Rechtliche Grundlage nachgehender Vorsorge: Gestern, Heute, Morgen

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Transkript:

Rechtliche Grundlage nachgehender Vorsorge: Gestern, Heute, Morgen Johannes Tichi Gegenstand der rechtlichen Bestimmungen zur nachgehenden Vorsorge Betrachtet man die Entwicklung der rechtlichen Grundlage der nachgehenden Vorsorge in Deutschland, so geht es um folgende Fragen: Wer ist verpflichtet, arbeitsmedizinische Untersuchungen nach Ausscheiden des Arbeitnehmers aus bestimmten gefährlichen beruflichen Expositionen, sogenannte nachgehende Untersuchungen, zu veranlassen und zu organisieren? Ist die nachgehende Vorsorge für alle betroffenen Arbeitnehmer dauerhaft sichergestellt? Sind medizinische Standards bei nachgehenden Untersuchungen vorgeschrieben? Welche Dokumentationspflichten bestehen für Arbeitgeber und Arzt? Ist die Nutzung von Daten aus nachgehenden Untersuchungen für die medizinische Forschung möglich? Die rechtliche Situation soll nun schwerpunktmäßig am Beispiel der asbestexponierten Arbeitnehmer aufgezeigt werden. Zeitabschnitte der Entwicklung der Rechtsgrundlagen Man kann die Entwicklung der Rechtsgrundlagen der nachgehenden Vorsorge der letzten 50 Jahre in zwei Abschnitte einteilen: Der erste Abschnitt umfasst die Zeit ab dem Unfallversicherungsneuregelungsgesetz 1963 bis 2004. Dazu gehört der Aufschwung der Arbeitsmedizin zu Beginn der 70er Jahre mit zahlreichen Neuregelungen zur arbeitsmedizinischen Vorsorge. In diese Zeit fällt bekanntermaßen die Gründung der zentralen Erfassungsstelle asbeststaubgefährdeter Arbeitnehmer (ZAs) im Jahr 1972. Auch die 80er Jahre mit der ersten detaillierten Regelung der nachgehenden Vorsorge in berufsgenossenschaftlichen Unfallverhütungsvorschriften (UVV) rechne ich zu diesem Abschnitt. Hier ist zu erwähnen, dass 1987 mit der Einrichtung des berufsgenossenschaftlichen Organisationsdienstes für nachgehende Untersuchungen ODIN die nachgehende Vorsorge auch für Versicherte, die anderen krebserzeugenden Stoffen als Asbest ausgesetzt waren, sichergestellt wurde. Einen zweiten Abschnitt der rechtlichen Entwicklung kann man zeitlich ab 2005 mit der Änderung der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) und der damit eingeleiteten staatlich geregelten nachgehenden Vorsorge sehen. Dieser Abschnitt entspricht der heutigen Rechtslage. Zu beachten ist bei der Betrachtung der Rechtsgrundlagen der Dualismus des Arbeitsschutzrechts in Deutschland. Einerseits gibt es staatliche Arbeitsschutzvorschriften, andererseits findet das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung einschließlich der Unfallverhütungsvorschriften Anwendung. 1

ILO-Übereinkunft und staatliches Recht bis 2004 Von großer Bedeutung für den Gedanken der nachgehenden Vorsorge, gerade auch für Asbestexponierte, war das internationale Übereinkommen Nr. 139 Verhütung und Bekämpfung des Berufskrebses der Internationalen Arbeitsorganisation ILO von 1974, das in Deutschland durch Gesetz vom 13.5.1976 ratifiziert wurde und damit in das deutsche Recht einging. Dieses Berufskrebs-Übereinkommen verlangt die Einführung eines geeigneten Aufzeichnungssystems zum Schutz der Arbeitnehmer gegen die Gefahren einer Exposition gegenüber krebserzeugenden Stoffen, dass sich Arbeitnehmer während und nach ihrer Beschäftigung ärztlichen Untersuchungen unterziehen können, um ihren Gesundheitszustand in Bezug auf die Berufsgefahren zu überwachen, die Stellen/Personen zu bezeichnen, denen die