Anerkennung von Schul-, Berufs, und Hochschulabschlüssen in Hessen Ein Leitfaden für die Praxis / Erweiterte Auflage



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Transkript:

Anerkennung von Schul-, Berufs, und Hochschulabschlüssen in Hessen Ein Leitfaden für die Praxis / Erweiterte Auflage Netzwerk Integration durch Qualifizierung (IQ)

Anerkennung von Schul-, Berufs- und Hochschulabschlüssen in Hessen - ein Leitfaden für die Praxis - >> zurück zum Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung beramí berufliche Integration e. V. 3 2. Anerkennung der Gleichwertigkeit schulischer Abschlüsse 5 2.1 Schulabschlüsse 5 2.2 Anerkennungsverfahren 7 2.3 Anerkennung ohne Zeugnisse 9 2.4 Was tun bei Nicht-Anerkennung? 10 3. Anerkennung beruflicher Abschlüsse 11 3.1 Grundprinzipien der Anerkennung 11 3.2 Wann ist eine Anerkennung notwendig? 13 Reglementierte Berufe 13 Nicht-reglementierte Berufe 14 3.3 Kein (allgemeiner) Rechtsanspruch auf Anerkennung 15 4. Anerkennung betrieblicher Berufsausbildungen 17 4.1 Industrie- und Handelskammer (IHK) 18 4.1.1 Vorgehensweise bei der IHK 18 Antragsverfahren bei der IHK 19 4.1.2 Adressen der zuständigen IHKn in Hessen 21 4.2 Handwerkskammer (HWK) 24 4.2.1 Vorgehensweise bei der HWK 24 Antragsverfahren bei der HWK 25 4.2.2 Adressen der zuständigen HWKn in Hessen 26 4.3 Landeszahnärztekammer 28 4.4 Landesärztekammer 28 4.5 Landestierärztekammer 29 4.6 Hessisches Landesamt für Bodenmanagement und 29 Geoinformation 4.7 Anerkennung von Berufen bei der Feuerwehr 31 4.8 Anerkennung von Berufen in der Forstwirtschaft 32 4.9 Anerkennung von Berufen im landwirtschaftlichen Bereich 33 beramí berufliche Integration e.v. >>1<<

5. Anerkennung von Gesundheitsberufen 34 6. Anerkennung von Berufen im Bereich des öffentlichen 38 Dienstes 7. Anerkennung von Berufen im Polizeidienst 40 8. Anerkennung der Dolmetscher- und Übersetzerausbildung 41 9. Zugang zum Studium an einer Hochschule und Anerkennung 42 akademischer Berufe 9.1 Hochschulzugang mit ausländischen Zeugnissen 42 9.2 Zuständige Stellen für die Bewerbung 43 9.3 Bewerbung um einen Studienplatz 47 9.4 Adressen und weitere Informationen 53 10. Ausübung akademischer Berufe 54 10.1 Grundsätze der Anerkennung 55 10.2 Reglementierte Berufe 55 10.3 Anerkennung von reglementierten Berufen 56 10.4 Nicht-reglementierte Berufe 78 10.5 Weiterführende Informationen 79 11. Anerkennung von Titeln und Diplomen 80 12. Handlungsempfehlungen von beramí für ein verbessertes 83 Annerkennungsverfahren 13. Glossar 92 14. Weiterführende Webadressen 113 15. Literaturliste 116 Impressum 117 >>2<<

>>1. Einleitung beramí berufliche Integration e. V. Ein Labyrinth wie bei Franz Kafka oder Anerkennungs-Dschungel, so drastisch übertitelten deutsche Tageszeitungen ihre Berichterstattung über das Anerkennungsverfahren ausländischer Bildungs- und Berufsabschlüsse. Tatsächlich ist das Verfahren kompliziert, da Hunderte von Anerkennungsstellen zuständig sind und eine Fülle uneinheitlicher Rechtsgrundlagen beachtet werden müssen. Viele Antragsteller und Antragstellerinnen scheitern bereits bei der Suche nach der für sie richtigen Stelle und verlieren somit kostbare Zeit. In der Folge ziehen sich Verfahren unnötig in die Länge bzw. kommen nicht zu einem positiven Bescheid. >> beramí berät und unterstützt seit 1990 Migranten und Migrantinnen in Fragen zur Anerkennung ihrer Bildungs- und Berufsabschlüsse. 2008 konnten wir mit der Förderung des Frauenreferats der Stadt Frankfurt den ersten hessischen Leitfaden zur Anerkennung von ausländischen Bildungs- und Berufsabschlüssen herausgegeben, 2010 die zweite, erweiterte Auflage mit der Förderung des Hessischen Ministeriums der Justiz, für Integration und Europa wohl wissend, dass die Broschüre wegen der Komplexität und Dynamik des Themas nicht vollständig und am Tag des Erscheinens bereits nicht mehr aktuell sein konnte, aber mit der Gewissheit, dass der Leitfaden für die betroffenen Zuwanderer und Zuwanderinnen wertvolle Informationen bündelt und eine wichtige - bis zu diesem Zeitpunkt hessenweit einzige - Orientierungshilfe darstellt. Die zahlreichen begeisterten Reaktionen haben gezeigt, dass es uns gelungen ist. Auch Beratungsstellen und andere Akteure haben uns rückgemeldet, dass ihnen der Leitfaden als wichtige Arbeitsgrundlage zum Thema Anerkennung dient. Darüber hinaus beflügelte uns, dass die Anerkennung in den Fokus des öffentlichen Interesses rückt. Das Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen ist auf den Weg gebracht. Unter dem Eindruck des Fachkräftemangels gewinnt unsere Gesellschaft zunehmend einen anderen Blick auf Zuwanderer und Zuwanderinnen und deren vielfältige Ressourcen und Kompetenzen, die sie in unsere Gesellschaft einbringen wollen. Seit 20 Jahren engagieren wir uns für die Wertschätzung der Kompetenzen von Menschen, die mit hervorragenden Qualifikationen aus ihrem Heimatland ausgestattet, auf dem Arbeitsmarkt ausgegrenzt und degradiert werden. Wir beramí berufliche Integration e.v. >>3<<

