2. Bedeutsamkeit der Sozialkompetenz für die Grundschule

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1. Einstieg Oft erscheint für Kinder ein Streit oder ein Konflikt unlösbar. Der Einsatz von körperlichen Handlungen ist leider viel zu schnell die scheinbar einzige Lösung. Die beiden Hunde sind das klassische Beispiel. Wenn sie sich um ihre Knochen streiten, kann keiner von beiden fressen. Einigen sie sich jedoch, können beide Tiere satt werden. Mittlerweile ist sogar die Grundschule ein Ort von verbaler und körperlicher Gewalt in vielfältigen Formen geworden. Wenn auch das Ausmaß im Vergleich zu anderen Schularten geringer ist, so stellt sie ein gravierendes Problem dar. (vgl. Gugel, 2007, S.4) Doch wenn man Gewalt stoppen möchte, müsste man auch Konflikte versuchen zu verhindern, die wiederum wichtig für die Streitkultur sind. Seit September 2010 arbeite ich als Lehrkraft im Vorbereitungsdienst an einer Grundschule). Verbale Grenzüberschreitungen, Ansätze von Mobbing, Ausgrenzung, Drohungen oder körperliche Gewaltanwendungen sind lebende Wirklichkeit in dieser Schule. Sie zerstören die Grundlagen des friedlichen Zusammenlebens- und -lernens und rauben die gesellige, kindliche und harmonische Atmosphäre, die eine Grundschule doch eigentlich ausmacht. Deshalb habe ich es mir zum Ziel gesetzt, soziales Lernen zu fördern und Kinder in ihrer Sozialkompetenz zu stärken. Die Schule muss ein Ort des gewaltfreien Miteinanders sein, an dem man seinen Ärger natürlich mitteilen darf, jedoch ohne zu verletzen. Junge Menschen in ihrer Entwicklung zu fördern und zu unterstützen, ist ein zentrales pädagogisches Anliegen. Deshalb habe ich in diesem Schuljahr den Kindern eine Chance in Form einer Bleib-Cool AG eröffnet. Primär geht es in dieser AG um das einzelne Kind. Das vorrangige Anliegen für diese Lerngruppe ist die Förderung des Selbstbewusstseins eines jeden dieser Kinder und die Übung im Umgang mit Konflikten und Gefühlen. Sie sollen in dieser AG lernen, Gefühle zu verbalisieren, aber auch den Mut aufzubringen, nein zu sagen. So ist es das Ziel, dass Kinder mit starkem Selbstbild erlernte Normen und Werte an andere Kinder weitertragen. Sie sollen ihre Mitschüler/innen mit einer positiven Grundeinstellung anstecken und einen Konflikt nicht mehr wie die zwei Hunde im Ausgangsbild austragen, sondern eine gemeinsame Lösung finden. 1

2. Bedeutsamkeit der Sozialkompetenz für die Grundschule Wenn man die Frage nach der Bedeutsamkeit in diesem Konsens beantworten möchte, sollte man den Blick erweitern und überlegen, was Kinder für die Zukunft brauchen. Welche anderen Möglichkeiten kann man einem Kind in der Schule bieten, die es sonst in seinem Umfeld nicht hat? In der Grundschule sollte den Kindern Halt und Sicherheit durch Transparenz, Vertrauen und Fairness geboten werden. Natürlich ist die Wissensvermittlung Hauptaufgabe der Schule. Da sich die Gesellschaft jedoch verändert hat und weiterhin verändern wird, hat die Schule die Aufgabe, Kindern grundlegende Qualifikationen anzueignen. Überall wo Menschen mit unterschiedlichen Standpunkten aufeinander treffen, wird diskutiert und auch heftig gestritten. Gerade zum Schulbeginn bringen Kinder in der Grundschule verschiedene Vorerfahrungen, Gewohnheiten und Überzeugungen mit, die sie über sich selbst und über andere Menschen haben. Kinder sollten durchsetzungsfähig, aber auch einfühlsam und sozial sein. Gleichzeitig sollen sie Toleranz lernen und zu ihren Gefühlen stehen. Doch die genannten Fähigkeiten, die von Kindern heute erwartet werden, sind bei manchen nur schlecht und oft gar nicht entwickelt. (vgl. Sit, 2008, S.1) Aus diesem Grund bietet der neue Grundschullehrplan 2007 vom Land Sachsen-Anhalt jedem Lehrer die Möglichkeit, an den Kompetenzen seiner Schüler/innen in Bezug auf eine positive Konfliktbewältigung zu arbeiten. Prof. Dr. Jan-Hendrik Olbertz, ehemaliger Kultusminister des Landes Sachsen-Anhalt, erwartet von der Grundschule, dass sie bei den Kindern die Persönlichkeitsentwicklung fördert und in ihnen eine solide Grundlage für das weiterführende Lernen schafft. (vgl. GS-LP-08-2007, S.3) Die von ihm geforderte Erziehungs- und Bildungsarbeit und die damit verbundenen unverzichtbaren Werte, sind im Grundsatzband in Leitideen zusammengefasst. Folgende Leitideen erweisen sich für diese schriftliche Arbeit als relevant: Leitidee: Soziales Lernen Im Lebens- und Erfahrungsraum sollen Kinder partnerschaftlich Denken und Handeln lernen. Das Trainieren von sozialen Verhaltensweisen, wie eine konstruktive Konfliktbewältigung soll gefördert werden. (vgl. GS-LP-08-2007, S.9) 2

Leitidee: Grundschule als Lernort, Lebens- und Erfahrungsraum Die schulische Atmosphäre soll von Anerkennung und Vertrauen geprägt sein. Bei Anerkennung kindlicher Bedürfnisse nach sozialer Konstanz und emotionaler Sicherheit sollen die Schülerinnen und Schüler in der Entwicklung ihrer schulischen Identität und eines positiven Selbstkonzeptes gefördert werden. (GS-LP-08-2007, S.10, 11) Das Kommunizieren und das Argumentieren sind als prozessbezogene Kompetenzen nicht nur Aufgabe des Sachunterrichtes. Sie sind in allen Fächern der Grundschule und im gesamten Lernprozess des Kindes zu fordern und zu fördern. 3. Theoretische Grundlagen zur Sozialkompetenz bei Kindern Sozialkompetenz als sehr komplexes Thema beinhaltet sehr viele Bereiche, aus denen für diese Arbeit die ausschlaggebenden theoretischen Hintergründe näher beleuchtet werden. 3.1. Entwicklungsaspekte des Sozialverhaltens Das Wort sozial beschreibt die menschliche Gesellschaft oder die Gemeinschaft betreffend. Sozialverhalten meint somit jegliches Verhalten eines Menschen, das die Gemeinschaft betrifft, jeglichen Umgang mit der Gesellschaft, mit anderen Menschen. (Hobmair, 2003, S.271) Der Mensch als soziales Wesen lebt mit seinen Mitmenschen zusammen und ist darauf angewiesen. Das Sozialverhalten ist nicht angeboren und muss somit erst erlernt werden. (vgl. Hobmair, 2003, S. 271) Die Entwicklung des Sozialverhaltens wird durch zwei Aspekte bestimmt. Zum einen die Interaktion und Kommunikation, welche beginnend vom ersten sozialen Lächeln über die Ausbildung stabiler Beziehungen bis hin zu Teamgeist und dem Engagement im öffentlichen Leben geht. Die Entwicklung sozialer Verhaltensweisen lassen sich besonders deutlich im Spielverhalten des Kindes darstellen, welches wie folgt verläuft: Unbeteiligtsein, Alleinspiel, Zuschauen, Parallelspiel, assoziiertes Spiel, organisiertes Spiel und Teamspiel. Der zweite Aspekt in der Entwicklung des Sozialverhaltens geschieht im Sinne der Schaffung des sozialen Wesens nach Jean Piaget. Hier findet die Moralbildung statt, welche im Optimalfall durch positive Zustände wie: harmonisches Familienleben, emotionale Sicherheit, eine positiv bestärkte 3

