Strukturiertes Vorgehen bei akuter Otitis media Jan Peter Thomas, Reinhard Berner, Thomas Zahnert, Stefan Dazert



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Transkript:

Strukturiertes Vorgehen bei akuter Otitis media Jan Peter Thomas, Reinhard Berner, Thomas Zahnert, Stefan Dazert 3 Punkte cme ZUSAMMENFASSUNG Hintergrund: Innerhalb der ersten drei Lebensjahre erkranken zwei Drittel aller Kinder an einer akuten Otitis media (AOM). Trotz fehlender Evidenz wird in vielen Fällen weiterhin eine sofortige antibiotische Therapie eingeleitet. Methode: Selektive Literaturauswahl unter Verwendung evidenzbasierter Empfehlungen mit besonderer Berücksichtigung der aktuellen US-amerikanischen Leitlinie. Ergebnisse: Ein putrider Paukenerguss gegebenenfalls mit Entzündung des Trommelfells spricht für eine AOM. Nur bei ausgewählten Patienten mit AOM ist eine sofor - tige antibiotische Therapie zwingend erforderlich. Hierzu zählen Patienten mit ausgeprägten Ohrenschmerzen, Fieber 39,0 ºC, Kinder unter 6 Monaten sowie Kinder unter 2 Jahren mit beidseitiger AOM und Kinder mit spezifischen Risikofaktoren wie unter anderem Immun defizienz oder Down-Syndrom. Ansonsten ist eine symptomatische Behandlung gerechtfertigt. Erst bei mangelnder Besserung der Symptome nach 2 3 Tagen sollte eine antibiotische Therapie vorzugsweise mit Amoxicillin eingeleitet werden. Schlussfolgerungen: Aufgrund noch teilweise heterogener Ergebnisse in der Literatur besteht weiterhin Bedarf an kontrollierten Studien mit definierten Endpunkten zur Klärung des Nutzens einer sofortigen antibiotischen Therapie gegenüber einer zunächst beobachtenden Verlaufskontrolle. Zitierweise Thomas JP, Berner R, Zahnert T, Dazert S: Acute otitis media: a structured approach. Dtsch Arztebl Int 2014; 111(9): 151 60. DOI: 10.3238/arztebl.2014.0151 Die akute Otitis media (AOM) ist eine der häufigsten entzündlichen Erkrankungen des Säuglings- und (Klein-)Kindalters und dritthäufigster Grund für Antibiotikaverordnungen in dieser Altersgruppe (1). Nach Einzug der Antibiotika in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts kam es zu einem einschneidenden Rückgang der bis dahin schwerwiegenden Komplikationen dieses Krankheitsbildes (e1). Bis in die 1980er Jahre bestand kein Zweifel an der Notwendigkeit einer sofortigen antibiotischen Therapie bei Erstdiagnose einer AOM (e2). Angestoßen durch die zunehmende Entwicklung von Antibiotikaresistenzen konnten van Buchem et al. 1981 erstmals nachweisen, dass bei Kindern mit unkomplizierter AOM ab einem Alter von zwei Jahren ein zunächst beobachtendes Verhalten unter rein symptomatischer Therapie als vertretbar verfolgt werden kann (2). Auch wenn dieser Paradigmenwechsel im Laufe der vergangenen Jahre Einzug in viele nationale Leitlinien (3, 4, e3 e5) gehalten hat, gibt es Untersuchungen, die dieses Vorgehen hinterfragen (5, 6). Zurzeit befindet sich eine S2-Leitlinie zur Behandlung der AOM der Deutschen Gesellschaft für Hals- Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie in Erstellung. Von Seite der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin wurde das Thema AOM in der bis 12/2011 gültigen und derzeit in Überarbeitung befindlichen S3-Leitlinie Ohrenschmerzen behandelt (e6). Lernziele Der Leser soll nach dem Studium dieses Beitrags: die Befunde zur korrekten Diagnosestellung einer AOM kennen eine unkomplizierte von einer potenziell komplikationsträchtigen AOM abgrenzen und eine adäquate Therapie der AOM einleiten