Führung im Wandel. Einführung Transformationale Führung bei der Zürcher Kantonalbank. IAP Institut für Angewandte Psychologie. von Eric Ryf-Schmid



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Transkript:

Führung im Wandel Einführung Transformationale Führung bei der Zürcher Kantonalbank von Eric Ryf-Schmid Masterarbeit Master of Advanced Studies ZFH in Ausbildungsmanagement MAS AM 2010 eingereicht bei der ZHAW, IAP, Zürich Zürich, Oktober 2011

Diese Arbeit wurde im Rahmen der Ausbildung an der ZHAW, IAP, Zürich, verfasst. Eine Publikation bedarf der vorgängigen schriftlichen Bewilligung des IAP. Exemplar: von 6 Titelbild: Transformation 3 von M.C. Escher. 2

Management Summary Die Geschäftsleitung der Zürcher Kantonalbank (ZKB) hat sich in einem Leadership- Workshop vom Thema Transformationale Führung begeistern lassen. Sie beauftragt nun die interne Personalentwicklung Vorschläge zu erarbeiten, wie diese Art der Führung ins gesamte Unternehmen transformiert werden kann. Ziel der Arbeit ist Entscheidungsgrundlagen zu liefern für die Einführung bei der ZKB. Um situationsgerechte Lösungsvorschläge zur Einführung Transformationaler Führung aufzeigen zu können, wird zunächst die IST-Situation zum Zeitpunkt der Beauftragung (Frühling 2011) mit verschiedenen Methoden erhoben, analysiert und danach in einer Würdigung verdichtet. Damit verknüpft wird die vorgängig beschriebene Führungstheorie. Zwölf Erkenntnisse bilden schliesslich die Grundlage für konkrete Lösungsvorschläge, welche in vier Massnahmen-Feldern dargestellt werden. Zum Schluss werden fünf konkrete Empfehlungen zu Handen der Geschäftsleitung formuliert, welche die obige Fragestellung beantworten. Die empfohlenen Massnahmen sind: 1. Zeitnahe Durchführung einer Klausur mit der Generaldirektion 2. Mess- und Feedback-System installieren 3. Durchführung von Folge-Workshops mit den Schlüsselpersonen 4. Integration der Transformationalen Führung in die Standard-Führungsausbildungen 5. Ermächtigung der Schlüsselpersonen, so dass diese selbst Entscheiden können, welches Angebot sie für die Weitergabe an die 3. bis 5. Führungsstufe einsetzen wollen. 3

Vorwort "The important thing is not to stop questioning" Albert Einstein Schon wieder eine neue Führungstheorie? Warum nur? Ist das sinnvoll? Fragen dieser Art sind Ihnen vielleicht beim Lesen der Titelseite durch den Kopf gegangen Sinn-Fragen. Damit wären Sie bereits beim zentralen Begriff dahinter angekommen. Sinn bedeutete ursprünglich sich auf den Weg machen (alemannisch sinnan ) Kommen Sie mit? Vorsicht: Diese Arbeit ist eine Zumutung! Als Experte mute ich Ihnen zu, sich auf eine Führungstheorie einzulassen, welche in der Führungsbibel des IAP (noch) nicht vorkommt (Steiger und Lippmann, 2008), deren Didaktik noch in der Pionierphase steckt, welche rein rational und auf dem Papier nur teilweise erfassbar ist. Als Leser mute ich Ihnen zu, Sie zunächst zu irritieren, um Sie so meine Hoffnung danach zu inspirieren und dabei Kopf und Herz anzusprechen. Hier mein Geheimnis. Es ist ganz einfach: Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar. (de Saint-Exupéry, 2004, S. 72) Letzteres wird einfacher gelingen, wenn Sie dieses (physische, richtlinienkonforme) Papier mehr als Verpackung sehen. Als Verpackung für den unten eingefügten Schlüssel zur (thema- & zeitgemässen) multimedialen Version dieser Arbeit. Dies ist ein Quick Response -Code. Kostenlose QR-Code-Reader (z.b. i-nigma) gibt es für jedes Smartphone oder Tablet. Der Code führt Sie zur pdf-version dieser Arbeit (mit optionalen, multimedialen Links 1 ), welche hier abgelegt ist: masam10.wordpress.com Das Dokument ist geschützt 2 durch ein Kennwort, welches nur hier steht: 1 Siehe auch Multimediaverzeichnis am Schluss dieser Arbeit. 2 Das gesamte Dokument ist 128-Bit-verschlüsselt und Suchmaschinen können nicht auf die Metadaten zugreifen. 4