Einstellung zu sich selbst und ein positives zwischenmenschliches Verhalten beeinflusst wird. Die zweite Stufe der heteronomen Moral beschreibt Kinder im schulfähigen Alter. Schüler/innen entwickeln hier die Überzeugung, dass bestimmte Personen Regeln vorgeben, an die man sich zu halten hat. Wird gegen diese Vorgabe verstoßen, betrachtet sich das Kind als schlecht. Hält es sich an Vorgaben, stuft sich ein Kind als brav oder gut ein. (vgl. Hobmair, 2003, S. 275, 279) An dieser Stelle muss die Lehrperson anknüpfen, eine vertrauensvolle, emotionale Basis zu den Kindern schaffen und ihnen Sicherheit und Hilfe anbieten. Für eine gelingende Interaktion und Kommunikation sollte im Schulalltag ein gemeinsamer Konsens im Mittelpunkt stehen. Interaktionsspiele bieten hier ein gutes konkretes Übungsfeld (Gilbert-Scherer, 2007, S. 58) 3.1.1. Sozial kompetente Kinder Toni Singer meint, dass sozialkompetente Kinder besser in der Lage sind, mit provokanten Situationen fertig zu werden. Dazu setzen sie Kompromissbereitschaft, Überzeugung, Entspannung, Humor und andere angemessene Reaktionen ein, was nicht nur die Provokation entschärft, sondern auch ihr Selbstwertgefühl stärkt. Sozial erfolgreiche Kinder verfügen nach Toni Singer über mehrere mögliche Techniken, um alltägliche zwischenmenschliche Probleme zu lösen. Diese umfassen das Feingefühl dafür, wie und wann es zu derartigen Schwierigkeiten kommt sowie die Fähigkeit, sich verschiedene mögliche Handlungsverläufe auszudenken und die Folgen einer Handlung vorauszusehen. (vgl. Singer, 2005) 3.1.2. Sozial inkompetente Kinder Laut Toni Singer sind sie nicht in der Lage, sich in der Gesellschaft richtig zu verhalten. Es tauchen bei ihnen viele Probleme auf, die von sozialem Rückzug, Scheu und Isolation bis zu aggressivem, asozialem Verhalten reichen. Schulische Leistungen, psychische Gesundheit und emotionales Wohlbefinden, Anpassung an die Schulsituation, Beziehungen zu Gleichaltrigen und zu Erwachsenen sind einige der Bereiche, die durch extreme und andauernde soziale Defizite nachhaltig gestört werden. Unbeliebtheit ist die Folge und zieht mangelndes Selbstvertrauen nach sich. Ein Teufelskreis entsteht, in dem die Gefahr für das Kind zu scheitern sehr groß ist. (vgl. Singer, 2005) 4

3.2. Emotionale Intelligenz Die Weiterentwicklung und Förderung der emotionalen Intelligenz ist in der Arbeitsgemeinschaft Bleib-Cool ein zentrales Anliegen. Daniel Goleman, ein amerikanischer Psychologe prägte den Begriff Emotionale Intelligenz. Dank ihm wird neben dem IQ (Intelligenzquotient) auch der EQ (Emotionaler Quotient) näher beleuchtet und die Erziehung mit dem Lernen verbunden. Unter emotionaler Intelligenz wird das geistige Fassungsvermögen verstanden, mit dem Informationen emotioneller Art aufgenommen und verarbeitet werden und auf Grund dessen wir emotional empfinden und reagieren können. (Sit, 2008, S.1-3) Goleman selbst beschreibt die emotionale Intelligenz als eine Metafähigkeit, von der es abhängt, wie gut wir unsere sonstigen Fähigkeiten - darunter auch den reinen Intellekt zu nutzen verstehen. [ ] Wer nicht eine gewisse Kontrolle über sein Gefühlsleben hat, muss innere Kämpfe ausfechten, die seine Fähigkeit zu konzentrierter Arbeit und zu klarem Denken sabotieren. (Goleman, 1999, S.56f.) 3.3.1. Was sind Emotionen? Der Schweizer Psychiater Eugen Bleuler (1857-1939) prägte den Fachbegriff Emotion. Die Wurzel des Wortes Emotion liegt im lateinischen Wort movere, was im Deutschen so viel wie bewegen heißt. Die Vorsilbe e bedeutet herausbewegen, was darauf hinweist, dass jeder Emotion eine Tendenz zum Handeln innewohnt. (vgl. Sit, 2008, S.1) Einige von vielen möglichen Emotionen sind Aggression, Angst, Antipathie, Ärger, Besorgnis, Freude, Liebe, Trauer, Wut und Zorn. 3.3. Schlüsselqualifikationen der emotionalen Intelligenz Als Definition zieht Goleman die Gliederung von Peter Salovey heran. Dieser zählt zur emotionalen Intelligenz folgende Fähigkeiten: 1. Die eigenen Emotionen kennen (Selbstbewusstsein) 2. Emotionen handhaben (Selbstmotivation) 3. Emotionen in die Tat umsetzen (Selbstmanagement) 4. Empathie (sich in andere Menschen einfühlen können) 5. Umgang mit Beziehungen (vgl. Hobmair, 2003, S. 148) 5

Gelingt es nun, eine emotionale Intelligenz bei Kindern aufzubauen und diese zu fördern, ist es der beste Schutz gegen Gewalt und unterschiedlichste negative Einwirkungsfaktoren. Ein Mensch mit einer entwickelten emotionalen Intelligenz kann sich selbst und seine Gefühle wahrnehmen angemessen mit den eigenen Gefühlen umgehen sich emotional engagieren die Gefühlslage und Stimmung anderer einschätzen sich anderen positiv und einfühlsam zuwenden sich selbst motivieren Ausdauer zeigen, auch bei Schwierigkeiten und Rückschlägen Konflikte lösen Beziehungen pflegen soziale Zusammenhänge erfassen (Gilbert-Scherer, 2007, S.60) Die hier genannten Fähigkeiten decken sich in vielen Aussagen mit der Beschreibung eines sozialkompetenten Kindes und belegen, dass das Sozialverhalten die emotionale Intelligenz umschließt bzw. positiv bestärken kann. Diese Elemente von Salovey nutze ich u.a. als Grundlage für den Aufbau der AG-Einheit in Kapitel 5.4. 4. Bedeutung sozialer Kompetenzen für die konstruktive Konfliktlösung Was ist ein Konflikt? Wie verläuft er? Wie ticken Kinder, die in einem Konflikt stecken? Welche Folgen ergeben sich für eine konstruktive Konfliktbewältigung in diesem Alter? Das folgende Kapitel soll Aufschluss darüber geben. 4.1. Was ist ein Konflikt? Fritz Glasl definiert einen sozialen Konflikt als eine Interaktion in der wenigstens eine Person in der Realisierung ihres Denkens, Fühlens oder Wollens durch andere beeinträchtigt wird. (vgl. Gilbert- Scherer, 2007, S. 27) Für Kinder definierte Glasl einen Konflikt zum besseren Verständnis anders: Ein Konflikt ist, wenn jemand etwas tut, wodurch es jemand anderem nicht mehr gut geht. (Gilbert- Scherer, 2007, S.28) 6

