Amy Shuen. Deutsche Übersetzung von Peter Klicman Die Web 2.0-Strategie. Innovative Geschäftsmodelle im Internet. O Reilly



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Transkript:

Amy Shuen Deutsche Übersetzung von Peter Klicman Die Web 2.0-Strategie Innovative Geschäftsmodelle im Internet O Reilly

Die Web 2.0-Strategie Amy Shuen Deutsche Übersetzung von Peter Klicman Beijing Cambridge Farnham Köln Paris Sebastopol Taipei Tokyo

Die Informationen in diesem Buch wurden mit größter Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden. Verlag, Autoren und Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung für eventuell verbliebene Fehler und deren Folgen. Alle Warennamen werden ohne Gewährleistung der freien Verwendbarkeit benutzt und sind möglicherweise eingetragene Warenzeichen. Der Verlag richtet sich im Wesentlichen nach den Schreibweisen der Hersteller. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten einschließlich der Vervielfältigung, Übersetzung, Mikroverfilmung sowie Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Kommentare und Fragen können Sie gerne an uns richten: O Reilly Verlag Balthasarstr. 81 50670 Köln Tel.: 0221/9731600 Fax: 0221/9731608 E-Mail: kommentar@oreilly.de Copyright der deutschen Ausgabe: 2008 by O Reilly Verlag GmbH & Co. KG 1. Auflage 2008 Die Originalausgabe erschien 2008 unter dem Titel Web 2.0: Strategy Guide bei O Reilly Media, Inc. Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Übersetzung und deutsche Bearbeitung: Peter Klicman, Köln Lektorat: Volker Bombien, Köln Korrektorat:Oliver Mosler, Köln Satz: III-satz, Husby Umschlaggestaltung: Michael Oreal, Köln Produktion: Andrea Miß, Köln Belichtung, Druck und buchbinderische Verarbeitung: Druckerei Kösel, Krugzell; www.koeselbuch.de ISBN 978-3-89721-866-6 Dieses Buch ist auf 100% chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt.

INHALTSVERZEICHNIS CHAPTER 0 VORWORT VII 1 BENUTZER GENERIEREN MEHRWERT 1 Flickr und kollektiver Benutzer-Mehrwert 2 Sechs Wege, auf denen Flickr Benutzer- Mehrwert durch Interaktion generiert 8 Warum Teilen profitabel sein kann 12 Flickrs Kostentreiber 15 Den Unternehmenswert berechnen 17 Ein Blick zurück: Warum Netflix anders war 18 Die Erkenntnisse 23 Fragen, die man sich stellen sollte 26 2 NETZWERKE MULTIPLIZIEREN EFFEKTE 29 Webbasierte Online-Netzwerkeffekte 31 N-seitige Märkte 32 Googles Kombination aus Netzwerkeffekten 35 Die Höhen und Tiefen positiven Feedbacks 46 Fragen, die man sich stellen sollte 51 Referenzen 52 3 MENSCHEN BAUEN VERBINDUNGEN AUF 55 Soziale Rollen gestern und heute 55 Wie die Online-Welt soziale Netzwerke verändert 57 Online-Kontakte und -Inhalte 62 Die Erkenntnisse 75 Fragen, die man sich stellen sollte 78 4 UNTERNEHMEN SYNDIZIEREN FÄHIGKEITEN 81 Externe und interne Kräfte 81 Dynamische Fähigkeiten entwickeln 82 Die Auswirkungen der Online-Syndizierung 83 Kompetenz-Syndizierung 85 Die Erkenntnisse 100 Fragen, die man sich stellen sollte 101

5 ALTES MIT NEUEM NEU KOMBINIERT 103 Arten der Innovation 103 Ökosysteme integrieren: Apples ipod 112 Mit Carriern arbeiten: Jajah 118 Noch eine rekombinante Innovation: Das iphone 120 Die Erkenntnisse 122 Fragen, die man sich stellen sollte 122 6 UNTERNEHMEN INTEGRIEREN STRATEGIEN 125 Fünf Schritte zu Web 2.0 125 Web 2.0-Businesspläne aufstellen 132 Sehen Sie sich um, während Sie voranschreiten 138 Index 141 VI

Kapitel 6 KAPITEL SECHS Unternehmen integrieren Strategien SIE BESITZEN NUN ALLE WERKZEUGE, um das strategische Denken des Web 2.0 für Ihr Unternehmen zu übernehmen. Der nächste Schritt besteht darin, selbst Hand anzulegen. Was Sie in den vorangegangenen Kapiteln über Web 2.0 gelesen haben, liefert Ihnen den Hintergrund, um es funktionieren zu lassen, aber um dorthin zu gelangen, ist es mit Lesen nicht getan. Wie fängt man an? Fünf Schritte zu Web 2.0 Hier folgt ein fünfstufiger Aktionsplan zur Einbettung von Web 2.0-Geschäftsmodellen in Ihre Entscheidungsfindung und um andere zu überzeugen. Diese Aktionen lehnen sich locker an die vorherigen Kapitel an und werden durch einige Schlüsselfragen gesteuert, die die Beispiele an Ihre eigene Situation anpassen. Auf kollektivem Benutzer-Mehrwert aufbauen Ein Schlüsselelement vieler Web 2.0-Projekte ist deren Fähigkeit, Informationen von Nutzern zu sammeln und dann in einer Form weiterzugeben, für die Leute Geld auszugeben bereit sind. Die Benutzer selbst steuern dem Gesamtsystem einen Mehrwert bei, indem sie das tun, was sie für ihre Projekte tun wollen. Es kann schwierig sein, Systeme zu schaffen, wo die Benutzer genau das wollen. Es erfordert eine andere Art der Analyse 125