und begleiten können. Teilnahme nur im Internet möglich: aerzteblatt.de/cme Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie der Ruhr-Universität Bochum: Dr. med. Thomas; Prof. Dr. med. Dazert Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin der Technischen Universität Dresden (Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden): Prof. Dr. med. Berner Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde der Technischen Universität Dresden (Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden): Prof. Dr. med. Dr. h.c. Zahnert Häufigkeit Die akute Otitis media (AOM) ist eine der häufigsten entzündlichen Erkrankungen des Säuglings- und (Klein-)Kindalters und dritthäufigster Grund für Antibiotikaverord - nungen in dieser Altersgruppe. Deutsches Ärzteblatt Jg. 111 Heft 9 28. Februar 2014 151

Abbildung: Typisches Bild einer AOM (mit freundlicher Genehmigung durch C. A. von Illberg) werden hierfür die Etablierung eindeutigerer diagnostischer Kriterien, die Entwicklung von Empfehlungen eines zunächst abwartenden Beobachtens und die wachsende Akzeptanz der Eltern hinsichtlich dieses Vorgehens (9) sowie eine Abnahme der Zigarettenrauchexposition (10) als Gründe vermutet. Nomenklatur Die AOM umfasst als Oberbegriff alle akuten entzündlichen Erkrankungen der Mittelohrräume mit besonderer Beteiligung der Paukenhöhle, wobei die akute eitrige von der viralen Otitis media unterschieden wird. Hiervon abgrenzen muss man die Nomenklatur im anglo amerikanischen Raum, in der unter otitis media auch die otitis media with effusion, also ein Paukenerguss (Sero-/Mukotympanon) verstanden wird (e7). Epidemiologie Je nach Studie ist die Inzidenz der AOM im 1. beziehungsweise 2. Lebensjahr am höchsten und sinkt auf 2 % im 8. Lebensjahr (7). Über zwei Drittel aller Kinder haben bis zum Abschluss des 3. Lebensjahres mindestens eine, etwa die Hälfte dieser Kinder drei oder mehr Episoden einer AOM erlitten (8). Ein Teil dieser Patienten entwickelt einen Pauken - erguss, dessen Folgen in Form einer Mittelohrschwerhörigkeit bis ins mittlere Kindesalter hineinreichen können (e8). In Deutschland betrug im Beobachtungszeitraum 2003 2006 die 12-Monats-Prävalenz einer AOM bei Kindern und Jugendlichen zwischen dem 0. und 17. Lebensjahr im Durchschnitt 11 % (e9). Nach einem Anstieg der Prävalenz der AOM bis in die Mitte der 1990er Jahre konnte im Folgenden eine Abnahme um etwa 19 % beobachtet werden. Neben der Einführung der Pneumokokken- und Influenzaimpfung Mikrobiologie Je nach Nachweismethode und Stringenz der Anwendung diagnostischer Kriterien lassen sich in 70 % bis sogar 90 % aller AOM Bakterien isolieren (e10). Nahezu allen AOM geht eine virale Infektion der oberen Atemwege voraus. Häufigster Erreger ist das Respiratory-Syncytial-Virus. Weitere häufige Viren sind Influenza- und Parainfluenzaviren sowie Rhino-, Adeno- und Enteroviren. Die häufigsten bakteriellen Erreger sind Streptococcus pneumoniae und Haemophilus influenzae, gefolgt von Moraxella catarrhalis. In geringerer Anzahl finden sich Streptococcus pyogenes und Staphylococcus aureus (e11). Während vor Einführung der 7-valenten Pneumokokkenimpfung (PCV-7) Pneumokokken den größten Teil der bakteriellen AOM verursachten, zeigten sich seit Einführung der Pneumokokkenimpfung Veränderungen des Erregerspektrums dahingehend, dass es in Studien aus den USA zu einer relativen Reduzierung der Pneumokokken-induzierten AOM von 33 48 % auf 23 31 %, auf der anderen Seite zu einem relativen Anstieg der H.