Auswege aus Staatsschuldenkrisen

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Christina Anselmann Auswege aus Staatsschuldenkrisen Eine Untersuchung verschiedener Optionen anhand historischer Fallbeispiele Metropolis-Verlag Marburg 2012

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar. Metropolis-Verlag für Ökonomie, Gesellschaft und Politik GmbH http://www.metropolis-verlag.de Copyright: Metropolis-Verlag, Marburg 2012 Alle Rechte vorbehalten ISBN 978-3-89518-907-4

Einleitung Ende des Jahres 2010 belief sich der Schuldenstand der deutschen öffentlichen Haushalte auf etwa 2.061 Milliarden Euro. 1 Auf jeden Bundesbürger entfielen damit am 31. Dezember 2010 rund 25.214 Euro explizite öffentliche Schulden. 2 Laut den Umfrageergebnissen des Eurobarometers ist die steigende Staatsverschuldung derzeit eine der größten Sorgen der Deutschen. 87 Prozent aller befragten Bürger haben im Mai 2011 geäußert, dass eine Reduktion der öffentlichen Schulden in der Bundesrepublik nicht länger hinausgezögert werden dürfe. Angesichts nahezu global steigender Staatsschuldenquoten ist dieser Trend jedoch nicht nur in Deutschland, sondern vielmehr in der gesamten Europäischen Union und vermutlich in zahlreichen weiteren Nationen dieser Welt vorzufinden. 3 Die Sorge um die wachsenden Staatsschulden ist dabei kein Phänomen, welches erst vor dem Hintergrund der jüngsten Finanz- und Wirtschaftskrise auftrat. So stellte beispielsweise der englische Historiker und Politiker Thomas Babington Macaulary bereits im 19. Jahrhundert fest, dass noch zu jeder Zeit [ ] das Wachsen der Staatsschuld die Nation in dasselbe Geschrei von Furcht und Verzweiflung ausbrechen [ließ] [ ]. 4 Tatsächlich wird die staatliche Verschuldung in der Öffentlichkeit häufig als eine von Natur aus schlechte Erscheinung dargestellt, die früher oder später sowieso nichts als Unheil bringen wird und daher am besten mit allen Mitteln verhindert werden sollte. Wieso verschulden sich dann jedoch zahlreiche Staaten rund um den Globus immer weiter, und weshalb gibt es überhaupt noch Wirtschaftssubjekte, die den öffentlichen Haushalten Kredite gewähren? Kann die staatliche Verschuldung etwa doch nicht pauschal abgelehnt werden, und ist sie gegebenenfalls sogar 1 Vgl. Bundesministerium der Finanzen (2011f ), S. 102. 2 Eigene Berechnungen auf Basis von: Bundesministerium der Finanzen (2011f ), S. 102 ; Europäische Kommission (2011a), Tabelle Population total (national accounts) (NPTD). 3 Vgl. Europäische Kommission (2011b), S. 141. 4 Bundeszentrale für politische Bildung (2010), S. 7.