als beim Aufbau von Systemen, die einfach nur Konsumenten mit Informationen versorgen. Selbst wenn man sich mitten in einem Projekt befindet, das über Jahre hinweg laufen soll, kann es hilfreich sein, noch einmal bei null anzufangen. Werfen Sie einen neuen Blick auf Ihr Projekt, Programm oder Unternehmen aus Sicht eines Kunden, und betrachten Sie den Cashflow über die Zeit hinweg. Die Perspektive des Benutzers anzunehmen und dann sorgfältig die ein- und ausgehenden Geldflüsse zu betrachten (sowie die durch die Aktionen und Interaktionen eines Benutzers generierten, festgehaltenen und verschwendeten Mehrwerte) bildet eine fokussierende Linse, die Ihnen dabei hilft, die wertvollsten, aktivsten und kreativsten Beitragenden zu erkennen. Ein Teil der Veränderung Ihrer Kostenstruktur und Ihres Modells besteht darin, aktiv Wege zu finden, die kollektive Benutzer-Mehrwerte aktiv anspornen und unterstützen und die Mitwirkung belohnen. Sie müssen aber auch über Wege nachdenken, den kollektiven Nutzer- Mehrwert zu monetarisieren oder zu Ihrem Vorteil (und dem der Nutzer) zu verwenden, und zwar so schnell wie möglich. Sehen Sie sich zuerst die Zu- und Abflüsse des Geldes in Ihrem Unternehmen aus der Sicht eines einzelnen Benutzers an. Es ist wichtig zu verstehen, wie diese funktionieren, um eine Grundlage für die Evaluierung Ihrer Kosten und Möglichkeiten bei der Arbeit mit neuen Nutzern zu schaffen. Möglicherweise müssen Sie unterschiedliche Arten von Nutzern berücksichtigen sowie mehrere Quellen für Einnahmen (und Kosten). Wenn Sie Ihr Unternehmen gerade erst aufbauen, haben Sie natürlich die Möglichkeit zu planen, wie diese Flüsse arbeiten. Es ist wichtig, den grundlegenden Wert und die Kosten Ihrer Nutzer zu kennen. Flickr hatte sechs Schlüsselbereiche, in denen der kollektive Benutzer-Mehrwert wichtig war. Sie müssen Ihr Projekt untersuchen und die Bereiche bestimmen, in denen der kollektive Benutzer-Mehrwert Ihnen helfen kann. Gibt es Möglichkeiten, die Schaffung von Werten zu maximieren, indem man die Beziehungen oder Interaktionen zwischen den Online-Nutzern oder sogar den Offline-Partnern verändert? Wie könnte sich die Schaffung einer Community oder eines Ökosystems auf Ihr Unternehmen, die Einnahmeströme, die Verteilung der Einnahmen und die Kostenstruktur auswirken? Könnten Kollaboration, Sharing, eine Erhöhung der Frequenz, Loyalität oder mehrere Einnahmeströme einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil darstellen, der sich in individueller Kundenprofitabilität und lebenslangem Wert messen lässt und sich zu einem kundenseitigen Unternehmenswert aggregiert? Flickr erfüllte mit einem einfach zu nutzenden und zu verwaltenden Digitalfoto-Archiv ein direktes Bedürfnis seiner Nutzer, während es gleichzeitig die riesige Bibliothek freier Fotos nutzte, um eine neue Art von Community aufzubauen. Abhängig von der Natur 126 KAPITEL SECHS

Ihres Projekts oder Unternehmens, funktioniert die Konzentration Ihrer Arbeit auf diese Art von Kundendaten vielleicht nicht, aber es könnte immer noch genug Möglichkeiten für Sie geben, die von den Nutzern geteilten Informationen zu verbreiten. Experimentieren Sie mit kleinen Änderungen und wenn diese funktionieren, könnten Sie sie so in Ihr System und Geschäftsmodell integrieren, dass sie kontinuierlich und automatisch den Wert für das System und den Nutzer erhöhen. Aktivieren Sie Netzwerkeffekte Netzwerkeffekte sind das Herz des Web 2.0, das allen hier vorgestellten Strategien zugrunde liegt. Netzwerkeffekte treten allerdings in den unterschiedlichsten Formen auf, und ihre Anwendung bedeutet, nach ihnen zu suchen und ihre Energie zu entfachen. Der erste Schritt besteht darin herauszufinden, wie Ihre Offline- und Online-Netzwerkeffekte aussehen und wie man ihren Wert messen kann. Welche Orte und Gruppen können am wahrscheinlichsten (oder unwahrscheinlichsten) positive Netzwerkeffekte generieren direkt, indirekt, bedarfsseitig, netzwerkübergreifend oder sozial? Können Sie die von Ihnen geförderten und festgehaltenen Netzwerkeffekte im Vergleich zu Ihren Mitbewerbern effektiv identifizieren und verfolgen? (Können Sie mögliche Effekte erkennen, die Sie noch nicht festhalten?) Sobald Sie die Möglichkeiten erkannt haben, wird es Zeit zu untersuchen, wie man sie kombiniert. Wie können Sie Ihre Online-Netzwerkeffekte multiplizieren und kombinieren, erhöhte Einnahmen erzielen, mächtige dynamische bedarfsseitige Preisgestaltungseffekte nutzen und n-seitige netzwerkübergreifende Effekte entwickeln? Kostenlose oder subventionierte Dienste sind häufig ein Schlüssel für eine solche Multiplikation. Je systematischer Sie den Einfluss der Netzwerkeffekte auf Ihr Projekt oder Unternehmen untersuchen, desto mehr Gelegenheiten werden Sie finden, Online- und Offline-Netzwerkeffekte zu erzeugen und auszuschöpfen. Weil positive Netzwerkeffekte exponenziell wachsen, multipliziert sich das Ergebnis durch die Kombination mehrerer Typen, statt nur inkrementell zu wachsen. Die Geschichte von Google demonstriert das haarsträubende Hin und Her in einem hochgradig fließenden, komplexen und zeitkritischen Wettbewerb. Im frühen Kampf zwischen Google, Overture/GoTo und Excite bedeutete die richtige Kombination aus Netzwerkeffekten und Monetarisierung, dass Google die einstige Führerschaft seiner Mitbewerber beenden konnte. Auf der Google-Werbeplattform halfen diese Netzwerkeffekte dann aber weit mehr Mitspielern als nur Google. Es gab eine Vielzahl unerwarteter Gewinner alles kleine bis mittelgroße Unternehmen, Erstwerber, Online-Verkaufsflächen sowie Blogger, die Teil UNTERNEHMEN INTEGRIEREN STRATEGIEN 127

