Rechnungswesen und Wirtschaftskriminalität Deliktische Handlungen, Folgen, Prävention

Ähnliche Dokumente
WIRTSCHAFTSKRIMINALITÄT: AUS SICHT DER STRAFVER- FOLGUNGSBEHÖRDEN

Universität Basel WWZ HS 14. V9. Berichterstattung über die Prüfung

Konversatorium Strafrecht IV Vermögensdelikte

Grundzüge des Rechnungswesens

Wirtschafts- und Europastrafrecht

Die Verantwortlichkeit von VR und GL im Lichte des neuen Revisionsrechts insbesondere mit Bezug auf IKS und Risikobeurteilung

Willkommen in der Anfängerübung zur Falllösung aus Strafrecht. Susanne Reindl-Krauskopf Wien,

B hat dem A seine Arbeitskraft (= Vermögensbestandteil) zur Verfügung gestellt, damit erfolgte Ausgliederung aus seinem Vermögen.

Strafrechtliche Informationen für Versicherungsmakler. Mag. Anna Rudel

Verein Toolpoint for Lab Science, Egg. Bericht der Revisionsstelle für

VO STRAFRECHT Besonderer Teil

Swiss GAAP FER: Umsetzung und Mehrwert für das Kantonsspital Aarau

Täuschung Irrtum Verfügung

Datenschutz / Bankgeheimnis versus Abklärungspflichten im Zusammenhang mit der Geldwäscherei

Grundlagen Finanzbuchhaltung (Fondements de la comptabilité) Strukturen (structures)

Universität Heidelberg Besprechungsfall 5 Sommersemester 2014

Parteimitteilung gemäss Art. 318 Abs. 1 StPO an die Privatklägerschaften

eny Finance Holding AG, Zürich

Unter Mitwirkung von: Christian Bitterli, Yvonne Dietiker, Domenico Ferrari, Josa Keller, Linard Nadig, Daniel Zöbeli

Thema: Lehre vom persönlichen Schadenseinschlag

Bericht der Revisionsstelle zur eingeschränkten Revision an den Stiftungsrat

Aktuelle Kriminalpolitik

Angebot und Verkauf der Kunstlederschuhe

AKTUELLE RECHTSFRAGEN FÜR DIE KMU REVISIONSSTELLE 2018 WEITERBILDUNG INTENSIV REVISIONSRECHT SCHWEIZ

Organ-Verantwortlichkeiten

Teil 1: Neues Obligationenrecht. Version 2.1, 22. Oktober 2007 Sven Linder, lic. oec. HSG, dipl. Wirtschaftsprüfer Stephan Illi, lic. oec.

Konversatorium Strafrecht IV Vermögensdelikte

Seminar für Mitglieder von Rechnungsprüfungskommissionen Kanton Schwyz

Vorbereitungskurs Bilanzbuchhalterprüfung Schärding

Anhang. IKS bei gemeinnützigen Stiftungen

STRAFRECHTSVERSTOSS IM UNTERNEHMEN WAS NUN?

Fremdkapital. Eigenkapital. Interne Schlussbilanz. Umlaufvermögen. Anlagevermögen

Zürcher Grundrisse des Strafrechts. Jörg Rehberg und Nikiaus Schmid Professoren an der Universität Zürich. Strafrecht III. Delikte gegen den Einzelnen

Wiederholungs- und Vertiefungskurs Strafrecht II (BT)

Kriminalität in der öffentlichen Verwaltung 16. Juni 2011

Wiederholungs- und Vertiefungskurs Strafrecht II (BT) I

Herzlich willkommen. Hunziker Leutenegger Treuhand AG Frauenfeld / Landschlacht. 11. November 2008

Deliktische Handlungen (Fraud) und deren Prävention FRAUD-PRÄVENTION. Aktuelle Betrugsfälle. Bedeutung. Definition und Klassifizierung

Externe Schlussbilanz. Interne Schlussbilanz. Flüssige Mittel. Fremdkapital. Flüssige Mittel. Fremdkapital. Forderungen.

RECHTSFRAGEN UND SCHADENFÄLLE (WIRTSCHAFTSPRÜFUNG UND TREUHAND)

Compliance. GSK. Der Unterschied.

Wahl der Revisionsstelle

Vermögensdelikte Übersicht, Teil 1

Seniorweb AG Zürich. Bericht der Revisionsstelle an die Generalversammlung der

Öffentliche Übernahmen: Pflichten des Verwaltungsrates. Unternehmerfrühstück 28. August 2009

Schweizerisches Strafrecht

Verantwortlichkeit in der Arbeitssicherheit

Tourismus Forum Luzern. Luzern. Bericht der Revisionsstelle an die Vereinsversammlung zur Jahresrechnung 2016

Strafrecht IV. Betrug, 3. Teil. Prof. Dr. D. Klesczewski

swisso-kalmo c/o Bashir Gobdon Auzelgstr Zürich

So managen Sie Ihr Unternehmen effektiver.