wissen, dass hinter dem Beispiel der promovierten Chemikerin, die in der Putzkolonne arbeitet, eine Vielzahl menschlicher Schicksale steht. Es sind Menschen, deren Träume, Lebenspläne und psychische Gesundheit gefährdet sind, weil es ihnen nicht frei steht, sich mit allen Kompetenzen und Fähigkeiten einzubringen und diese zu entwickeln. Berufliche Integration in qualifikationsadäquate Beschäftigung ist die Voraussetzung für gelebte gesellschaftliche Teilhabe, nur so kann die Gesellschaft der Zukunft gestaltet werden. Der wirtschaftliche Schaden, der uns darüber hinaus entstanden ist und entsteht, wenn dieser Reichtum brach liegt, ist groß. Das ist ein Fakt, der inzwischen in den Köpfen angekommen ist. Das neue Anerkennungsgesetz setzt ein wichtiges Signal, allein dass die Staatsangehörigkeit der/des Antragstellers/-in keine Rolle mehr spielen soll, ist ein wichtiger Schritt. Es wird nicht einfach sein, ein bundesweites, transparentes und vor allem unbürokratisches Verfahren zu installieren. Um dies zum Erfolg zu bringen, müssen alle Akteure an einem Strang ziehen: die Länder und Kommunen, die Anerkennungsstellen, die Arbeitgeber, die Gewerkschaften und Berufsverbände. Wir würden uns wünschen, dass sich auf diesem langen Weg eine neue Kultur der Anerkennung entwickelt: in der der Mensch im Mittelpunkt steht mit dem, was er kann, was er leistet und wie er sich weiterbildet. Wir sollten die Chance nicht vertun, diesen Reichtum, den Zuwanderer und Zuwanderinnen mitbringen und einbringen wollen, zu nutzen. Mit dem Leitfaden wollen wir eine übersichtliche und praxisnahe Hilfe in Fragen der Anerkennung von ausländischen Schul-, Berufs- und Hochschulabschlüssen geben. Hierfür haben wir alle Anerkennungsstellen um Mithilfe gebeten. Für die große und vielfältige Unterstützung in Form von Korrekturen und Ergänzungen möchten wir uns an dieser Stelle sehr bedanken. Aufgrund des komplexen Themas und der vielfältigen Entwicklungen können wir trotzdem nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Unser Dank gilt besonders dem Amt für multikulturelle Angelegenheiten der Stadt Frankfurt, mit dessen Förderung wir diese -bereits dritte -Auflage realisieren konnten. Frankfurt im Juli 2011 >>4<<

>> Rosina Walter Geschäftsführender Vorstand Cornelia Goldstein Projektleitung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Unter Mitarbeit von: Şükriye Altun Mangel, Irina Lagutova, Kerstin Rönsch, Susanne Zastrau >>2. Anerkennung der Gleichwertigkeit schulischer Abschlüsse Das folgende Kapitel nennt die Voraussetzungen und beschreibt die Verfahren bei der Anerkennung im Ausland erworbener Schulabschlüsse. 2.1 Schulabschlüsse Für die Anerkennung ausländischer Schulabschlüsse werden Äquivalenzprüfungen auf der Grundlage des 80 des Hessischen Schulgesetzes vorgenommen; hierbei werden die Voraussetzungen, die im Herkunftsland und in Deutschland zu dem jeweiligen Abschluss führen, verglichen: Wie lange muss die Schule besucht werden? Wie viele und welche Fächer mussten belegt werden? Auf der Grundlage dieses Bewertungsergebnisses wird dann der jeweilige Schulabschluss zuerkannt. beramí berufliche Integration e.v. >>5<<