-influenzae-Infektionen von 41 43 % auf 56 57 % kam (11, e12). Ob dies in Deutschland in gleicher Weise gilt, ist unklar. Diese Verschiebung kann jedoch möglicherweise durch eine Zunahme von in der PCV-7 nicht enthaltenen Serotypen in der Zukunft auch wieder umgekehrt werden. Auswirkungen der Einführung der PCV-13, die potenziell die durch resistente Pneumokokkenserotypen verursachte AOM in Zukunft reduzieren könnte, müssen abgewartet werden (12). Da Influenzaviren zu den häufigsten nachweisbaren Viren in der Mittelohrflüssigkeit bei einer AOM gehören und gleichzeitig Wegbereiter für Pneumokokkeninfektionen sind, liegt es nahe, dass Influenzaimpfungen einen protektiven Effekt auf Häufigkeit und Verlauf einer viralen wie auch bakteriellen AOM haben können. Ein Beweis hierfür konnte bislang nur partiell erbracht werden. In einer aktuellen Meta analyse zeigt sich, dass die nasale Influenza-Lebendimpfung (LAIV) in der Altersgruppe 6 71 Monate die Inzidenz der AOM um 12,4 % senkt (13). Eine obligate Impfempfehlung lässt sich hieraus derzeit dennoch nicht ableiten. Nomenklatur Die AOM umfasst als Oberbegriff alle akuten entzündlichen Erkrankungen der Mittelohrräume mit besonderer Beteiligung der Paukenhöhle, wobei die akute eitrige von der viralen Otitis media unterschieden wird. Mikrobiologie Je nach Nachweismethode und Stringenz der Anwendung diagnostischer Kriterien lassen sich in 70 % bis sogar 90 % aller AOM-Bakterien isolieren. 152 Deutsches Ärzteblatt Jg. 111 Heft 9 28. Februar 2014

GRAFIK Diagnose AOM Ohrmikroskopie/Otoskopie (ggf. pneumatische Otoskopie, Tympanometrie, Reflektometrie) Therapiealgorithmus bei unkomplizierter akuter Otitis media (AOM) ja suffiziente Analgesie (z. B. Paracetamol, Ibuprofen) Schmerzsymptomatik nein ja Einschlusskriterien für initiale Verlaufskontrolle erfüllt? nein Zustand nach Therapie mit Amoxicillin in den vergangenen 30 Tagen oder eitrige Konjunktivitis oder rezidivierende AOM ohne Ansprechen auf Amoxicillin oder β-lactamase-positiver Keim vermutet nein ja Observation Amoxicillin Amoxicillin + Clavulansäure Kontrolle nach 48 72 h Befund und Symptome rückäufig? Fortsetzung der eingeleiteten Therapie ja nein Einleitung bzw. Umstellung der antibiotischen Therapie Klinische Symptomatik Eine AOM tritt häufig im Rahmen eines Infekts der oberen Atemwege auf. Symptome wie Ohrenschmerzen und bei Kleinkindern der Greifzwang zum Ohr sind alleinig nicht spezifisch (11). So leiden lediglich 10 % aller Kinder mit einem Greifzwang unter einer AOM (14). Fieber, Krankheitsgefühl und bei kleineren Kindern Durchfall und Erbrechen sind variable Symptome (e13). Bei Jugendlichen und Erwachsenen sind Ohren- und Kopfschmerzen sowie Schwerhörigkeit meist eindeutiger. Im Falle einer Spontanperforation des Trommelfells kommt es zu einer schlagartigen Rückbildung der Ohrenschmerzen. Klinische Symptomatik Eine AOM tritt häufig im Rahmen eines Infekts der oberen Atemwege auf. Variable Symptome Fieber, Krankheitsgefühl und bei kleineren Kindern Durchfall und Erbrechen sind variable Symptome. Deutsches Ärzteblatt Jg. 111 Heft 9 28. Februar 2014 153

