Kategorisierungssystem enterale Ernährung

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Transkript:

Bundesverband der Hersteller von Lebensmitteln für eine besondere Ernährung e.v. Kategorisierungssystem enterale Ernährung (Stand: Februar 2010) Bundesverband der Hersteller von Lebensmitteln für eine besondere Ernährung e.v. Godesberger Allee 142-148 D-53175 Bonn - Telefon (02 28) 3 08 51-0 - Telefax (02 28) 3 08 51-50 info@diaetverband.de - www.diaetverband.de

Seite 1 Erläuterung Kategorisierungssystem enterale Ernährung I N H A L T 1. EINLEITUNG... 1 2. KATEGORISIERUNGSSYSTEM... 1 3. ZIELE DER ENTERALEN ERNÄHRUNG... 4 4. DEFINITIONEN... 4 4.1. BILANZIERTE DIÄTEN ZUR ENTERALEN ERNÄHRUNG... 4 4.1.1. ZUR VOLLSTÄNDIGEN ERNÄHRUNG GEEIGNET... 5 4.1.2. ZUR ERGÄNZENDEN ERNÄHRUNG GEEIGNET... 5 4.1.3. VOLLBILANZIERTE DIÄT... 5 4.1.4. ERGÄNZEND BILANZIERTE (TEILBILANZIERTE) DIÄT... 5 4.2. ENTERALE ERNÄHRUNGSTHERAPIE... 5 4.3. ORALE BILANZIERTE DIÄTEN... 5 4.3.1. AMINOSÄURENMISCHUNGEN UND WEITERE DEFEKTSPEZIFISCHE PRODUKTE FÜR SELTENE ERBLICHE BZW. PÄDIATRISCHE STOFFWECHSELERKRANKUNGEN... 6 4.3.2. TRINKNAHRUNG, PULVER ZUR HERSTELLUNG EINER TRINKNAHRUNG, FLÜSSIGKEITEN HÖHERER VISKOSITÄT... 6 4.4. SONDENNAHRUNG... 6 4.5. KATEGORIEN DER TRINK- UND SONDENNAHRUNGEN... 6 4.5.1. STANDARDPRODUKTE... 6 4.5.2. SPEZIALPRODUKTE... 6 5. ABGRENZUNG LEBENSMITTEL ARZNEIMITTEL... 7 1. Einleitung Das nachfolgende Kategorisierungssystem für enterale Ernährung (bilanzierte Diäten) spiegelt herstellerübergreifend die Produktkategorien wider, die bei der medizinischen, enteralen Ernährungstherapie zum Einsatz kommen. Dabei verwendete Produkte können diesem System monohierarchisch aufgrund bestimmter Merkmale zugeordnet werden. Zum besseren Verständnis sind dem nachstehenden Kategorisierungssystem Erläuterungen und Definitionen der verwendeten Merkmale und Begriffe beigefügt. 2. Kategorisierungssystem 1

Seite 2 Definition: Zweck: Merkmale: BILANZIERTE DIÄTEN ZUR ENTERALEN ERNÄHRUNG Alle Produkte sind diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke zur vollständigen oder ergänzenden Ernährungstherapie von Patienten > mit eingeschränkter, behinderter oder gestörter Aufnahme, Verdauung, Verstoffwechselung oder Ausscheidung gewöhnlicher Lebensmittel > mit einem sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf, für deren diätetische Behandlung eine Modifizierung der normalen Ernährung, andere diätetische Lebensmittel oder eine Kombination aus beiden nicht ausreichen Die Produkte dienen > als Ersatz oder zur Ergänzung der normalen Ernährung > zum Erhalt oder zur Verbesserung des Ernährungszustandes (= Ernährungstherapie) > Behandlung von seltenen erblichen bzw. pädiatrischen Stoffwechselerkrankungen > in Ausnahmefällen positive Beeinflussung einer Grunderkrankung durch die Ernährungstherapie (z. B. Morbus Crohn) Diese Produkte zur Ernährungstherapie > entsprechen der Legaldefinition für diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten) gemäß DiätV; befinden sich rechtmäßig auf dem deutschen Markt und entsprechen in der Zusammensetzung dem aktuellen Stand der Wissenschaft und der Technik > weisen keine den Arzneimitteln vergleichbare pharmakologische Wirkungen auf > sind keine Nahrungsergänzungsmittel gemäß NemV > Sie bestehen aus Proteinen/Peptiden/Aminosäuren, Kohlenhydraten und/oder Fetten, Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitaminen AMINOSÄURENMISCHUNGEN UND WEITERE DEFEKTSPEZIFISCHE PRODUKTE FÜR SELTENE ERBLICHE BZW. PÄDIATRISCHE STOFFWECHSELERKRANK- UNGEN Besondere Merkmale: Orale Bilanzierte Diäten TRINKNAHRUNG (TN) PULVER ZUR HERSTELLUNG EINER TN FLÜSSIGKEITEN HÖHERER VISKOSITÄTEN > sind teil- oder vollbilanziert > sind zur vollständigen oder ergänzenden Ernährung bestimmt > müssen nicht als einzige Nahrungsquelle geeignet sein SONDENNAHRUNG > sind vollbilanziert > sind zur vollständigen Ernährung bestimmt > müssen als einzige Nahrungsquelle zur Ernährung über die Sonde geeignet sein 2