Diese Arbeit soll die formalen Kriterien erfüllen und darüber hinaus Ihnen als Leser die Wahl ermöglichen: Soll es schnelle, der Ratio genügende (Pflicht-)Lektüre sein oder darf es etwas länger in Erinnerung bleiben, darf es evtl. sogar Berühren? Bei letzterem empfehle ich den obigen, multimedialen Schlüssel zu verwenden. Tell me and I will forget, show me and I will remember, involve me and I will understand Confucius Und last but not least: Allen bei der Entstehung dieser Arbeit Involvierten Danke ich ganz herzlich! Zürich, im Juni 2011 Eric Ryf 5

Inhaltsverzeichnis Management Summary... 3 Management Summary... 3 Vorwort... 4 Inhaltsverzeichnis... 6 Einleitung... 7 1 Theorie / Neue Grundlagen für die Führungspraxis... 8 1.1 Führung muss sich wandeln 3 Gründe... 10 1.1.1 Grund 1 Das Spiel wird schneller... 10 1.1.2 Grund 2 Der Wertewandel... 11 1.1.3 Grund 3 Das Versprechen wandelt... 12 1.2 Zeitgemässe Führung... 13 1.3 Zusammenfassung: Seven Lessons Learned... 15 2 Die nahe Bank... 17 2.1 Mitarbeiterzufriedensheits-Umfrage... 18 2.1.1 Commitmentindex übertrifft den Zielkorridor... 18 2.1.2 Einfluss auf das Commitment... 19 2.1.3 Gute Bewertung von Arbeitsinhalt und Führungsqualität... 19 2.1.4 Viel Vertrauen in die Generaldirektion... 20 2.2 Führungsstruktur... 21 2.3 Führungsentwicklung und -Steuerung... 22 2.3.1 Führungs-Vision... 22 2.3.2 Führungsinstrumente... 22 2.3.3 Führungsausbildungs-Angebote... 23 2.4 Reflexion zur nahen Bank... 23 3 Erhebung des IST-Zustandes... 24 3.1 Vorgeschichte zum Auftrag... 24 3.2 Methoden... 25 3.3 Feedback-Auswertung nach dem Impuls-Workshop... 25 3.3.1 Quantitative Feedback-Auswertung auf einen Blick... 26 3.3.2 Feedback-Auswertung im Detail... 27 3.4 Umsetzungs-Beobachtungen in einer Geschäftseinheit... 29 3.5 Informeller Erfahrungsaustausch... 33 3.6 Auswertung von Unterlagen... 34 3.7 Würdigung IST / Reflexion... 36 4 Lösungsvorschläge... 38 5 Empfehlung... 42 6 Diskussion und Ausblick... 43 7 Literaturverzeichnis... 44 8 Abbildungsverzeichnis... 45 9 Tabellenverzeichnis... 46 10 Multimediaverzeichnis... 47 11 Anhang... 48 6

Einleitung Die Geschäftsleitung der Zürcher Kantonalbank (ZKB) hat sich in einem Leadership- Workshop vom Thema Transformationale Führung begeistern lassen. Ein halbes Jahr später beauftragt sie die interne Personalentwicklung, Vorschläge zu erarbeiten, wie diese Art der Führung ins gesamte Unternehmen transformiert werden kann. Ziel der Arbeit ist Entscheidungsgrundlagen zu liefern für die Einführung bei der ZKB. Die ZKB wäre damit eine der ersten Banken, die versucht diese neue Art der Führung, nicht nur an der Unternehmensspitze sondern bei allen Führungskräften zu etablieren. Obige Fragestellung wird sich mit dem traditionellen PE-Werkzeugkasten alleine nicht hinreichend bearbeiten lassen. In grösserem Zusammenhang geht es um eine Führungskultur-Veränderung, also um einen OE-Prozess. Ohnehin wachsen beide Professionen, Personalentwicklung (PE) und Organisationsentwicklung (OE), immer stärker zusammen wir sind Ausbilder und Berater (Negri, 1.Modul), trotzdem wird hier vorwiegend auf den PE & Ausbildungsmanagement-Kontext fokussiert werden. OE- Denken und Haltung soll in den Vorgehensvorschlag einfliessen, OE-Theorie kann aber nur punktuell Thema dieser Arbeit sein. Verzichtet wird auf eine historische Herleitung zu Grundlagen von Führung und PE. Beide Bereiche sind in den zwei zu diesem Studiengang empfohlenen Werken (Steiger und Lippmann, 2008; Negri, 2010) bestens abgedeckt und können deshalb beim definierten Leserkreis vorausgesetzt werden. Ich schreibe diesen Absatz in ich-form, um (in wissenschaftlicher Redlichkeit) deutlich zu machen, dass dies meine subjektive Auswahl ist, da es meiner Meinung nach noch keine etablierte gefestigte Grenzen des Konstrukts gibt, die definitive Form (insbesondere die didaktische) Form noch nicht gefunden ist. Ebenso die Reflexion jeweils am Ende der Kapitel, da diese ebenso subjektiv ist, sein muss. Überblick über den Aufbau der Arbeit Nach einem ausführlichen Theorieteil zu Erkenntnissen aus der aktuellen Führungsforschung (Kapitel 2) ist die Arbeit im Wesentlichen entlang der Struktur einer Machbarkeitsstudie aus dem Projektmanagement aufgebaut. Um der Geschäftleitung situationsgerechte Einführungs-Vorschläge unterbreiten zu können, wird zunächst die IST- Situation analysiert, mit vorangestellter, kurzer Beschreibung des Unternehmens (Kapitel 3 und 4). Die Würdigung der Erkenntnisse aus der IST-Analyse und der Führungstheorie bildet die Grundlage für die darauf folgende Beschreibung von Lösungsvorschlägen (Kapitel 4). Diese sollen die im ersten Kapitel von der Geschäftsleitung gestellte Frage: Ist es machbar und wenn ja wie? fundiert beantworten. Die Arbeit endet schliesslich mit einer Diskussion zu den Ergebnissen und einem kurzen Ausblick: Wie geht es weiter? 7