des schnell wachsenden Geschäfts mit Online-Werbung wurden, einfach aufgrund der riesigen Einnahmen durch die direkte Pay-per-Click-Werbung. Das ist kein Nullsummenspiel: Positive Netzwerkeffekte können den gesamten Kuchen, aber auch Tausende kleiner Kuchen und Törtchen wachsen lassen. Das macht es möglich, den exponenziell steigenden Wert innerhalb des Google-Ökosystems breiter zu verteilen, was wieder zu zusätzlichen Gewinnen führt und so weiter... Sie müssen auch in Erwägung ziehen, wie wichtig Netzwerkeffekte sind, um Ihren Marktanteil zu erhöhen, sowie die damit verbundenen Mehreinnahmen. Stehen Sie in einem kippenden Markt im engen Wettbewerb? Gibt es Vorteile für Früh- oder Späteinsteiger? Wie viel müssen Sie bereit sein zu bezahlen, um den dominanten Marktanteil in einem kippenden Markt zu erreichen? Wem gehören die»wechselwähler«ihrer Branche? Märkte mit starken Netzwerkeffekten neigen auch zu einem»der Gewinner bekommt alles oder zumindest das meiste«. Selbst führende Unternehmen können bei einem Marktanteil von 6 bis 7 Prozent an»wechselwählern«verwundbar sein. Auch wenn es so aussieht, als würde der Schwanz mit dem Hund wedeln, so hat doch AOL die entscheidende Rolle im frühen Kampf zwischen Google und Overture gespielt, ebenso wie bei dem Rennen zwischen Google, Yahoo! und Microsoft. Es ist sehr wichtig, die Bedeutung und die potenzielle Rolle aller Haupt- und»ergänzungsspieler«in einem stark umkämpften Markt genau zu verfolgen, einzuschätzen und zu beeinflussen. Ihr Unternehmen sieht vielleicht nicht wie Google aus, aber es gibt da draußen sehr viele kippende Märkte und Ihr Unternehmen soll den Tag ja für sich erobern und den Markt. Arbeiten Sie durch soziale Netzwerke Während Sie soziale Netzwerke für eine bestimmte Art von Web 2.0-Anwendungen halten könnten, durchdringen und bereichern soziale Netzwerke Web 2.0-Projekte selbst dann, wenn das nicht deren zentraler Punkt ist. Soziale Netzwerke sind ein natürlicher Kanal für Netzwerkeffekte und ein Schlüsselbereich der Community-Bildung, der die Wirkung Ihres Projekts verstärken kann. Abgesehen davon, dass sie ein eigenes Unternehmen darstellen können, können sie Ihnen dabei helfen, ein wesentlich größeres Publikum zu erreichen und stärkere Bande mit der Nutzer-Community Ihres Projekts zu knüpfen. Haben Sie sich die Struktur des sozialen Online-Netzwerks für Ihren Zielmarkt aufgezeichnet? Wie identifizieren, aktivieren und belohnen Sie momentan die Online- Konnektoren, -Experten und -Händler in Ihrem System? Wie sieht es mit den aktivsten 1 bis 3 Prozent der Uploader aus? 128 KAPITEL SECHS

Können Sie systematisch Wege identifizieren, um die viralen, interaktiven Faktoren und den sozialen Einfluss bzw. das Empfehlungsverhalten Ihres Geschäfts zu verstärken, insbesondere während der»kritischen Masse«-Phase Ihrer Marketingaktivitäten? Wie können Sie sozial beeinflusste virale Distribution sowie klassisches virales Marketing und Hype ankurbeln? Die Beantwortung dieser Fragen bedeutet übrigens nicht, dass Sie Software für ein soziales Netzwerk aufbauen müssen. Sie müssen die Details der Struktur eines sozialen Netzwerks nicht kennen, um es für sich zu nutzen. Eine zusätzliche Zeile am Ende jeder Hotmail»Get your private, free email at http://www.hotmail.com«war die Quelle für Hotmails phänomenalen Erfolg durch virales Marketing.»Infections«und Innovationen mit einer höheren Verbreitungsrate erreichen schneller ein großes Publikum. Hotmail erinnert uns daran, dass freie Dienste eine hohe Verbreitungsrate besitzen, da sie die finanziellen und sozialen Risiken reduzieren und die Distributionskosten auf null senken. Soziale Netzwerk-Software kann natürlich Schlüsselaspekte Ihres Projekts hervorheben. LinkedIn demonstriert, wie soziale Netzwerke den Prinzipien der 1 bis 3 Prozent aktiv beisteuernden Benutzer und der exponenziell wachsenden kritischen Masse folgen, die durch die Gesetze der Netzwerk-Macht und die»sozialer Einfluss«-Marketing-Kurven vorhergesagt werden. Im Gegensatz zum althergebrachten 80/20-Pareto-Prinzip, nach dem 20% der Personen für 80% der Einnahmen sorgen, folgen Netzwerke wie das Web einem extremeren Gesetz, bei dem 1 bis 3 Prozent der Nutzer eine kritische Masse bilden können, die ein exponenzielles Wachstum auslösen kann. Wir sehen das, wenn eine kleine Anzahl von Websites wie Yahoo!, MySpace, YouTube, Wikipedia und Digg signifikanten Traffic und Hype generiert. Nur etwa 1% der 7,4 Millionen Wikipedia-Nutzer fügen neue Inhalte ein oder verändern diese, wobei 1,8% dieses einen Prozents etwa 72% der Artikel schreiben. Laut Bradley Horowitz, Yahoo! VP und Blogger, starten etwa 1% der Nutzer eine Gruppe oder einen Thread, 10% interagieren mit dem Inhalt, synthetisieren ihn und mischen ihn neu, und 9,2 Millionen Besucher dieser Gruppen bei Yahoo! profitieren von diesen Schöpfern und Generatoren. Vielleicht waren Sie überrascht zu sehen, dass 90% der LinkedIn-Mitglieder Beziehungen ersten Grades pflegen und 5% Netzwerker sind. Die letzten 5% sind das System selten, aber sehr intensiv nutzende Kontakter Vertriebsleute, Personalvermittler und einmalig einstellende Manager. Aber das ist der Grund, warum es so clever ist, die zugrunde liegende soziale Netzwerk-Struktur so detailliert abzubilden und zu analysieren, wie LinkedIn das getan hat. Auch Sie können mit diesem Wissen um soziale Netzwerke arbeiten, um die Aspekte des sozialen Netzwerks Ihres Web 2.0-Geschäftsmodells zu entwickeln und die freien Features sowie die Basis- und Premium-Features und die passende Preisgestaltung auf die richtigen Zielgruppen in Ihrem n-seitigen Markt anzu- UNTERNEHMEN INTEGRIEREN STRATEGIEN 129

