Fachtagung Fachkräftemangel und Anhebung der Lebensarbeitszeit medizinische und beruflich Rehabilitation im Fokus am 5. Mai 2014 in Bonn Präventionsleistungen der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) Monika Bechmann Bereich Koordination Reha-Einrichtungen und Sozialmedizin
Was ist Prävention? Präventionsleistungen der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) Welche gesetzliche Grundlage hat die GRV für Präventionsleistungen? Warum erbringt die GRV Präventionsleistungen? Welche Voraussetzungen müssen vorliegen für Präventionsleistungen durch die GRV Was sind die Vorteile von Präventionsleistungen Wie ist die Präventionsleistung der GRV aufgebaut? Wie ist das weitere Vorgehen zur Etablierung von Präventionsangeboten innerhalb der GRV? Ausblick? f 2
Was ist Prävention? Prävention bedeutet Vorbeugung und ist jede Maßnahme, die eine Beeinträchtigung der GESUNDHEIT (Krankheit, Verletzung) verhindern, verzögern kann oder weniger wahrscheinlich werden lässt Formen der Prävention Primärprävention Sekundärprävention Tertiärprävention f 3
Klassifikation von Präventionsmaßnahmen Primärprävention Sekundärprävention Tertiärprävention Zeitpunkt der Intervention Sie setzt ein, bevor eine Krankheit, Schädigung oder regelwidriges Verhalten eintritt Sie setzt ein in Frühstadien einer Erkrankung Sie setzt ein nach Manifestation einer Krankheit Ziel der Intervention Es geht um den Erhalt der Gesundheit und um Vorbeugung, Verringerung der Inzidenz von Krankheiten Es geht um Früherkennung bzw. Verhinderung der Progredienz oder Chronifizierung einer Krankheit Es geht um die Verhinderung von Folgeschäden oder Rückfällen Adressaten der Intervention Sie richtet sich an alle gesunden Menschen Sie richtet sich an Patienten, die selbst dazu beitragen möchten wieder gesund zu werden Sie richtet sich an Patienten mit chronischer Beeinträchtigung und Rehabilitationsbedarf! Durch gezielte Präventionsmaßnahmen kann jedermann die Voraussetzungen schaffen, um mehr Gesundheit, Mobilität und Lebensqualität zu erlangen f 4
Welche gesetzlichen Grundlagen hat die GRV für Präventationsleistungen? 3 SGB IX Die Reha-Träger wirken darauf hin, dass der Eintritt einer Behinderung einschließlich einer chronischen Krankheit vermieden wird 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI Als sonstige Leistungen zur Teilhabe können erbracht werden: - med. Leistungen zur Sicherung der Erwerbsfähigkeit für Versicherte, die eine besonders gesundheitsgefährdende, ihre Erwerbstätigkeit ungünstig beeinflussende Beschäftigung ausüben. Gesetzesveränderung zum 1.1.2009: Streichung des Wortes stationär aus 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI (damit Flexibilisierung von Präventionsleistungen möglich) f 5
Warum erbringt die GRV Präventionsleistungen? alternde Belegschaften zunehmender Fachkräftemangel schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters f 6
Neue Herausforderungen erfordern neue Lösungsansätze 2020 wird die zahlenmäßig größte Gruppe der Arbeitnehmer in Deutschland 58 Jahre alt sein Bereits jetzt zeigt sich in verschiedenen Regionen Deutschlands ein Mangel an ausgebildeten Fachkräften Aufgrund der schrittweisen Anhebung des Rentenzugangsalters mit entsprechenden Rentenabschlägen für Frühverrentungen ist das vorzeitige Ausscheiden aus dem Erwerbsleben für viele Arbeitnehmer keine sinnvolle Option f 7