1 Theorie / Neue Grundlagen für die Führungspraxis Was ist Transformationale Führung? Und warum kann diese als State-of-the-Art Leadership (Jenewein, 2010) gesehen werden? Das sind die zentralen Fragen dieses Kapitels. Das Aufzeigen des aktuellen Stands des Wissens in der Literatur (und optionalen, multimedialen Beispielen) wird zunächst zu anderen, im Kontext wichtigen Theorie-Fragen führen und am Schluss zu obigen Fragen zurück kehren. Zunächst ist Orientierung im Kontext gefragt. Abb. 01 TagCloud-Bild TF Transformationale Führung ist als Begriff zurzeit noch eine unscharfe, neblige Wolke, mit unklarer Struktur und vielen Schlagworten, vgl. Abb. 01. Ziel dieses Kapitels: Ein in der Führungsforschung reichlich erforschtes und in entsprechend akademisch-theoretischer Sprache diskutiertes Konstrukt, für den Otto- 8

Normal-Führenden zugänglich zu machen (in klarer Sprache und mit Alltags- Beispielen), ohne die Essenz zu verlieren. Fokus auf Theorie für die Führungspraxis, auf Übersetzungsleistung, didaktischer Reduktion. Kein Beitrag zur Führungsforschung! Alle Theorien sind Kinder ihrer Zeit. Um die Theorie der Transformationalen Führung besser fassbar zu machen, deshalb zunächst eine Einordnung in aktuelle Zeitströmungen und Fragen. Warum braucht es eine neue Theorie? Was ist zeitgemässe Führung? Was ist Transformationale Führung? Eine Hinführung in drei Schritten. Der Kontext: Führung im Wandel Führungspersönlichkeiten aus der Wirtschaft mussten sich in den letzten Jahrzehnten zahlreichen Veränderungen stellen. Wirtschaftliche, politische, technologische, gesellschaftliche und demographische Entwicklungen definieren ganze Industrien neu und fordern von modernen Unternehmen eine starke Flexibilität und Effektivität im Umgang mit Veränderungen und Komplexität. Als gängige Antwort auf die Veränderungen in der Unternehmensumwelt dienten kontinuierliche Optimierungsmaßnahmen entlang der Wertschöpfungskette. Schlagworte wie Flexibilität und Veränderungen beschreiben jedoch nicht die Art und Weise, mit der sich das Thema Führung in der Praxis entwickelt hat. So gleicht Führung seit Jahren eher einer Konstanten, die den zahlreichen Veränderungen entlang der Wertschöpfungskette hinterherhinkt. Dabei kann Führung in der heutigen Zeit ein Wettbewerbsvorteil sein, im Kampf um die besten Talente, die erfolgreichsten Produkte und die nachhaltigsten Strategien. 9