Pflicht zur Einhaltung der Bestimmungen obliegt, und geeignete Aufsichtsdienste mit der Überwachung zu beauftragen. Das Arbeitssicherheitsgesetz von 1973 regelte die betriebsärztliche Betreuung allgemein und legte keinen spezifischen Fokus auf die nachgehende Vorsorge bei krebserzeugenden Gefahrstoffen. Die insoweit einschlägigere Verordnung über gefährliche Arbeitsstoffe später Gefahrstoffverordnung - regelte in der Fassung von 1980 arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen bei krebserzeugenden Stoffen. Nachgehende Untersuchungen wurden in der Verordnung nicht ausdrücklich genannt. Enthalten war allerdings ein Verweis auf Unfallverhütungsvorschriften. Man kann daher sagen, dass in den seinerzeitigen staatlichen Vorschriften das Berufskrebsübereinkommen nur teilweise umgesetzt war. Berufsgenossenschaftliche Regelungen bis 2004 Detaillierte Regelungen zur nachgehenden Vorsorge entstanden in den 70er Jahren in der gesetzlichen Unfallversicherung. Die mit dem Unfallversicherungsneuregelungsgesetz von 1963 eingefügte Vorschrift des 708 Abs. 1 Nr. 3 der Reichsversicherungsordnung verpflichtete die Berufsgenossenschaften Vorschriften über ärztliche Untersuchungen zu erlassen. In Erfüllung dieses Auftrages haben die Berufsgenossenschaften die sogenannten Grundsätze für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen aufgestellt. Enthalten waren auch Hinweise für die Durchführung von nachgehenden Untersuchungen. Die Grundsätze wurden vom damaligen Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften erstmals im Januar 1971 herausgegeben. Sie stellten und stellen jedoch keine Rechtsnormen dar. Am 1.4.1972 trat die Vereinbarung über die ZAs in Kraft, die ihrerseits Regelungen für die gewerbliche Unfallversicherung für die nachgehende Vorsorge bei Asbestex- 2

position etablierte; allerdings auf freiwilliger Basis zwischen den Unfallversicherungsträgern. Die Vereinbarung sah eine Meldepflicht der Träger, die Organisation der nachgehenden Untersuchungen, eine Dokumentation und Zusammenführung der Daten und die Zusammenarbeit mit der Ärzteschaft vor. Letzteres auch um neue technische und medizinische Erkenntnisse zu gewinnen. Zum 1.4.1973 wurde die Unfallverhütungsvorschrift VBG 119 Schutz gegen gesundheitsgefährlichen mineralischen Staub erlassen, eine erste spezifische UVV zu dieser Thematik. Nachgehende Untersuchungen wurden darin noch nicht genannt. Es wurde jedoch auf die berufsgenossenschaftlichen Grundsätze der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen verwiesen, die wie gesagt Hinweise dazu enthielten. Die gesetzliche Unfallversicherung nutzte in der Folgezeit die Gestaltungsspielräume, die das staatliche Recht ließ, um die Unfallverhütungsvorschriften zur arbeitsmedizinischen Vorsorge fortzuentwickeln. So löste die VBG 100 Arbeitsmedizinische Vorsorge vom 1.10.1984 die Vorschriften aus der VBG 119 ab. Zum 1.1.1997 trat an die Stelle der VBG 100 mit geringen Änderungen die BGV A4. In drei Paragraphen enthält diese Unfallverhütungsvorschrift besondere Bestimmungen für krebserzeugende Arbeitsstoffe : Der Unternehmer hatte bis spätestens 30. Juni des folgenden Jahres über jeden Versicherten, der bei seiner Tätigkeit krebserzeugenden Arbeitsstoffen ausgesetzt ist, Mitteilung über die Einwirkung sowie über Durchführung der arbeitsmedizinischen Vorsorge an die Berufsgenossenschaft zu machen. Der Unternehmer hatte den ermächtigten Arzt zu verpflichten, eine Dokumentation in Form einer Gesundheitsakte