261 Geldwäsche, Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte

Bericht der Revisionsstelle an den Stiftungsrat

Bericht der Revisionsstelle an den Stiftungsrat

Inhaltsverzeichnis XIII

Swiss GAAP FER 21 Rechnungslegung für gemeinnützige Nonprofit-Organisationen. Dr. Daniel Suter, Partner

WIRTSCHAFTS KRIMINALITÄT & KORRUPTION

Eigeninitiative im gesetzgeberischen Würgegriff!?

Lohnausfallversicherung Verom Assurance perte de gain Verom Assicurazione perdita di guadagno Verom

HBB Holding AG Walzenhausen

Rundschreiben 2008/27 Organisation Versicherungskonzerne

orell füssli Jahresabschluss und Finanzen von Stifungen Daniel Zöbeli/Luzius Neubert

GRUNDLAGEN DER DOPPELTEN BUCHHALTUNG

4. Doppelte Buchhaltung

Verein zur Unterstützung Les enfants Dar Bouidar Zürich. Bericht der Revisionsstelle an die Mitgliederversammlung zur Jahresrechnung 2012/2013

Lineare Abschreibung: Abschreibungssatz = 20% des Anschaffungswertes Jahr Buchwert Anfang Jahr Abschreibungsbetrag Buchwert Ende Jahr

Internes Kontrollsystem und Risikobeurteilung in der IT

3. die Genehmigung des Reglements betreffend die Grundsätze und Bandbreiten zur Festlegung der Entschädigung des Verwaltungsrats

Working Capital Management in KMU. KMU-Forum 5. März 2018 Stefan Schober

Risiko aus Sicht des Treuhänders. Hans-Jörg Kramer Dipl. Experte in Rechnungslegung und Controlling Zugelassener Revisionsexperte

ÜL-C Ausbildung. Prävention sexualisierter Gewalt im Sport

Organisation des Rechnungs- wesens in der Doppik

Musterlösung Wirtschaftsstrafrecht Aufgabe 1 (FS 2015, 16. Juni 2015)

Aktenaufbewahrung/Archivierung

Inhalt. IFRS 2: Anteilsbasierte Vergütungen

Wirtschafts- und Europastrafrecht

International Tax Highlights for German Subsidiaries. Umsatzsteuer mit IT. 21. November 2013

Betrug / Unrechtmässiger Sozialhilfebezug

Wie sehr hat das Strafrecht die Welt der Unternehmen und Entscheider erreicht?

Master-Modul FS 2011 Lösungsskizze Wirtschaftsstrafrecht FS 2011 Punkteschema/Musterlösung materielles Recht

68: Mittelbare Falschbeurkundung ( 271)

Vorschlag Standardprüfprogramm für eine freie Revision (Laienrevision) Seite 1. Verein:

A N T W O R T. zu der. Anfrage der Abgeordneten Jasmin Maurer (PIRATEN)

Bei unserer Revision sind wir nicht auf Sachverhalte gestossen, aus denen wir schliessen müssten, dass die Jahresrechnung

Merkblatt. Fraud-Prävention. Deliktische Handlungen (Fraud) und deren Prävention FRAUD-PRÄVENTION AKTUELLE BETRUGSFÄLLE BEDEUTUNG

Abkürzungsverzeichnis... XV. Literaturverzeichnis... XXVII. Materialienverzeichnis... XLIX

Berndt Logistics Support. Frachtenprüfung. Inhalte der Frachtenprüfung. Robert Berndt

CYBER KRIMINALITÄT. und der Umgang als Wirtschaftsprüfer und Berater

Tourismus Forum Luzern Luzern. Bericht der Revisionsstelle an die Vereinsversammlung zur Jahresrechnung 2015

Richtlinie zur Korruptionsprävention und -bekämpfung

Finanzen I Finanzielles Rechnungswesen

Audit Committee- Reglement. Gültig ab: 1. Juni 2017

als Steuerungsinstrument Björn Schneider Berlin, 29. November 2016

Mobile Sachanlagen Wertberichtigung mobile Sachanlagen Anlagevermögen

Finanz- und Rechnungswesen Serie 1

= suisse. Bericht der Revisionsstelle zur eingeschränkten Revision

Transkript:

