US FOREIGN ACCOUNT TAX COMPLIANCE ACT Ab 2013 neue weltweit anwendbare Melde- und Quellensteuerregeln für Investoren im US-Kapitalmarkt

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Transkript:

URS KAPALLE JEANINE BLUMER Die Bekämpfung der Steuerflucht steht in den USA weit oben auf der politischen Agenda. Neue Regeln mit extraterritorialer Wirkung sollen dem amerikanischen Fiskus Einblick in sämtliche Konto- und Depotwerte von US-Steuerpflichtigen rund um den Globus gewähren. Dafür sind die USA bereit, ihre Standortattraktivität für Investoren aufs Spiel zu setzen. Das Druckmittel für die Durchsetzung der neuen Vorschriften ist eine neue Quellensteuer von 30%. Ab 2013 neue weltweit anwendbare Melde- und Quellensteuerregeln für Investoren im US-Kapitalmarkt Im März 2010 wurde in den USA das neue Gesetz Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA) verabschiedet. Dieses wird die Rahmenbedingungen im amerikanischen Kapitalmarkt für die nicht amerikanischen Finanzdienstleister grundlegend verändern [1]. Die USA streben die weltweite Transparenz für ihre Steuerpflichtigen in bezug auf Konto- und Depotwerte an. Mit dem neuen Gesetz möchten sie durchsetzen, dass grundsätzlich alle Finanzdienstleister rund um den Globus dem amerikanischen Fiskus periodisch und automatisch die Identität und die Vermögenswerte der von ihnen betreuten amerikanischen Kunden melden. Als Druckmittel dazu dient eine neue und zusätzliche 30%-ige Quellensteuer, welche auf sämtlichen Einkünften aus amerikanischen Wertschriften anfallen wird. Diese neue Steuer gilt für beinahe alle Finanzdienstleister ausserhalb der USA, welche für ihre Kunden oder für eigene Rechnung in US-Wertschriften investieren. Sie kann nur vermieden werden, wenn der nicht amerikanische Finanzdienstleister mit der US-Steuerbehörde einen Vertrag abschliesst, welcher detaillierte Identifikations- und Meldepflichten für Konten und Depots von amerikanischen Kunden vorsieht [2]. Wie der Pressemitteilung des Weissen Hauses in Washington zu entnehmen ist, hat US-Präsident Obama dieses neue Gesetz bei schönstem Wetter am Morgen des 18. März 2010 im Rosengarten hinter dem Weissen Haus unterzeichnet und verabschiedet [3]. Ob das neue Regelwerk dem US-Fiskus tatsächlich eine strahlende Zukunft bescheren, oder sich als Flopp für den amerikanischen Kapitalmarkt erweisen wird, dürfte im Wesentlichen davon abhängen, wie praxisbezogen und pragmatisch die Ausführungsbestimmungen lauten werden, welche das US-Schatzamt zum Gesetz noch erlassen muss. Es stellt sich die Frage, wie viele nicht amerikanische Finanzdienstleister aus rein betriebswirtschaftlichen Überlegungen, insbesondere vor dem Hintergrund des Risikomanagements, bereit sein werden, die neuen komplizierten Bürden auf sich zu nehmen. Formal gesehen, handelt es sich bei FATCA lediglich um Bestimmungen, welche zum Zweck der Gegenfinanzierung einer übergeordneten Gesetzesvorlage, des so genannten Hire Act, eingeführt worden sind. Der Hire Act enthält u. a. eine Reihe von Steuervergünstigungen im Unternehmensbereich. Mit FATCA wollen die USA die Steuerhinterziehung von US-Steuerpflichtigen bekämpfen und das Steuerinkasso erhöhen, um im Gegenzug steuerliche Anreize in bezug auf die Schaffung von Arbeitsplätzen oder deren Fortführung schaffen zu können [4]. Allerdings betreffen die Vorschriften dieser «Gegenfinanzierungsmassnahmen» einige hunderttausend Banken und andere Finanzunternehmen ausserhalb der USA und können einen Einfluss auf beinahe den gesamten grenzüberschreitenden US-Kapitalmarkt haben. Keineswegs handelt es sich bei FATCA bloss um ein Thema der Anwendung und Verwaltung von Melde- Steuervorschriften. Die Vorlage hat vielmehr eine wirtschafts- und steuerpolitische Dimension. In diesem Beitrag werden die heute bereits bekannten Konsequenzen von FATCA für den Finanzsektor der Schweiz erläutert [5]. URS KAPALLE, RECHTSANWALT, DIPL. STEUEREXPERTE, MITGLIED DER DIREKTION, LEITER FINANZPOLITIK UND STEUERN, SCHWEIZE- RISCHE BANKIER- VEREINIGUNG, BASEL, URS.KAPALLE@SBA.CH JEANINE BLUMER, WIRTSCHAFTSJURISTIN, WISSENSCHAFTLICHE MITARBEITERIN, FINANZPOLITIK UND STEUERN, SCHWEIZE- RISCHE BANKIER- VEREINIGUNG, BASEL, JEANINE.BLUMER@SBA.CH 10 2010 DER SCHWEIZER TREUHÄNDER 731