Hauptschulabschluss Für die Gleichstellung des ausländischen Abschlusses mit dem deutschen Hauptschulabschluss müssen mindestens neun (bei einigen Herkunftsländern auch mehr) aufsteigende Klassen mit Erfolg (Abschluss oder Versetzung in die höhere Klasse) besucht worden sein. Es muss zumindest Unterricht in der jeweiligen Muttersprache, in Mathematik, einem naturwissenschaftlichen Fach wie Biologie, Chemie oder Physik und einem sozial- bzw. gesellschaftskundlichen Fach, z. B. Geschichte oder Sozialkunde, erteilt worden sein. Realschulabschluss Für die Gleichstellung mit dem deutschen mittleren Bildungsabschluss müssen mindestens zehn aufsteigende Klassen (in einigen Ländern auch mehr Schuljahre) an einer Sekundarschule erfolgreich abgeschlossen worden sein. Der Unterricht sollte im Vergleich zum Hauptschulabschluss insgesamt ein höheres Niveau vermittelt haben, und es sollten mehr Fächer besucht worden sein, davon mindestens eine Fremdsprache bzw. in einigen Ländern auch zwei Fremdsprachen. Laut Aussage des Staatlichen Schulamtes in Darmstadt müssen für die Zuerkennung des Realschulabschlusses fünf voneinander unabhängige allgemeinbildende Fächer mit Bestehensnote nachgewiesen werden, darunter zwei Sprachen (i. d. R. die Muttersprache und eine Fremdsprache), ein mathematisch-naturwissenschaftliches Fach und ein gesellschaftswissenschaftliches Fach. Fehlt ein Fach, gibt es die Möglichkeit, die entsprechende Prüfung nachzuholen. Dies ist z. B. bei Examinations International möglich: Ansprechpartnerin: Frau Konrad Tel.: 0221/122405 E-Mail: Konrad@examinations.de www.examinations.de Sudermanstraße 7-9 50670 Köln Dort können Schulabschlüsse in einzelnen Fächern nach dem englischen Schulsystem erworben werden. >>6<<

Der Antrag wird an der Zeugnisanerkennungsstelle des Bundeslandes, in dem man wohnt, eingereicht. In Hessen ist diese Stelle das Staatliche Schulamt für den Landkreis Darmstadt-Dieburg und die Stadt Darmstadt. Das Staatliche Schulamt ist für die Anerkennung ausländischer Bildungsnachweise für die im Folgenden aufgezählten Abschlüsse aus allgemeinbildenden Schulen und Berufsfachschulen zuständig: Hauptschulabschluss Realschulabschluss Fachgebundene Hochschulreife nur für berufliche Zwecke* Allgemeine Hochschulreife nur für berufliche Zwecke* Fachschulabschlüsse (z. B. Assistent/-in, Sozialassistent/-in, Erzieher/-in (einschließlich ehemalige DDR), Heilerziehungspfleger/-in, Betriebswirt/-in und Techniker/-in) Fachschulabschlüsse aus der ehemaligen DDR (außer erzieherische Berufe) * Sollte ein Studienwunsch bestehen, so sind die jeweiligen Universitäten für das Bewertungsverfahren zuständig. 2.2. Anerkennungsverfahren Die notwendigen Formulare (Antrag auf Anerkennung, Erklärung, Lebenslauf) und Merkblatt mit den notwendigen Informationen sind auf der Internetseite des Schulamtes zum Herunterladen online gestellt (www.schulamt-darmstadt.de). In der Regel sollen die folgenden Unterlagen beigefügt werden: Öffentlich beglaubigte* Fotokopie des zu bewertenden ausländischen Originalzeugnisses einschließlich der Fächer- und Notenübersicht Öffentlich beglaubigte* Fotokopie der Übersetzung** des ausländischen Originalzeugnisses Nachweis über den Hauptwohnsitz in Hessen Tabellarischer Lebenslauf mit genauen zeitlichen und inhaltlichen Angaben über den schulischen und beruflichen Werdegang einschließlich eventueller Studienzeiten oder Hochschulaufnahmeprüfung (Vordruck findet sich ebenfalls auf der Homepage) Eine Erklärung, dass über die Bewertung des Bildungsnachweises bisher weder in Hessen noch in einem anderen Bundesland eine Entscheidung ergangen ist (Vordruck auf der Homepage) beramí berufliche Integration e.v. >>7<<