Seite 3 AMINOSÄUREN- MISCHUNGEN NÄHRSTOFF- MODIFIZIERTE SPEZIALNAH- RUNGEN STANDARD SPEZIAL SPEZIAL STANDARD SPEZIAL A SPEZIAL B SPEZIAL A SPEZIAL B Für die Behandlung von Phenylketonurie (PKU) und weiteren seltenen erblichen Störungen des Proteinstoffwechsels. Sie bestehen überwiegend aus qualitativ und quantitativ definierten Gemischen von Aminosäuren. Sie sind überwiegend nicht für die Verwendung als einzige Nahrungsquelle geeignet. Entsprechend der Zweckbestimmung und medizinischen Notwendigkeit - müssen gesetzlich vorgeschriebene Mineralstoffe, Vitamine, Spurenelemente und - können Fette und Kohlenhydrate und andere Inhaltsstoffe (z. B. Zusatzstoffe, Aromen) enthalten sein Für die Behandlung von seltenen erblichen Störungen im Kohlenhydrat-, Fett- oder Energiestoffwechsel (z. B. Mitochondriopathien), Mukoviszidose, Epilepsie und weiteren diätpflichtigen Erkrankungen, bei denen eine diätetische Intervention medizinisch notwendig ist. Produktkategorien: - KH-modifiziert - Fett-modifiziert, - Eiweiß-modifiziert - für die Behandlung von Mukoviszidose - für die Behandlung von seltenen erblichen Stoffwechselerkrankungen und Epilepsie mit der ketogenen Diät - Weitere nährstoffmodifizierte Spezialnahrungen Siehe Punkt 4.5.1. weisen eine allgemein Ernährung auf und sind für normale Stoffwechsellagen von Erwachsenen geeignet. Sie sind bei der überwiegenden Zahl der zu versorgenden Patienten einsetzbar. Siehe Punkt 4.5.2. weisen eine spezifisch fehlenden oder eingeschränkten Fähigkeit zur ausreichenden normalen Ernährung bei besonderen Stoffwechsellagen auf. Beispiele: - altersadaptiert für Säuglinge und Kleinkinder - angepasst für Niereninsuffiziente - mit hochhydrolysierten Eiweißen oder Aminosäurenmischungen für Säuglinge und Kleinkinder mit Kuhmilcheiweißallergie oder Patientinnen und Patienten mit multiplen Nahrungsmittelallergien, - niedermolekular oder speziell mit mittelkettigen Triglyzeriden angereichert bei Patientinnen und Patienten mit dokumentierten Fettverwertungsstörungen oder Malassimilitationssyndromen (z. B. Kurzdarmsyndrom, AIDSassoziierten Diarrhöen, Mukoviszidose), u. v. m Siehe Punkt 4.5.2. weisen eine spezifisch Ernährung bei besonderen Stoffwechsellagen auf und sind zusätzlich zur unmittelbaren diätetischen Behandlung einer Stoffwechselstörung oder vergleichbaren Erkrankung (z. B. Morbus Crohn) bestimmt. Siehe Punkt 4.5.1. weisen eine allgemein Ernährung auf und sind für normale Stoffwechsellagen von Erwachsenen geeignet. Sie sind bei der überwiegenden Zahl der zu versorgenden Patienten einsetzbar. Siehe Punkt 4.5.2. weisen eine spezifisch Ernährung bei besonderen Stoffwechsellagen auf Beispiele: - altersadaptiert für Säuglinge und Kleinkinder - angepasst für Niereninsuffiziente - mit hochhydrolysierten Eiweißen oder Aminosäurenmischungen für Säuglinge und Kleinkinder mit Kuhmilcheiweißallergie oder Patientinnen und Patienten mit multiplen Nahrungsmittelallergien, - niedermolekular oder speziell mit mittelkettigen Triglyzeriden angereichert bei Patientinnen und Patienten mit dokumentierten Fettverwertungsstörungen oder Malassimilitationssyndromen (z. B. Kurzdarmsyndrom, AIDSassoziierten Diarrhöen, Mukoviszidose), u. v.m Siehe Punkt 4.5.2. weisen eine spezifisch Ernährung bei besonderen Stoffwechsellagen auf und sind zusätzlich zur unmittelbaren diätetischen Behandlung einer Stoffwechselstörung oder vergleichbaren Erkrankung (z. B. Morbus Crohn) bestimmt. 3