1. HINTERGRUND FATCA hat eine längere Entstehungsgeschichte und kann als Weiterentwicklung der amerikanischen Qualified-Intermediary(QI)-Regeln verstanden werden. Das QI-System wurde durch die USA im hr 2001 eingeführt. Es wird von rund 5500 aus ländischen Banken angewendet und dient dem Zweck Quellensteuer- und Meldevorschriften im Zusammenhang mit US-Wertschriften anzuwenden [6]. Die US-Behörde Government Accountability Office (GAO) hat im hr 2007 eine Untersuchung über die Anwendung des QI vorgenommen und kam zum Schluss, dass diejenigen ausländischen Banken, welche QI anwenden, dies grundsätzlich sorgfältig und einwandfrei tun, dass aber innerhalb der QI-Regeln, d. h. im amerikanischen Steuerrecht, Lücken bestehen, deren Schliessung empfohlen wurde [7]. In den Folgejahren wurden in diesem Zusammenhang, und auch aus anderen Anlässen, in den USA eine Reihe von Gesetzesvorstössen unternommen, welche zur Eindämmung der Steuerflucht hätten führen sollen [8]. In den USA mehrheitsfähig war aber erst die FATCA-Vorlage, welche im September 2009 vom Joint Committee on Taxation des amerikanischen Parlaments vorgestellt wurde. Sie wurde dann im Schnellzugstempo im Frühjahr 2010 verabschiedet. 1.1 QI versus FATCA. FATCA geht wesentlich über die bisherigen QI-Regeln hinaus und bezweckt einen einseitigen automatischen Informationsaustausch für amerikanische Steuerpflichtige. Deshalb lohnt sich ein kurzer Vergleich zwischen QI und FATCA. Unter den QI-Regeln können nicht amerikanische Finanzdienstleister ein Abkommen mit der US-Steuerbehörde Internal Revenue Service (IRS) eingehen und werden zu sogenannten Qualified Intermediaries [9]. Dieser Vertrag soll die US-Quellensteuer- und Meldepflichten für US-Wertschriften in bezug auf ausländische Finanzintermediäre anhand vorgegebener Abläufe erleichtern. In der Schweiz dürften rund 90% aller Banken ein QI-Abkommen unterzeichnet haben. Sie melden dem IRS periodisch die Einkünfte aus US-Wertschriften sowohl von amerikanischen Steuerpflichtigen, wie auch von nicht amerikanischen Kunden. Für die Letzteren kann der QI die Quellensteuererleichterungen gemäss den Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen den USA und dem jeweiligen Wohnsitzland des Kunden in Anspruch nehmen. Die Erlaubnis zur direkten Inanspruchnahme des DBA-Netzes der USA ist für den Vermögensverwaltungsstandort Schweiz mit seiner vorwiegend internationalen Kundschaft ein Vorteil. Die QI-Regeln bedeuten hingegen nicht, dass QI-Banken dem IRS jeden US-Steuerpflichtigen melden müssen. Anhand der von den USA definierten Regeln, werden Amerikaner nur gemeldet, wenn sie bei der entsprechenden QI-Bank US-Wertschriften halten, sonst nicht. Auch die Regeln, welche aus US-Sicht in bezug auf Offshore-Gesellschaften, Trusts und Stiftungen gelten, können dazu führen, dass für amerikanische Steuerpflichtige, welche an solchen Strukturen wirtschaftlich berechtigt sind, keine Meldepflicht vorgesehen ist. Der Fokus von FATCA liegt nun nicht mehr allein auf der korrekten Anwendung von Quellensteuer- und Meldevorschriften für US-Wertpapiere sondern bei einer umfassenden Meldung sämtlicher amerikanischen Kunden. 1.2 Grundprinzip von FATCA. Die ratio legis von FATCA liegt in der Identifikation und Meldung von US-Steuerpflichtigen, welche über Konto- und Depotwerte bei Finanzdienstleistern mit Sitz ausserhalb der USA verfügen. Um dies gegenüber allen Finanzunternehmen rund um den Globus durchzusetzen, führen die USA eine neuen zusätzliche Quellensteuer von 30% auf Zahlungen von US-Wertschrifteneinkünften (Zinsen, Dividenden, Verkaufserlöse usw.) an sogenannte foreign financial institutions () ein. Bei den handelt es sich um Finanzdienstleistungsunternehmen jeder Art, d. h. alle Banken, Broker, Vermögensverwalter, Fonds, und teilweise auch Versicherungen ausserhalb der