Veränderungen in der Arbeitswelt zunehmend schnellere technologische Entwicklung zunehmende Arbeitsverdichtung höher qualifizierte Arbeit Wandel von Industriegesellschaft zur Kommunikationsgesellschaft immer mehr Jobs im Dienstleistungsgewerbe immer mehr sitzende Tätigkeiten höhere Anforderungen an die mentale und kognitive Belastbarkeit f 8
Gesundheitliche Folgen Zunahme psychischer Erkrankungen (Angststörungen, Zwangsstörungen, Depressionen) Zunahme chronischer Stoffwechselerkrankungen (Diabetes II, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörung, Adipositas) weiterhin hohe Anzahl an muskuloskeletalen Krankheiten (Rückenschmerzen unterschiedlicher Genese, Kniegelenksarthrose, Hüftgelenksarthrose) f 9
Welche Voraussetzungen für Präventionsleistungen in der gesetzlichen Rentenversicherung müssen vorliegen? Ausübung einer besonders gesundheitsgefährdenden, die Erwerbsfähigkeit ungünstig beeinflussende Beschäftigung, also z. B. auch einer Beschäftigung mit besonderen psychischen Belastungen aufgrund der Art der Tätigkeit oder eventueller weiterer negativer Kontextfaktoren Vorliegen erster gesundheitlicher Störungen allerdings noch ohne wesentlichen Krankheitswert f 10
Definition Was sind erste gesundheitliche Beeinträchtigungen? beginnende Funktionsstörungen der Bewegungsorgane beginnende Funktionsstörungen innerer Organe psychische Beeinträchtigungen Was sind Warnsignale /erste Störungen auffällige Au-Zeiten auffällige Medikation langfristige oder rezidivierende Schmerzproblematik Probleme mit Gewicht/Stoffwechsel Was sind belastende Einflussfaktoren aus dem Arbeitsumfeld? Arbeitsinhalte (Art und Umfang der Tätigkeit) z. B. starke körperl. Belastung Arbeitsumgebung (z. B. Hitze, Strahlung, Lärm) Arbeitsorganisation (z. B. Arbeitszeit, Arbeitsabläufe, Schichtarbeit) Arbeitsmittel (z. B. Bildschirmtätigkeit) Psycho-soziale Komponenten (z. B. Führungsstil, Betriebsklima) 11
Zwei verschiedene Ansätze, die von der GRV mit der Prävention verfolgt werden Regeneration Körperliche Erholung und Entspannung; traditionelle Lösung, vor allem für Versicherte mit körperlich sehr fordernden Berufen (z.b. in Bergbau und Schwerindustrie) Lebensstiländerung Vorbeugung von Zivilisationskrankheiten durch Bewegung, -> Sport ist kein Mord Gesunde ausgewogene Ernährung Erlernen von Entspannungstechniken Hauptziel der Prävention innerhalb der GRV: Die Präventionsleistung soll auf die gesundheitliche Verfassung sowie die individuelle Lebensführung der Teilnehmer einwirken und zur besseren Bewältigung der Anforderungen des Arbeits- und Berufslebens führen. Grundsatz: Prävention vor Rehabilitation 12
Weitere Ziele der Prävention innerhalb der GRV Förderung von Motivation und Aktivität bezüglich eines eingenverantwortlichen und gesundheitsbewussten Verhaltens Erwerb von Strategien zum Umgang mit körperlicher und psychischer Anspannung Förderung der Stress- und Konfliktbewältigungsfähigkeit am Arbeitsplatz Förderung von Bewegung und Körperwahrnehmung Förderung von Kompetenz und Bewältigung von Schmerzen und Befindlichkeitsstörungen f 13
Was sind die Vorteile von Präventionsleistungen? Win-Win-Situation für alle Beteiligten Vorteile für den Teilnehmer: Frühzeitige, präventiv-therapeutische Intervention Abbau gesundheitlicher Risiken Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit Nachhaltige, gesundheitsrelevante Verhaltensänderung Verbesserung der Gesundheitskompetenz Erhalt der Erwerbsfähigkeit f 14