passen. Wie LinkedIn sollten Sie sich auch fragen, ob es in Ihrem Interesse liegt, die Dienste, Produkte und Features an die verschiedenen Seiten des zweiseitigen Marktes anzupassen. Sie sollten auch Facebooks Ansatz des viralen Marketings betrachten sozial beeinflusste virale Distribution. Sie eröffnete ein Superwachstum innerhalb der Studentenschaft und führte zu einem ganz neuen Ökosystem aktiver Nutzer, Beitragender und Entwickler nicht nur von Startups, sondern auch von anderen Web 2.0-fähigen Vermarktern wie Amazon, ebay und Apple. Ohne Zweifel können verschiedene Ihrer aktuellen Projekte oder Dienste von dieser Art beschleunigtem Wachstum, Traffic und Sichtbarkeit profitieren. Kompetenz dynamisch syndizieren Firmen bauen ihre Geschäfte auf Kompetenzen auf. Erfolg basiert darauf, dass man seine Aufgaben besser erledigt als die Mitbewerber. Kann man etwas Einmaliges, Schnelleres, Besseres oder Günstigeres produzieren? Web 2.0 kann die Art und Weise ändern, wie Sie diese Kompetenzen betrachten, und Ihnen dabei helfen, neue zu entdecken (die von anderen Unternehmen angeboten werden) und Ihre vorhandenen Kompetenzen zu teilen. Zuerst müssen Sie Ihre Stärken und Schwächen untersuchen. Besitzen Sie Kompetenzen, die Sie teilen können und die gut genug sind, um sich verkaufen zu lassen? Besitzen Sie die organisatorischen Fähigkeiten (oder können Sie sie aufbauen), Kompetenzen und Ressourcen interner und externer Quellen zu mischen und abzugleichen? Schätzt Ihr Unternehmen dynamische Fähigkeiten, die bedarfsgerechte flexible Schaffung, Nutzung und Lösung von Kompetenzen? Die Kompetenz-Syndizierung des Web 2.0 ist eine neue Art digital offenen Neumischens. Mashups und virale Distribution bislang sorgfältig gehüteter Unternehmensgeheimnisse können Mitbewerber, Ökosystem-Partner und eine ganze Reihe kleiner und mittelgroßer Unternehmen in loyale, Einnahmen (die man sich wieder teilt) generierende Nutzer verwandeln, während gleichzeitig Ihre Größenvorteile und Ihr globaler Wirkungsbereich anwachsen. Sind Sie flexibel genug, um das Kompetenz-Syndizierungs-Spiel mitzuspielen sich an verschiedene Rollen der Kompetenz-Syndizierung anzupassen, während Sie gleichzeitig die Regeln erkennen müssen, um die Wertschöpfung und -abschöpfung zu optimieren? Die Syndizierung von Online-Inhalten ist ein virales Triebwerk der Blogosphäre. RSS- Feeds, Hyperlinks und allgegenwärtige News-Aggregatoren wie MyYahoo! und Google erlauben der Websyndizierung den beschleunigten Transfer bisher unzugänglichen 130 KAPITEL SECHS