USA [10]. können die neue Quellensteuer nur vermeiden, wenn sie mit dem US Schatzamt/IRS einen Vertrag abschliessen, unter welchem sie sich verpflichten, sämtliche US-Kunden sowie deren Einkünfte (auch aus Nicht-US- Quellen) periodisch zu melden. Eine Ausnahme von der Meldepflicht besteht für Konto- und Depotwerte bis zu USD 50 000. Es ist vorgesehen, dass die FATCA Vorschriften auch für die QI gelten [11]. Doch der Kreis der Betroffenen ist im Vergleich zum QI ein Vielfaches grösser. Branchenverbände schätzen, dass weltweit mehrere hunderttausend Finanzdienstleistungsunternehmen unter dem FATCA als qua lifizieren. Eine Rückerstattung der Quellensteuer gegen Meldung ist theoretisch vorgesehen, aber aus US-Sicht wird nicht damit gerechnet, dass überhaupt Quellensteuern anfallen, da diese lediglich ein Druckmittel darstellen sollen. Die Praxis wird zeigen, ob der IRS auf Rückerstattungsanträge vorbereitet sein wird oder nicht. Das Inkrafttreten der neuen Vorschriften ist am 1. nuar 2013. 2. BEGRIFFSBESTIMMUNGEN Der soll einen Vertrag mit dem IRS eingehen, unter welchem er sich verpflichtet, die neuen Meldevorschriften auszuführen. Diese beinhalten neue Begriffe, anhand welcher die Kunden analysiert und kategorisiert werden müssen. Es gilt dabei diejenigen Kunden zu ermitteln und dem IRS zu melden, welche eine potentielle Steuerpflicht in den USA begründen. Diese Beziehungen werden unter dem Begriff der US Accounts subsumiert. Folgende Begriffe werden unter FATCA neu eingeführt: 2.1 Foreign Financial Institution (). Unter dem sehr breiten Begriff werden alle ausländischen Finanzintermediäre subsumiert [12], welche in den USA eine Geschäftstätigkeit ausüben. Banken, Broker, Fonds, Vermögensverwalter, teilweise Versicherungen, Trusts sowie evtl. noch durch das US-Schatzamt zusätzlich zu definierende Finanzintermediäre sind somit grundsätzlich betroffen [13]. 2.2 US Account. Ein sogenannter US Account [14] ist ein Bankkonto, welches direkt oder indirekt von einer US-Person gehalten wird bzw. an welchem eine US-Person wirtschaft- 732 DER SCHWEIZER TREUHÄNDER 2010 10

STEUERN lich berechtigt ist. Sollte ein US Account identifiziert werden, so muss dieser unter dem Agreement dem IRS auf einer jährlichen Basis gemeldet werden. 2.3 (Specified) US-Person. Unter dem weitgefassten Begriff der US-Person werden sowohl natürliche wie juristische Personen, als auch Personengesellschaften, erfasst. Unter den Begriff fallen unabhängig von ihrem effektiven Wohnsitz US-Bürger, US-Doppelbürger, Besitzer einer Green Card oder auch Personen, welche den sogenannten substantial presence test [15] erfüllen. Eine Person, welche sich beruflich einen Teil des Kalenderjahres für Sitzungen und Arbeiten in den USA aufhält, würde unter Umständen diesen Test erfüllen und dadurch eine Steuerpflicht in den USA begründen. Vom Begriff der US-Person ausgenommen sind nach derzeitigen Kenntnissen öffentlich gehandelte US Corporations und deren Gruppengesellschaften, steuerbefreite Organisationen, individuelle Rentenpläne, Vorsorgeeinrichtungen sowie staatliche Organisationen [16]. 2.4 United States Owned Foreign Entity Non Financial Foreign Entity (NFFE). Selbst ein ausländisches Unternehmen kann einen meldepflichtigen US Account begründen, wenn eine Anknüpfung an die USA vorliegt. Dies ist dann möglich, wenn an einer Unternehmung mindestens ein sogenannter substantial US owner beteiligt ist. Ein substantial US owner ist eine US-Person, welche direkt oder indirekt zu mindestens 10% an einer Corporation im US-Sinn beteiligt ist, Anteile an einem Partnership oder 10% des wirtschaftlichen Interesses an einem Trust hält [17]. Sollte es sich beim ausländischen Unternehmen um einen ausländischen Finanzintermediär handeln, so sinkt die Beteiligungsquote einer US-Person auf 0%, sprich jede beteiligte US-Person muss dem IRS gemeldet werden, unabhängig ihrer Beteiligungsquote. Alle ausländischen Gesellschaften, welche nicht als qualifizieren und damit nicht einer Tätigkeit des Finanzsektors nachgehen, sind dem