TABELLE Indikationen zur antibakteriellen versus abwartenden Therapie bei Kindern mit unkomplizierter Otitis media acuta (AOM)* Alter < 6 Monate 6 Monate < x < 2. Lebensjahr 2. Lebensjahr mäßige bis schwere Ohrenschmerzen Temperatur 39,0 ºC oder Otorrhö antibakterielle Therapie antibakterielle Therapie antibakterielle Therapie leichte Ohrenschmerzen und Temperatur < 39,0 ºC antibakterielle Therapie antibakterielle Therapie bei bilateraler AOM Observation bei einseitiger AOM Observation *modifiziert nach (3) Diagnostik Die ohrmikroskopische beziehungsweise otoskopische Beurteilung des Trommelfells ist der zentrale Punkt für die Stellung einer korrekten Diagnose. Während bislang eine entzündliche Veränderung des Trommelfells mit gleichzeitigem Nachweis eines entzündlichen Ergusses zur Diagnosestellung einer AOM führte (14), werden nach den neuen Leitlinien der American Academy of Pediatrics (AAP) folgende Kriterien für die Diagnosestellung einer AOM gefordert (3): Nachweis einer mäßigen bis schweren Vorwölbung des Trommelfells oder einer, nicht durch eine akute Otitis externa bedingten, neu aufgetretenen Otorrhö Nachweis einer geringen Vorwölbung des Trommelfells mit innerhalb der letzten 48 h aufgetretenen Ohrenschmerzen oder ausgeprägter Rötung des Trommelfells. Als Ausschlusskriterium für die Diagnose der AOM wird eine fehlende Flüssigkeitsansammlung in der Pauke angesehen. Umstritten erscheint die erste Empfehlung der AAP zur Diagnosestellung. Wenn die schwere Vorwölbung des Trommelfells als alleiniges Kriterium für die Dia - gnosestellung ausreicht, ist die Abgrenzung zu einem banalen Paukenerguss schwierig. Hier sollte die Transparenz der Trommelfellmembran als Kriterium mit einbezogen werden. Die Anamnese mit akutem Auftreten klinischer Sym - ptome wie Ohrenschmerzen, Otorrhö und/oder Fieber unterstützt die Diagnose der AOM, ist als alleiniges Zeichen jedoch nicht spezifisch und weist nur einen mäßigen prädiktiven Zusammenhang mit der korrekten Diagnosestellung auf (Sensitivität 54 %, Spezifität 82 %) (11). Die alleinige Rötung des Trommelfells ist zur Dia - gnosestellung der AOM ebenfalls nicht hinreichend, weil der positive Vorhersagewert lediglich 7 % beträgt (e14). Im Frühstadium einer AOM mit Rötung und Gefäßinjektion der Membran und noch nicht erfolgter Ausbildung eines eitrigen Ergusses ist eine Differenzierung zwischen eitriger und nichteitriger (viraler) Otitis media noch nicht möglich. Erst die schollig gelbliche Vorwölbung der Membran mit Gefäßinjektion, gegebenenfalls Pulsation und Verstreichen des Hammergriffes rechtfertigen die Diagnose der purulenten AOM (Abbildung). Gerade bei Säuglingen und Kleinkindern kann die Beurteilung des Trommelfells durch die mangelnde Kooperation des Kindes, den engen Gehörgang und zusätzliche Zerumenverlegung erschwert sein. In diesen Fällen verbleibt somit gelegentlich eine (Rest-)Unsicherheit in der Diagnosestellung. Eine pneumatische Otoskopie zur Darstellung der eingeschränkten Beweglichkeit des Trommelfells kann hilfreich, bei kleinen Kindern jedoch ebenfalls durchaus schwierig sein. Als zusätzliche Verfahren existieren die Tympanometrie oder die akustische Reflektometrie. Bei den beiden letztgenannten Untersuchungen ist jedoch zu berücksichtigen, dass hiermit eine AOM nicht von einem Paukenerguss unterschieden werden kann. Beide Maßnahmen sind somit ausdrücklich höchstens als Ergänzung, jedoch nicht als Ersatz einer nicht ausreichend beurteilbaren Ohr - mikroskopie/otoskopie zu verwenden (e15, e16). Zum Ausschluss einer otogenen Komplikation ist die Inspektion und Palpation des Mastoids sowie die Beurteilung der Funktion des N. facialis durch gezieltes Grimassieren erforderlich. Bei älteren Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen sollte eine orientierende Hörprüfung mittels der Stimmgabeltests nach Weber und Rinne zum Ausschluss einer toxischen Innenohrbeteiligung erfolgen. Diagnostik Die ohrmikroskopische beziehungsweise otoskopische Beurteilung des Trommelfells ist der zentrale Punkt für die Stellung einer korrekten Diagnose. Ausschlusskriterium Als Ausschlusskriterium für die Diagnose der AOM wird eine fehlende entzündliche Flüssigkeitsansammlung in der Pauke angesehen. 154 Deutsches Ärzteblatt Jg. 111 Heft 9 28. Februar 2014