über den zu überwachenden Versicherten zu führen bis der Versicherte 75 Jahre alt ist. Die Gesundheitsakte war an die Berufsgenossenschaft zu übergeben, wenn der ermächtigte Arzt sie nicht selbst aufbewahren konnte. Für die Untersuchungen und damit für die Ärzte waren als Standard die einschlägigen Berufsgenossenschaftlichen Grundsätze für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen anzuwenden. Nachgehende Untersuchungen waren in der UVV vorgeschrieben, wenn Versicherte der Einwirkung krebserzeugender Arbeitsstoffe ausgesetzt waren und deswegen nachuntersucht worden sind. Der Unternehmer hatte die nachgehenden Untersuchungen bei bestehendem Arbeitsverhältnis zu veranlassen, nach dem Ausscheiden war die Berufsgenossenschaft dafür zuständig. Das war die Rechtslage Gestern. 3

Rechtslage seit Neufassung der Gefahrstoffverordnung 2005 Mit der Neufassung der Gefahrstoffverordnung zum 1.1.2005 beginnt ein neuer Abschnitt, eine neue rechtliche Situation, wie sie sich auch heute noch für die nachgehende Vorsorge darstellt, nämlich die Regelung durch staatliche Verordnungen. Die Neufassung der Gefahrstoffverordnung zum 1.1.2005 erfolgte unter Anpassung an europäisches Recht. Die speziellen arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen sind danach vom Arbeitgeber zu veranlassen oder anzubieten. Sie haben bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden oder erbgutverändernden Stoffen auch nach Beendigung der Beschäftigung zu erfolgen. Diese nachgehenden Untersuchungen sind vom Arbeitgeber anzubieten und zählen zu den sogenannten Angebotsuntersuchungen. Die Veranlassung von nachgehenden Untersuchungen durch die Unfallversicherungsträger und die Übergabe von Daten zu den Vorsorgeuntersuchungen an die Unfallversicherungsträger waren in der GefStoffV nicht vorgesehen. Angesichts dessen hatte die gesetzliche Unfallversicherung angeregt, in den Unfallverhütungsvorschriften eine Anpassung an die GefStoffV vorzunehmen. Bei den nachgehenden Untersuchungen sollte dem Unternehmer die Möglichkeit geboten werden, seine Verpflichtungen zu Angebotsuntersuchungen auf die Berufsgenossenschaft zu übertragen. Der Überarbeitungsentwurf kam beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales nicht zum Zug, da der Gesetzgeber sich für den Erlass der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) vom 24.12.2008 entschied. Die einschlägigen Regelungen aus der GefStoffV wurden dabei herausgelöst und in die ArbMedVV übernommen. Unter der Überschrift Angebotsuntersuchungen regelt 5 Abs. 3 der ArbMedVV, dass der Arbeitgeber nach Maßgabe des Anhangs bei krebserzeugenden Stoffen nachgehende Untersuchungen anzubieten hat. Nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses kann der Arbeitgeber diese Verpflichtung allerdings nur mit Einwilligung der betroffenen Person auf den Unfallversicherungsträger übertragen. Voraussetzung ist, dass er dem Unfallversicherungsträger die erforderlichen Unterlagen in Kopie überlässt. Im Übrigen sieht die ArbMedVV vor, dass ein beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales gebildeter Ausschuss für Arbeitsmedizin die Aufgabe übernimmt, arbeitsmedizinische Regeln zur ArbMedVV zu ermitteln. Das ist zwischenzeitlich geschehen. Interessant ist für die nachgehende Vorsorge die Regel zu den Fristen für die Aufbewahrung ärztlicher Unterlagen. Danach sind die Unterlagen mindestens 40 Jahre nach der letzten Untersuchung aufzubewahren, soweit sie Tätigkeiten mit krebserzeugenden oder erbgutverändernden Stoffen betreffen. Eine weitere Regel legt die inhaltlichen Anforderungen an das Angebot von arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen fest. Eine Regel zu Fristen für die Angebotsuntersuchungen steht allerdings noch aus. 4