Begriff der Non-Financial Foreign Entity (NFFE) unterstellt [18]. Sofern solche NFFE als Kunden haben, sind sie verpflichtet, zu identifizieren, ob US- Abbildung 1: FUNKTIONSWEISE DES FATCA* 30% QS ohne Abkommen Theoretische Rückforderung möglich für Non US Accounts US Custodian Dividende aus US-Quelle unterliegt neu für alle Inhaber gleichermassen der 30% QS mit Abkommen Konto/Depot Natürliche Person Entity Non US Person US-Person NFFE recalcitrant OK Meldung Auflösen US owned < 10% US owned > 10% mit Akommen ohne Abkommen recalcitrant OK Meldung Auflösen OK 30% QS Achtung, falls US owned Zusätzliche Meldung des substantial US owner *Änderungen vorbehalten aufgrund Ausführungsbestimmungen 10 2010 DER SCHWEIZER TREUHÄNDER 733

Personen massgeblich an diesen NFFE beteiligt sind. Trifft dies zu, müssen auch diese Beziehungen in die USA gemeldet werden. 3. FATCA ALS RAHMENGESETZ Die FATCA-Gesetzgebung wurde bewusst als eine Art Rahmengesetz ausgestaltet, wobei dem US-Schatzamt diverse Kompetenzen zur Regelung der Detailvorschriften überlassen worden sind. Das US-Schatzamt wird sich somit anlässlich des Erlasses der regulations genannten Ausführungsvorschriften im Detail mit sämtlichen Anwendungsfragen der neuen Vorschriften auseinandersetzen müssen. Im Gesetz finden sich an rund 25 Stellen Verweise zu verschiedenen Bereichen, welche dem US-Schatzamt zur Regelung überlassen werden. Die wichtigsten davon sind die Bestimmungen zur Kundenidentifikation, der Kreis der betroffenen Finanzdienstleister und der Ausnahmen vom Gesetz. Auch der Inhalt der -Abkommen wird vom US-Schatzamt bzw. dem IRS ausgearbeitet. Bevor alle diese Details nicht bekannt sind, können noch keine abschliessenden Beurteilungen über diverse Fragen abgegeben werden. 4. FUNKTIONSWEISE DES FATCA Die Funktionsweise des FATCA ist stark vereinfacht und am Beispiel einer Dividendenzahlung grafisch in Abbildung 1 dargestellt. Dividendenzahlungen an mit Abkommen können ohne Quellensteuer von 30% erfolgen (nicht behandelt werden hier die US-Quellensteuern non resident alien withholding (NRA) von 30% und backup withholding von 28%, welche zusätzlich anfallen, bzw. anfallen können). Der Umstand, dass ein ein Abkommen mit dem IRS geschlossen hat, reicht aus, damit die Zahlung ohne den Abzug von 30% erfolgt. Hingegen werden dem aufgrund des Abkommens mit dem IRS weitreichende Reporting- und Sorgfaltspflichten auferlegt, welche er einhalten muss. Er muss seine Kunden entsprechend den Vorgaben analysieren und in US Accounts und Non US Accounts unterteilen. Wird ein US Account identifiziert, so muss der Vertragspartner oder falls bekannt der wirtschaftlich Berechtigte darüber informiert werden. Er hat grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Er kann der Offenlegung seiner Kontoinformationen zustimmen [19] oder die Zustimmung verweigern. Sollte er keine Zustimmung erteilen, so ist der ausländische Finanzintermediär verpflichtet, die Kundenbeziehung aufzulösen. Andernfalls wird eine jährliche Meldung an den IRS gemacht. Einem, welcher sich dem FATCA-Regime nicht unterstellt, wird auf allen Auszahlungen von Dividenden, Zinsen, Verkaufserlöse usw. 30% Quellensteuer abgezogen, und zwar unabhängig davon, ob der diese Zahlung für einen amerikanischen oder für einen nicht-amerikanischen Kunden oder aber für eigene Rechnung vereinnahmt. Die Quellensteuer fällt somit und etwas untechnisch ausgedrückt erga omnes an. 4.1 -Abkommen. Unter den künftigen Abkommen müssen die die folgenden sechs grundsätzlichen Pflichten übernehmen: Sie müssen «Für die Zwecke der Identifizierung und der nachfolgenden Meldung muss eine Unterscheidung in natürliche Personen und andere ( juristische Personen und Personengesellschaften) gemacht werden.» US Accounts identifizieren; sich dazu verpflichten den Vorschriften der US-Behörden zu folgen und Prüfungen zulassen; US Accounts melden; in gewissen Fällen als nicht-amerikanische Finanzdienstleister die 30% Quellensteuer selbst abführen; den US-Steuerbehörden alle weiteren Informationen liefern, welche vom US-Schatzamt bestimmt werden können; falls das aufgrund der für sie geltenden lokalen Gesetzgebung nötig ist, von den Kunden Verzichte auf das Bankgeheimnis einholen. 