Massgebliche Herausforderungen Im Rahmen der aktuellen Forschung werden drei zentrale Herausforderungen im Kontext der Führungskraft festgestellt. Es ist beobachtbar, dass sich Führung aufgrund dieser Herausforderungen zu einem Differenzierungsfaktor für Unternehmen unserer Zeit entwickelt (Jenewein, 2010). Wertewandel Geschwindigkeit & Komplexität Führungs- persönlichkeit Veränderte Geschäftsmodelle Abb. 02 Massgebliche Herausforderungen 1.1 Führung muss sich wandeln 3 Gründe 1.1.1 Grund 1 Das Spiel wird schneller Geschwindigkeit und Komplexität Verglichen zu einer Zeit vor Internet und E-Mails herrscht heutzutage eine wahre Kommunikations- bzw. Datenüberflutung. Dauerte es nach Gutenbergs Erfindung des Buchdrucks noch ungefähr 300 Jahre bis sich das Volumen der Informationsmedien verdoppelte, beträgt die Halbwertszeit von "Wissen" heute kaum mehr als fünf Jahre (Rump & Eilers, 2006). Dies kann man in nahezu jeder Unternehmung bemerken. Waren Internet oder auch andere Kommunikationsmöglichkeiten noch vor Jahren sehr langsam oder haben schlichtweg noch nicht existiert, so machen technologische Veränderungen heute einen immer schnelleren Informationsaustausch möglich (Stähler, 2002). 10

Abb. 04 Das Spiel wird schneller Mit Beispielen wurde gezeigt, dass das Spiel schneller wird. Diese lassen erahnen, dass die aktuelle Führungspraxis häufig zu langsam, zu wenig effektiv, zu wenig vernetzt wirkt und diese liefern damit eine erste Begründung, warum sich Führung wandeln muss. Es folgen zwei weitere Gründe. 1.1.2 Grund 2 Der Wertewandel In heutigen Organisationen arbeiten Menschen aus bis zu vier verschiedenen Generationen. Dabei fällt eine Verschiebung im Wertesystem auf, zwischen Mitarbeitern welche der "Nachkriegsgeneration" (Jahrgänge bis 1945) oder der "Baby-Boomer- Generation" ( Jahrgänge 1945 1964) angehören verglichen zu Mitarbeitern aus der "Generation X" (Jahrgänge 1965 1985) oder gar der "Generation Y" (ab Jahrgang 1985). Speziell in den letzten beiden Generationen kam es zu einer Verlagerung von Pflicht- und Disziplinwerten hin zu Selbstentfaltungs- und Autonomiewerten (Oppolzer, 1994). Der Wunsch nach Leistung ist zwar immer noch vorherrschend in der Arbeitswelt, ein Grossteil der Arbeitnehmer jedoch, speziell die der Generation Y, sehen Arbeit aber nicht so sehr als reine Pflicht, sondern auch als Mittel zur Selbstverwirklichung (Rump & Eilers, 2006). Die Veränderung der Werteorientierung stellt dadurch höhere Ansprüche an die Qualität des Arbeitslebens und somit auch an die Qualität des Vorgesetzten. 11

Baby-Boomer 1945 1965 Generation Y 1985 Disziplin Gehorsam Pflichtbewusstsein Drivers: Geld Status M ht Individualität Flexibilität Spass / Freude Drivers: Sinnerfülltes Tun Internationalität G ll h ftli h R l Quelle: Bruch & Ghoshal, 2004 Abb. 05 Baby-Boomer und Gen Y haben sehr unterschiedliche Werte 1.1.3 Grund 3 Das Versprechen wandelt Veränderte Geschäftsmodelle Die Weiterentwicklung der Geschäftsmodelle ist ein weiterer Trend, der Auswirkungen auf die Führung in Unternehmen hat. Standen in den achtziger Jahren noch Produkte und deren Qualität im Vordergrund der unternehmerischen Tätigkeiten, hat sich das Geschäftsmodell nun von der Kunden- über die Markenorientierung hin zur sozialen Orientierung entwickelt. Dies bedeutet, dass Unternehmen ihren Kunden zunehmend Möglichkeiten bieten sollten, um sich mit anderen Kunden oder der Unternehmung und ihren Vertretern austauschen zu können. Gemeinsame Rituale und Verpflichtungen gegenüber der Community dienen der Förderung des Bewusstseins der Kunden ein Teil des Ganzen zu sein. Dabei sollte der Kunde von den authentischen Emotionen sowie der Identität der Community so überzeugt werden, dass er eine Zugehörigkeit zu dem Unternehmen entwickelt. 12