Welche Auswirkungen hatten die Neufassung der Gefahrstoffverordnung 2005 und die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge auf die Vorschriften der gesetzlichen Unfallversicherung? Die Unfallverhütungsvorschrift über die arbeitsmedizinische Vorsorge, BGV A4, wird nun durch die vorrangigen staatlichen Verordnungen, soweit sie die gleichen Regelungsbereiche betreffen, verdrängt. Anwendbar bleiben die DGUV-Grundsätze für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen. Sie werden vom Ausschuss Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) weiter entwickelt. Diese Empfehlungen, die seit 1971 fortlaufend aktualisiert wurden, stellen allgemein anerkannte Regeln der Arbeitsmedizin dar. Bei Einhaltung der Empfehlungen kann der untersuchende Arzt sicher sein, nach dem aktuellen Stand der Arbeitsmedizin zu handeln. Offene Fragen und möglicher Regelungsbedarf Es bleibt die Frage, ob und gegebenenfalls welche Lücken oder welchen Ergänzungsbedarf die aktuelle Rechtslage zur nachgehenden Vorsorge hat. Für die Sicherstellung der nachgehenden Vorsorge der betroffenen Beschäftigten ist nach den staatlichen Verordnungen der Arbeitgeber zuständig. Mit Einwilligung des Betroffenen ist eine Übertragung auf den zuständigen Unfallversicherungsträger möglich. - Bei gefährdenden Beschäftigungen in mehreren Unternehmen, bei Schließung des Unternehmens oder bei unzureichender Erfüllung der Angebotspflicht durch den Unternehmer bleiben jedoch erhebliche Risiken und Unsicherheit für den betroffenen Arbeitnehmer. Zentrale Erfassungseinrichtungen der gesetzlichen Unfallversicherung wie die Gesundheitsvorsorge - GVS (früher ZAs) oder ODIN haben in der Vergangenheit über lange Zeitstrecken die nachgehende Vorsorge für Versicherte koordiniert und sichergestellt. Mangels Pflicht zur Meldung an die gesetzliche Unfallversicherung erscheint nun die Sicherung der nachgehenden Vorsorge eingeschränkt und eine Ergänzung auch im staatlichen Regelungswerk diskussionswürdig. Die gesetzlichen Unfallversicherungsträger, die nach 3 Berufskrankheitenverordnung verpflichtet sind, mit allen geeigneten Mitteln der Gefahr des Entstehens, Wiederauflebens oder der Verschlimmerung einer Berufskrankheit entgegenzuwirken, sehen in der Frage der Sicherstellung der nachgehenden Vorsorge noch Regelungsbedarf. Aktuell wird geprüft, wie im Zusammenhang mit der Überarbeitung der Unfallverhütungsvorschrift DGUV Vorschrift 1 Grundsätze der Prävention Regelungen über die arbeitsmedizinische Vorsorge eingefügt werden können, mit dem Ziel, den Unternehmer zu einer Information des zuständigen Unfallversicherungsträgers zu verpflichten. Damit könnte für die betroffenen Beschäftigten auch in Zukunft eine koordinierte, nicht von Zufälligkeiten abhängige nachgehende Vorsorge gewährleistet werden. Der Versicherte würde sicher gehen, wenn morgen medizinische Fortschritte bei Früherkennung und Heilung von berufsbedingten Krebserkrankungen eintreten, davon auch zu profitieren. Umgekehrt sind die zentrale Erfassung und Koordinierung derart gefährdeter Beschäftigtengruppen auch künftig eine Chance für die medizinische Wissenschaft, geeignete Forschungsprojekte aufzusetzen und medizinische Erfolge zu erzielen. 5