4.2 Identifizierung und Meldung. Für die Zwecke der Identifizierung und der nachfolgenden Meldung muss eine Unterscheidung in natürliche Personen und andere (juristische Personen und Personengesellschaften) gemacht werden. Bei natürlichen Personen muss festgestellt werden, ob es sich um eine US-Person handelt [20]. Sollte dies der Fall sein, muss mit Einverständnis des Kunden eine Meldung an den IRS gemacht werden, oder die Kundenbeziehung ist aufzulösen. Handelt es sich hingegen nicht um eine natürliche Person, muss ermittelt werden, ob es sich um einen oder um einen NFFE handelt. Bei den muss zudem unterschieden werden, ob es sich um einen Finanzintermediär mit oder ohne Agreement handelt. Für den Fall, dass ein Agreement vorliegt, endet an dieser Stelle die Sorgfaltspflicht des. Andernfalls muss ein Quellensteuerabzug erfolgen oder die Geschäftsbeziehung aufgelöst werden, die genauen Folgen sind noch nicht geklärt. Wurde jedoch eine NFFE identifiziert, muss geklärt werden, ob diese NFFE eine US Owned Foreign Entity ist. Sollte dies der Fall sein, müsste der substantial US owner mit seinem Einverständnis an den IRS gemeldet werden. Sollte jedoch keine Erlaubnis zur Offenlegung bzw. Meldung erteilt werden, so wäre der Finanzintermediär gezwungen, die Geschäftsbeziehung aufzulösen. Kommt es zu einer Meldung der identifizierten US Accounts an den IRS, müssen bei einer natürlichen Person jeweils der Name, Vorname, Adresse, Geburtstag, Steueridendifikationsnummer [21], Kontonummer sowie die Vermögenswerte jährlich gemeldet werden [22]. Bei einem Unternehmen werden neben den analogen Informationen in bezug auf den substantial US owner zusätzlich beispielsweise der Sitz, die Adresse, Vermögenswerte usw. des Unternehmens bekanntgegeben werden. In Abbildung 2 werden die Pflichten eines in bezug auf die verschiedenen Kundenkategorien zusammengefasst. 734 DER SCHWEIZER TREUHÄNDER 2010 10

STEUERN Abbildung 2: PFLICHTEN DES NACH KUNDENKATEGORIEN* Kundentyp Pflichten der Bank Identifizieren Waiver einholen Melden Natürliche Person US Natürliche Person Nicht-US, dass nicht US mit Abkommen Ausgenommene ohne Abkommen und nicht ausgenommen; Typ 1471 (d) (5) (A + B), dass mit Abkommen, dass ausgenommene, dass ohne Abkommen Quellensteuer erheben, US-Inhaber ab 10% NFFE, US-Inhaber ab 10% NFFE Typ 1471 (d) (5) (C), alle US-Inhaber >0% Ausgenommene NFFE, dass ausgenommene NFFE Beziehung künden US entities Ausgenommene US entities Widerspenstiger Kunde a) macht keine Angaben zur Identität b) macht keine Angaben für die Meldungen c) gibt keine Verzichts erklärung ab, dass ausgenommene US entity * Änderungen vorbehalten aufgrund Ausführungsbestimmungen 4.3 Sanktionen. In FATCA ist festgehalten, dass der IRS grundsätzlich dazu berechtigt ist, den Vertrag mit einem ausländischen Finanzintermediär aufzulösen, sollte Letzterer sich nicht an die Vorschriften im Vertrag halten [23]. Die detaillierte Ausgestaltung der Sanktionen wird Sache des US-Schatzamts sein. Was geschieht, wenn ein ausländischer Finanzintermediär nicht erkennt, dass einer seiner Non US Accounts beispielsweise durch den neu erlangten Besitz einer Greencard plötzlich als US Account qualifiziert? Es ist noch unklar, wie der IRS in solch einem Fall verfahren würde. 5. AUSWIRKUNGEN AUF DEN FINANZPLATZ SCHWEIZ In bezug auf die Banken in der Schweiz welche dem QI- Regime unterstehen, wird das bestehende QI-Abkommen wahrscheinlich einseitig durch den IRS abgeändert bzw. auf FATCA ergänzt werden. Der IRS hat sich in den QI Agreements die einseitige Anpassung vorbehalten. Die Finanzintermediäre hingegen haben die Möglichkeit, den QI-Vertrag jederzeit zu kündigen. Neben den Banken sind aber alle weiteren Finanzdienstleister direkt oder indirekt betroffen, wie die Vermögensverwalter, die Fondsanbieter und je nach Ausgestaltung der regulations auch Versicherungsunternehmen. 