Der Aktuar als Risikomanager Stresstest und Prognoserechnung als Antwort auf die Herausforderungen des Marktes Universität Köln Prof. Dr. Kurt Wolfsdorf 2.Februar 2004
Agenda I. Risikomanagement in der Vergangenheit II. III. IV. Veränderungen der Rahmenbedingungen Ziele der Versicherungsaufsicht Stresstest und Prognoserechnung V. Ausblick Seite 2
I. Risikomanagement in der Vergangenheit Berechnung der Beiträge Biometrie Zins Beitrag Kosten Seite 3
I. Risikomanagement in der Vergangenheit Rechnungsgrundlagen (Feste) Beträge einer Periode entsprechen i.d.r. nicht den (erwarteten( erwarteten) Leistungen derselben Periode. Der Sparanteil wird für Leistungen künftiger Perioden benötigt tigt. Der Verantwortliche Aktuar testiert eine angemessene Rückstellung für künftige Leistungen. Seite 4
I. Risikomanagement in der Vergangenheit Sicherheiten Versicherer gewähren gegen festen Beitrag Garantien und übernehmen Risiken. Marktrisiken Änderungs-/ Irrtumsrisiken Versicherungstechnische Risiken Adressrisiken Zinsänderungsrisiken Operationale Risiken Kosten-/ Inflationsrisiken Seite 5
I. Risikomanagement in der Vergangenheit Sicherheiten Zur Absicherung der Risiken werden Sicherheitsmittel im Unternehmen benötigt tigt. Aktuare berechnen Sicherheitsmittel) ) und stellen gegenüber ber. sie die dem Solvabilitätsspanne tsspanne vorhandenen (benötigte Garantiekapital Solvabilitätsberechnungen tsberechnungen Seite 6
II. Veränderung der Rahmenbedingungen Nettoverzinsung der LV Nettoverzinsung der Kapitalanlagen 1980 1985 1990 1995 2000 2001 2002 6,71% 8,12% 6,78% 7,37% 7,51% 6,12% 4,60% Seite 7
II. Veränderung der Rahmenbedingungen Anteile Aktien, Fonds und Beteiligungen an den Kapitalanlagen der LV und Bewertungsreserven Anteile an verbundenen Unternehmen und Beteiligungen Wertpapiere Davon: Aktien, Anteile an dem Wertpapiersondervermögen u. sonst. Anteile 1980 703 (0,8) 16.050 (18,6) --- **) 1985 1.486 (1,0) 35.407 (23,9) 6.784 (4,6) 1990 5.051 (2,2) 48.299 (21,0) 17.141 (7,5) 1995 9.829 (2,8) 87.990 (24,6) 43.423 (12,1) 2000 17.942 (3,3) 175.459 (32,4) 141.608 (26,1) 2001 18.619 (3,3) 187.707 (32,9) 151.609 (26,6) 2002 20.680 (3,5) 193.786 (32,8) 151.015 (25,6) Seite 8
II. Veränderung der Rahmenbedingungen Anteile der Rentenversicherung am Bestand und BU Versicherung Einzelrentenversicherungen (einschl.. BU u. PV)/Bestand nach Versicherungsarten in Mio. u. % 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 3.074 3.874 4.941 6.027 6.786 9.125 9.772 10.759 12.131 7,7% 9,2% 11,2% 12,9% 14,1% 17,0% 17,9% 19,1% 20,8% Seite 9
II. Veränderung der Rahmenbedingungen Seite 10
II. Veränderung der Rahmenbedingungen Seite 11
II. Veränderung der Rahmenbedingungen Fazit: : Die Kapitalgarantien haben im Verhältnis zu den Kapitalerträgen ein höheresheres Gewicht erlangt.. Die Kapitalerträge sind volatiler geworden und die biometrischen Risiken sind gewachsen. Seite 12
III. Ziele der Versicherungsaufsicht Aufsichtsziele: ( 81 VAG) a) Wahrung der Belange der Versicherten b) Dauernde Erfüllbarkeit Prospektive Ausrichtung der Aufsichtsziele Seite 13
III. Ziele der Versicherungsaufsicht Die Aktuare sind mit ihren Verfahren, Methoden und Modellen wichtige Partner der Aufsicht. Die Aufsicht nutzt aktuarielle Methoden und Rechnungsgrundlagen zur Quantifizierung gegenwärtiger und zukünftiger Risiken. Seite 14
III. Ziele der Versicherungsaufsicht A regulierte Welt Risikobegrenzung des BAV durch Bedingungs- und Tarifgenehmigung sowie Finanzaufsicht.. Die Vor- gaben des BAV zielten darauf ab,, die Existenz der Unternehmen zu sichern. Seite 15
III. Ziele der Versicherungsaufsicht A regulierte Welt Tarif- und Reservegrundlagen Zins Biometrie Kalkulation 3 % Sterbetafel 60 Markt 6 8 % 50 % von Sterbetafel 60 Kosten Insgesamt ausreichend Seite 16