persönlichen und verschwiegenen Wissens und von Kompetenzen in öffentliche, umfassend archivierte und durchsuchbare Webdokumente, Images, Podcasts und Videos. IBM, Amazon und Google sind von Content-Feeds zu anspruchsvolleren Techniken übergegangen, um dynamische Fähigkeiten aufzubauen und Werte aus der Syndizierung von Kompetenzen und Diensten zu schöpfen. Alle gehen einen anderen Weg, von denen der eine oder andere auch Ihre Anforderungen erfüllen könnte. Eine Möglichkeit könnte darin bestehen, sich mit Ihrem erfolgreichen lokalen Unternehmen global zu öffnen. IBM hat Web 2.0-Strategien auf offene Systeme, Communitygenerierte Softwareentwicklung und virtuelles Mentoring angewandt, um lokale Netzwerkeffekte in Softwareanwendungen und Webdiensten zu beschleunigen, die weltweit vertrieben und vermarktet werden können. Alternativ können Sie wie Amazon Ihre Back-Office-Kompetenzen syndizieren und zu einem Meister in verschiedenen Dienst-Syndizierungs-Rollen werden. Syndizieren und digitalisieren Sie mehrere Dienste und Kompetenzen nicht nur endkundenbezogene Anwendungen, sondern einen Bereich der Back-Office-, Logistik- und Lieferketten- Fähigkeiten, die bisher außerhalb der Reichweite kleiner und mittelgroßer Unternehmen lagen. Googles offene APIs haben zu einer breiten Auswahl an Konsumenten- und Unternehmens-Kompetenz-Mashups geführt. Sie werden natürlich die Vor- und Nachteile abwägen wollen, die die Öffnung Ihrer eigenen APIs für Fremdentwickler sowie die ausgelagerten Entwicklungsdienste für nicht technische und (hauptsächlich) Offline-Partner Ihres Mashup-Ökosystems mit sich bringen. Innovationen rekombinieren Web 2.0 verspricht große Veränderungen, aber nicht notwendigerweise die Art»kreativer Zerstörung«, die von den Propheten des ursprünglichen Dotcom-Booms erwartet wurde. Web 2.0 verändert die Regeln des Geschäfts, ist aber kein einfaches Umschichtungsspiel, bei dem frühere Unternehmen durch webbasierte Unternehmen ersetzt werden. Neuartige Online/Offline-Netzwerkpartnerschaften konzentrieren sich darauf, Brücken und neue Netzwerke aufzubauen, statt die Infrastruktur traditioneller Unternehmen zu ersetzen oder zu zerstören. Es gibt sehr viele Möglichkeiten, die Innovationen der Online- und Offline-Geschäftswelten miteinander zu verbinden, und potenzielle Mitbewerber sind auch potenzielle Partner. Statt Wettbewerb gibt es in Ihren Beziehungen zu Kunden, Zulieferern, Mitbewerbern und Komplementäranbieter viele Möglichkeiten zu Online/Offline-Kooperationen im Web 2.0-Stil. Wer wird gewinnen, wenn Sie Brücken bauen, statt die aktuellen Mitspieler UNTERNEHMEN INTEGRIEREN STRATEGIEN 131

in Ihrer Branche zu zerstören? Wer wird verlieren? Wie kann das Web 2.0 das Feld der Geschäftsmodell-Innovation und Kollaboration in Ihrer Branche (und über Branchen und Landesgrenzen hinweg) neu definieren? Rekombinante Innovation ist eine Schlüsselkomponente aufstrebender Web 2.0-Unternehmen. Jajahs VoIP-Allianzen mit wichtigen globalen Telekom-Carriern wie der Deutschen Telekom (Eigner von T-Mobile) verfolgen den Ansatz der Einnahmeaufteilung, um eine für beide Seiten gewinnbringende Online/Offline-Allianz (samt dazugehörigem Ökosystem) zu schaffen. Apples Kehrtwende in der Online-Musikindustrie mit ipod und itunes unterscheidet sich völlig vom Napster- und Kazaa-Ansatz und ist erfolgreicher. Und Apples letzter Vorstoß, das iphone, baut auf dem Erfolg mit der Musikindustrie auf, um mit einer ganz anderen Industrie anzubändeln, dem Mobilfunk. Sie müssen kein Produkt wie das iphone verkaufen, aber Sie sollten Möglichkeiten in Erwägung ziehen, Partner in Ihr Geschäft einzubinden. Die Web 2.0-Technologie macht den Aufbau dieser Verbindungen einfacher, und Sie und Ihre Partner können gemeinsam von den erzeugten Netzwerkeffekten profitieren. Web 2.0-Businesspläne aufstellen Web 2.0 gehört als Unternehmensgründer in Ihren Geschäftsplan, als Investor oder Risikokapitalgeber in Ihr Portfolio und als großes Unternehmen in Ihr Geschäftsportfolio. Web 2.0 verändert die zugrunde liegende Dynamik, die Schöpfer und Leser von Geschäftsplänen erwarten, und ein guter Web 2.0-Geschäftsplan bietet eine realistische Chance, die Risiken beim Aufbau eines profitablen Unternehmens zu minimieren. Wo taucht Web 2.0 also in Ihrem Businessplan auf? TIPP Trotz des immensen Aufwands, der in Businesspläne investiert wird, werden die meisten Unternehmen und Risikokapitalgeber zustimmen, dass es sehr schwer ist, einen guten Businessplan zu entwickeln. Warum? Weil zu wenig Zeit in die Informationen investiert wird, die für clevere Investoren am wichtigsten sind. Die Zahlen müssen eine Geschäftsmodell- und Cashflow-Analyse aufzeigen, die ein tiefes und genaues Verständnis und Erfahrung mit den Triebfedern und Risiken des Projekts widerspiegeln. Ist das in großen Unternehmen anders? Sind die strengen Prüfungen für Projekte in einem Unternehmen systematischer oder disziplinierter als im privat finanzierten Bereich? Eigentlich nicht, auch wenn der Prozess wesentlich politischer ist. Die Forschung deutet darauf hin, dass es sowohl innerhalb als auch außerhalb eines Unternehmens schwer ist, einen guten Businessplan zu erstellen. 132 KAPITEL SECHS