Szenarium: Pausenende, es hat zum Unterricht geschellt. Mario und Lisa schäumen vor Wut, gehen aufeinander los, die ganze Klasse gerät außer Rand und Band. Wie sollen die Kinder so ihre Klassenarbeit schreiben?! Aber aufschieben ist ausgeschlossen, die Zeugniskonferenz steht vor der Tür. Also schnell dazwischen gehen, ein Machtwort sprechen, für Ruhe und Ordnung sorgen. Klappt ja auch, schließlich sind sie als Lehrer/in kompetent und haben Erfahrung. Bloß komisch, dass Sie am nächsten Tag hören, dass Mario auf dem Heimweg Lisa ein Bein gestellt hat. Müssen die beiden denn immer? Sie hatten den Streit doch beendet! (Gilbert-Scherer, 2007, S.16) Wichtig ist, dass ein Konflikt nur dann nicht mehr negativ in die Zukunft hineinwirkt, wenn beide Parteien mit der gefundenen Lösung zufrieden sind! Die Zauberformel muss WIN-WIN- Lösung heißen: Der eine gewinnt nicht gegen, sondern mit dem anderen. (Gilbert-Scherer, 2007, S.18) 4.2. Wie gehen Grundschulkinder mit Konflikten um? Kinder wählen unterschiedliche Wege, um mit Konflikten umzugehen. Manche neigen dazu, bei Problemen zum Angriff überzugehen, ganz nach dem Motto: Angriff ist die beste Verteidigung. Andere wiederum reagieren passiv und umgehen den Konflikt durch Konfliktvermeidung. Eine dritte Variante ist die Hilfe eines Stärkeren. Die Stufen der Konfliktbearbeitung bei Kindern sehen wie folgt aus: 1. Kinder regeln das Geschehen im Wesentlichen mit Körpersprache. 2. Auseinandersetzungen verlaufen hauptsächlich körperlich, aber verbunden mit ausdrucksstarker Sprache. 3. Der Konflikt wird auf sprachlicher Ebene angegangen, die Austragung verlagert sich dann jedoch auf die körperliche Ebene. 4. Kinder tragen einen Konflikt stark sprachlich aus. Argumente werden dann von Beteiligten verstanden und akzeptiert. (vgl. Gilbert- Scherer, 2007, S.59) Bevor man mit Kindern Konfliktprävention betreibt, sollte man sich im Klaren sein, welche entwicklungspsychologischen Besonderheiten und lerntheoretische Hintergründe in diesem Alter zu berücksichtigen sind. Schon am ersten Schultag können Konfliktanlässe bei Kindern auftreten. Sie lernen einander kennen und streiten sich beispielsweise um den Platz, um ein Material oder um ein Spielgerät. Fünf- bis Sechsjährige lösen ihre Konflikte in den meisten Fällen noch handgreiflich. Andere ärgern und 7

provozieren bloß, um Grenzen auszutesten. Ihre Motive oder begleitenden Gefühle sind ihnen weniger bewusst. Einsichts- und Empathiefähigkeit in die eigenen Anteile eines Konfliktes gelingt allmählich und ist ein wachsender Prozess. (vgl. Gilbert-Scherer, 2007, S.56) Beim Schuleintritt gelingt es Kindern noch nicht, Sichtweisen von anderen zu übernehmen, da das Denken noch stark auf ihre eigenen Anschauungen gelenkt ist. Piaget spricht hier vom Egozentrismus des Kindes. (vgl. Schmidt-Denter, 1996, S. 258ff.) Im Laufe des 1. Schuljahres entwickeln sich Ansätze einer Rangordnung des sozialen Ansehens. Die so genannten Stars und Außenseiter bilden sich heraus. (vgl. Gilbert-Scherer, 2007, S.55) Gefühle sind in diesem Alter entscheidend. Der verletzte Gleichheitsgrundsatz und enttäuschte Erwartungen werden als Auslöser wahrgenommen: Der hat angefangen. Die streitauslösenden Handlungen wollen konkret, symbolisch oder sprachlich rückgängig gemacht werden, indem ein Schaden wieder gut gemacht werden will oder eine Entschuldigung geäußert wird, die sich auf die verletzende Handlung bezieht: Ich wollte dir keine Wunde machen. (vgl. Valtin, 1993, S.192-199) Eine wichtige entwicklungspsychologische Voraussetzung bei Erst- und Zweitklässlern ist die Berücksichtigung des engeren Zeitbegriffs. Das bedeutet, dass ein Klärungsgespräch nur zeitnah verstanden wird. (vgl. Gilbert- Scherer, 2007, S.65) Im Alter von sechs bis acht Jahren sind Kinder meist nur an der Befriedigung eigener Bedürfnisse interessiert. Eine distanzierte Betrachtungsweise erfolgt erst im Alter von neun Jahren. (vgl. Gilbert- Scherer, 2007, S. 54) Erst Zehn- bis Zwölfjährige sind in der Lage, Perspektiven mehrerer Personen zu erfassen, zu reflektieren und bewusst Kompromisse herauszubilden. (Töpelmann, 2005, S. 8f) Heute geht man allerdings nicht mehr von solchen starren Altersstufen aus. Das Verständnis für Regeln können selbst jüngere Kinder erwerben. Für die praktische Umsetzung in der Arbeitsgemeinschaft bedeutet dieses Wissen über die unterschiedlichen Ausgangslagen von Grundschulkindern, dass das Lernen am Modell bzw. das Lernen in der konkreten Situation für Erstund Zweitklässler Vorrang hat. Als Lehrerin sollte man eine von Schenk-Danziger beschriebene Situation ausnutzen. Sie beschreibt, dass Kinder nach Schuleintritt die Lehrerin als neue Bezugsperson sehen und über ihre Identifikation das neue System, wie z.b. Regeln für das Zusammenleben in der Gruppe, Werte und Normen übernehmen. (vgl. Schenk-Danziger, 1988, S. 247) 8

5. Planung und Durchführung einer Unterrichtseinheit 5.1. Bedingungsanalyse Die Lerngruppe innerhalb der Arbeitsgemeinschaft setzt sich aus acht Schüler/innen zusammen, sechs Mädchen und zwei Jungen. N. und L. kennen sich aus den vergangenen Schuljahren, da sie die flexible Schuleingangsphase im dritten Jahr besuchen. Alle anderen AG-Mitglieder besuchen die gleiche Lerngruppe. Die Grundschule liegt in einem sozial schwachen Stadtgebiet, wo die Arbeitslosigkeit sehr hoch ist. Aus einzelnen Erzählungen der Kinder lassen sich bei zwei Schülern Vermutungen und Rückschlüsse auf eher bildungsferne Elternhäuser schließen. Um die Lernausgangslage präzise darstellen zu können, wurde mit einem selbst erstellten Kompetenzfragebogen gearbeitet. Dieser orientiert sich an Singer aus Kapitel 3.1.1. und Self-Science: The Emotional Intelligence Curriculum von Freedman, McCown, Jensen und Rideout, der den sozialen Stand der Kinder durch Beobachtung im Unterricht und in der Pause ermittelt. Diesen setzte ich vor Beginn der Arbeitsgemeinschaft ein, um einen Überblick über die Voraussetzungen der Kinder zu bekommen und mir eine Basis zu schaffen. (Ergebnisse Anhang) Von keinem Kind ist zu sagen, dass es sozial inkompetent oder sozial kompetent ist. Auffällig ist ein enormer Gesprächsbedarf bei allen Kindern in der Arbeitsgemeinschaft. Dies ist eine gute Grundlage dafür, dass die Schüler/innen sich in den geplanten Vorhaben (z.b. Gespräche, Spielen) offen äußern. In offenen Phasen, wie z.b. szenischem Spiel oder Gruppenarbeit, können sich Schüler/innen wie Na., N. und No. nur schwer an vereinbarte Gesprächsregeln halten. Eine hohe Eigenmotivation verzeichnen N. und Ma.. Das freie Reden und aktive Zuhören im Plenum ist für die Schüler/innen im ersten Schulbesuchsjahr oft noch sehr anstrengend. Nötige Gestik und Mimik werden nicht ausdrucksstark genug und teilweise sehr gehemmt eingesetzt. In dieser Lerngruppe bestehen keine festen Freundschaften, obwohl sie den gemeinsamen Regelunterricht besuchen. Immer wieder kommt es zu Spannungen und körperlichen Konfliktlösungen zwischen den Schülern, welche sich häufig auf dem Pausenhof abspielen. Zu beobachten ist, dass diese Kinder nicht die richtigen Worte und Hilfsmittel besitzen, um Konflikte konstruktiv auszutragen. Wiederum zeigen sich bei Ma., Le., L. und Mi. ein Fairnessbewusstsein und Gerechtigkeitssinn. Sie möchten Vorfälle klären und sind immer wieder bemüht, Streitereien zu melden, um diese zu schlichten bzw. zu beheben. F. ist in dieser Hinsicht sehr zurückhaltend. 9