Öffentlich beglaubigter* Nachweis über die Namensänderung (eine Kopie der übersetzten Heiratsurkunde oder einer anderen Urkunde über die Namensänderung); Kopie des Personalausweises Eine öffentlich beglaubigte* Fotokopie des Ausweises für Vertriebene und Flüchtlinge (dies gilt nicht für Kontingentflüchtlinge) bzw. eine Spätaussiedlerbescheinigung. Die Vorlage des Registrierscheines genügt nicht! Achtung: * Öffentliche Beglaubigungen erfolgen durch das Ortsgericht der Wohnsitzgemeinde oder durch eine/-n in Deutschland ansässige/-n Notar/-in. Beglaubigte Kopien fremdsprachiger Dokumente erhält man in Hessen bei Notaren oder zum Teil auch bei konsularischen Vertretungen des Herkunftslandes. Kopien deutscher Dokumente beglaubigen die Ordnungsämter der Gemeinden oder Rathäuser. ** Übersetzungen werden nur dann anerkannt, wenn sie 1. von einer/-m in Deutschland für die im Zeugnis verwendete Sprache für Gerichte und Notare ermächtigten Übersetzer/-in und 2. auf der Grundlage des ausländischen Originalzeugnisses oder einer öffentlich beglaubigten* Fotokopie davon erstellt sind. Die Kontaktdaten von qualifizierten Dolmetschern können zum Beispiel über die Online-Datenbank des Bundesverbandes der Dolmetscher und Übersetzer e.v. ermittelt werden: www.bdue.de. Übersetzungen, die diese Kriterien nicht erfüllen, z. B. Übersetzungen, die außerhalb Deutschlands vorgenommen wurden, werden nicht anerkannt! Sonderregelung: Für Fachschulabschlüsse aus der ehemaligen DDR gilt der für das Hochschulwesen verantwortliche Minister des Bundeslandes, in dem der Fachschulabschluss erworben wurde, als Ansprechpartner. Voraussetzung für die Beantragung der Gleichstellung der in der ehemaligen DDR erworbenen Schulabschlüsse sowie bestimmter Berufsfachschulabschlüsse ist, dass der/ die Antragsteller/-in seinen/ihren Hauptwohnsitz in Hessen hat. >>8<<

Das Bewertungs- bzw. Prüfungsverfahren ist in jedem Fall kostenpflichtig. Die Kosten belaufen sich bei schulischen Abschlüssen auf derzeit bis zu 125,00, bei beruflichen Bewertungen auf bis zu 250,00 zzgl. evtl. Auslagen. Es ist dringend zu empfehlen, das Merkblatt genau zu lesen und unbedingt die dort aufgeführten Unterlagen vollständig und in der erforderlichen Form vorzulegen. Dies dient der zügigen Bearbeitung und trägt dazu bei, die Kosten des Bewertungsverfahrens zu reduzieren. Es ist weiterhin zu empfehlen, die nötigen Informationen im Internet unter www.schulamt-darmstadt.hessen. de unter Bildungsnachweise einzusehen. Hier findet sich auch eine detaillierte Übersicht über die richtigen Ansprechpartner/-innen. Kontakt: Staatliches Schulamt für den Landkreis Darmstadt-Dieburg und die Stadt Darmstadt Rheinstr. 95 64295 Darmstadt Tel.: 06151-3682-2 www.schulamt-darmstadt.hessen.de Weiterer Link: www.berufliche-anerkennung.de/hessen.html 2.3 Anerkennung ohne Zeugnisse Grundsätzlich werden zur Anerkennung von Abschlüssen Zeugnisse bzw. andere schriftliche Nachweise benötigt. Existieren diese jedoch nicht mehr, sollte zunächst versucht werden, sich die Zeugnisse noch einmal von der zuständigen Stelle (z. B. der Schule) im Herkunftsland ausstellen zu lassen. Die zuständige Anerkennungsstelle (Staatliches Schulamt bzw. die zuständige Kammer) kann hierbei Hilfestellung leisten. Weitere Informationen dazu sind auch bei der Zentralstelle für Ausländisches Bildungswesen erhältlich: Zentralstelle für Ausländisches Bildungswesen (ZAB) Im Sekretariat der Kultusministerkonferenz Lennéstr. 6 53113 Bonn Tel.: 0228/501-352, -264 E-Mail: zab@kmk.org www.kmk.org/zab.html, außerdem: www.anabin.de beramí berufliche Integration e.v. >>9<<

Für Spätaussiedler/-innen gibt es die Möglichkeit einer eidesstattlichen Erklärung, wenn ein oder zwei Personen bestätigen können, dass die Ausbildung im Herkunftsland erfolgreich abgeschlossen wurde. Die Entscheidung, ob dies für eine Anerkennung ausreicht, trifft die zuständige Stelle. 2.4 Was tun bei Nicht-Anerkennung? Wenn der Bildungsabschluss nicht anerkannt wird, hat man im schlimmsten Fall gar keinen Schulabschluss vorzuweisen. Dies kann u. a. dann passieren, wenn die grundlegende staatliche Schulausbildung im Herkunftsland weniger als neun Jahre dauert. In diesem Fall gibt es mehrere Möglichkeiten: Man beginnt eine Berufsausbildung (Teilzeit-Berufsschule) in Deutschland ohne einen anerkannten Schulabschluss nachweisen zu können. Nach erfolgreicher Beendigung einer mindestens zweijährigen Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf wird mit dem Abschlusszeugnis der Berufsschule (nicht mit dem Kammerbrief!) ein dem Hauptschulabschluss gleichwertiger Abschluss zuerkannt. Dies setzt voraus, dass mindestens das Abgangszeugnis der achten Klasse einer allgemeinbildenden Schule nachgewiesen wird. Über diese Möglichkeiten im Einzelfall informieren die Berufsschulen. Man absolviert erfolgreich einen Bildungsgang zur Berufsvorbereitung (BBV) als Vollzeitschulform und erhält damit den Hauptschulabschluss. Mit dem erfolgreichen Abschluss einer zweijährigen Berufsfachschule kann der Realschulabschluss erlangt werden. Es ist bereits im Herkunftsland ein Beruf erlernt und vielleicht schon mehrere Jahre ausgeübt worden. Wenn nachgewiesen werden kann, dass die Ausbildung oder auch spätere Fortbildungen eine allgemeinbildende Komponente hatten, d.h. dass Unterricht erteilt wurde, der nicht ausschließlich auf den Beruf bezogene Kenntnisse vermittelte, bestehen gute Möglichkeiten, dass ein Hauptschulabschluss oder sogar ein mittlerer Bildungsabschluss anerkannt wird. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, den fehlenden Abschluss an einer Berufsfachschule, einer Abendschule oder im Fernunterricht (mit externer Abschlussprüfung) nachzuholen. Dabei dauern die Hauptschulkurse in der Regel etwa neun bis zwölf Monate, den Realschulabschluss kann man in ca. zwei, das Abitur in ca. drei Jahren nachholen. Der fehlende >>10<<