Sehen wir uns das Inhaltsverzeichnis eines Standard-Businessplans mit den folgenden Abschnitten an: Kurzfassung I. Hintergrund, Geschäftskonzept, Ziele und Finanzierungsbedarf II. Marktanalyse III. Wettbewerbsanalyse IV. Produkte und Dienste V. Zeitplan und Meilensteine VI. Management- und Führungsteam VII. Führung, Eigentümerschaft und Aufsicht VIII. Finanzen Kurzfassung und Abschnitt I fassen den Rest des Plans zusammen. Web 2.0-Ideen müssen nicht notwendigerweise auf alle Abschnitte passen (insbesondere nicht VII), finden aber an vielen verschiedenen Stellen Anwendung. Marktanalysen Bei Marktanalysen geht es um die Chance oder wie es Steve Jurvetson, ein bekannter Venture-Kapitalist, einst ausdrückte:»how high is up?«die Wahl eines großen Marktes, der wächst und strukturell für Neueinsteiger attraktiv ist, war eine Voraussetzung. Natürlich haben nun das Online-Marketing und die schnelle Verbreitung von Breitband-, Mobil- und Digitalgeräten auch die Erreichbarkeit von Verbraucher-Nischenmärkten und Long-Tail-Märkte verbessert. Die Schlüsselfragen bleiben aber die gleichen: Was kostet es, den Markt zu erreichen? Wie ist die wahrscheinliche Kundenreaktion auf ein neues Produkt oder einen neuen Dienst? Wie lange dauert es, bis Kunden das Produkt ausprobieren, adaptieren und vielleicht andere dazu bewegen, das Gleiche zu tun? Normalerweise ist es schwierig, die Marktreaktion vorauszusagen: Wie viele Leute werden für etwas bezahlen, und wie schnell verbreitet sich die Neuigkeit über ein gutes Produkt oder einen guten Dienst? Web 2.0-Geschäftsmodelle glänzen damit, eben diese Informationen zu liefern. Häufig können Sie Marktanalysen durch Echtzeit-Experimente, Selbstversuche und Webanalysen ersetzen. Genau wie Flickr, Craigslist oder Digg es getan haben, können Sie etwas zu relativ geringen Kosten aussenden, um zu sehen, was funktioniert, und gleichzeitig die Teile genauer abstimmen, die nicht funktioniert haben. Reale Marktdaten und Performance-Messwerte schlagen alle übermäßig optimistischen und fantasievollen Vorhersagen. UNTERNEHMEN INTEGRIEREN STRATEGIEN 133

Bei der Schlüsselfrage zu Einnahmen und Preisgestaltung, nämlich wie viele Leute zu zahlen bereit sein werden, besitzen Web 2.0-Geschäftsmodelle einen signifikanten (wenn auch etwas versteckten) Vorteil gegenüber anderen Ansätzen. Für die meisten Offline- Produkte, insbesondere für Konsumgüter, gibt es allgemein anerkannte Preisschwellen, und es ist sehr schwierig, verschiedenen Kunden unterschiedliche Preise anzubieten. Eine Zeit lang gab es die 100-Dollar-Preisschwelle für Konsumelektronik und den Glauben, dass der Bedarf explodieren würde, sobald man DVD-Player, Farbdrucker oder neue und verbesserte Technik-Spielereien unter diesem Preis anbieten könnte. In Googles Fall konnte man eine dynamische Preisgestaltung umsetzen und das, was Ökonomen als perfekte Preisdifferenzierung (perfect price discrimination) bezeichnen. Einfach ausgedrückt wird Werbetreibenden fast genau das berechnet, was sie zu zahlen bereit sind, und jedes Schlüsselwort und jede Schlüsselwort-Phrase hat einen eigenen, mit dem Pay-per-Click verknüpften Preis. Denken Sie an die Grundlagen differenzierter Preisgestaltung personalisierte Preise, Versionierung und Gruppenpreise, die alle direkt, dynamisch, kundenbezogen und auf Pro-Klick-Basis zur Verfügung stehen. Selbst in den relativ statischen Web 2.0-Abonnement-Geschäften sind personalisierte oder individualisierte Preise, unterschiedliche Versionen eines Dienstes oder Produkts sowie Gruppen- und n-seitige Preise sehr leicht zu implementieren und können im laufenden Betrieb auch angepasst werden. In manchen Fällen können die sehr geringen Einstiegskosten und der geringe Kapitalbedarf für den Aufbau eines Web 2.0-Geschäfts die Preisbildung zu einer Entscheidung machen, die man erst betrachtet und analysiert, wenn eine kritische Masse von 1 bis 3 Prozent aktiver Teilnehmer, virales Wachstum, ein nachhaltiges soziales Netzwerk und laufende Netzwerkeffekte entstanden sind. Insbesondere in den Fällen, in denen es starke Netzwerkeffekte, einen Wettbewerb und einen zweiseitigen Markt gibt, könnte der Aufbau einer kritischen Masse an freien Kunden wertvoll sein. Das multipliziert die netzwerkübergreifenden und indirekten Effekte und löst weitverbreiteten sozialen Einfluss und Mitläufer-Effekte aus, aber auch aktive und passive Clickstream-Beiträge zum kollektiven Benutzer-Mehrwert. Web 2.0-Geschäftsmodelle bringen viele Marketingvorteile mit sich, und zwar nicht nur für das Gründerteam, sondern auch für die Investoren. Alle oben diskutierten Bereiche können das Risiko und die Vorhersehbarkeit eines neuen Projekts erhöhen oder reduzieren. Der Marketingabschnitt eines Web 2.0-Businessplans kann eher mit realen Kunden aufwarten und eine auf Web-Analysedaten basierende Visualisierung dessen bieten, was in einem Zielmarkt funktioniert und was nicht. Es ist nicht überraschend, dass dieser Quantensprung besser ankommt als die sehr kreativen Zukunftsprognosen, die man in Businessplänen häufig sieht. 134 KAPITEL SECHS