Quelle: Hermann, 2007 Abb. 06 Beziehungen werden wichtiger als das Produkt Bemerkenswert, was alles als im Wandel beschrieben wird! Es sind demnach in den letzten (grobgeschätzten 10) Jahren hinreichend Gründe erkennbar, die die Suche nach einer zeitgemässeren Führungstheorie nachvollziehbar machen. 1.2 Zeitgemässe Führung Transformationale Führung Das Gebot der Zeit Galten noch vor Jahren hauptsächlich Rationalität und Effizienz als Erfolgsfaktoren im Kontext von Führung, so hat sich inzwischen herauskristallisiert, dass das Ansprechen von Emotionen, einen wichtigen Teil von guter Führung ausmacht (Laufer, 2009). Diese Entwicklung ist im Einklang mit der Theorie der Transformationalen Führung, denn Transformationale Führung spricht neben der Ratio des Mitarbeiters auch dessen Emotionen an und beinhaltet somit mehr als reine Problemlösungseigenschaften der Führungsperson. Es geht also gerade vor den aufgezeigten Entwicklungen im Kontext von Führung immer mehr darum Mitarbeitern den Sinn zu vermitteln und Kreativität sowie Ideen zu fördern. Der transformationale Führer weckt daher das Eigeninteresse des Mitarbeiters an den Aufgaben und Ergebnissen der Unternehmung. 13

Abb. 07 Die vier i s der Transformationalen Führung Fordern und Fördern Für ein modernes Führungsverständnis bedeutet dies die Symbiose von emotionalem Leadership und rationalem Management. Dabei liegt die Kunst der modernen Führung darin hier die richtige Mischung zu finden, denn es gilt gerade nicht das Prinzip viel hilft viel. Der Schlüssel zu Höchstleistung liegt darin auf Basis eines rationalen Managements mit klaren Strukturen, Regeln und Vorgaben ein vertrauensorientiertes, emotionales und inspirierendes Miteinander zu schaffen. Dabei sollte ersteres moderat und letzteres hoch ausgeprägt sein. Das bedeutet soviel Regeln, Vorgaben und Strukturen wie nötig, so wenig wie möglich. Auf dieser Basis sollte eine Führungskraft dann ein Maximum an authentischer und empathischer Emotionalität praktizieren. Den optimalen Führungsstil zu finden ist daher das Gebot der Zeit. Diesen idealen Mix je nach Situation immer wieder zu finden ist eine grosse Herausforderung für die heutigen Führungskräfte und die richtige Antwort auf die Herausforderungen im Kontext von Unternehmen. 14

Abb. 08 Fordern und Fördern 1.3 Zusammenfassung: Seven Lessons Learned 1. Das Spiel wird schneller, die Innovationszyklen werden kürzer, das verlangt nach neuer Führung 2. Der Wertewandel der Generation Y erfordert ein Umdenken in der Art der Führung 3. Der Link zu Ihren Kunden erfordert mehr Leadership als je zuvor 4. Effektive Führung vereint Management und Leadership 5. Leadership ist eine Frage der Persönlichkeit, nicht der Position oder der Hierarchie 6. Die 4 i s (identifizierend, inspirierend, intellektuell herausfordernd und individuell behandelnd) sind die zentralen Stellhebel für eine emotionale Führung und führen zu Hochleistungen 7. Transformationale Führung kann nicht verordnet werden. Sie kann nur vorgelebt und dadurch erlebt werden Leadership ist nicht, Leute dazu zu bringen, Dinge zu tun, die sie nicht tun wollen, sondern Leute dazu zu befähigen, Dinge zu leisten, von denen sie niemals glaubten, sie erzielen zu können. Peter Drucker 15

Es brauchte einige Seiten um den Theorie-Kontext und das Konstrukt der Transformationalen Führung einzukreisen. Und auf dem Papier ist nur die mit dem Kopf erfassbare Theorie sichtbar geworden, Herz und Hand(-lung), welche wesentlich fürs ganzheitliche Verständnis dieser Theorie sind (Leidenfrost, 2010), sind wahrscheinlich wenig berührt worden (die optionalen Hinweise auf multimediale Beispiele sind ein Versuch, in Richtung tieferes Verständnis). Meine Hypothese ist, dass Komplexität, Abgrenzungsunschärfen und Interdependenz dieses Konstrukts Ursachen sind, warum Transformationale Führung erst punktuell in Führungsentwicklungs-Programme und in die Führungspraxis-Literatur eingeflossen ist. Abgesehen davon, dass es erst wenige Erfolgsrezepte gibt, um eine Führungskultur zu verändern, wird es wohl auch in Zukunft kein Standard-Programm für eine (Führungs-) Kultur-Entwicklung geben dies wird ein massgeschneidertes, also unternehmensspezifisches Vorhaben bleiben. PE- & OE-Beratern soll s recht sein. Bei jedem massgeschneiderten Auftrag geht es demnach zuerst darum in Kontakt zu treten und den Kunden, bzw. das Unternehmen kennen zu lernen. Folgend deshalb die wichtigsten unternehmensspezifischen Angaben um den Auftrag einen Einführungs-Vorschlag für Transformationale Führung bei der ZKB später vor diesem Hintergrund bearbeiten zu können. 16