Seite 4 3. Ziele der enteralen Ernährung Enterale Ernährung dient entweder als Ersatz für die normale Ernährung, wenn diese krankheitsbedingt nicht möglich ist (z. B. Dysphagie, Somnolenz, apallisches Syndrom) oder als Ergänzung der normalen Ernährung, wenn bei krankheitsassoziiertem Gewichtsverlust, krankheitsassoziierter Mangelernährung (z. B. Tumorkachexie) oder Stoffwechselerkrankungen eine ausreichende normale Ernährung nicht möglich ist. Sie dient dazu, den Ernährungszustand mindestens zu erhalten oder zu verbessern. Die Zusammensetzung der Produkte für die enterale Ernährung basiert auf den einschlägigen Rechtsnormen (z. B. Diätverordnung) und ist ggf. für bestimmte Krankheitsbilder angepasst. Dies kann sowohl das Verhältnis der Makronährstoffe zueinander, als auch bestimmte Inhaltsstoffe betreffen (z. B. MCT-Fette bei Malassimilation, Mikronährstoffe bei chronischem Nierenversagen). Weiterhin dient enterale Ernährung der diätetischen Behandlung von seltenen erblichen bzw. pädiatrischen Stoffwechselerkrankungen, die unbehandelt zu schwerer geistiger und/oder körperlicher Beeinträchtigung führen und bei denen eine diätetische Intervention medizinisch notwendig ist. In wenigen Fällen wird die enterale Ernährung zusätzlich Therapie der Grunderkrankung eingesetzt (Beispiel: Morbus Crohn, bei dem enterale Ernährung teilweise bei Kortikoidunverträglichkeit als diätetische Therapie eingesetzt wird). 4. Definitionen Zur besseren Verständlichkeit werden im Folgenden relevante Begriffe definiert: 4.1. Bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung Bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung sind diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke, die der Legaldefinition für diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (Diätverordnung) entsprechen und sich rechtmäßig auf dem deutschen Markt befinden, weil sie die gültigen europäischen und deutschen Rechtsnormen erfüllen. Dies beinhaltet, dass sie entsprechend ihrer diätetischen Zweckbestimmung die erforderlichen Inhaltsstoffe, wie Makronährstoffe und Mikronährstoffe, enthalten. Sie bestehen aus Proteinen/Peptiden/Aminosäuren, Kohlenhydraten und/oder Fetten, Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitaminen. Sie können zur vollständigen (4.1.1.) oder ergänzenden (4.1.2.) Ernährung eingesetzt werden. Sie sind voll- (4.1.3.) oder ergänzend bilanziert (teilbilanziert) (4.1.4.). Sie dienen einer diätetischen Behandlung im Sinne einer ernährungstherapeutischen (4.2.) Intervention bei Patienten > mit eingeschränkter, gestörter oder fehlender Aufnahme, Verdauung, Verstoffwechselung oder Ausscheidung gewöhnlicher Lebensmittel ODER > mit einem sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf, für deren diätetische Behandlung eine Modifizierung der normalen Ernährung, andere diätetische Lebensmittel oder eine Kombination aus beiden nicht ausreichen. Bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung weisen keine den Arzneimitteln vergleichbare pharmakologische Wirkungen auf (Kapitel 5). Sie sind KEINE Nahrungsergänzungsmittel gemäß NemV und entsprechen in ihrer Zusammensetzung dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik. 4