5.1 Probleme in bezug auf unterschiedliche AML-/KYC- Standards. Die Schweiz hat sehr hohe Standards in der Geldwäschereiprävention, welche durch das international massgebende Gremium Financial Action Task Force (FATF) anerkannt sind [24]. Diese schweizerischen Vorschriften und teilweise auch diejenigen anderer Staaten unterscheiden sich «Die Schweiz hat sehr hohe Standards in der Geldwäschereiprävention, welche durch das international massgebende Gremium Financial Action Task Force (FATF) anerkannt sind.» in gewisser Hinsicht aber stark von den Erfordernissen zur Kundenidentifikation, wie sie von den USA nun für die Zwecke von FATCA gefordert werden. Das führt für die Schweiz und auch für andere Länder zu diversen Problemen, z. B. bei der Identifikation hinsichtlich Gesellschaften. So wird in der Schweiz beispielsweise stets der wirtschaftlich Berechtigte eines Vermögenswerts ermittelt und zwar unabhängig von einer allfälligen Beteiligungsquote. Ferner werden Gesellschaften in einem ersten Schritt in aktive und 10 2010 DER SCHWEIZER TREUHÄNDER 735

«Der FATCA enthält eine für die europäische Fondsbranche in bezug auf den US-Kapital - markt beinahe alles entscheidende Ausnahmemöglichkeit.» passive Gesellschaften unterteilt. Dies ermöglicht eine erste Triage mit der positiven Konsequenz, dass sich die Anzahl der zu analysierenden Unternehmen massiv verringert. Die USA stellen hingegen mit FATCA auf Beteiligungsquoten ab. Dies geht weniger weit als der Schweizer Standard, dafür wird eventuell keine Unterscheidung in aktive oder passive Gesellschaften vorgenommen. Es liegt daher beim US-Schatzamt die Ausführungsbestimmungen zu den Identifikationsvorschriften so auszugestalten, dass sie von allen betroffenen Ländern auch angewendet werden können. Es stellt sich auch die Frage, ob die Geldwäschereibestimmungen alle Länder weltweit in der Lage sind, die Vorgaben der USA zu FATCA zu erfüllen. Die Vorschriften zur Kundenidentifikation, welche die USA nun künftig von den Finanzdienstleistern ausserhalb der USA fordern, gehen teilweise weiter als die Vorschriften, welche für die USA und die amerikanischen Finanzdienstleister selbst gelten [25]. Zudem kann man die Frage aufwerfen, weshalb die USA nicht auch die Lücken bei den Steueroasen auf dem eigenen Territorium schliessen. Ein, welcher z. B. eine Panamaische Offshore-Gesellschaft als Kunden hat, muss abklären, ob an der Gesellschaft US-Personen massgeblich beteiligt sind, und wenn ja entsprechend Meldung erstatten. Dies ist eventuell nicht der Fall, wenn der eine Delaware-Gesellschaft zum Kunden hat. Bei der Delaware-Gesellschaft handelt es sich von der Definition her nicht um eine «foreign» entity, d. h. weder um einen noch um einen NFFE. Aufgrund der FATCA-Vorschriften müsste die Kundenbeziehung mit der Delaware-Gesellschaft vom wohl als US Account ge meldet werden, der muss aber nicht abklären, ob an der Gesellschaft eine US-Person wirtschaftlich berechtigt ist, und falls das zutreffen sollte, auch keine entsprechende Meldung vornehmen. Inwiefern hier eine Lücke im FATCA-Gesetz besteht, welche durch das US-Schatzamt geschlos sen werden müsste, damit die vor Missbräuchen durch Kunden geschützt werden, kann im Moment noch nicht definitiv beurteilt werden. 5.2 Neukunden. Die Identifikation von Neukunden stellt konzeptionell kein allzu grosses Problem dar, ist aber administrativ mit einem entsprechenden Aufwand verbunden. Zudem werden sich viele neue Kunden darüber wundern, wenn sie von US-Vorschriften betroffen sind. Wenn z. B. eine «nonna» in Italien bei ihrer regionalen Sparkasse ein Konto für ihren Enkel eröffnen will, läuft es darauf hinaus, dass sie bestätigen muss, dass das zukünftige Bankkonto nicht als US Account qualifiziert, sie also keine US-Person ist. 5.3 Bestehende Kunden. Wesentlich schwieriger wird sich die Identifikation von bestehenden Kunden gestalten. Die Daten, welche neu unter FATCA erhoben werden müssen, sind teilweise bislang nicht oder nicht in dieser Form vorhanden. Je nach