Abschluss kann auch bei einem Bildungsträger nachgeholt werden: z. B. in besonderen Vorbereitungskursen der Volkshochschulen oder in einem Kolleg. >> Achtung: Einen Schulabschluss nachzuholen ist in der Regel kostenpflichtig. Für manche Kurse bestehen zudem Altersbeschränkungen. Wer erwägt, einen Schulabschluss nachzuholen, sollte sich vorher eingehend informieren, z. B. beim Staatlichen Schulamt in Darmstadt. >>3. Anerkennung beruflicher Abschlüsse Im Folgenden werden Voraussetzungen und Verfahren bei der Anerkennung im Ausland erworbener beruflicher Abschlüsse beschrieben. 3.1 Grundprinzipien der Anerkennung Eine betriebliche Ausbildung in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf kann man in verschiedenen Bereichen wie Industrie und Handel, Handwerk, Gesundheitswesen oder Landwirtschaft absolvieren, ebenso im öffentlichen Dienst. Derzeit gibt es in Deutschland rund 350 staatlich anerkannte Ausbildungsberufe. Für diese existieren genaue Regelungen zu Ausbildungsinhalten, zu Prüfungen, Rechten und Pflichten der Auszubildenden und Ausbildenden. Grundsätzlich gibt es in Deutschland zwei Wege, eine Berufsausbildung zu absolvieren: Die so genannte duale bzw. betriebliche Ausbildung, bei der praktische Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten in einem Betrieb und die fachtheoretischen Kenntnisse in einer staatlichen Berufsschule vermittelt werden. Die beiden Lernorte kooperieren hierbei miteinander. Die außerbetriebliche Ausbildung ausschließlich an einer Berufsfachschule (z. B. an einer Fremdsprachenschule bei der Ausbildung zum/zur Fremdsprachenkorrespondent/-in), in der Regel in Verbindung mit einem Praktikum. Die Berufsfachschulen sind Vollzeitschulen von mindestens einjähriger Dauer, für deren Besuch keine beruflichen Vorkenntnisse vorausgesetzt werden. Dort werden berufliche und allgemeinbildende Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten vermittelt, sie bereiten auf die beramí berufliche Integration e.v. >>11<<

Fachbildung in einem Ausbildungsberuf vor oder führen unmittelbar zu einem Berufsabschluss. Berufsfachschulen können zu einem dem mittleren Abschluss (Realschulabschluss) gleichwertigen Abschluss führen. An den höheren Berufsfachschulen wird ein mittlerer Abschluss (Realschulabschluss) vorausgesetzt. Zu den Berufen der dualen (Berufs-) Ausbildung gehören nahezu alle handwerklichen und kaufmännischen Berufe. Außerbetriebliche Ausbildungen finden beispielsweise im Gesundheitswesen statt. Aufgrund dieses äußerst differenzierten Berufsbildungssystems sind die Zuständigkeiten bei der Frage der Anerkennung von ausländischen Berufsqualifikationen entsprechend vielfältig. Das deutsche Berufsausbildungssystem in Verbindung mit den entsprechenden Rechtsvorschriften ist die wesentliche Grundlage für die Anerkennung von ausländischen Berufsqualifikationen. Das hat zur Folge, dass Berufsqualifikationen, zu denen es in Deutschland keinen vergleichbaren Abschluss gibt, in der Regel nicht anerkannt werden. Im Rahmen des Anerkennungsverfahrens werden die Inhalte der entsprechenden deutschen Qualifizierung mit den im Ausland erworbenen verglichen. Darüber hinaus können praktische Tätigkeiten und Weiterbildungen berücksichtigt werden. Es muss eine hohe inhaltliche Ähnlichkeit zwischen dem deutschen Ausbildungsgang und der ausländischen Ausbildung bestehen. Das bezieht sich sowohl auf die praktischen als auch die theoretischen Anteile der Ausbildung. Doch auch bei einer hohen Übereinstimmung ist eine vollständige Anerkennung nicht immer möglich, weil die entsprechenden gesetzlichen Regelungen fehlen. >>12<<