22 Einleitung sinnvoll? Die Beantwortung dieser Fragen ist unerlässlich, um, wie der Titel der vorliegenden Arbeit suggeriert, die Notwendigkeit von Auswegen aus der Staatsverschuldung erfassen zu können. Wenn die öffentliche Kreditaufnahme letztendlich gar kein schlechtes Phänomen wäre, so müssten schließlich auch keine Maßnahmen zur Rückführung der staatlichen Schuldenstandsquoten ergriffen werden. Es kann sich daher nicht darauf beschränkt werden, ausschließlich auf mögliche Auswege aus der Staatsverschuldung einzugehen. Zur Darbietung eines schlüssigen Gesamtbildes müssen letztlich auch weitere Aspekte rund um die Thematik der öffentlichen Kreditaufnahme behandelt werden. Die vorliegende Arbeit gliedert sich somit in zwei Hauptteile. Im Rahmen des ersten Teils, der sich mit Grundlagen der Staatsverschuldung befasst, werden zunächst einige Kennzahlen vorgestellt, mit denen im Anschluss daran die staatliche Verschuldungssituation in Deutschland analysiert werden kann. Kapitel drei wird sich darauf folgend mit den Ursachen der Staatsverschuldung auseinandersetzen. Insgesamt werden dabei drei mögliche Gründe für die öffentliche Kreditaufnahme aufgezeigt, namentlich die Konjunkturglättung, die intertemporale Lastenverteilung sowie der politische Prozess. Für jeden dieser Punkte wird zugleich deren praktische Relevanz im Rahmen der deutschen Staatsverschuldung geprüft. Kapitel vier wird im Anschluss daran auf die makroökonomischen Auswirkungen der öffentlichen Kreditaufnahme eingehen. Im Einzelnen werden dabei die potentiellen Risiken einer Verdrängung privatwirtschaftlicher Investitionen, eines Rückgangs des Wirtschaftswachstums, der Einschränkung staatlicher Handlungsspielräume sowie einer Belastung zukünftiger Generationen betrachtet und analysiert. Zugleich wird geprüft, inwieweit jede dieser Auswirkungen gegenwärtig in Deutschland vorzufinden ist. Letztendlich wird sich zeigen, dass von einer staatlichen Verschuldung nicht zwingend negative Effekte auf die Gesamtwirtschaft ausgehen müssen, allerdings können solche Wirkungen auch nicht pauschal ausgeschlossen werden. So wird es notwendig sein, sich möglichen Auswegen aus der Staatsverschuldung zuzuwenden. Nach einem kurzen Zwischenfazit wird sich der zweite Hauptteil der vorliegenden Arbeit mit diesem Sachverhalt auseinandersetzen. Ziel ist es dabei aufzuzeigen, welche Möglichkeiten prinzipiell zur Verfügung stehen, um die öffentlichen Schuldenquoten zurückzuführen. Gleichzeitig soll eine Beurteilung der jeweiligen Entschul-

Einleitung 23 dungsmethoden vor dem Hintergrund ihrer makroökonomischen Auswirkungen erfolgen. Wie können nun jedoch mögliche Auswege aus der Staatsverschuldung ausfindig gemacht werden und gleichzeitig Evaluierungen hinsichtlich ihrer gesamtwirtschaftlichen Eignung erfolgen? In diesem Zusammenhang bietet sich insbesondere eine Analyse historischer Staatsschuldenreduktionsepisoden in einigen ausgewählten Ländern an. Tatsächlich gelang es zahlreichen Nationen bereits in der Vergangenheit, ihre öffentlichen Schuldenquoten phasenweise erfolgreich zurückzuführen. Dabei erwähnen Reinhart und Sbrancia (2011), dass historische Reduktionen der öffentlichen Schuldenstandsquoten im Grunde stets auf eine bzw. eine Kombination aus mehreren der folgenden fünf Entwicklungen zurückzuführen waren: Inflation, Wirtschaftswachstum, Finanzrepression, Haushaltskonsolidierung und Zahlungsausfälle auf Inlands- und/oder Auslandsstaatsschulden. 5 Entsprechende, meist historische Fallbeispiele werden im Rahmen der vorliegenden Arbeit letztendlich so ausgewählt, dass jeder dieser von Reinhart und Sbrancia erwähnten Auswege Beachtung findet und damit ein möglichst breit gefächerter Einblick in mögliche Entschuldungsmethoden gegeben werden kann. Die im zweiten Hauptteil angestellten Ausführungen werden dabei keinen historisch abschließenden Überblick über weltweite Staatsschuldenreduktionsepisoden geben können, sondern vielmehr anhand ausgesuchter Paradebeispiele die entsprechenden Auswege aus der Staatsverschuldung skizzieren. Im Einzelnen wird hierbei zunächst auf die Entwicklungen in Deutschland während bzw. nach den beiden Weltkriegen eingegangen. Im Anschluss daran wird ein Blick auf die öffentlichen Schuldenreduktionen in den Vereinigten Staaten von Amerika und dem Vereinigten Königreich in der Zeit zwischen 1946 und Mitte der 1980er Jahre geworfen. Darauf folgend wird die argentinische Schuldenkrise zu Beginn des 21. Jahrhunderts behandelt, bevor der zweite Hauptteil im Rahmen von Kapitel fünf mit einigen Überlegungen zu den aktuellen Konsolidierungsbestrebungen der deutschen Bundesregierung vor dem Hintergrund der Schuldenbremse abgeschlossen wird. Die vorliegende Arbeit wird schließlich mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse sowie einem kurzen Zukunftsausblick beendet. 5 Vgl. Reinhart, Sbrancia (2011), S. 1f.