Präsentation des Anlasses: Rechnungswesen und Wirtschaftskriminalität Deliktische Handlungen, Folgen, Prävention 25. März 2008 Referentin: Susanne Grau Schär, lic.jur. PDO Visura www.120minutenfinanzen.info T. +41 (44) 422 55 55

Referentin Susanne Grau Schär lic.iur., Expertin in Rechnungslegung und Controlling, CFE Vizedirektorin BDO Visura Fabrikstrasse 50 8031 Zürich +41 44 444 36 63 susanne.grau@bdo.ch 1

AUFTEILUNG DER 120 MINUTEN Inhalt Wirtschaftskriminalität Täter Ermittlung Rechtsfolgen Red Flags im Rechnungswesen Fallbeispiele Prävention 2

WIRTSCHAFTSKRIMINALITÄT Definition Verschiedene Definitionsansätze Zweckmässig oder unzweckmässig Deliktische Verhaltensweisen, d.h. vom Strafrecht erfasst (zeitlich, örtlich) Abwicklung kaufmännisch-wirtschaftlicher Aktivitäten 3

WIRTSCHAFTSKRIMINALITÄT Merkmale Gewaltfreiheit Vertrauensmissbrauch Ausnutzen von Fachwissen Diffuse Opfereigenschaft Normenverstoss Hoher materieller und/oder immaterieller Schaden 4

TÄTER Das Tatdreieck Rechtfertigung Gelegenheit Motiv 5

TÄTER Das Täterverhalten naiv organisiert sorglos 6

ERMITTLUNG Ausgangslage Verdacht oder gesichertes Wissen Erste interne Untersuchungsergebnisse Entscheid Strafanzeige vs. private Ermittlung Arbeitsrechtliche Entscheide 7

ERMITTLUNG Merke Zugang zu Büros, Akten und PC verweigern PC nicht starten Stillschweigen bewahren 8

ERMITTLUNG Private Ermittlung Sachverhaltsabklärung Ermittlung des Schadens Tracing the money Rechtsfolgen Konkrete Massnahmen Prävention 9

RECHTSFOLGEN Betroffene Rechtsgebiete Arbeitsrecht Personenrecht Datenschutzgesetz BÜPF Vertragsrecht Gesellschaftsrecht Steuerrecht AHVG SchKG Spezialgesetze (GwG, UwG) Strafrecht Nebenstrafrecht 10

STRAFRECHTLICHES Veruntreuung Art. 138 StGB Jedermann, dem anvertraut wird Anvertraute Sachen oder Vermögenswerte Aneignung bzw. unrechtmässige Verwendung Bereicherungs- bzw. Nutzenziehungsabsicht (selber oder Dritte) Täter führt die Vermögensschädigung herbei 11

STRAFRECHTLICHES Ungetreue Geschäftsbesorgung Art. 158 StGB Mit der Vermögensverwaltung betraute Personen (Gesetz, behördlicher Auftrag oder Rechtsgeschäft) Pflichtverletzung Veranlassung oder Zulassung der Vermögensschädigung eines anderen Täter führt die Vermögensschädigung herbei 12

STRAFRECHTLICHES Betrug Art. 146 StGB Arglistige Täuschung Irrtum beim Getäuschten Getäuschter handelt vermögensschädigend Vermögensschaden Bereicherungsabsicht (selber oder einen Dritten) Opfer führt die Vermögensschädigung herbei 13

STRAFRECHTLICHES Urkundenfälschung Art. 251 StGB Urkunde (bspw. Jahresrechnung) Im engeren Sinn: Verwendung der Unterschrift eines andern = unechte Urkunde Falschbeurkundung (i.w.s.) = echte Urkunde (Unterschrift), deren Inhalt unwahr ist Absicht, jemanden am Vermögen oder an anderen Rechten zu schädigen oder sich oder einem anderen einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen es braucht keinen Vermögensschaden 14

RED FLAGS Gefährdung für KMU Mitarbeiter Management Unternehmen Geschäftsfälle Buchführung und Berichterstattung 15

RED FLAGS Red Flags (1) Mitarbeiter Überzeit Kein Ferienbezug unentbehrlich scheint über die Verhältnisse zu leben Persönliche Probleme Spielsucht Know your employee 16

RISIKOFAKTOREN Red Flags (2) Management Vergütungen Hohe persönliche Schulden oder hoher Finanzbedarf Fragwürdiger oder krimineller Hintergrund Druck zur Präsentation erfolgreicher Zahlen (Budgetvorgaben, Bonusprogramm) = unrealistisch aggressive Anreizprogramme Kontrollaversion Management Audit (Interne Revision) 17