2 Die nahe Bank Bei einer Bank sind Finanz-Werte sicher wichtig. Gleichzeitig bemüht sich die ZKB auch andere Werte zu achten. So war z. B. der Geschäftsbericht 2009 ganz dem Thema gesellschaftliche Werte gewidmet. Abb. 09 ZKB Geschäftsbericht 2009 mit dem Thema Werte Link 01 ZKB Geschäftsbericht 2010 Statt einer analytisch-distanzierten Kennzahlen-Auflistung, die im Geschäftsbericht nachgelesen werden kann, folgt ein Blick ins Herz der Bank. Wie schätzen die Mitarbeitenden die nahe Bank ein? Was ist ihnen wichtig? Wie zufrieden sind sie? 17

Danach werden die Führungsstruktur, die Führungs-Instrumente und die Ausbildung der ZKB vorgestellt. 2.1 Mitarbeiterzufriedensheits-Umfrage 2.1.1 Commitmentindex übertrifft den Zielkorridor Nach 2009 übertrifft das Commitment der Mitarbeitenden erneut den Zielkorridor, zwischen 60 und 70 Punkten liegt. Mit 73 Punkten diesmal sogar noch deutlicher. Es folgen exemplarisch vier Einblicke in die Umfrage zur Mitarbeiterzufriedenheit vom Sommer 2011. Rücklauf 82 %. Die Umfrage findet alle zwei Jahre statt. Texte und Gra- fiken wurden von der ZKB-Marktforschung erstellt. der Abb. 10 Mitarbeitenden-Commitment (ZKB, Sommer 2010) 18

2.1.2 Einfluss auf das Commitment Als relevant für das Commitment erweisen sich für die Mitarbeitenden die vier Treiber Management, Arbeitsinhalt, Gehaltsregelung und Führungsqualität. Gegenüber der letzten Befragung haben Kommunikationskultur und Geschäftseinheits-interne Zusammenarbeit an Bedeutung für das Commitment verloren. Abb. 11 Commitment-Treiber (ZKB, Sommer 2010) 2.1.3 Gute Bewertung von Arbeitsinhalt und Führungsqualität Vergleicht man die Bewertung der für das Mitarbeitercommitment aktuell wichtigen Treiber, so liegen die Bereiche Arbeitsinhalt und Führungsqualität mit Werten über dem Durchschnitt an der Spitze. Insbesondere mit dem Arbeitsinhalt stieg die Zufriedenheit der Mitarbeitenden seit der letzten Befragung noch einmal an. 19

Abb. 12 Commitment-Treiber-Entwicklung (ZKB, Sommer 2010) 2.1.4 Viel Vertrauen in die Generaldirektion Die Bewertung der Geschäftsleitung zeigt sich in allen Belangen verbessert. Sowohl das Vertrauen in das Gesamtgremium als auch in den Leiter der eigenen Geschäftseinheit hat sich signifikant verbessert. Zudem sind die Mitarbeitenden der Meinung, dass die Generaldirektion mehr Nähe und Kontakt zu den Mitarbeitenden sucht. Abb. 13 Meinung zur Geschäftsleitung (ZKB, Sommer 2010) 20

2.2 Führungsstruktur Hierarchisch kann die Bank in drei Segmente eingeteilt werden: Unternehmensspitze, das mittlere/untere Management und Mitarbeitende ohne Führungsaufgaben. Die rund tausend Führungskräfte sind in fünf Führungsstufen organisiert. Generaldirektoren 9 Schlüsselpersonen 80 Unternehmensspitze Führungskräfte und Projektleiter ca. 1000 Führungskräfte 3. Führungsstufe 4. Führungsstufe 350 420 5. Führungsstufe 140 ca. 4000 ohne Führungsaufgaben Mitarbeitende und Fachspezialisten Abb. 14 Führungsstufen und Mengengerüst (ZKB, Mai 2010) Die Unternehmensspitze wird aus den Schlüsselpersonen und diesen vorstehend, den Generaldirektoren gebildet. Diese sind gleichzeitig Leiter der neun Geschäftseinheiten. Derzeit oberster operativer Chef der Bank ist der Generaldirektor und CEO Martin Scholl. Er und über die Hälfte der Generaldirektion haben keinen akademischen Hintergrund, sondern sind als Lernende bei der ZKB gestartet. Das politische Gremium über dem CEO, das Bankpräsidium mit Bankrat, entspricht in etwa dem Verwaltungsrat eines Unternehmens. 21