Wettbewerbsanalyse Die Marktanalyse ist wichtig, aber in der Welt tut sich weitaus mehr als nur dieser eine Plan. Es muss wohl nicht erwähnt werden, dass Zeit ein wichtiger Faktor in Wettbewerbssituationen ist. Der Plan muss Fragen beantworten wie: Wie lange dauert es, bis Kunden das Produkt ausprobieren, adaptieren und vielleicht andere dazu bewegen, das Gleiche zu tun? Wie sieht es mit Wachstum und mehreren Einnahmeströmen aus? Was ist wichtiger die Anzahl der Nutzer oder die Anzahl der Einheiten? Das führt zu einer grundlegenden, oft aber trotzdem nur schwer zu beantwortenden Frage: Wie sieht das Geschäftsmodell aus? Das ist der eigentliche Kern an der Sache, die Stelle, an der es besonders wichtig ist, explizit festzuhalten, dass Web 2.0-Geschäftsmodelle anders über das Geschäft und die Pro- Einheit-Ökonomie denken. Zum Beispiel werden die meisten Produkte und Dienste in der Offline-Welt pro Stück oder Stunde abgerechnet, während sich die meisten lokalen und geografisch beschränkten Produkte und Dienste an den lokalen Markt anpassen werden. Im Gegensatz dazu hatten alle von uns betrachteten Web 2.0-Geschäftsmodelle eine Nutzer- oder nutzungsbezogene Geschäftsstruktur Netflix ein individuelles Abonnementmodell und Google arbeitet mit einem einmaligen Besucher-, Pro-Query- und Pro-Klick-Modell. Diese Art benutzerzentrierter Modelle ist für die Wertschöpfung in digitalen und Online-Marktplätzen ausschlaggebend. Der erhöhte Traffic und die Zahl der Nutzer lassen den Netzwerkwert des Systems exponenziell ansteigen, während die Kosten für digital verfügbare Dienste und Distribution nach den einmaligen Vorlaufkosten für die Entwicklung bei null bleiben. Hat ein Projekt bereits riesige Zuwachszahlen erfahren und besitzt es eine innovative virale Wachstums- und Distributionsstrategie, benötigt es wahrscheinlich keine Finanzspritze, um profitabel zu sein, und es ist wahrscheinlich, dass die Risikokapitalgeber vor Ihrer Tür Schlange stehen. Wenn die Schlüsselelemente Ihres Web 2.0-Geschäftsmodells darüber hinaus grundsätzlich kollaborativer Natur sind, sollten Sie erwägen, einen Abschnitt mit einer kollaborativen Analyse beizufügen, um den Abschnitt zur Wettbewerbsanalyse zu vervollständigen. Er könnte detaillierte Beschreibungen enthalten, wie Ihr Geschäftsmodell Wert aus vielen der folgenden Quellen und Verflechtungen schafft, festhält und wieder verteilt: UNTERNEHMEN INTEGRIEREN STRATEGIEN 135

Kollektiver Nutzer-Mehrwert, der aus nützlichen hochgeladenen Beiträgen entsteht Peer-to-Peer-Interaktion mit offenen Inhalten und Sharing-Communities Aus sozialen Netzwerken entstehende Netzwerkeffekte Ökosysteme schaffen indirekte Netzwerkeffekte, die komplementäre B2B-Partnerschaften und Beziehungen erzeugen Die Mitbewerber zu verstehen ist immer noch wichtig, aber Web 2.0 setzt den Schwerpunkt darauf, eine für alle Parteien gewinnbringende Zusammenarbeit einzugehen. Produkte und Dienste Web 2.0-Produkte und -Dienste mögen digital sein, verlangen aber dennoch eine sorgfältige Definition und stellen die traditionelle Analyse vor eine Herausforderung. Benutzergenerierte Inhalte sind besonders schwer abzuschätzen, und Sie müssen zuerst herausfinden, wie man sie in die Grundlagen Ihres Businessplans integriert. Wie sehen Sie Produkte und Dienste kostenbasiert oder Kunden/Nutzer-basiert? Wie können Sie Nutzer-Beiträge in Ihr System integrieren? Es gibt auch einige Fragen, die Sie früh beantworten sollten, statt auf eine mögliche Belastungsgrenze zu warten und zu riskieren, dass Ihre Kunden abgeschreckt werden oder Ihr Geschäft beschädigt wird: Wie wird nutzergenerierter Inhalt lizenziert und verteilt? Welchen Ertrag, Vorteil (Rabatt) oder Anteil der Einnahmen erhält der Nutzer? Wie werden Long-Tail-Communities und -Angebote unterstützt, damit es keinen Missbrauchsverdacht gibt? Diese Fragen mögen unbekanntes Gebiet für Unternehmen sein, die daran gewöhnt sind, das, was sie verkaufen, selbst zu erzeugen und direkt zu besitzen, sind aber für Unternehmen von grundlegender Bedeutung, die davon abhängig sind, dass deren Nutzer Inhalte für sie generieren. Benutzer müssen einem Projekt vertrauen, damit sie bereit sind, ihre Energie zu investieren. Dieser Bedarf an Vertrauen kann variieren, je nachdem, wie viel die Benutzer glauben, von sich preiszugeben, aber es ist am besten, auf diese Art Fragen durch Nutzer und Investoren vorbereitet zu sein. Zeitplan und Meilensteine Aufgrund der kollektiven Beiträge der Benutzer und der Bedeutung offener Ökosysteme bzw. fremder Ökosysteme wird dieser Abschnitt sich von den typischen Mitarbeiter- und Mannstunden-Diagrammen recht deutlich unterscheiden. Es gibt einige Schlüsselfaktoren, die sich möglicherweise nicht so leicht ermitteln lassen: 136 KAPITEL SECHS