Was sind die Vorteile von Präventionsleistungen? Win-Win-Situation für alle Beteiligten Vorteile für den Arbeitgeber: Erhalt bzw. Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter, auch gerade der älteren Arbeitnehmer Anwesenheitsverbesserung (weniger Au-Zeiten, keine längere Reha) Weiterbeschäftigung qualifizierter Mitarbeiter bei älter werdender Belegschaft bei zunehmendem Fachkräftemangel f 15
Was sind die Vorteile von Präventionsleistungen? Win-Win-Situation für alle Beteiligten Vorteile für die Solidargemeinschaft Vermeidung chronischer Krankheiten (und damit krankheitsbedingter Au-Zeiten, Behandlungskosten u. a.) Vermeidung von Teilhabeleistungen und Erwerbsminderungsrenten Vermeidung von krankheitsbedingten Verlust des Arbeitsplatzes mit allen Folgen f 16
Wie ist die Präventionsleistung in der GRV aufgebaut: Grundlage für ein einheitliches Vorgehen bildet das Rahmenkonzept zur Umsetzung der medizinischen Leistungen zur Prävention und Gesundheitsförderung nach 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI http://www.deutsche-rentenversicherung.de/allgemein/de/inhalt/3 Fachbereiche/01 sozialmedizin_forschung/downloads/konzepte_systemfragen/konzepte/rahmenkonzeptmed Leistungen_Prävention.html 17
Wie ist die Präventionsleistung in der GRV aufgebaut: Gemeinsames Rahmenkonzept beschreibt: Persönliche Voraussetzungen für Präventionsleistungen Ziele der Prävention Inhalte und Ablauf der Präventionsleistung Form der Leistungserbringung Strukturen Qualitätssicherung Zugang und Vernetzung mit anderen Strukturen f 18
Aufbau der Präventionsleistung nach Rahmenkonzept Präventionsleistungen sind grundsätzlich modularisiert und umfassen drei inhaltlich aufeinander aufbauende Phasen: (a) die Initialphase (b) die Trainingsphase (c) die Eigenaktivitätsphase (d) den Auffrischungstag Initialphase (a) und Trainingsphase (b) und Auffrischungstag (d) werden von stationären oder ambulanten Rehabilitationseinrichtungen multiprofessionell erbracht Finanzierung durch GRV Eigenaktivitätsphase (c) liegt in Eigenverantwortung der Betroffenen mit dem Ziel, das Gelernte zur Verhaltens- und Lebensstiländerung im Alltag umzusetzen. f 19
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Aufbau der Leistung Kurze stationäre oder ganztags/ambulante Initialphase 2 bis 10 Tage Mehrwöchige berufsbegleitende ambulante Trainingsphase 8 16 Wochen Mehrmonatige Eigeninitiativphase ca. 6 Monate Auffrischungstag/e 1 bis 2 Tage f 21
Wie ist das weitere Vorgehen zur Etablierung von Präventationsangeboten in der GRV? Verschiedene Präventionsprojekte wurden modellhaft erprobt und wissenschaftlich evaluiert Beispiele für regionale Präventionsprojekte innerhalb der GRV: FEE DRV Mitteldeutschland Frühintervention zum Erhalt der Erwerbsfähigkeit BETSI DRV Bund gemeinsam mit DRV Beschäftigungsfähigkeit Baden-Württemberg u. Westfalen teilehabeorientiert sichern Plan DRV Rheinland Werks- und Betriebsärzte in Gesundheit Kooperation mit der DRV Rheinland FRESH/ DRV Bund Freiburger Programm zur PEP Sicherung der Erwerbsfähigkeit in der Pflege KomPAS DRV Rheinland-Pfalz f Ist-Situation Kombinierte Präventionsleistung und individuelle Arbeit mit Schichtanteilen 22