Seite 5 4.1.1. Zur vollständigen Ernährung geeignet Zur vollständigen Ernährung geeignet ist ein vollbilanziertes diätetisches Lebensmittel, das aufgrund der gewählten Zusammensetzung und empfohlenen Tageszufuhrmenge als einzige Nahrungsquelle geeignet ist, das heißt, alle Makro- und Mikronährstoffe bedarfsdeckend enthält. 4.1.2. Zur ergänzenden Ernährung geeignet Zur ergänzenden Ernährung geeignet ist ein bilanziertes diätetisches Lebensmittel, das in Kombination mit anderen Ernährungsformen (z. B. normal, enteral, parenteral) angewendet wird. Dafür können sowohl vollbilanzierte als auch ergänzend bilanzierte (teilbilanzierte) diätetische Lebensmittel verwendet werden. Die Produkte dienen der ernährungstherapeutischen Intervention und enthalten dementsprechend Makro- und Mikronährstoffe in relevanten Mengen. 4.1.3. Vollbilanzierte Diät Eine vollbilanzierte Diät ist ein vollständiges bilanziertes diätetisches Lebensmittel, das bei Verwendung nach den Empfehlungen des Herstellers (mittlere Tageszufuhr = MTZ) die einzige Nahrungsquelle für die Personen, für die sie bestimmt ist, darstellen kann ( 1 Abs. 4a DiätVO). 4.1.4. Ergänzend bilanzierte (teilbilanzierte) Diät Eine ergänzend bilanzierte (teilbilanzierte) Diät ist ein diätetisches Lebensmittel, das sich nicht für die Verwendung als einzige Nahrungsquelle eignet ( 1 Abs. 4a DiätVO). Diese Definition umfasst auch Produkte, die aufgrund einer höher konzentrierten Formulierung einzelner Bestandteile nicht als einzige Nahrungsquelle geeignet sind. 4.2. Enterale Ernährungstherapie Eine Ernährungstherapie ist eine ernährungsmedizinische Intervention, die mindestens dem Erhalt oder der Verbesserung des Ernährungszustandes und/oder der diätetischen Behandlung einer diätpflichtigen Erkrankung dient. Diätpflichtige Erkrankungen sind Erkrankungen, die einer bestimmten Ernährung bedürfen 1, um gesundheitliche (Folge-)Beeinträchtigungen zu vermeiden. Enterale Ernährung ist notwendig bei fehlender oder eingeschränkter ausreichenden normalen Ernährung, wenn eine Modifizierung der normalen Ernährung oder sonstige ärztliche, pflegerische oder ernährungstherapeutische Maßnahmen zur Verbesserung der Ernährungssituation nicht ausreichen. Zur Orientierung können u. a. die aktuellen Leitlinien der wissenschaftlichen Fachgesellschaften dienen. Enterale Ernährung und sonstige Maßnahmen zur Verbesserung der Ernährungssituation schließen einander nicht aus, sondern sind erforderlichenfalls miteinander zu kombinieren. Im Vorfeld und im Verlauf einer Ernährungstherapie sollte unter anderem der Ernährungszustand mit Hilfe geeigneter Methoden erhoben werden. Dazu eignen sich z. B. die wissenschaftlich anerkannten Methoden Mini Nutritional Assessment (MNA), Subjective Global Assessment (SGA), Malnutrition Universal Screening Tool (MUST) oder das Nutritional Risk Screening (NRS 2002). Unabhängig davon ist eine spezifisch angepasste enterale Ernährungstherapie erforderlich bei Vorliegen von seltenen erblichen bzw. pädiatrischen Stoffwechselerkrankungen, die unbehandelt zu schwerer geistiger oder körperlicher Beeinträchtigung führen. 4.3. Orale bilanzierte Diäten Orale bilanzierte Diäten sind diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten im Sinne der Diätverordnung). Sie müssen nicht als einzige Nahrungsquelle geeignet sein. Zu 1 Definition laut a) Rationalisierungsschema DGEM, DGE, VDD etc.; b) Leitlinienempfehlungen; c) Cochrane-Empfehlungen 5