Wie viel Inhalt werden die Nutzer wie schnell generieren? Wie stark werden mögliche Kollaborateure auf Gelegenheiten reagieren? Wie schnell wird sich die dem Projekt zugrunde liegende Anwendung verändern müssen? Es wird immer noch so etwas wie eine Markteinführung geben, aber häufig fangen Web 2.0-Projekte nicht einmal mit einer 1.0-Version an. Unternehmen wie Flickr und Google haben gute Erfahrungen mit offenen Betaversionen gemacht, bei denen Tausende oder gar Millionen von Nutzern mit Software arbeiten, die sich permanent (vielleicht sogar stündlich) verändert. Die iterative Natur von Web 2.0-Projekten gibt ihnen eine unglaubliche Flexibilität, macht es aber auch schwierig, langfristige Vorhersagen zu Zeitplänen und Meilensteinen zu treffen. Management- und Führungsteam Viele Risikokapitalgeber und erfahrene Investoren werden sagen, dass sie zuerst»die Lebensläufe lesen«, bevor sie entscheiden, ob sie sich einen Businessplan näher ansehen oder ihn wegwerfen. Was das Team weiß (relevante Erfahrung), wen es kennt (relevante Beziehungen und soziales Netzwerk von Kunden, Zulieferern, Partnern und Talenten) und ob man es kennt (track record for execution und Umgang mit unerwarteten Herausforderungen), all das erfährt (und das überrascht nicht weiter) sehr viel Aufmerksamkeit. Arthur Rock, legendärer Risikokapitalgeber, der Apple, Intel und andere mitbegründet hat, bemerkte einmal:»ich investiere in Menschen, nicht in Ideen «Aber was macht einen Web 2.0-Gründer anders? Vielleicht ist es ein Stil oder ein Ansatz. Bei Web 2.0- Unternehmen scheint die Gewinner-Formel für ein Gründungsteam eine andere zu sein als noch während der Dotcom-Ära. Kollaborative Fähigkeiten wie Zuhören, gleichberechtigte Zusammenarbeit und schnelle Reaktions- und Innovationsfähigkeit alles dynamische Fähigkeiten für die Orchestrierung und Katalysierung großer, online verbundener und interaktiver Gruppen stellen nun höhere Prioritäten dar als das übliche»aus der Hüfte schießen«und»keine Gefangenen machen«, für das frühere Hightech-Gründer bekannt waren. Finanzielles Letztendlich geht es (fast immer) um das Finanzielle. Kurz gesagt, besteht die Herausforderung also darin zu zeigen, dass die Finanzen, Vorhersagen und Zeitpläne durch die etwas andere Web 2.0-Ökonomie angetrieben werden: Pro Nutzer-Ökonomie Die grundlegende Mathematik der Kundenakquisition und -Rendite ist immer noch wichtig. Der Lifetime-Wert eines Kunden kann bestimmt werden, indem man sich UNTERNEHMEN INTEGRIEREN STRATEGIEN 137

die Akquisitionskosten (Marketingausgaben durch die Zahl der akquirierten Kunden) und die Lifetime-Marge (durchschnittliche Zeitspanne und Marge) ansieht. Community-Wert Der Wert einer Community gibt Web 2.0-Plänen viel mehr Kraft als deren Vorgängern. Das liegt einfach an den vielen Vorteilen, die Communities bildende Nutzer bieten. Ein Community-Gefühl (z.b.»dort rede ich mit meinen Freunden«) hält die Nutzer auf dieser Site und ermuntert sie, weitere Freunde einzuladen. Die Kraft der Zusammenarbeit macht es wahrscheinlicher, dass eine Gruppe von Nutzern glänzende Ergebnisse liefert, die wiederum neue Nutzer anziehen. Eine große Zahl von Nutzern in einer Community ermöglicht den Aufbau von Märkten innerhalb dieser Community, wie das beispielsweise Google Adwords macht. Die unterschiedlichen Arten der Interaktion zwischen den Nutzern können ebenfalls zusätzlichen Mehrwert liefern, den man möglicherweise abschöpfen kann. Das wird wohl an den Beispielen zu sozialen Netzwerken in Kapitel 3 am deutlichsten sichtbar. Ökosystem-Wert Die Nutzer, deren Community und das Unternehmen existieren in einer wesentlich größeren Welt verwandter Unternehmen und Communities. Gibt es Synergien, die der Community und dem Ökosystem helfen können? Sich nach verwandten Projekten umzusehen kann manchmal Partner aufzeigen, die einem mit Produktionen, Produkten, Diensten, geteilten Einnahmen oder sogar mit Investitionen helfen können. An einen letzten Punkt sollte man noch denken: Viele Web 2.0-Projekte können bei niedrigen Investitionen ein riesiges Potenzial aufweisen. Während Google beispielsweise ein großes Risiko damit eingegangen ist, Google Maps zu entwickeln und zu veröffentlichen da es von vorhandenen (und teuren) Kartendaten abhängig war, können viele Web 2.0- Projekte mit einer Idee und einer Site beginnen und auf dieser Basis wachsen. Wenn Ihr Plan gute Gründe aufzeigt, im Vorfeld viel Geld zu investieren, und wenn Sie einen entsprechenden Investor finden, dann kann es das wert sein, aber glauben Sie nicht automatisch, dass Ihr nächstes Webunternehmen am Anfang ein Vermögen kosten muss. Sehen Sie sich um, während Sie voranschreiten An diesem Punkt sollte klar sein, dass Web 2.0 neue Gelegenheiten für Unternehmen bietet, die bereit sind, mit alten Ansätzen zu brechen. Während Sie Ihren Businessplan entwickeln und Ihre Strategie untersuchen, sollten Sie drei Schlüsselaspekte berücksichtigen: Online-Netzwerkeffekte sind eine mächtige multiplizierende Kraft Netzwerkeffekte erklären das schnelle Wachstum, die Siege in knappen Wettbewerbsrennen und die Dominanz großer Player wie Google und Facebook. Sie schaf- 138 KAPITEL SECHS