RISIKOFAKTOREN Red Flags (3) Unternehmen Übermässig komplexe Organisationsstrukturen Häufiger Wechsel der Revisionsstelle Hochrisikoindustrie, -länder Häufiger Wechsel in der Geschäftsleitung oder bei den Direktoren 18

RED FLAGS Red Flags (4) Geschäftsfälle Beratungsdienstleistungen Darlehenskonten und/oder Kontokorrentkonten von Aktionären, geschäftsführenden Personen und anderen Nahestehenden Unüblich hohe Anzahl von Rechnungen eines bestimmten Lieferanten Viele Kleinauslagen 19

RED FLAGS Red Flags (5) Buchführung und Berichterstattung Komplexe Buchungsabläufe Kontrollkonti unübliche oder unerklärliche Buchungen Ausbuchungen Lückenhafte oder fehlende Dokumentation oder Autorisierung von Buchungen Auswertungen und/oder Buchungsbelege bei Nachfrage nicht innert nützlicher Frist verfügbar 20

RED FLAGS Red Flags (6) Buchführung und Berichterstattung Ungenügende Kapitalbasis Unerklärte Änderungen in der Bilanz Viele verschiedene Bankkonten Kosten steigen rascher als die Erträge Hohe Barbezüge Fehlender Cash Flow trotz Gewinnausweis Viele Positionen der JR mit grossem Anteil an Schätzungen Wesentliche Transaktionen mit nahe stehenden Parteien (nichtbetrieblich) 21

RISIKOFAKTOREN Red Flags (7) Buchführung und Berichterstattung Wesentliche, ungewöhnliche Transaktionen um das Abschlussdatum Wesentliche Bankbeziehungen, Niederlassungen etc off-shore Viel bessere Performance als die Mitbewerber Drohender Konkurs, Zwangsverwertung, Übernahme Nachteilige Konsequenzen eines schlechten Geschäftsgangs auf schwebende Geschäfte / Offerten 22

FALLBEISPIELE Fallbeispiel (1) fiktive Debitoren Filiale eines CH MU aus der Baubranche SV: Hoher Bestand an überfälligen Debitoren und ein nicht schlüssig erklärter Liquiditätsabfluss Besonderheit: manipulierte OP-Liste Täter: Filial-Buchhalter, (Filialleiter) Falschausweis: 3-stelliger TCHF-Betrag 23

FALLBEISPIELE Fazit Debitoren OP-Liste nachrechnen Saldobestätigungen einholen Werthaltigkeit Abstimmung Debitorenbuchhaltung / Hauptbuch Ausbuchungen 24

FALLBEISPIELE Fallbeispiel (2) aus Geschäftskasse bezahlte Privatauslagen CH KMU aus der IT-Branche Aktionäre sind gleichzeitig operativ tätig SV: Unrechtmässige Bezüge eines Aktionärs (Kassa, Spesen) Besonderheit: relativ hoher Kassaumsatz, Auslagen für private Zwecken offen in den Kassabelegen sichtbar (keine Verschleierung), fehlende Kontrollen Täter: der für die Administration zuständige Aktionär Materieller Schaden gering, immaterieller Schaden von den übrigen Aktionären als hoch empfunden 25

FALLBEISPIELE Fazit Geschäftskasse Höhere jährliche Kassaumsätze sollten näher geprüft werden (VR, Revisionsstelle) Im einzelnen meist geringe Beträge Fallen unter die von der Revisionsstelle festgelegten Wesentlichkeitsgrenze 26

FALLBEISPIELE Fallbeispiel (3) Kontokorrente/IKS Öffentliche Hand SV 1: Austausch von Einzahlungsscheinen nach Erteilung der Zweitunterschrift, komplexe Verbuchung über Kontokorrentkonti, hohe Akontozahlungen am 31.12. mit Belastung am 1.1. zur Vertuschung SV 2: Kreditaufnahme von 1 Mio. bei Bank ohne Ausweis in der JR Täter: Buchhalter 27

FALLBEISPIELE Fazit Kontokorrente Hohe Transaktionen über das Jahresende sehr gut beachten Bestätigung der Geschäftbeziehungen mit Banken regelmässig einholen (nach Risikobeurteilung) Saldobestätigungen von Kontokorrent-Partnern einholen Abgleich Zinsaufwand-Schulden Einholen von Drittunterlagen für Belastungsprüfung von PC-Konti bei Easy -Zahlungssystem 28

PRÄVENTION Prävention Sensibilisierung Konsequente Umsetzung und evtl. Erweiterung des IKS in besonders anfälligen und heiklen Geschäftsbereichen Fraud-Management 29