Bewusst zu helfen ist im Moment nur bei Ma. stark ausgeprägt. Bei den anderen Schüler/innen erfolgt dies meist nur durch Aufforderung der Lehrperson. Des Weiteren ist zu beobachten, dass sie ihre Gefühle nach Streitsituationen äußern wollen, aber dafür nicht genügend kommunikative Kompetenzen besitzen. Stattdessen werden sie sehr laut und ungehalten. Eine eher trotzige und unkontrollierbare Situation entsteht. Mädchen verfallen in Rangeleien, währenddessen die Jungen eher ihre Füße und den gesamten Körper einsetzen. An dieser Stelle wirkt sich vermutlich das sozial schwierige familiäre Umfeld im Leben dieser Schüler/innen negativ auf ihr Sozialverhalten aus. Der Einsatz von Schimpfwörtern ist in dieser Lerngruppe im Moment noch nicht der Fall. Die Durchführung von Rollenspielen ist bislang nur den beiden Zweitklässlern bekannt. Ziel ist es, diese Voraussetzungen hinsichtlich der Entwicklung der Sozialkompetenz in der Gestaltung der Bleib-Cool-AG zu berücksichtigen und die prozessbezogenen Kompetenzen des Kommunizierens situationsbegleitend auszubilden. 5.2. Ziele der Bleib-Cool Arbeitsgemeinschaft Grobziel der AG Die Schüler/innen können mit ihrem gestärkten Selbstbild aus den AG-Stunden Konflikte gemeinsam konstruktiv lösen und erworbene Kompetenzen nutzen, um auf das Verhalten ihrer Mitschüler/innen Einfluss zu nehmen. Lernziele und Einheit der einzelnen AG-Stunden sind dem Anhang zu entnehmen. 5.3. Didaktische Überlegungen Konflikte und Streit sind Bestandteile der Lebenswirklichkeit eines jeden Menschen und insbesondere von Kindern. Auf unterschiedlichste Art und Weise wird sich im täglichen Schulleben bemüht, Unstimmigkeiten mehr oder minder gut zu klären. Auf Grundlage dieser Erfahrungen und Kenntnisse trägt die daraus entstandene Bleib-Cool-AG dazu bei, die im Lehrplan ausgewiesenen prozessbezogenen Kompetenzen und vor allem nicht vorhandene Fähigkeiten in der Konfliktbewältigung zu entwickeln. Eines der Hauptziele der schulischen Bildung ist, den Kindern Möglichkeiten bereitzustellen, um ihre Entwicklung zu mündigen 10

Bürgern zu unterstützen. Mit Konflikten zu arbeiten, heißt Kinder zukunftsfähig zu machen. (Durach, 2001, S.10) Die AG-Einheit ist in drei aufeinander aufbauende Abschnitte eingeteilt. Teil 1: Ich stärke mein Selbstbild Dieser Teil bildet grundlegende Voraussetzungen für eine vertrauensvolle Basis und ein friedliches Miteinander. Dafür ist es nötig, Regeln zu finden und feste Rituale zu besprechen. Ein angstfreies Klima wird geschaffen. Da neueste Ergebnisse der Neurowissenschaften beweisen, dass gute Gefühle und Spaß dem Gehirn ermöglichen, besser zu funktionieren und Neugier und Kreativität zu entwickeln, ist dies ein Schwerpunkt der Förderung der emotionalen Intelligenz. Um diese weiterzuentwickeln, wird viel kommuniziert und die soziale Wahrnehmung durch genaues Beobachten und Agieren geschärft. Kommunikationsfähigkeit ist der Schlüssel zur gewaltfreien Konfliktbearbeitung. (Gugel, 2008, 4.1.3 S.2) Ansätze dieses Schlüssels sind auch im Lehrplan Sachunterricht, in den prozessbezogenen Kompetenzen, manifestiert. Gefühle, Bedürfnisse und Interessen zu äußern, sich mit der eigenen Meinung und Argumenten anderer auseinander zu setzen, diese zu reflektieren und gemeinsame Lösungswege zu finden, sind dabei wichtige Schritte, an denen gearbeitet werden soll. Mit Hilfe der Bleib cool-ag schulen die Kinder prozessbezogene und inhaltsbezogene Kompetenzen. Sie lernen ihre persönlichen Eigenschaften kennen und finden einen Weg, mit ihren eigenen Stärken und Schwächen umzugehen. Hierbei geschehen eine Weiterentwicklung des Selbstbewusstseins und eine gezieltere Wahrnehmung der eigenen Person. Teil 2: Ich setze mich mit Konflikten spielerisch konstruktiv auseinander und löse sie mit Hilfe neutraler Dritte. In diesem Teil der Bleib-Cool-AG setzen sich die Kinder mit Konflikten spielerisch konstruktiv auseinander und lösen diese mit Hilfe neutraler Dritte. Dieser ist entweder die Lehrperson oder ein unbeteiligtes Kind. Hier geht es vor allem darum, wieder viel zu kooperieren und zu kommunizieren. Selbstmanagement, faires Streiten und Konflikte konstruktiv bearbeiten sind die Schwerpunkte in diesem Teil und stellen exemplarisch wichtige Schlüsselqualifikationen im Leben dar. Das konstruktive Lösen von Streit gilt als eine Schlüsselkompetenz im menschlichen Umgang. Dabei wird faires Streiten als eine erlernbare Fähigkeit genannt. (vgl. Schwarzhans, 2001, S.9) Sich zurückzunehmen, aber auch bei eigenen Meinungen oder Unstimmigkeiten mit Mitmenschen die Fähigkeit zu besitzen, Dinge kritisch zu hinterfragen, macht die Bedeutung dieser Inhalte aus. Den Kindern eröffnet sich hierbei die Chance, Gefühle und Gedanken freien Lauf zu lassen und sich in Gestik, Mimik und Ausdruck zu üben. Sie schulen die im Theorieteil unter 3.1. beschriebenen Aspekte in der Entwicklung des Sozialverhaltens. Zu diesen zählen das Austesten eigener Grenzen, das 11