Bei Verdacht auf eine otogene Komplikation müssen weitergehende Untersuchungen eingeleitet werden wie ausführliche cochleovestibuläre Diagnostik Abstrichuntersuchung MRT des Schädels und/oder CT des Felsenbeins Labordiagnostik. Differenzialdiagnosen Neben der Unterscheidung der eitrigen AOM von der viralen AOM mit granulozytenarmem Sekret sind die Myringitis im Rahmen einer Gehörgangsentzündung sowie die akute Exazerbation einer chronischen Mittelohr - entzündung abzugrenzen. Häufigste Differenzial dia gnose ist das Sero-/Mukotympanon, bei dem in der Regel weder Schmerzen, eine Rötung des Trommelfells noch ein eitriges Exsudat in der Paukenhöhle bestehen. Klinisch können jedoch zu Beginn und bei Abheilung einer akuten Mittelohrentzündung Abgrenzungsprobleme auftreten. Therapie Die folgenden Empfehlungen beziehen sich auf die unkomplizierte AOM ohne Zeichen einer systemischen Erkrankung sowie auf ansonsten gesunde Patienten (Grafik). Bedingungen, die den natürlichen Verlauf einer AOM verkomplizieren können, sind neben oto genen Komplikationen eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte, genetische Aberrationen wie beim Down-Syndrom, Immundefekte und das Einliegen eines Cochlea-Implantes. Außerdem müssen Patienten mit Rezidiven innerhalb von 30 Tagen aufgrund geringerer Spontanheilung und häufigerer otogener Komplikationen abgegrenzt werden. Im Folgenden werden das Evidenzniveau (I IV) und der Empfehlungsgrad (A C, Good Clinical Practice [GCP]) jeweils in Klammern angegeben. Ohrenschmerzen sind initial oft das am meisten beeinträchtigende Symptom und müssen deshalb, unabhängig von einem eventuellen kausalen Therapieansatz, unverzüglich adäquat behandelt werden (3). Paracetamol und Ibuprofen gelten als Standardanalgetika bei der AOM (15) (IIa, A). Die Gabe topischer Lokal anästhetika wird nicht empfohlen (e17) (IV). Auch wenn die Applikation abschwellender Nasentropfen zur Behandlung der AOM kritisch gesehen wird (16), ist dies aufgrund einer häufig zugrundeliegenden (Begleit-)Rhinosinusitis sinnvoll (IV, C) (e18). Aufgrund der begrenzten Datenlage existieren bislang keine allgemeingültigen Empfehlungen komplementärer beziehungsweise alternativer Verfahren in der Therapie der AOM. KASTEN 1 First-line Antibiotika bei akuter Otitis media (3) Antibiotikum der 1. Wahl Amoxicillin 50 ( 60) mg/kg KG/d in 2 3 Einzeldosen Ausnahme Bei Therapie mit Amoxicillin innerhalb der letzten 30 Tage, Vorliegen einer zusätzlichen eitrigen Konjunktivitis, in der Anamnese nicht auf Amoxicillin ansprechende wiederkehrende akute Otitis media oder vermutete Infektion mit einem β-lactamasepositiven Keim: Amoxicillin + Clavulansäure (50 mg/kg KG/d Amoxicillin + 12,5 mg/kg KG/d Clavulansäure in 2 3 Einzeldosen aufgeteilt) Alternativpräparate Cefuroxim (30mg/kg KG/d in 2 Einzeldosen) Cefpodoxim (5 12 mg/kg KG/d in 2 Einzeldosen) Ceftriaxon i. v. oder i. m. (50 mg/kg KG/d als 1 Einzeldosis über 1 oder 3 Tage) Bei eindeutig stattgehabter anaphylaktischer Reaktion auf Penicillin Erythromycin (30 50 mg/kg KG/d in 3 