2.3 Führungsentwicklung und -Steuerung Welche Führungsinstrumente und Führungsausbildungs-Angebote existieren heute in der ZKB? Das wäre eine Diplomarbeit für sich. Hier deshalb nur eine Übersicht, soweit fürs Verständnis der späteren Lösungsvorschläge notwendig. 2.3.1 Führungs-Vision Um zu Steuern muss klar sein wohin die Reise gehen soll. Die Vision als Fixstern ist im Leitbild der ZKB festgehalten ( siehe Anhang). Aus ihr leitet sich die Geschäftsleitungs-Strategie ab. Abb. 14 Vision im Konzern-Leitbild (ZKB, 2009 Anhang) 2.3.2 Führungsinstrumente Wie heute die Meisten grösseren Unternehmen in der Schweiz, verfügt auch die ZKB über eine ganze Reihe von miteinander vernetzten, systemgestützten Führungsinstrumenten. Sie unterhält eine aus der Geschäftsleitungs-Strategie abgeleitete Balanced Score Card, deren Ziele in den jährlichen Management by Objectives-Prozess einfliessen und durch alle Führungsstufen bis auf den einzelnen Mitarbeitenden herunter gebrochen und gemessen werden. Im Kompetenzenmanagement ist beschrieben welche Fähigkeiten und Fertigkeiten in welchen Berufsbildern in welchem Ausmass vorhanden sein sollen. Dieses SOLL wird dem, durch den Vorgesetzten beschriebenen IST des einzelnen Mitarbeitenden gegenübergestellt und jährlich im Performance- Management-System erfasst, zusammen mit dem Zielerreichungsgrad aus der Balanced Score Card. Daraus ergibt sich einerseits der Leistungswert, welcher bonusrelevant ist und andrerseits die Entwicklungsplanung, welche ins Talentmanagement, bzw. die Nachfolgeplanung einfliesst. Ebenfalls basierend auf dem Kompetenzenmanagement steht eine grosse Auswahl an systemgestützten Diagnostikinstrumenten zur Ver- 22

fügung, zum Beispiel das Vorgesetzten-Feedback (= freiwilliges, anonymes Feedback der Mitarbeitenden wird mit dem Selbstbild der/des Vorgesetzten verglichen) oder die oben erwähnte Mitarbeiterzufriedenheits-Umfrage. 2.3.3 Führungsausbildungs-Angebote Die ZKB hat eine langjährig gut etablierte und obligatorische Führungs- Grundausbildung. Diese dauert heute 10 Tage in 5 Modulen, verteilt über ein Jahr. Für erfahrene Führungskräfte (> 5 Jahre Erfahrung) gibt es einen freiwilligen und trotzdem gut nachgefragten Lehrgang, welcher 6 Tage dauert, verteilt auf 3 Module über neun Monate. In beiden Gefässen wird die ZKB-Führungskultur bewusst gepflegt: Viel Erfahrungsaustausch zwischen den Teilnehmern, die aus allen Geschäftseinheiten kommen, Einbindung von Geschäftsleitungsmitgliedern, mehrheitlich interne Führungs- Trainer in Seminarräumen ausserhalb der ZKB-Gebäude. Das Thema Führung ist der Bank etwas wert! In starkem Kontrast zu diesen differenzierten Instrumenten und Angeboten steht jedoch das Thema Führungs-Weiterbildung für die Unternehmensspitze: Der dritte und letzte Vorschlag der Personalentwicklung - ein Leadership-Programm für die obersten zwei Führungsstufen zu initiieren - wurde 2006 von der Generaldirektion verworfen, da die Erwartungen an ein solches Programm diametral auseinander lagen. Seit dann war Führung kein Thema mehr in der Generaldirektion. Inzwischen ist eine deutlich jüngere Generation an die Unternehmensspitze vorgedrungen und die Generaldirektion wurde von fünf auf neun Mitglieder und ebenso viele Geschäftseinheiten erweitert. Im Frühling 2010 lud diese, neu formierte Geschäftsleitung, Wolfgang Jenewein, HSG, für ein Kurzreferat zum Thema State-of-the-Art-Führung / Erkenntnisse aus der aktuellen Führungsforschung ein. Und er schaffte, was vor ihm keinem gelang: Er begeisterte alle neun Generaldirektoren ohne Ausnahme, mit seiner unnachahmlichen Verknüpfung von Transformationaler Führungs-Theorie und Beispielen aus dem Spitzensport. Alle waren sich einig: Ja genau das wollen wir! 2.4 Reflexion zur nahen Bank Die Finanzindustrie steht seit Jahren auf den Frontseiten und am gesellschaftlichen Pranger. Ich frage mich manchmal: Was hat ein Naturwissenschaftler, den das Kerngeschäft Geldvermehren nicht interessiert, in einer Bank verloren? Und ich bin bei jedem meiner bisher vier internen Wechsel in 15 Jahren ZKB zum selben Schluss gekommen: Diese Bank lässt mir die Wahl. Diese Bank ermöglicht mir als Neugierologen (Heinz von Foerster) immer wieder Einblick in neue, faszinierende Themen. Die ZKB ist eine grosse Bank, so dass ich drei verschiedene Karrierepfade (Linienführung, Projektleitung und Fachexperten-Laufbahn) in drei verschiedenen Rollen (Trainer, Berater, Hofnarr) und in vier verschiedenen Geschäftseinheiten ausprobieren konnte. Gleichzeitig ist sie keine Grossbank. Sie will nicht in den Himmel wachsen, denn ihre USP ist die lokale Verankerung. Sie gehört allen Zürchern. Der Ertrag wird (hauptsächlich) im Wirtschaftsraum Zürich erwirtschaftet und ein grossteil fliesst auch wieder dorthin zurück. Die ZKB bemüht sich seit über zehn Jahren in allen Bereichen der Nachhaltigkeit vorbildlich zu handeln. All das gefällt meiner Naturwissenschaftler-Seele und ich sehe noch andere Existenzgründe dieser Bank, als Geld zu vermehren. 23