III. Ziele der Versicherungsaufsicht A regulierte Welt Kapitalanlage Aktien < 5 % Immobilien < 10 % der Risiken, Überschuss- Solvabilitätsregeln tsregeln zur R-Quote für eine beteiligung Absicherung angemessene Seite 17
III. Ziele der Versicherungsaufsicht A regulierte Welt Sämtliche Verfahren und Parameter wurden zwischen dem BAV und dem Mathematik-Ausschuss des Lebensverbandes erörtert rtert. Seite 18
III. Ziele der Versicherungsaufsicht B deregulierte Welt Die BaFin beschränkt sich auf eine Finanz- und Solvenzkontrolle unter Beibehaltung der Aufsichts- ziele. Mit der Novellierung des VAG in 1994 wurde das Institut des Verantwortlichen Aktuars (VA) geschaffen. Seite 19
III. Ziele der Versicherungsaufsicht B deregulierte Welt VAG 11a Abs. 3: Dem Verantwortlichen Aktuar obliegen die folgenden Aufgaben: 1. Er hat sicherzustellen, dass bei der Berechnung der Prämien und der Deckungsrückstellungen ckstellungen die Grundsätze des 11 und der aufgrund des 65 Abs. 1 erlassenen Rechtsverordnungen sowie des 341f des Handelsgesetzbuchs eingehalten werden. Dabei muss er die Finanzlage des Unternehmens insbesondere daraufhin überprüfen, ob die dauernde Erfüllbarkeit der sich aus den Versicherungsverträgen gen ergebenden Verpflichtungen jederzeit gewährleistet ist und das Unternehmen über ausreichende Mittel in Höhe H der Solvabilitätsspanne tsspanne verfügt. Seite 20
III. Ziele der Versicherungsaufsicht B deregulierte Welt VAG 11a Abs. 3 (Fortsetzung): 2. Er hat, sofern es sich nicht um einen kleineren Verein ( 53 Abs. 1 Satz 1) handelt, unter der Bilanz zu bestätigen tigen,, dass die Deckungsrückstellung ckstellung nach 341f des Handelsgesetzbuchs sowie der aufgrund des 65 Abs. 1 erlassenen Rechtsverordnungen gebildet ist (versicherungsmathematische Bestätigung); tigung); 341k des Handelsgesetz- buchs über die Prüfung bleibt unberührt. In einem Bericht an den Vorstand des Unternehmens hat er zu erläutern, welche Kalkulationsansätze tze und weiteren Annahmen der Bestätigung tigung zugrunde liegen. Seite 21
III. Ziele der Versicherungsaufsicht B deregulierte Welt VAG 11a Abs. 3 (Fortsetzung): 4. Für F r die Versicherungsverträge ge mit Anspruch auf Überschussbeteiligung hat er dem Vorstand Vorschläge für f r eine angemessene Beteiligung am Überschuss vorzulegen Seite 22
III. Ziele der Versicherungsaufsicht Neben der traditionellen Aufgabe (Tarif- und Reserveberechnungen, Berechnung der Solvabilität und ZR Quote Ermittlung) sind den Aktuaren explizit weitere Aufgaben zugewiesen: - Prüfung der dauernden Erfüllbarkeit der Verträge - Prüfung der Finanzlage Seite 23
IV. Stresstest und Prognoserechnung Zwei Beispiele für f r neue Aufgabenstellungen an den VA 1. Entwicklung eines DAV-Stress Stress-Tests Die Risiken aus Kapitalanlagen umfassen nach der Klassifizierung des Deutschen Rechnungslegungs- Standards Nr. 5-205 (DRS 5-20) 5 das Marktrisiko, das Bonitätsrisiko, tsrisiko, das Liquiditätsrisiko tsrisiko Seite 24
IV. Stresstest und Prognoserechnung Nach den Erfahrungen der letzten 20 Jahre in den deutschen Wertpapiermärkten rkten wird in dem Krisenszenario unterstellt, dass die Marktwerte von Aktien um 35 % fallen und die Zinsen für f r festverzinsliche Wertpapiere um 2 % steigen (Basisszenario). Dieses Szenario orientiert sich an den abgesehen von den Einbrüchen an den Aktienmärkten in den Jahren 2001 und 2002 maximalen Aktienkurseinbrüchen bzw. Zinssteigerungen in diesem Zeitraum. Seite 25