Ausgestaltung der Ausführungsbestimmungen kann die Bank sogar gezwungen sein, all ihre Kunden anzuschreiben und sie zu befragen. In der Praxis, z. B. bei der Einführung der EU-Zinsbesteuerung im hr 2005 hat sich gezeigt, dass es mit dem Rücklauf solcher Massenversendungen nicht immer zum Besten steht. Da stellt sich natürlich die Frage, wie mit denjenigen Kunde vorzugehen ist, welche sich auf ein solches Schreiben nicht melden. Der Europäische Bankenverband schlägt dem US-Schatzamt deshalb vor, dass die Identifikation anhand der beim bereits vorhanden Angaben zum AML-/KYC-Bereich vorgenommen wird, sofern diese elektronisch vorhanden sind. Im weiteren ist unklar, wie eine Bank stets im Bild darüber sein kann, wenn sich die Lebenssachverhalte ihrer Kunden und die damit verbundene Qualifikation als US-Person ändert. Aus schweizerischer Sicht wenig Sinn ergibt eine Identifizierung von schweizerischen oder ausländischen operativen Gesellschaften. Sollen die Ausführungsbestimmungen zu FATCA wirklich verlangen, dass Schweizer Banken ihre Kommerzkunden, wie z. B. die Gärtnerei AG im Berner Oberland, oder das Baugeschäft in Kreuzlingen auf mögliche Amerikaner als Beteiligte durchleuchten müssen? 5.4 Kollektive Kapitalanlagen. Allein gemäss dem Europäischen Branchenverband für kollektive Kapitalanlagen EFAMA, welchem auch die Swiss Funds Association (SFA) angehört, bestehen in europäischen Ländern über 75 000 kollektive Kapitalanlagen, bzw. Anlagefonds. In diese wiederum investieren Millionen von Anlegern. Anlagefonds können «Die Vorschriften zur Kunden identi fikation, welche die USA nun künftig von den Finanzdienstleistern ausserhalb der USA fordern, gehen teilweise weiter als die Vorschriften, welche für die USA und die amerikanischen Finanzdienstleister selbst gelten.» nach der Definition des FATCA als gelten. Den Fonds nach europäischem Muster ist es aber aufgrund von rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten gar nicht möglich, ein vollständiges Bild über alle ihre Investoren zu haben, zu komplex sind die Vertriebsstrukturen der Fondsanteile über zahlreiche Vertriebs- und Untervertriebsträger. Zudem wechselt ein gewisser Prozentsatz der Fondsanteile täglich ihren Besitzer [26]. Der FATCA enthält deshalb in Sec. 1471 (b) (2) (B) eine für die europäische Fondsbranche in bezug auf den US- 736 DER SCHWEIZER TREUHÄNDER 2010 10

STEUERN Kapitalmarkt beinahe alles entscheidende Ausnahmemöglichkeit. The Secretary, das heisst das US-Schatzamt, hat die Möglichkeit, bestimmte Klassen von von den Bestimmungen des FATCA auszunehmen. Die vorgenannte Vorschrift zielt hier u. a. speziell auf Anlagefonds ab [27]. 5.5 Institutionelle Anleger. Gewichtige institutionelle Anleger, wie nicht-amerikanische Pensionskassen, aber auch nicht-amerikanische Zentralbanken halten grosse Positionen an US-Wertpapieren vor allem an US-Staatsanleihen. Es kommt nicht von ungefähr, dass die USA dieses Segment weitgehend vom Anwendungsbereich des FATCA ausnehmen möchten, da aus US-Sicht hier kein grosses Risiko auf Steuerhinterziehung von US-Personen bestehen sollte. Es bleiben hingegen neben den vorstehend genannten Anlagefonds substantielle institutionelle Anleger, wie Banken, Versicherungen, oder staatlich wie auch halbstaatlich geführte Fonds, welche neben den Portfolioinvestoren einen nicht zu unterschätzenden Teil an US-Anlagen halten, und die durch FATCA einem potentiellen Quellensteuerrisiko ausgesetzt sind. 6. AUSBLICK UND WEITERE ARBEITEN DER REGULATOREN UND DER BRANCHE Beim Erlass des FATCA haben sich die europäischen Bankenverbände und mit ihnen die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) in diversen formellen Eingaben und in Gesprächen mit dem US-Kongress für zwei Dinge eingesetzt [28]: Das Inkrafttreten von FATCA war ursprünglich vorgesehen auf den 1. nuar 2010. Hier hat man genügend Zeit für die Umsetzung der komplexen Regeln gefordert. Zweitens wurde die Ausgestaltung des neuen Steuergesetzes in der Form eines Rahmenerlasses vorgeschlagen, welcher dem US- Schatzamt