Seite 6 den oralen bilanzierten Diäten zählen Aminosäurenmischungen und weitere defektspezifische Produkte für seltene erbliche bzw. pädiatrische Stoffwechselerkrankungen, Trinknahrung, Pulver zur Herstellung einer Trinknahrung und Flüssigkeiten höherer Viskosität. 4.3.1. Aminosäurenmischungen und weitere defektspezifische Produkte für seltene erbliche bzw. pädiatrische Stoffwechselerkrankungen Aminosäurenmischungen sind diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke für die Behandlung von Phenylketonurie (PKU) und weiteren seltenen erblichen Störungen des Proteinstoffwechsels. Bei weiteren defektspezifischen Produkten für seltene erbliche bzw. pädiatrische Stoffwechselerkrankungen handelt sich um diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke in Form von nährstoffmodifizierten Spezialnahrungen für die Behandlung von seltenen erblichen Störungen im Kohlenhydrat-, Fett- oder Energiestoffwechsel (z. B. Mitochondriopathien), Mukoviszidose, Epilepsie und weiteren diätpflichtigen Erkrankungen, bei denen eine diätetische Intervention medizinisch notwendig ist. 4.3.2. Trinknahrung, Pulver zur Herstellung einer Trinknahrung, Flüssigkeiten höherer Viskosität 2 Es sind bilanzierte diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke unterschiedlicher Viskosität oder Pulver (zum Anrühren in eine entsprechende Konsistenz) und können vollbilanziert oder ergänzend bilanziert (teilbilanziert) sein. Sie sind zur oralen Ernährung bestimmt und werden im Rahmen einer Ernährungstherapie angewandt. 4.4. Sondennahrung Sondennahrungen sind vollbilanzierte diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten im Sinne der Diätverordnung), die als einzige Nahrungsquelle zur Ernährung über die Sonde bestimmt sind ( 1 Abs. 4a DiätVO). Sie sind flüssige Produkte oder pulverförmig zur Zubereitung mit Flüssigkeiten. 4.5. Kategorien der Trink- und Sondennahrungen 4.5.1. Standardprodukte Sie weisen eine allgemein Ernährung auf und sind für normale Stoffwechsellagen von Erwachsenen geeignet. Sie sind bei der überwiegenden Zahl der zu versorgenden Patienten einsetzbar. Eine Standardnahrung kann allen Patienten verabreicht werden, deren Krankheit nicht zwingend eine andere Zusammensetzung erfordert (z. B. Restriktionen aufgrund Enzymmangel, Organinsuffizienzen oder diagnostizierten Nahrungsmittelallergien) und die keine Unverträglichkeiten zeigen (z. B. Resorptions-, Digestions- oder Stoffwechselstörungen, allergische Reaktionen). 4.5.2. Spezialprodukte Sie weisen eine spezifisch Ernährung bei besonderen Stoffwechsellagen auf (Spezial A) ODER auch zusätzlich zur unmittelbaren diätetischen Behandlung einer Stoffwechselstörung oder vergleichbaren Erkrankung (z. B. Morbus Crohn) (Spezial B). Die besondere Stoffwechsellage ergibt sich aus einem durch Erkrankung verursachten veränderten Nährstoffbedarf oder spezifischen Bedarf an speziellen Inhaltsstoffen. 2 In der derzeitig gültigen AMR als "Elemtardiäten" bezeichnet 6