Aufbauen stabiler Beziehungen zu anderen Kindern und die Entwicklung eines konstruktiven Potenzials. Konflikte sind das Trainingsmaterial, mit dessen Hilfe Schüler soziale Kompetenzen erwerben können. (Durach, 2002, S.7) Teil 3: Ich bewältige Konflikte auf die schlaue Art und Weise selbst. Der Teamgeist ist ein weiterer Aspekt in der Entwicklung des Sozialverhaltens und bildet den Übergang zum 3. Teil der Bleib-Cool-AG. Konflikte im Team selbstständig und auf schlaue Weise zu lösen, stellt eine Herausforderung und gleichzeitig eine Überprüfung der Umsetzungskompetenz erlernter Fähigkeiten dar. Das Erlernen einer Streitkultur ist wichtig. Neben den eigenen Sichtweisen sollen auch Gefühle anderer vorhanden sein. Nur so kann Kompromissbereitschaft und Empathie entwickelt werden. Wenn Schüler/innen lernen sich aufeinander abzustimmen, können sie Konflikte immer besser ohne Unterstützung von Erwachsenen regeln. (vgl. Gaschler, 2007, S.124) An dieser Stelle kommt das Ziel des sozial- und kulturwissenschaftlichen Bereiches im Sachunterricht zum Tragen. Dieses besagt, dass die Schüler/innen verantwortungsbewusst mit sich selbst und anderen Menschen umgehen sollen und das eigene Verhalten sowie das der anderen wahrzunehmen. (vgl. LP S.8, 9) Innerhalb dieses Bereichs sind bis zum Ende des zweiten Schuljahres folgende inhaltsbezogenen Kompetenzen zu erreichen: das eigene Ich akzeptieren und wertschätzen, Interessen und Bedürfnisse anderer wahrnehmen, Regeln des gemeinsamen Umgangs anwenden, Zuwendung und Ablehnung ausdrücken, Verhaltensweisen des Zusammenlebens und Rituale, Kontrolle über sich selbst bei Wut und andere Verhaltens- und Sichtweisen wahrnehmen. (vgl. GS-08-2007-04, S.8, 9) Verschiedene Lernarrangements, wie Lieder, Tänze und Geschichten, sollen den Schüler/innen exemplarisch das Thema zugänglich und begreiflich machen. Das entspricht auch dem Fachlehrplan Grundschule - Sachunterricht, in dem auf Seite 5 die Vermittlung von Lerninhalten wie folgt definiert ist: " Das Erschließen und Mitgestalten der sozialen Welt orientiert sich an den Erfahrungen und Interessen der kindlichen Lebenswelt." Vor allem das Aufgreifen bereits gemachter Erfahrungen im Thema Streit unterstützen die Verbindung von Theorie und Praxis. 12

5.4. Methodische Entscheidungen Der AG - Unterricht wird immer mit dem Ritual des Gefühlsbarometers eröffnet. Die Kinder treten in selbst gewählter Reihenfolge an das Barometer heran, platzieren sich an eines der Gesichter und begründen ihre Gefühlswahl kurz. Die Durchführung der gemeinsamen AG-Stunden findet in der Aula der Schule statt. Eine besondere Atmosphäre bestimmt diesen Saal und regt die Kinder an, sich frei zu bewegen. Ein weiterer Aspekt ist die Möglichkeit der Raumumgestaltung. Es bieten sich unterschiedliche Sitzmöglichkeiten sowie ein Platz für szenische Auftritte. Methodisch habe ich mich auf wenige Sozialformen beschränkt, da wir nur eine kleine Gruppe sind und der Austausch im Plenum und in einer Gruppenstärke von vier Kindern fundierter ist. Nur einmal habe ich die Form der Partnerarbeit in der Lösungsfindung beim Hundekonflikt eingesetzt, um hier viele Vorschläge zu erhalten. Zu Präsentationen ist ein besonderer Platz hergerichtet. Dieser signalisiert den Kindern die Wichtigkeit der Regeleinhaltung des aktiven Zuhörens. Dieser Platz ist mit vielen Tüchern unterschiedlichster Farben und Stoffe, einem magischen Erzählumhang und einem Hula Hoop Reifen, in dem man stehen muss, wenn man spricht, gestaltet. 6. Darstellung ausgewählter Unterrichtsstunden 6.1. Unterrichtsstunde 6: Wir machen uns bewusst, welche Orte wir im Schulhaus mögen oder lieber meiden. In dieser Unterrichtsstunde geht es darum, dass die Kinder in ihrer Wahrnehmung auf sich selbst und zunehmend auch auf ihre Mitschüler/innen sensibilisiert werden. Sie sollen sich Gedanken darüber machen, wo es ihnen in der Schule besonders gut geht oder überhaupt nicht gefällt. 6.1.1. Sachanalyse zur ausgewählten Stunde Mit Fantasie und Kreativität öffnen sich Kinder. Sie geben mehr von sich selbst, von ihren Wünschen, Problemen und Gefühlen preis. Sie erlangen einen spielerischen Zugang zum Unterbewusstsein. Auch innere Konflikte können mit meditativen und kreativen Elementen verarbeitet und unbewusst gelöst werden. (vgl. Bräunling, 2011, Anleitung und Einleitung) 13

Heiner Wichterich und Carmen Druyen definieren eine Fantasiereise auf eine für mich sehr eindeutige Art und Weise: Eine Phantasiereise ist ein imaginatives Entspannungsverfahren für Kinder, Jugendliche und/oder Erwachsene, bei der mit Hilfe einer vorgetragenen Geschichte, die bestimmte Entspannungselemente enthalten muss, die Zuhörer in eine Art meditativen Zustand geführt werden, in dem jeder mit Hilfe seiner Phantasie unterschiedliche Dinge erlebt, sieht, hört und fühlt. (Wichterich, 2008) 6.1.2. Didaktische Überlegungen zur ausgewählten Stunde Ein in sich ruhender kleiner und/oder großer Mensch mit Sinn für Kreativität und Fantasie entwickelt sehr viel mehr Selbstbewusstsein und kommt mit seinem Alltag besser zurecht. Fantasiereisen und Stilleübungen entspannen und helfen, negative Erfahrungen, Ärger oder Kummer zu verarbeiten. (Bräunling, 2011, Anleitung und Einleitung) Unter anderem findet man in den prozessbezogenen Kompetenzen im Kommunizieren einen Unterpunkt der verlangt, dass die Kinder Eindrücke und Gefühle äußern können. An dieser Kompetenzförderung arbeitet die hier aufgezeigte Unterrichtsstunde. Kindern fällt es oft schwer, Ruhe und Stille zu erleben und diese auszuhalten. Die Kinder müssen lernen, die volle Aufmerksamkeit einmal nur auf sich zu lenken und dabei die eigene Fantasie zu entfalten. Fantasie bringt Farbe in das Leben und alle Abenteuer, die sich im Kopf abspielen, tragen dazu bei, Anregungen und Reize zu entwickeln. Den Schüler/innen soll anhand dessen aufgezeigt werden, dass jeder Mensch anders empfinden kann. Eine gegenseitige Toleranz und Akzeptanz für unterschiedliche Gefühle soll von Seiten der Kinder angebahnt werden. Die in Kapitel 3.3. beschriebenen Schlüsselqualifikationen, orientiert an Hobmair, können durch Berücksichtigung der entwicklungspsychologischen Hintergründe aus Kapitel 4.2., nur bis Punkt drei vollständig erwartet werden, da Kinder Empathie und bewusstes Aufrechterhalten von Beziehungen erst in Klasse drei und vier entwickeln. Um Kindern diese Thematik transparent zu machen, bekommen die Schüler/innen die Aufgabe, sich einen Ort in der Schule gedanklich zu suchen, an dem sie sich besonders wohl fühlen und einen Ort, an dem sie sich nicht gern aufhalten. Mit dieser Aufgabenstellung erreiche ich einen ersten Zugang. Sie sollen sich tiefgründige Gedanken darüber machen, was ihnen gut tut und welche Bedingungen sie mögen oder auch nicht leiden können. Diese Erkenntnisse können sie wiederum dafür nutzen, sich in stressigen Situationen dorthin zurückzuziehen oder aber besser zu meiden, um einer 14