möglichst weite Kompetenzen für die praxisnahe Ausgestaltung gibt. Beide Anliegen wurden gehört und dadurch dem US-Schatzamt bzw. IRS diverse Kompetenzen zur Ausgestaltung der Ausführungsbestimmungen übertragen. Nach Erlass des Gesetzes wurden die internationalen Interessenverbände erneut eingeladen, eine Stellungnahme im Hinblick auf die betroffenen Jurisdik tionen und die Herausforderungen und Probleme einer Umsetzung von FATCA einzureichen [29]. Die gemeinsame Stellungnahmen der EBF, IIB und der SBVg sowie die diversen Treffen mit Vertretern des US-Kongresses, des US-Schatzamts und der US-Steuerbehörden stiessen bisher grundsätzlich auf ein positives Echo. Konkrete Ergebnisse hinsichtlich der Ausführungs bestimmungen stehen aber noch aus. Grundsätzlich stellt sich die Frage, inwiefern es sich für ausländische Finanzdienstleister künftig noch lohnt, in US-Wertschriften zu investieren bzw. US-Kundenbeziehungen zu pflegen. Es gilt eine Interessenabwägung vorzunehmen, ob die Chancen oder die Risiken dieses Geschäftszweigs überwiegen. Es bleibt letztlich jedem nicht-amerikanischen Finanzdienstleister selbst überlassen, anhand von rein betriebswirtschaftlichen Überlegungen eine Kosten-Nutzen- Analyse zu erstellen. Für die USA besteht das latente Risiko, dass diverse Finanzintermediäre sich entscheiden, aus dem Geschäft mit US- Wertschriften auszusteigen. Es gibt weltweit Tausende von Finanzintermediären, welche nur zu einem gewissen Prozentsatz direkt in US-Wertpapiere investieren, oder nur wenige US-Steuerpflichtige als Kunden bedienen. Für diese vor allem kleineren oder mittleren rund um den Globus kann es sich eventuell nicht lohnen die -Bürden auf sich zu «Grundsätzlich stellt sich die Frage, inwiefern es sich für ausländische Finanzdienstleister künftig noch lohnt, in US-Wertschriften zu investieren bzw. US-Kundenbeziehungen zu pflegen.» nehmen. Dies dürfte für die USA nicht zu unterschätzende Folgen haben. Investitionen in US-Unternehmen könnten im Vorfeld des 1. nuar 2013 und auch später entscheidend einbrechen. Um dieses Szenario zu verhindern, muss dem IRS und US-Schatzamt daran gelegen sein, bei der Ausarbeitung der Ausführungsbestimmungen auf möglichst viele der in den Stellungnahmen eingereichten Aspekte einzugehen. Andernfalls ist die Chance gross, dass sich eine hohe Zahl der aus rein betriebswirtschaftlichen Überlegung heraus dem FATCA nicht unterstellen und als Folge ihre Investitionen aus den USA zurückziehen werden. Dabei soll nicht schwarz gemalt werden, aber das Potential für ein Worst- Case-Scenario ist durchaus gegeben. Nach schweizerischem Recht gilt die Herausgabe von Kundendaten an eine Drittpartei als Verstoss gegen das Bankkundengeheimnis [30]. Zudem verbietet das Schweizerische Strafgesetzbuch Handlungen für die Dienste eines fremden Staates [31]. Für die Schweizer Finanzintermediäre, welche sich dem FATCA-Regime unterwerfen, ergibt sich somit ein Spannungsfeld zwischen Schweizer und US-Recht. Wie bereits im Rahmen des QI-Regimes, werden die betroffenen Schweizer Finanzintermediäre in globo beim Bundesrat eine Erlaubnis einholen müssen, wodurch der Verstoss gegen das Strafrecht in der Schweiz keine Sanktionen nach sich ziehen wird. Aufgrund der Informationen, welche derzeit verfügbar sind, sowie der grossen Unklarheiten, dürfen keine voreiligen Schlüsse gezogen werden. Für den Moment kann daher nur Folgendes empfohlen werden: Die einzelnen Finanzunternehmen sind gut beraten, sich mit den möglichen Folgen der neuen US-Regeln auseinanderzusetzen. In einem ersten Schritt gilt es abzuklären, wie stark sie von dieser neuen Gesetzgebung betroffen sind. Im Anschluss daran können erste Überlegungen hinsichtlich einer möglichen Unterstellung unter das neue Gesetz angestellt werden. Die Schweiz ist einer der bedeutendsten Finanzplätze der Welt. Schweizer Finanzintermediäre sollten sich aus strategischen Überlegungen grundsätzlich den Marktzugang zu den Finanzmärkten in Europa, Asien, Amerika und anders wo 10 2010 DER SCHWEIZER TREUHÄNDER 737