Seite 7 Sie weisen ggf. adaptierte Nährstoffprofile auf, z. B. > altersadaptiert für Säuglinge und Kleinkinder > angepasst für Niereninsuffiziente > mit hochhydrolysierten Eiweißen oder Aminosäurenmischungen für Säuglinge und Kleinkinder mit Kuhmilcheiweißallergie oder Patientinnen und Patienten mit multiplen Nahrungsmittelallergien, > niedermolekular oder speziell mit mittelkettigen Triglyzeriden angereichert bei Patientinnen und Patienten mit dokumentierten Fettverwertungsstörungen oder Malassimilitationssyndromen (z. B. Kurzdarmsyndrom, AIDSassoziierten Diarrhöen, Mukoviszidose) 5. Abgrenzung Lebensmittel Arzneimittel Bilanzierte Diäten zählen zu den diätetischen Lebensmitteln. Lebensmittel werden traditionell in zwei Kategorien unterschieden, in Lebensmittel des allgemeinen Verzehrs für gesunde Menschen und diätetische Lebensmittel. Diätetische Lebensmittel sind für Personen bestimmt, für die aufgrund bestimmter Erkrankungen oder im Hinblick auf besondere physiologische Umstände eine besondere Ernährung erforderlich ist. Bilanzierte Diäten sind keine Nahrungsergänzungsmittel und auch KEINE Arzneimittel. Wegen der grundlegenden Bedeutung dieser Abgrenzung im Hinblick auf den Nutzen und die anwendbaren wissenschaftlichen Maßstäbe für die Feststellung der medizinischer Notwendigkeit im Sinne des SGB V werden nachfolgend die rechtlichen Grundprinzipien für die begriffliche Abgrenzung der Lebensmittel und der Arzneimittel dargestellt. Ausgangspunkt der begrifflichen Abgrenzung ist, dass Stoffe, beziehungsweise Erzeugnisse, nicht gleichzeitig Lebensmittel und Arzneimittel sein können. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Lebensmitteldefinition grundsätzlich alle Erzeugnisse ausschließt, die als Arzneimittel anzusehen sind. Die Qualifizierung eines Erzeugnisses als Lebensmittel kommt demnach nicht in Betracht, wenn seine Eigenschaft als Arzneimittel festgestellt wird. Diesbezüglich sind zwei verschiedene Arten der Arzneimittel zu unterscheiden, nämlich > die so genannten Bezeichnungsarzneimittel oder Präsentationsarzneimittel und > die Arzneimittel, die zur Wiederherstellung, Besserung oder Beeinflussung der menschlichen Körperfunktionen angewandt werden (Funktionsarzneimittel). Ein Erzeugnis ist dann ein Bezeichnungsarzneimittel, wenn es als Mittel zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten bezeichnet wird. Dies trifft nicht nur dann zu, wenn durch das Etikett, den Beipackzettel oder mündlich entsprechende Hinweise gegeben werden, sondern auch dann, wenn bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher auch nur schlüssig, aber mit Gewissheit der Eindruck entsteht, dass dieses Erzeugnis in Anbetracht seiner Aufmachung eine entsprechende Wirkung haben müsse. Ein Erzeugnis ist dann ein Funktionsarzneimittel, wenn es menschliche physiologische Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung beeinflusst. Das Kriterium der pharmakologischen Wirkung kommt seit dem Jahr 2000 als wesentlicher Bestandteil der Abgrenzungsformel in der nationalen und europäischen Rechtsprechung zur Anwendung, wenngleich es eine normative Inhaltsbestimmung dieses Kriteriums nicht gibt. Dennoch ist bei der praktischen Anwendung der Arzneimitteldefinition des Art. 1 Nr. 2 Buchst. b) RL 2001/83/EG zum Zweck der Abgrenzung formal für ein Erzeugnis zu prüfen, ob eine pharmakologische, eine immunologische oder eine metabolische Wirkung erzielt wird. Bei Erfüllung von mindestens einem dieser Kriterien liegt somit ein Arzneimittel vor. 7

Seite 8 Bilanzierte Diäten haben keine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung und sind daher keine Arzneimittel. Dementsprechend dürfen bei der Bewertung von Notwendigkeit und Nutzen von enteraler Nahrung nicht die gleichen Anforderungen gestellt werden wie an Arzneimittel. Bei der Bewertung des Nutzens und der medizinischen Notwendigkeit von enteraler Nahrung kann deshalb nur der Stand der ernährungswissenschaftlichen Erkenntnisse maßgeblich sein. Berlin/Bonn, im Februar 2010 BVMed/DIÄTVERBAND e.v. 8