3.2 Wann ist ein Anerkennungsverfahren notwendig? >> zurück zum Inhaltsverzeichnis Reglementierte Berufe Eine Anerkennung ist nicht immer erforderlich, um einen erlernten Beruf ausüben zu können. Die entscheidende Frage dabei ist, ob es sich um einen reglementierten Beruf handelt. Ein Beruf ist dann reglementiert, wenn der Berufszugang und die Berufsausübung durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften an den Nachweis einer Qualifikation gebunden sind. Reglementierte Berufe bedürfen zwingend einer Anerkennung durch die zuständige Behörde oder einen Berufsverband. Bei den Ausbildungsberufen sind dies unter anderem Berufe im Gesundheitswesen (z. B. Ärzte/-innen, Zahn- und Tierärzte/-innen, Psychotherapeuten/-innen, Apotheker/-innen, Krankenpfleger/-schwestern, Hebammen/Entbindungspfleger, Logopäden/-innen, Sprachheilpädagogen/ -innen, Ergotherapeuten/-innen, Krankengymnasten/-innen, Physiotherapeuten/-innen, Optiker/-innen, Orthopädieschuhmacher/ -innen, Diätassistenten/-innen, Technische Assistenten/-innen in der Medizin, Arzthelfer/-innen, Zahnarzthelfer/-innen, Tierarzthelfer/-innen, Heilpraktiker/-innen, Psychologen/-innen) im pädagogischen Bereich (z. B. Lehrer/-innen, Erzieher/-innen, Sozialpädagogen/-innen, Sozialarbeiter/-innen, Kinderpfleger/-innen, Altenpfleger/-innen, Altenpflegehelfer/-innen, Familienpfleger/-innen) im technischen und im handwerklichen Bereich (z. B. Ingenieure/-innen, Architekten/-innen, Innenarchitekten/-innen, Techniker/-innen, Technische Assistenten/-innen) in der Lebensmittelherstellung und -überwachung (Lebensmittelchemiker/-innen) in der Land- und Forstwirtschaft (z. B. Forstbeamte/-innen, Gartenbauarchitekten/-innen, Landschaftsarchitekten/-innen, Wirtschafter/ -innen) in der Rechtspflege (Anwälte/-innen, Richter/-innen, Notare/-innen) in der Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung (z. B. Wirtschaftsprüfer/ -innen, Buchprüfer/-innen, Steuerberater/-innen) beramí berufliche Integration e.v. >>13<<

Einzelne Berufe sind nur in einigen Bundesländern reglementiert, wie z. B. Dolmetscher/-in, Übersetzer/-in oder Restaurator/-in. Außerdem ist der Öffentliche Dienst insgesamt reglementiert. Für den Zugang und die Ausübung reglementierter Berufe ist die vorherige Anerkennung zwingend notwendig, deshalb besteht auch ein Rechtsanspruch auf Prüfung der ausländischen Bildungsnachweise. Eine Liste der weiteren reglementierten Berufe in Deutschland kann auf der folgenden Internetseite abgerufen werden: http://ec.europa.eu/internal_market/qualifications/regprof/index. cfm?fuseaction=regprof.listcountry Für EU-Bürger/-innen findet bei reglementierten Berufen unter bestimmten Voraussetzungen die allgemeine Anerkennungsregelung Anwendung. Dies ist im Schaubild auf der folgenden Seite dargestellt. Nicht-reglementierte Berufe können ohne Prüfungszeugnis bzw. staatliche Anerkennung ausgeübt werden. Die Einschätzung, ob eine Qualifikation vorliegt, muss der jeweilige Arbeitgeber treffen. Hierbei kann ein Antrag auf Einstufung sinnvoll sein, um die eigenen Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern u. a.: Um eine tariflich geregelte Entlohnung zu erreichen Um sich Möglichkeiten der Nachqualifizierung und beruflicher Weiterbildung zu eröffnen Um den Abschluss im Rahmen einer so genannten Externenprüfung nachholen zu können. >>14<<

Anwendung der allgemeinen Anerkennungsregelung für EU-Bürger/-innen bei reglementierten Berufen Sie sind EU-Bürger/-in und möchten die Anerkennung Ihrer Befähigungsnachweise in Deutschland beantragen um dort einen Beruf auszuüben? um dort Ihre Ausbildung fortzusetzen? Es handelt sich um einen Antrag zur beruflichen Anerkennung Es handelt sich um einen Antrag zur akademischen Anerkennung Ihr Antrag fällt unter die allgemeine Anerkennungsregelung Ihr Antrag fällt nicht unter die allgemeine Anerkennungsregelung. Für Informationen zur akademischen Anerkennung Ihrer Diplome können Sie sich an die zuständige Kontaktstelle wenden. Ist der Beruf, den Sie in Deutschland ausüben wollen hier reglementiert? JA NEIN Die allgemeine Regelung kann angewendet werden, sofern Sie für die Ausübung dieses Berufs in Ihrem Herkunftsstaat hinreichend qualifiziert sind. Die allgemeine Regelung gelangt nicht zur Anwendung, denn der Zugang zu diesem Beruf ist nicht geregelt. Sie können die betreffende Tätigkeit in Deutschland mit den für diesen Beruf hier geltenden Rechten und Pflichten ausüben. Quelle: Europäische Kommission, aus dem Leitfaden für die allgemeine Regelung zur Anerkennung der beruflichen Befähigungsnachweise, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/internal_market/qualifications/docs/guide/guide_de.pdf 3.3 Kein (allgemeiner) Rechtsanspruch auf Anerkennung Es bestehen keine allgemeine Rechtsgrundlage und kein allgemeiner Rechtsanspruch auf Anerkennung von im Ausland erworbenen beruflichen Qualifikationen. Das Eckpunktepapier der Bundesregierung schlägt ein Verfahrensanspruch vor. Ob dieser gesetzlich festgeschrieben wird, ist noch offen. Lediglich für bestimmte Personengruppen ist dies auf einer Rechtsgrundlage verbindlich geregelt. beramí berufliche Integration e.v. >>15<<