3 Erhebung des IST-Zustandes In diesem Kapitel wird zunächst die IST-Situation zum Zeitpunkt der Beauftragung (Frühling 2011) mit verschiedenen Methoden erhoben, analysiert und danach in einer Würdigung verdichtet. Dies, und die Verknüpfung mit der Führungstheorie (aus Kapitel 2) bildet die Grundlage um später situationsgerechte Lösungsvorschläge zur Einführung Transformationaler Führung in der ZKB aufzeigen zu können. Zunächst folgt die Antwort auf die Frage: Wie kam die interne Personalentwicklung zu diesem Auftrag? 3.1 Vorgeschichte zum Auftrag Wie im letzten Kapitel erwähnt, liess sich die Generaldirektion 2010 von einer Kurzpräsentation zum Thema Transformationale Führung von Wolfgang Jenewein, HSG, begeistern und entschied, bei ihm im Herbst 2010 einen Impuls-Workshop für die gesamte Unternehmensspitze, d.h. für alle 80 Schlüsselpersonen einzukaufen. Im Geschäftsbericht wird diese Initiative wie folgt beschrieben: "Werte-orientierte Führung als Schlüssel zum Erfolg. Das Leitbild der ZKB gibt die zentralen Werte in der Personalrekrutierung, -entwicklung und führung vor. Damit die ZKB Mitarbeitenden ihre Kundinnen und Kunden mit der Betreuung und Beratung begeistern und überraschen können, brauchen sie ein Umfeld, in dem sie ihre Fähigkeiten und Potenziale optimal entfalten können. Das erreicht die ZKB durch eine Sinngebende Führung und Gestaltungsfreiräume. Um die Bedeutung dieses Ansatzes zu unterstreichen, wurde 2010 mit der Ausbildungsinitiative "Werte-orientierte Führung" der Grundstein für eine nachhaltige Umsetzung der ZKB Markenwerte in der Führung gelegt. Die Mitglieder der Generaldirektion sowie das obere Management wurden während insgesamt rund 160 Arbeitstagen geschult." (ZKB-Geschäftsbericht 2010, S. 35) Link 01 ZKB Geschäftsbericht 2010 Obwohl der obige Text wie ein Start-Schuss klingt, gab es danach zunächst keinen expliziten Umsetzungsauftrag, weder für die Schlüsselpersonen, noch für die Personalentwicklung. Auch die Generaldirektion selber setzte sich keine Ziele und gab sich keinen Auftrag zur weiteren Einführung von Transformationaler Führung. Aus Sicht der Personalentwicklung sah es zunächst nach einer teuren Zweitagesfliege aus (die Impuls-Workshops à 20 Personen dauerten jeweils zwei Tage). In den Wochen danach kamen vereinzelt Anfragen an die Personalentwicklung von Schlüsselpersonen, welche Unterstützung suchten für die Umsetzung, meist im Sinne von können Sie meine Führungskräfte darin schulen?. Es mündete fast immer in Führungsentwicklungs-Workshops, das Angebot wurde weiterempfohlen, es kamen mehr Anfragen, noch mehr Workshops. Und im Februar 2011 fragte einer der neun Generaldirektoren an und beauftragte die Personalentwicklung, herauszufinden, was die sechs Schlüsselpersonen in seinem Bereich an Unterstützung bräuchten um Transformational Führen zu können. Sechs Interviews und einige weitere Workshops später, beauftragt die Generaldirektion im Frühling 2011 die Personalentwicklung, Vorschläge zu 24