Wie ist das weitere Vorgehen zur Etablierung von Präventationsangeboten in der GRV? Ziel Überführung Modellprojekte in die Routine Probleme bei der Überführung der Modellprojekte in die Routine Unterschiedliche Formen der Durchführung in den Regionen Gegenseitige Belegung von Angeboten nicht gewährleistet bei unterschiedlichen Zuständigkeiten der RV-Träger Unterschiedliche Kosten / unterschiedliche Strukturen ABER Gemeinsame Kooperationspartner (Arbeitgeber, Reha-Zentren) Versicherte, unterschiedlicher Kostenträger die in einer Gruppe gemeinsam die Leistung in Anspruch nehmen wollen und sollen f 23
Wie ist das weitere Vorgehen zur Etablierung von Präventationsangeboten in der GRV? Lösung der Probleme möglich durch: Schaffung des gemeinsamen Rahmenkonzepts für die GRV Schaffung eines Leitfadens Prävention innerhalb der GRV Vereinheitlichte Antragsformulare www.deutsche-rentenversicherung.de/bund/de/navigation/5_services/04_ formular_antraege/01_versicherte/reha_bd_node.htm (G 180, G 185, G 190, G 195) Vereinheitlichte Bescheidtexte Abgestimmte Zusammenarbeit der Rentenversicherungsträger mit geeigneten Reha-Einrichtungen in den Regionalverbünden der DRV f 24
Ausblick für den Bereich der GRV Beschluss zum einheitlichen Vorgehen im Regionalverbund Ost zur Etablierung von Präventionsangeboten Beteiligte Rentenversicherungsträger (DRV Bund, DRV Berlin-Brandenburg, DRV Mitteldeutschland, DRV Bahn-Knappschaft-See) Anforderung von Präventionskonzepten durch DRV MD von Reha- Einrichtungen an geeigneten Standorten (Ballungszentren) Konzepte müssen auf der Grundlage des Rahmenkonzepts erstellt werden Prüfung der Konzepte durch die RV-Träger nach einheitlichen Kriterien Gemeinsame Zulassung bzw. Anerkennung der Konzepte mit dem Ziel, der trägerübergreifenden Inanspruchnahme Festlegung einer möglichst einheitlichen Kostenstruktur Akquise von Präventionsangeboten vorzugsweise durch Reha-Einrichtungen in Zusammenarbeit mit Arbeitgebern insbesondere von Klein- und Mittelständigen Unternehmen Optimaler vereinheitlichter Verfahrensablauf erforderlich: f 25
Fazit Prävention und neue Ansätze in der med. Rehabilitation (z. B. MBOR, Nachsorge) können die Erwerbsfähigkeit individuell stabilisieren oder wiederherstellen Weiterbildungsmaßnahmen oder Hilfen im Arbeitsleben können die Erwerbsfähigkeit trotz gesundheitlicher Handicaps ermöglichen (Inklusion) Information über mögliche Leistungen und individuelle Beratung im Einzelfall hilft den Betrieben Arbeitsplätze zu sichern und wertvolle Arbeitskräfte zu halten. Vernetzung und Kooperation von Leistungsträgern (z. B. Rentenversicherer, Krankenkassen, Integrationsämter), Sozialpartnern und Betrieben schafft regionale Kompetenzzentren für Beschäftigung. f 26 26
Fazit Prävention und/oder med. Rehabilitation mit ihren berufsbezogenen Interventionen(z. B. MBOR, Nachsorge) können die Erwerbsfähigkeit individuell stabilisieren Prävention hat Vorrang vor Rehabilitation Rehabilitation vermag Erwerbsfähigkeit zu erhalten und Frühverrentung entgegenzuwirken Weiterbildungsmaßnahmen oder Hilfen im Arbeitsleben aber auch weitere Prävention kann die Erwerbsfähigkeit auch bei gesundheitlichen Handicaps ermöglichen (Inklusion) Informationen über mögliche Leistungen und individuelle Beratung im Einzelfall helfen den Betrieben Arbeitsplätze zu sichern und wertvolle Arbeitskräfte zu halten. Vernetzung und Kooperation von Leistungsträgern untereinander mit Sozialpartnern und Betrieben schafft regionale Kompetenz für Beschäftigung f 27
Mit Prävention und Rehabilitation langfristig fit für den Job! Rente mit 67! 28
Danke für Ihre Aufmerksamkeit! monika.bechmann@drv-md.de 29