IV. Stresstest und Prognoserechnung Der Satz von 35 % kann für f r den Marktwertverlust bei Aktien um den im Berichtsjahr tatsächlich eingetretenen Marktwertverlust des Aktienportfolios oder eines dafür r repräsentativen Aktienindexes bis auf 20 % reduziert werden. Entsprechend kann der Satz von 2 % für f r den Zinsanstieg bei festverzinslichen Wertpapieren um den Zinsanstieg des Berichtsjahres bei auf 1 % reduziert r werden (Szenario mit einjährigem Gedächtnis). Für r die Anlageklasse Immobilien, der auch Anteile an Grundstücks cks- gesellschaften und offenen Immobilienfonds zuzuordnen sind, ist grundsätzlich ebenfalls ein Marktwertverlust in dem Krisenszenario anzusetzen. Dazu ist in Abhängigkeit von der Zusammensetzung des Immobilienportfolios (Nutzungsart, Inland oder Ausland, geographische Lage, innerstädtische Lage) und der Volatilität t der entsprechenden Teilmärkte ein geeigneter Abschlag festzulegen. Seite 26
IV. Stresstest und Prognoserechnung Der sich in dem Szenario insgesamt ergebende Wertverlust wird als Sollbetrag einer Marktwertschwankungsreserve aufgefasst. Der Marktwertschwankungsreserve zuzüglich der Solvabilitätsspanne tsspanne als Stress-Test sind die Bewert- ungsreserven der Kapitalanlagen, die Rückstellung R für f Beitragsrückerstattung, soweit sie nicht auf festgelegte Überschussanteile entfällt, und die Eigenmittel als Stress- Test-Ist gegenüberzustellen. Seite 27
IV. Stresstest und Prognoserechnung 2. Prüfung der mittelfristigen Sicherstellung der Solvabilität und der Angemessenheit des Rechnungsgrundlage-Zins durch den VA. Die aufsichtsrechtliche Anforderung enthält insbesondere als notwendige Bedingung an die bei der Berechnung der Deckungsrückstellung ckstellung verwendeten Rechnungsgrundlagen in ihrer Gesamtheit, dass die Deckungsrückstellung ckstellung hoch genug sein muss, um (unter aus heutiger Sicht ausreichend vorsichtigen Annahmen ) ) daraus zusammen mit den erwarteten künftigen k Erträgen gen,, insbesondere Beiträgen und Kapitalerträgen, die erwartungsgemäß auf diese Verträge entfallenden künftigen Aufwendungen zu finanzieren. Seite 28
IV. Stresstest und Prognoserechnung Die DAV empfiehlt das nachfolgend dargestellte Verfahren, das aus einer Bilanzprojektion für f r einen begrenzten Prognosezeitraum von mindestens 3-53 5 Jahren besteht. Seite 29
IV. Stresstest und Prognoserechnung Going-Concern Concern-Ansatz (unter Nutzung der Unternehmensplanung): - Projektionen bauen auf dem Bestand auf - Neugeschäft der Folgejahre wird gemäß berücksichtigt - zugeteilte bzw. verbindlich deklarierte fortgeschrieben Unternehmensplanung Überschussanteile werden - auch für f r die Folgejahre wird eine Überschussbeteiligung angesetzt - Projektionen von Deckungsrückstellung ckstellung und gebundener RfB wie auch versicherungstechnischen Zahlungsströmen (Bruttobeiträge, Leistungen) nutzen Rechnungsgrundlagen 2. Ordnung zu Biometrie und Storno Seite 30
IV. Stresstest und Prognoserechnung Die Kostenbelastungen sind wirklichkeitsnah fortzu- schreiben. Die Rückversicherung ist wirklichkeitsnah entsprechend den jeweils geschlossenen bzw. für f r den Projektions- zeitraum vorgesehenen Verträgen anzusetzen. Die sonstigen Aufwände und Erträge sind ebenfalls wirklichkeitsnah mit aus der Erfahrung ableitbaren Projektionen anzusetzen. Der Steueraufwand ist anhand der jeweils aktuellen Rechtslage in Ansatz zu bringen. Einmaleffekte sind als solche zu berücksichtigen. Seite 31
IV. Stresstest und Prognoserechnung Die Anlageklasse Renten wird in unterschiedliche Bonitätsklassen tsklassen eingeteilt. Investment-Grade (AAA BBB) Non-Investment Investment-Grade (BB B) Non-Investment Investment-Grade (CCC D) non rated Seite 32
IV. Stresstest und Prognoserechnung - Aktien: Direktbestand Aktien, Aktienanteil Fonds, Hedge Fonds, Beteiligungen, Private Equity,, Aktienanteil Strukturierte Produkte und Asset Backed Securities (equity pieces) - Restliche Kapitalanlagen, einschließlich lich Immobilien, Immobilienfonds, Grundstücksgesellschaften Seite 33