Verschlimmerung aus dem Weg zu gehen. Des Weiteren bekommen Lehrpersonen wichtige Hinweise von den Kindern, welche Reserven oder verborgene Werte der Klassenkultur noch ausbaufähig sind. Im Abschnitt der Konfliktgespräche wird es kein Endziel der Kinder sein, selbstreflektiert zu denken oder klare Perspektivwechsel durchzuführen. Sie können in diesem Alter auch noch keine Kompromisse finden, sondern nur Ideen äußern. Auch eine Einigung muss nicht zwangsläufig erfolgen, da diese Kompetenz den Zehn- bis Zwölfjährigen zugesprochen ist. Dementsprechend nimmt auch der Leitfaden aus Stunde 11 (Anhang) auf den Entwicklungs- und Fähigkeitsstand der Kinder in der Konfliktbewältigung Rücksicht. 6.1.3. Methodische Entscheidungen zur ausgewählten Stunde Der Einstieg in diese Stunde erfolgt mit dem Gefühlsbarometer. Dies dient der Einschätzung der emotionalen Befindlichkeit der Kinder an diesem Tag. Die Themeneinstimmung erfolgt mit einer Fantasiereise Zum Zauberort der Träume, welche im Snoozleraum stattfindet und mit gemütlichen Kissen und Decken zur Entspannung beiträgt. Nach der Reise schließt sich eine kleine Fragerunde an, in der die Kinder berichten, an welchem Zauberort sie waren und was für sie dort besonders schön war. Dies dient der Hinführung zur anschließenden Frage nach einem Ort in der Schule. Die Kinder haben nun die Aufgabe, sich nonverbal einen Ort in der Schule zu suchen, an dem sie sich auch so wohl fühlen können, wie an diesem Traumort aus der Fantasiereise. Dazu schließen sie wieder die Augen. Das dient einerseits der besseren Konzentration, andererseits wird vereinbart, dass sie die Augen wieder öffnen dürfen, wenn sie einen Ort gefunden haben. Somit weiß ich als Lehrperson, wann welcher Schüler mit der Suche abgeschlossen hat. Nun flüstert jeder Schüler der Lehrerin ins Ohr, wo sich dieser Wohlfühlort in der Schule befindet, damit es nicht zu gewollten Dopplungen kommt und sich tatsächlich jeder eigene Gedanken macht. Diese Orte werden nun notiert. Anschließend erfolgt derselbe Ablauf für den Ort, an dem sich das Kind unwohl fühlt. Hierzu wird das Lied Comptine D'un Autre Été, L'après-Midi eingespielt. Es drückt eine eher traurige Stimmung aus und soll den Kindern helfen, dieses Gefühl mit einem Ort zu verknüpfen. Anschließend erfolgt ein Gang durch das Schulhaus, indem immer ein Kind alle anderen anführt und zu dem jeweiligen Ort bringt. Dies dient der Motivation und soll die Neugierde der Kinder 15

aufrechterhalten. Hier werden Fotos gemacht. Die Kinder haben die Aufgabe, an diesen zwei Orten ihre aufkommenden Gefühle so gut wie nur möglich, mit ihrer Gestik und Mimik auszudrücken. Im Anschluss erhalten die Kinder von mir jeweils ein A4-Blatt mit einer Sonne und einem Blitz, wo Platz für ihr Bild ist. Dieses sollen sie als Hausaufgabe nach den Farben der Gefühle gestalten. Hierzu erfolgt eine kurze Auffrischungsrunde. Die Kinder sollen noch einmal kurz Farben nennen, die für positive Gefühle stehen und die Farben aufzählen, die Trauer, Zorn, Wut oder Angst signalisieren. Aus den Vorerfahrungen der vorangegangenen Stunde bringen sie alle Fähigkeiten mit, diese Aufgabe selbstständig zu meistern. Eine Präsentation erfolgt dann am Anfang der nächsten Stunde, wo auf die folgenden Fragen eingegangen wird: Gibt es bei den Fotos Orte, die mehrmals vorkommen, sowohl für die positiven als auch für die negativen Gefühle? Warum werden die gezeigten Orte als positiv bzw. negativ erlebt? Was kann man tun, um die negativen Orte zu verbessern? 6.1.4. Ziele und Verlauf Groblernziel: Die Schüler/innen können im Schulhaus exemplarisch wahrnehmen, dass bestimmte Orte unterschiedliche Wirkungen auf Menschen haben und manche als wohltuend und andere wiederum als unangenehm empfunden werden. Feinziele : Die Schüler/innen können - mit Hilfe der Fantasiereise entspannen und meditativ leichter Gefühle wahrnehmen. - beschreiben, warum sie sich an bestimmten Orten in der Schule wohl oder unwohl fühlen. - sich im Lauf durch das Schulhaus an vereinbarte Gesprächsregeln halten. - aus gemachten Vorerfahrungen Farben gezielt einsetzen, um Gefühlslagen an den jeweiligen Orten auszudrücken. 16

Zeit Phase Lehrer-Schüler-Interaktion SF Medien 5 min Einstieg Erklärung L. erläutert Verlauf und Inhalte der heutigen AG. Sch. bestimmen Gefühlslage an Barometer. Plenum Barometer 10 min ZO / MO Hinführung L. trägt Fantasiereise vor. Snoozleraum, 10 min gemeinsames Gespräch Fragerunde: Sch. berichten vom Traumort. Fantasiereise, 5 min Weiterentwicklung Sch. suchen sich nonverbal, mit geschlossenen Augen, mental ihre Orte in der Schule und flüstern es nur der L. ins Ohr. CD 10 min 5 min 5 min aktive Phase Wiederholung Hausaufgabe & Verabschiedung Sch. machen Fotos und drücken Gefühle mimisch und gestisch aus. Sch. nennen noch einmal Farben und beschreiben ihre Wirkung. Sch. erhalten Arbeitsblätter. Fotoapparat AB 6.1.5. Reflexion der Unterrichtsstunde Das Benennen der Stimmungslage eröffnete die heutige Stunde. Acht Kinder waren an diesem Tag anwesend. Nur zwei von ihnen waren weniger gut gelaunt, da sie schlecht geschlafen hatten und über Müdigkeit klagten. Hier kam die Fantasiereise sehr gelegen. Angekommen im Snoozleraum, machten es sich die Kinder gemütlich und nahmen eine entspannte Haltung ein. Während beim Vortragen des Gedichtes zur Einstimmung noch etwas Unruhe herrschte, stellte sich zum mentalen Einstieg ins Traumland eine komplette Stille ein. Ich war überrascht, dass sich die Kinder so gut auf die Geschichte einließen. Im anschließenden Gespräch wurden die typischen Orte genannt, die Kinder aufregend und toll finden. Eine Blumenwiese, ein Baumhaus, eine Tür, die in einen geheimnisvollen Raum führt oder der Strand am großen Wasser. 17