Hier spricht man von den gesetzlich geregelten Fällen: >> zurück zum Inhaltsverzeichnis Anerkennung von Abschlüssen der Berufsausbildung laut bilateraler Staatsverträge zwischen Deutschland und Österreich sowie Frankreich (für bestimmte Berufe) und Russland Gegenseitigkeitsabkommen mit der Schweiz Ehemalige DDR: Anerkennung von Zeugnissen der Aus- und Weiterbildung im Rahmen der deutschen Einheit nach Artikel 37 des Einigungsvertrages Vertriebene, Flüchtlinge, Spätaussiedler (Deutsche im Sinne Artikel 116 des Grundgesetzes) Anerkennung von Zeugnissen der Aus- und Weiterbildung nach 10 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG - Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge) Verschiedene sektorale und allgemeine Richtlinien für EU-Bürger/-innen Die Anerkennungsvoraussetzungen für EU-Bürger/-innen sowie für Personen aus Drittstaaten sind in den jeweiligen Berufsgesetzen geregelt. Für EU-Bürger/-innen gelten Sonderregelungen, so genannte sektorale Richtlinien, für bestimmte Berufe und allgemeine Richtlinien für Berufe, die eine bestimmte Ausbildung an Hochschulen oder anderen Ausbildungsstätten voraussetzen (Ausnahmen: Frankreich und Österreich). Betroffen sind davon nur Berufe, die im jeweiligen Aufnahmestaat reglementiert sind. Vor Antragstellung sollte sich die/der Betreffende bei der zuständigen Stelle erkundigen, ob eine förmliche Anerkennung der Qualifikation im jeweiligen Fall überhaupt möglich ist. Falls nicht, kann eventuell eine freiwillige Stellungnahme zur Entsprechung des Berufsabschlusses mit einem Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf erteilt werden. >>16<<

>>4. Anerkennung betrieblicher Berufsausbildungen Anerkennungverfahren bei den Kammern Um sich eine im Ausland erworbene Berufsausbildung in Deutschland anerkennen zu lassen, muss ein Antrag bei der jeweiligen zuständigen Institution gestellt werden. Das folgende Kapitel gibt Aufschluss darüber, wie die richtige Anlaufstelle gefunden werden kann, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen und welche Unterlagen notwendig sind, um ein Anerkennungsverfahren einzuleiten. >> Zuständig für die Anerkennung der meisten Berufe, die im dualen System ausgebildet werden, sind die jeweiligen Kammern (IHK, HWK, Landwirtschaftskammer, Rechtsanwalts-, Patentanwalts- oder Notarkammer, Wirtschaftsprüferkammer, Steuerberaterkammer, Ärzte-, Zahnärzte-, Tierärzte oder Apothekenkammer). Welche Kammer explizit zuständig ist, orientiert sich sowohl am Wohnort als auch am erlernten bzw. im Heimatland ausgeübten Beruf des/der Antragstellers/-in. Darüber hinaus werden die anerkannten Ausbildungsberufe noch den verschiedenen Branchen und Sektoren (Handwerk, Handel, Industrie, Landwirtschaft, freie Berufe) zugeordnet. In der Regel sind die Stellen, die für die berufliche Ausbildung verantwortlich sind, auch für Fragen zur Anerkennung der im Ausland erworbenen Qualifikationen zuständig. Die Bearbeitung kann einige Wochen bis zu einigen Monaten dauern. Die Online-Plattform http://berufenet.arbeitsagentur.de der Agentur für Arbeit bietet eine Möglichkeit, sich über den jeweiligen Beruf umfassend zu informieren. Alternativ kann auch die Publikation Beruf aktuell (kostenlos erhältlich in den Berufsinformationszentren - BIZ - der Agentur für Arbeit) genutzt werden. Hier findet man einen Überblick über Inhalt und Ausbildungsverlauf aller anerkannten Ausbildungsberufe. Allerdings kann nicht jeder im Herkunftsstaat erlernte bzw. ausgeübte Beruf äquivalent einem in Deutschland anerkannten Beruf zugeordnet werden. Manche Berufe existieren in Deutschlands nicht, andere gelten in Deutschland nicht als eigenständiger Beruf, sondern lediglich als Zusatzqualifikation. So war der Beruf Eismacher aus Italien lange Zeit nur eine Zusatzqualifikation in Deutschland. Am 01.08.2008 trat jedoch auch in Deutschland Speiseeishersteller als Ausbildungsberuf in Kraft. beramí berufliche Integration e.v. >>17<<

