beurteilt. Nur 46 % halten diese Entwicklung für (sehr) wahrscheinlich, gleichzeitig halten sie 41 % für (sehr) unwahrscheinlich (vgl. Abb. 5). 4.9 Internationalisierung - von Chinas Holzwirtschaft lernen Fragen zur Bedeutung Chinas waren nicht Teil der Delphistudie, sie sollen jedoch an dieser Stelle dargestellt werden, weil die Entwicklung der chinesischen Holzwirtschaft zu wichtig ist, um bei einer Beschreibung der Holzwirtschaft 2020 außen vor zu bleiben. Abb. 6 stellt exemplarisch die Entwicklung der MDF-Produktion in China in den letzten 10 Jahren dar. In dieser Zeit haben sich Produktion wie Verbrauch auf mehr ca. 30 Mio. m 3 verzehnfacht! 40000 1.000 m3 Entwicklung des MDF-Marktes in China 35000 30000 25000 20000 15000 10000 5000 0 31316 27405 24986 29423 22220 24933 18541 23120 22105 14665 18939 10488 16085 6950 12136 5224 2060 8243 1482 1119 1606 1877 1669 6175 1417 1171 681 602 611 2547 3075 2504 3358 185 168 314 229 249 1018 1286 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Produktion Import Export Verbrauch Abb. 6: Entwicklung des chinesischen MDF-Marktes (eigene Auswertung auf Basis der Daten der FAO [14] Andere Holzwerkstoffmärkte in China sind ähnlich stark gewachsen. China kann ein wichtiger Absatzmarkt für die deutsche Forst- und Holzwirtschaft werden. China war und ist

ein wichtiger Markt für Laubholz und war in den letzten Jahren einer der wichtigsten Märkte der Anlagenhersteller für Holzwerkstoffe. Gegebenenfalls bieten sich auch Exportchancen für Holzwerkstoffe und daraus veredelte Produkte. Auf jeden Fall ist China ein bedeutender Markt für Markenprodukte und damit u. a. für die deutsche Möbelindustrie. Viele deutsche Produkte werden durch steigende Produktionskosten in China und Südostasien zunehmend konkurrenzfähig. Der Blick auf China ist deshalb besonders interessant, weil China (ähnlich wie Deutschland) selbst nicht genügend Rohstoffe besitzt, um seinen eigenen Bedarf zu decken. Kann nicht das Vorbild Chinas in seinem weltweiten Sourcing auch von Rohholz ein Weg sein, wie er auch von deutschen Unternehmen beschritten werden kann? Denn strukturell weist Deutschland mit China (trotz großer Unterschiede!) viele Gemeinsamkeiten auf: Beides sind potenziell rohstoffarme Länder und beide sind exportorientiert. Resümee 1. Holz und Holzprodukte sind erfolgreich! Damit ist die Zeit des billigen Holzes endgültig vorbei! Holz bleibt in Europa ein knapper Rohstoff d. h. die Holzwerkstoffindustrie muss sich dauerhaft auf hohe und steigende Preise einstellen. Denken wir über innovative Produkte nach, die einen relativen Kostenvorteil zu den Alternativen erhalten bzw. schaffen! 2. Megatrend Nachhaltigkeit und Klimaschutz Nachhaltigkeit ist in der Gesellschaft ein wichtiger Trend geworden. Aber auch Heimspiele müssen erst gewonnen werden! Ein Alleinstellungsmerkmal ist Nachhaltigkeit für die Holzwirtschaft schon lange nicht mehr es müssen andere Argumente dazu kommen. Dies muss sich in neuen innovativen Produkten (und einem professionellen Marketing) zeigen. 3. Produktinnovationen: Innovationstreiber Klimaschutz/Energieeffizienz und Ressourceneffizienz Wo bleiben die intelligenten und innovativen Produkte, die diesen Trend aufgreifen? 4. Strukturen und Märkte der Holzwirtschaft verändern sich Die skizzierten Entwicklungen bieten enorme Chancen in den sich verändernden Märkten und Strukturen ist eine Lücke zwischen traditionellem Handwerk entstanden, die gefüllt werden möchte wem dies gelingt, der gewinnt!

Literatur [1] Knauf, M.; Frühwald A. (2004): Trendanalyse Zukunft Holz Delphistudie zur Entwicklung der deutschen Holzindustrie. Abschlussbericht. Knauf Consulting, Bielefeld. [2] Knauf, M. (2006): Die Zukunft der deutschen Holzindustrie Anwendung der Delphi- Methode zur Entwicklung eines Szenarios zum Profil der deutschen Holzindustrie im Jahr 2020. Kommissionsverlag Max Wiedebusch, Hamburg. [3] Knauf, M.; Frühwald A. (2011): Die Zukunft der deutschen Holzwirtschaft. Delphistudie Holz 2020 revisited Rohstoffe: Entwicklung Verfügbarkeit Nutzungskonkurrenz bis 2020 (Teil 1). Holz-Zentralblatt, Leinfelden-Echterdingen, 28.01.2011. [4] Knauf, M.; Frühwald A. (2011): Die Zukunft der deutschen Holzwirtschaft. Delphistudie Holz 2020 revisited Nachhaltigkeit politischer Einfluss der Holzwirtschaft (Teil II). Holz- Zentralblatt, Leinfelden-Echterdingen, 04.02.2011. [5] Knauf, M.; Frühwald A. (2011): Die Zukunft der deutschen Holzwirtschaft. Delphistudie Holz 2020 revisited Produktinnovationen (Teil III). Holz-Zentralblatt, Leinfelden- Echterdingen, 18.02.2011. [6] Knauf, M.; Frühwald A. (2011): Die Zukunft der deutschen Holzwirtschaft. Delphistudie Holz 2020 revisited Entwicklung von Märkten und Strukturen der Holzwirtschaft (Teil IV). Holz-Zentralblatt, Leinfelden-Echterdingen, 25.02.2011. [7] Knauf, M.; Frühwald A. (2011): Die Zukunft der deutschen Holzwirtschaft. Delphistudie Holz 2020 revisited Fertigungstechnologie Verfahrenstechnik Organisation/Personal (Teil V). Holz-Zentralblatt, Leinfelden-Echterdingen, 04.03.2011. [8] Knauf, M. (2008): Einschätzungen zu Biokraftstoffen wandeln sich. Neue Generation biogener Kraftstoffe kann Wettbewerb um Rohstoffe in der Holzwirtschaft weiter verstärken. Holz-Zentralblatt 30.5.2008, Leinfelden-Echterdingen. [9] dena Deutsche Energie-Agentur (2011): Die Mitverbrennung holzartiger Biomasse in Kohlekraftwerken. Ein Beitrag zur Energiewende und zum Klimaschutz. Berlin; abrufbar unter http://www.dena.de. [10] Kirig, A; Wenzel, E. (2009): LOHAS. Bewusst grün alles über die neuen Lebenswelten. Redline Verlag, München. [11] Holzabsatzfonds (2003): Gesunde Wohnumgebung hat oberste Priorität. Pressemitteilung zu einer TNS-EMNID-Studie im Auftrag des Holzabsatzfonds, Bonn. [12] siehe [1] [13] VDS (2008): Jahresbericht 2007/2008 des Verbandes der Deutschen Säge- und Holzindustrie e. V., Wiesbaden. [14] FAO (2011): Datenauswertung auf Basis von FAOSTAT; http://faostat.fao.org