Den Übergang zum Schulhaus zu finden, fiel den Kindern meinen Beobachtungen zufolge durch diesen fantastischen Einstieg leichter und sie konnten sich besser in die geforderte Situation hineindenken. Auffällig war, dass außer Nils, sich alle sehr viel Zeit zum Finden der Orte ließen. Erstaunlich war, dass trotz der Geheimhaltung der Orte vier Mädchen den Schulhof wählten, wo sie sich schlecht fühlen. Begründung war bei allen das geballte Streitpotential an diesem Ort. Ein Junge wählte den Schulhof als Platz, wo er mit seinem Bayplay-Spielzeug Spaß hat. Er fühlt sich wiederum im Computerraum durch die Lautstärke der Tippgeräusche auf der Tastatur gestört, wo andererseits zwei Mädchen viel Spaß haben. Eine weitere interessante Ansicht eines Mädchens fiel auf die Bedingungen eines Raumes. Ma. fühlt sich im Raum einer Lehrerin immer sehr unwohl, da ihr dieser Ort zu warm ist und man so schlecht denken kann. Ihr Lieblingsplatz ist die Bücherei mit ihren geheimnisvollen Bücherecken und der schönen Atmosphäre. Wiederum lehnte N. diesen Ort ab, da er es dort oft zu laut findet und ihn dieses Getuschel und Gequatsche nervt. Er favorisierte den Snoozleraum, da dort eine angenehme Lautstärke herrscht und gemütliche und geheimnisvolle Dinge zu entdecken sind. Mi. und F. wählten die Aula und den Ethikraum als Wohlfühlorte, da sie schön gestaltet sind und damit einen hohen Wohlfühlfaktor bei den Kindern auslösen. L. machte nicht nur die Bedingungen in den Räumen von ihrer Gefühlslage abhängig. Sie wählte ihren Klassenraum als Ort, wo es ihr gut geht, da sie hier mit ihren Mitschülern zusammen sein kann und Spaß im Unterricht hat. Da Gestalten ein Fach ist, das sie nicht mag, wählte sie diesen Raum als Ort des Unwohlseins. Überblickt man diese Wahl der Orte und verknüpft sie mit dem Charakter und der Persönlichkeit eines jeden Kindes, erhält man ein optimales Feedback und Anregungen, Dinge eventuell verändern zu müssen. Eine weitere Kompetenzschulung erfolgte bei den Kindern in der emotionalen Intelligenz, indem sie sich selbst und ihre eigenen Gefühle wahrnahmen. Sich in andere Gefühlslagen und Empfindungen hineinversetzen zu können, konnte noch nicht bei allen Schülerinnen umgesetzt werden. Weiterhin war zu beobachten, dass den Kindern beim Gang durch das Schulhaus zu den jeweiligen Orten das Einhalten der Gesprächsregeln sehr schwer fiel. Besonders in Situationen der Neugier und Freude konnten sie sich nur schwer zusammenreißen. Das Wissen über die Farbgebung in bestimmten Stimmungslagen wird mit den erlebten Gefühlen in der Stunde verbunden. So waren die Schüler/innen sehr schnell in der Lage, Farben für Glück, Zufriedenheit und Spaß zu nennen. Interessant war, dass sie die Farbe Rot beiden Gefühlslagen zuordneten und beschrieben, dass man manchmal mit dem Stift stärker oder auch weniger intensiv beim Malen aufdrücken muss. Die entstandenen Bilder im Anhang sprechen für sich. 18

6.2. Unterrichtsstunde 13 / 14: Regulation von Emotionen- Wir spielen miteinander und beschreiben unsere Gefühle. 6.2.1. Sachanalyse zur ausgewählten Stunde In der Erlebnispädagogik nehmen die Interaktionsspiele eine entscheidende Rolle ein. Hierbei ist der Begriff Spiel in keinem Fall auf kindliche Weise zu verstehen. Die feste Struktur der Interaktionsspiele bildet eine optimale Grundlage für die Planung konkreter Gesprächsanlässe. Es sind demnach alles ernste Spiele, obwohl gelacht wird. Sie haben alle einen pädagogischen Charakter. So definiert Klaus Vopel ein Interaktionsspiel folgendermaßen: Ein Interaktionsspiel ist eine Intervention des Gruppenleiters [ ] in die gegenwärtige Gruppensituation, welche die Aktivität aller Gruppenmitglieder durch spezifische Spielregeln für eine bestimmte Zeit strukturiert, damit ein bestimmtes Lernziel erreicht wird. (VOPEL, 1978, S.2) Auch das in Kapitel 4.2. beschriebene Auftreten und Herausbilden von Außenseiterrollen ist in Interaktionsspielen weniger stark zu beobachten. Dies ist einer der wichtigsten von vielen positiven Effekten. Zwischenmenschliche Umgangsformen sollen verändert und verbessert werden. In jeder Auswertung gilt die freie Meinungsäußerung, aber das Verbot der Wertung. Das hat den Vorteil, dass der ganze Mensch betrachtet wird. Gedanken, Gefühle, Kenntnisse, Neugier und insbesondere der Spieltrieb werden genutzt. Die Kinder werden in ihrer Sozialisation und Persönlichkeitsentwicklung gefördert, da die Lernziele dieser Spiele hauptsächlich den psychosozialen Bereich ansprechen. Erklärung der durchgeführten Interaktionsspiele: 1. Spiel: Schatzhüter: Auf einem weichen Untergrund (Matte, Decke) versucht ein Schatzhüter mit seinem Körper die Schätze (Sitzkissen, Bohnensäcke, Teppichfliesen, ) vor den Piraten zu verteidigen. Die Piraten starten von ihrer Pirateninsel am anderen Ende der Halle. Wird ein Pirat von der Hand des Schatzhüters(dieser ist giftig) berührt, muss er erst zu seiner Insel zurückkehren, bevor er erneut versuchen kann, einen Schatz zu stehlen. 2. Spiel: Das Burgspiel Bis auf ein oder zwei Spieler bilden die Kinder einen engen Kreis, die Burg. Die ausgeschlossenen Mitglieder versuchen nun die Burg zu erstürmen, indem sie auf irgendeine Weise den Kreis durchbrechen. Regel: Treten, Kratzen, Schlagen sind nicht erlaubt! In einer zweiten Runde kann ein 19

vorher ausgemachtes Wort oder ein Verhalten der Kinder, die die Burg umschließen, der Schlüssel sein, um eingelassen zu werden. 3. Spiel: Bärenfänger Die Kinder liegen mit geschlossenen Augen im Kreis. Ein Kind geht herum und tippt ein anderes an. Dieses Kind ist nun der Bär, welcher aus seinem Winterschlaf erwacht und Hunger hat. Er zählt nun leise bis 10, brüllt dann beim Aufstehen wie ein Bär und versucht drei Kinder zu fangen. Der Bär geht nun in der folgenden Runde herum und übergibt die Rolle des Bären durch Antippen einem anderen Kind. 4. Spiel: Gerecht teilen Der Gruppenleiter legt den Kindern nacheinander Dinge vor, die nicht direkt entsprechend der Anzahl der Kinder geteilt werden können. Die Gruppe sitzt im Kreis um diese Gegenstände herum. Jeweils zwei Kinder werden ausgewählt. Sie sollen Vorschläge machen, wie das, was vor ihnen liegt, geteilt werden kann, so dass beide zufrieden sind. (Spiele entnommen aus Fortbildungsskript 2011 von Stefan Müller M.A & Portmann, 2011, S.28, 68.) 6.2.2. Didaktische Überlegungen zur ausgewählten Stunde Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt. Friedrich von Schiller (1759-1805), dt. Dichter Diesem alten Zitat schließe ich mich an. Es beschreibt sehr klar, was man mit Spielen erreichen kann und warum Spiele so bedeutsam für die Persönlichkeitsentwicklung und -beobachtung sind. Um diese Beobachtungen bei den Kindern besser durchführen zu können, gestaltete ich eine Doppelstunde mit 90 Minuten. Diese Stunde orientiert sich an der klaren Struktur von Interaktionsspielen. 1. Erklärung von Ablauf und Regeln, 2. Durchführung 3. Reflexion Durch eine klare Regelsetzung am Anfang soll den Kindern die Wichtigkeit der Einhaltung bedeutsam werden und eine transparente sowie sichere Spielbasis entstehen. Unterstützend kommt das Tokkensystem in Form von einer Klammer als Eintrittskarte zum Einsatz. Diese soll den Kindern 20