IV. Stresstest und Prognoserechnung Erträge der Anlageklasse Aktien und der Anlageklasse restliche Kapitalanlagen : : Die Sicherstellung der Garantieverpflichtungen darf nicht von Aktienkursgewinnen abhängen. Diese dürfen d nur für f r die Überschussbeteiligung relevant sein. Hierzu können k in der Projektionsrechnung als Kapitalerträge die laufenden Erträge bereinigt um außerordentliche Erträge aus Spezialfonds angesetzt werden. Sofern der Jahresabschluss des Berichtsjahres stille Lasten bei Aktien im Anlagevermögen gen ausweist, sind zusätzlich die stillen Lasten unter der Annahme Seitwärtsbewegung am Aktienmarkt nach den handelsrechtlichen Vorschriften abzuschreiben. Seite 34
IV. Stresstest und Prognoserechnung Solvabilität: : Auf A Basis der Projektions-Bilanzen ist zu prüfen, ob das Unternehmen zu jedem Bilanztermin während w des Prognosezeitraums die Solvabilitätsanforderungen tsanforderungen erfüllen kann; dabei ist zu beachten, dass durch die EU-Richtlinie 2002/12/EG die Anrechenbarkeit künftiger k Überschüsse sse als Eigenmittel schrittweise abgeschafft wird. Fall 1: Die Solvabilitätsanforderungen tsanforderungen werden in allen Jahren des Projektionszeitraumes erfüllt. Seite 35
IV. Stresstest und Prognoserechnung Fall 2: Die Solvabilitätsanforderungen tsanforderungen werden nicht in allen Jahren des Projektionszeitraums erfüllt llt: - Umschichtung von Kapitalanlagen - Bilanzielle Maßnahmen - Einschuss der Aktionäre - Aufnahme nachrangiger Verbindlichkeiten oder von Genuss- rechtskapital - Abschluss geeigneter RückversicherungsvertrR ckversicherungsverträgege Seite 36
V. Ausblick Durch anstehende Gesetzesänderungen Solvenzgesetz II und einen zunehmenden Wettbewerb um Sicherheitskapital kommen weitere Herausforderungen auf die Aktuare zu. Seite 37
V. Ausblick Economic Capital Finanzielle Risiken Operative Risiken Economic Capital Unternehmenssteuerung Risikobereitschaft Prozesse implementieren Kalibrierung der Modelle Modelle für Risikomessung Seite 38
V. Ausblick Definition Economic Capital - Viele verschiedene Definitionen, z. B. 1. Notwendige Kapitalausstattung, damit in den nächsten 5 Jahren die Verbindlichkeiten mit einer Wahrscheinlichkeit von mind. 99% die vorhandenen Mittel nicht übersteigen 2. Notwendige Kapitalausstattung, damit im nächsten Jahr die Verbindlichkeiten mit einer Wahrscheinlichkeit von mind. 99,75% die vorhandenen Mittel nicht übersteigen Seite 39
V. Ausblick Definition Economic Capital Die Wahl dieser Parameter hängt u.a. ab von aufsichtsrechtlichen Anforderungen Ratingzielen verfügbarem Kapital Wettbewerb Risikobereitschaft Seite 40
V. Ausblick Ziele des Economic-Capital Capital-Konzepts Aus Sicht der Versicherer: - Erfüllung aufsichtsrechtlicher Anforderungen (Solvency II, BaFin) - Effizienter Einsatz des vorhandenen Kapitals, wertorientierte Steuerung unter Berücksichtigung der Kapitalkosten - Kompetente Unternehmenssteuerung,, die auch nach innen und außen unter diesem Aspekt kommuniziert werden kann - Genaues Verständnis aller Risiken,, von denen das Erreichen gesetzter Ziele bedroht werden kann - Bündeln finanzieller, aktuarieller sowie operationeller Risikoaspekte zu einem Gesamtbild, das eine wichtige Basis für unternehmerische Entscheidungen bietet Seite 41
V. Ausblick Ziele des Economic-Capital Capital-Konzepts Aus Sicht der Kapitalgeber - Risikoadjustierte Beurteilung der Erträge ermöglicht Ermittlung des wahren economic profit wird von der Gesellschaft Wert geschaffen oder vernichtet? Seite 42
V. Ausblick Die Anforderungen an den Berufsstand sind in den vorangegangenen Jahren durch gesetzgeberische Maßnahmen gestiegen und werden durch neue Herausforderungen vergrößert. Aktuare geben mit ihren Verfahren, Methoden und von ihnen entwickelten Statistiken ein ausreichendes Sicherheitsniveau vor um die Garantieversprechungen der Unternehmen zu erfüllen. Sie beachten dabei die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen bezogen auf Risikokapital und Kunden. Seite 43