4.1. Industrie- und Handelskammer (IHK) 4.1.1 Vorgehensweise Die Industrie- und Handelskammer ist Ansprechpartner für die Anerkennung und Überprüfung der Vergleichbarkeit von ausländischen Prüfungszeugnissen, soweit es sich um staatlich anerkannte Ausbildungsberufe aus den Bereichen Industrie, Handel und Dienstleistung handelt. In den geregelten Bereichen, in denen bilaterale Staatsverträge bzw. Gegenseitigkeitsabkommen existieren bzw. der/die Antragsteller/-in aus der ehemaligen DDR stammt oder unter das Bundesvertriebenengesetz fällt, ist nach einer Prüfung meist eine Anerkennung möglich (so genannte gesetzlich geregelte Fälle). Für Antragsteller/-innen, die aus den so genannten Drittstaaten (siehe Glossar) und aus der EU (außer Frankreich, Österreich und der Schweiz, die bilaterale Abkommen mit Deutschland abgeschlossen haben) stammen, bestehen jedoch keine rechtlichen Grundlagen. In diesen Fällen bieten die Kammern eine vergleichende Aussage in Form eines Gutachtens an. Wenn keine Anerkennung ausgesprochen wurde, besteht die Möglichkeit einer Externenprüfung. Da es sich generell um Einzelfallentscheidungen handelt, empfiehlt es sich, bei Unklarheiten persönlich bei der zuständigen Stelle nachzufragen. Die IHK (Industrie- und Handelskammer) und die HWK (Handwerkskammer) führen in der Regel eine so genannte Vergleichbarkeitsprüfung eines ausländischen Aus- oder Weiterbildungsabschlusses durch. Dabei wird festgestellt, welche Inhalte der ausländischen Ausbildung einem deutschen Ausbildungsberuf zugeordnet werden können. Prüfungen oder Befähigungsnachweise müssen von hoher Ähnlichkeit sein, d. h. die Inhalte der Ausbildung oder des Berufes und die in der Prüfung nachgewiesenen Kenntnisse und Fertigkeiten müssen den deutschen ähnlich sein bzw. in großen Teilen übereinstimmen. Darüber hinaus werden in der Regel auch praktische Tätigkeiten und Weiterbildungen berücksichtigt. Die IHK kann nach dem Bundesvertriebenengesetz, Einigungsvertrag oder bilateralen Abkommen die Anerkennung aussprechen: Wenn sie den ausländischen Ausbildungsabschluss als mit dem deutschen gleichwertig anerkennt, darf die deutsche Berufsbezeichnung geführt werden. >>18<<

Innerhalb der Europäischen Union gibt es zudem zwar so genannte Entsprechungen, die die Integration der Arbeitnehmer/-innen im europäischen Ausland erleichtern sollen; diese stellen jedoch keine Anerkennung des jeweiligen Berufs dar. Sind die rechtlichen Voraussetzungen für eine Anerkennung nicht gegeben, wird im Rahmen einer gutachterlichen Stellungnahme die formelle, materielle und funktionelle Bewertung vorgenommen. Sie trägt zur Transparenz auf dem Arbeitsmarkt bei. Für Zugewanderte ist die Bewertung ihrer beruflichen Qualifikation insoweit nützlich, als die Grundsicherungsträger durch sie eine Grundlage für ihre Entscheidungen bzgl. der Finanzierung weiterer Qualifizierungsmaßnahmen haben. Damit werden die Chancen der Integration auf dem Arbeitsmarkt erhöht. Antragsverfahren bei der IHK Bei der zuständigen IHK wird ein Antrag auf Bewertung gestellt. Entweder ist ein verbindliches Formular vorgegeben, das auf der Internetseite der entsprechenden Kammer zum Download zur Verfügung steht oder auf telefonische Anfrage per Email zugeschickt wird. Oder es besteht die Möglichkeit, einen formlosen Antrag zu stellen. In diesem Fall reicht ein frei formuliertes Schreiben mit der Bitte um vergleichende Aussage, das vom Antragsteller/von der Antragstellerin unterschrieben sein muss. Folgende Unterlagen müssen dem Schreiben beigelegt werden: Amtlich beglaubigte Kopien von: Personalausweis oder Reisepass (ggf. mit Aufenthaltserlaubnis) Heirats-/Standesamtsurkunde (wenn eine Änderung des Familiennamens stattgefunden hat) Bundesvertriebenenausweis (bei Spätaussiedlern) Von einem in Deutschland vereidigten Übersetzer übersetzte und amtlich beglaubigte Kopien von Allen Diplomen, Zeugnissen und Nachweisen (Abschluss-) Zeugnissen aus der Schule Urkunde und Zeugnis der beruflichen Qualifikation in beglaubigter Kopie beramí berufliche Integration e.v. >>19<<