helfen, sich in der Durchführung bewusster an das Regelwerk zu halten, um die wichtige Klammer, die Eintrittskarte für das letzte Spiel, nicht zu verlieren. Alle Spiele ziehen unmittelbar nach der Durchführung eine zeitnahe Auswertung nach sich. So wie in Kapitel 4.2. beschrieben, können Erst- und Zweitklässler direkt nach dem Erlebnis besser und ergebnisreicher reflektieren. Diese Phase dient der Schulung kommunikativer und argumentativer Kompetenzen und arbeitet an die im Lehrplan aufgeführten inhaltlichen Kompetenzen. Des Weiteren kann ich mich als Lehrperson nach der Erklärung völlig zurücknehmen und die Kinder in diesen herausfordernden Situationen beobachten. Interessant wird sein, ob sie trotz Aufregung fair, achtsam und respektvoll miteinander umgehen, ob die Kinder ihre gewählten Wuttricks aus Stunde 10 nutzen, um eigene Emotionen zu kontrollieren und aufkommende Wut zu regulieren. Die Erfahrungen aus den Reflexionen sollen Kinder ermutigen, gewaltfreier zu kommunizieren, zu spielen und Probleme nachhaltig zu lösen. Sie sollen durch die Reflexionsrunde angeregt werden, ihr Wissen auszutauschen und durch reden Gefühle auszudrücken. Die in Kapitel 4.2. beschriebene Befriedigung eigener Bedürfnisse soll hier überwunden werden, um den Blick auf die Mitschüler /innen zu erweitern. Kooperationsfähigkeit, egal wo und wann im Leben, ist zu einer immer stärker geforderten Qualifikation geworden und ist zukunftsorientiert unerlässlich. Je besser Menschen lernen, in einer Gruppe gemeinsam eine Aufgabe zu bewältigen, desto wahrscheinlicher werden sie im Beruf erfolgreich sein und auch im Privatleben glückliche und sinnvolle persönliche Beziehungen aufbauen können. (Norm und Kathy Green aus: Brüning/Saum, 2006, Vorwort) Folgende Begründungen sind für den Einsatz genau dieser 4 Spiele zu nennen: Schatzhüter = Umgang mit Verlust, Burgspiel = Umgang mit Ausgrenzung & Druck, Bärenfänger = Umgang mit Unsicherheit, Gerecht teilen = Umgang mit Knappheit, Fairness Abschlussritual ist das Herz der freundlichen Minuten (Anhang), um eventuell aufkommende negative Gefühle während der Spiele zu neutralisieren und einen harmonischen Abschluss zu finden. 6.2.3. Methodische Entscheidungen zur ausgewählten Stunde Der Einstieg in diese Stunde erfolgt mit dem Gefühlsbarometer. So kann ich einschätzen, wie sich die Kinder emotional fühlen und eine gezieltere Zuteilung bei emotional schweren Spielen vornehmen. Des Weiteren führe ich ein Gefühlsprotokoll, um im Nachhinein einen Überblick über Veränderungen von Gefühlslagen in Verbindung mit bestimmten Spielen und Rollen zu bekommen. 21

Während der Erklärung sitzen die Kinder im Sitzkreis auf einem Stuhl. Begonnen wird mit der Erklärung der Eintrittskarte, um von Beginn an eine hohe Aufmerksamkeit zu halten. Nun erfolgt schrittweise die Erklärung des 1. Spieles. Nach der Durchführung versammeln sich die Kinder wieder im Sitzkreis. Durch den Klang einer Triangel geschieht dieser Vorgang nonverbal. Die Kinder kommen zur Ruhe und öffnen die Augen erst nach Beendigung des anhaltenden Schlagens. Der in der Bedingungsanalyse aufgeführte hohe Gesprächsbedarf der Kinder wird hiermit unterbunden. Folgende Fragen werden dann in den vier Spielen unmittelbar nach Durchführung gestellt: 1.Spiel: Schatzhüter: Einsatz: Stimmungsbarometer Wie fühlte sich der Schatzhüter / die Piraten? Wie fühlte sich der Verlust / Gewinn an? Wann war es besonders schwierig die Schätze zu stehlen? Darf man alle Mittel zur Verteidigung einsetzen? Wann wird es unfair? Mit welchen Tricks kommt man leichter an die Schätze? Hat euch etwas überrascht? 2.Spiel: Das Burgspiel Stimmungsbarometer Wie geht es einem, wenn man in eine bereits bestehende Gruppe in die Burg will? Wie geht es einem, wenn man den Schlüssel nicht findet? Wie geht es einem, wenn man jemanden nicht einlassen möchte / nicht einlassen darf? Wie geht es einem, wenn man es in die Burg geschafft hat? Gibt es Tricks? 3.Spiel: Bärenfänger Stimmungsbarometer- Wie hat mir das Spiel gefallen? Wie fühlte sich der Bär? Wie fühlte sich der Wartende? Ist es leichter, der Bär zu sein oder der Flüchtende? 4.Spiel: Gerecht teilen Warum ist das gerechte Aufteilen so schwierig? Wie kann es bei Dingen, die nicht ausreichen, fair zugehen? Stimmungsbarometer danach 22

Zum Abschluss setze ich das Herz der freundlichen Minuten ein. Reihum geben die Kinder das Herz an einen seiner/ ihrer Mitschüler/innen weiter und sagt ihm / ihr, was er besonders gern an ihm / ihr mag. 6.2.4. Ziele und Verlauf Groblernziel: Die Schüler/innen können durch Interaktionsspiele Gefühlslagen von sich selbst und von anderen zeitnah und ausdrucksstark beschreiben, sich regulieren und eigenverantwortlich handeln. Feinziele : Die Schüler/innen können ihre Emotionen bewusst in allen Phasen während der Interaktionsspiele reflektieren und kontrollieren. aktiv zuhören. andere Verhalten und andere Sichtweisen versuchen zu verstehen und ggf. die eigene Meinung dagegen halten. durch die Spiele, gezielte Fragen und Vorlage des Stimmungsbarometers ihre Gefühle zunehmend genauer beschreiben. Zeit Phase Lehrer-Schüler-Interaktion SF Medien 5 min Einstieg ZO / MO Erklärung L. erläutert Verlauf und Inhalte der heutigen AG L. verweist auf Regel mit der Klammer Folgende Spiele laufen immer in gleichen Phasen ab. Sitzkreis, Plenum Klammern, Buch mit Spielen, großer Raum, Triangel Zeit pro Spiel ca. 20 min. 5 min Durchführung Reflexion, Abschluss Schatzhüter Burgspiel Bärenfänger Gerecht teilen Sch. fassen gemachte Erfahrungen zusammen und sagen sich gegenseitig etwas Gutes. Matten, Schätze, 5 Bonbons, 3 Figuren, 2 unterschiedl. große Bücher einen Globus Herz 23