Einzeldosen) Clarithromycin (15 mg/kg KG/d in 2 Einzeldosen) Azithromycin (10 mg/kg KG am 1. Tag, 5 mg/kg über weitere vier Tage in jeweils einer Einzeldosis) Die sofortige Gabe von Antibiotika bei der AOM wurde in der Vergangenheit als Hauptgrund für den Rückgang der akuten Mastoiditis angesehen. Im Vergleich zu der präantibiotischen Ära zeigte sich ab den 1950er-Jahren ein deutlicher Rückgang der akuten Mastoiditiden (17). Dieser anfänglich geäußerte Zusammenhang konnte im weiteren Verlauf für eine unkomplizierte AOM jedoch nicht aufrechterhalten werden. So zeigte sich kein signifikanter Unterschied der Mastoiditisrate bei älteren Kindern, die bei Erstvorstellung sofort eine antibiotische Therapie erhielten, im Vergleich mit denen, die zunächst weiter beobachtet wurden und erst bei fehlender Besserung antibiotisch behandelt wurden (0,59 % versus 0,17 %) (e19). Auch international vergleichende Untersuchungen zwischen Ländern mit unterschiedlichen Therapiemodalitäten der AOM konnten keine signifikanten Differenzialdiagnose Häufigste Differenzialdiagnose der eitrigen AOM ist neben der viralen AOM und einer Myringitis das Sero-/Mukotympanon. Analgetische Therapie Paracetamol und Ibuprofen sind Standardanalgetika in der Therapie der AOM. Analgetische Ohrentropfen werden nicht empfohlen. Deutsches Ärzteblatt Jg. 111 Heft 9 28. Februar 2014 155

KASTEN 2 Second-line Antibiotika bei akuter Otitis media (3) Antibiotikum der 1. Wahl ist Amoxicillin + Clavulansäure (sofern dies nicht als first-line Antibiotikum erfolgte) (Dosierung 50 mg/kg KG/d Amoxicillin + 12,5 mg/kg KG/d Clavulansäure) Ceftriaxon i. v. oder i. m. (50 mg/kg KG/d in 1 Einzeldosis für 3 Tage) Clindamycin (30 40 mg/kg KG/d in 3 Einzeldosen) + Cephalosporin der Gruppe 3 Unterschiede in der Inzidenz der akuten Mastoiditis nachweisen (18). In Zusammenschau der Studien scheint die Gefahr der Ausbildung einer akuten Mastoiditis in Folge einer unkomplizierten AOM bei Kindern ab dem 2. Lebensjahr durch eine zunächst observierende Therapie somit nicht erhöht zu sein, vorausgesetzt, die Patienten werden engmaschig klinisch kontrolliert und eine Antibiotikagabe wird bei fehlender Besserung eingeleitet. Auch besteht kein Hinweis darauf, dass die Häufigkeit des Auftretens einer Meningitis im Rahmen einer AOM durch den frühzeitigen Einsatz von Antibiotika verringert werden kann (19, 20). Seit Mitte der 1980er Jahre konnte nachgewiesen werden, dass auch in Bezug auf die Heilungsrate nur geringfügige signifikante Unterschiede zwischen einer sofortigen Antibiotikagabe und einer zunächst observierenden Therapie unter suffizienter Analgesie ( watchful waiting ) bestehen (19, 21, 22) (Ia). Eine spontane Besserung der Symptome einer AOM tritt in etwa 60 % innerhalb der ersten 24 Stunden, in etwa 80 85 % innerhalb der ersten 2 3 Tage und in 90 % der Fälle nach 4 7 Tagen ein. Eine sofortige antibiotische Therapie bietet innerhalb der ersten 24 Stunden aufgrund der Latenz des antimikrobiellen Effekts verständlicherweise keinen Vorteil gegenüber einer Placebotherapie. Nach 2 3 Tagen profitieren hierdurch 4 %, nach 4 7 Tagen 9 % der Patienten (e20). Auch Hinweise für eine schnellere Hörverbesserung lassen sich durch eine sofortige antibiotische Therapie nicht nachweisen (23). Jedoch wird die Wahrscheinlichkeit der Entwicklung einer Diarrhö durch eine sofortige Antibiotikatherapie um 5 14 % (20, 21, 24), die Wahrscheinlichkeit von Hautausschlägen um 3 6 % (5, 25) erhöht. Dieser geringe therapeutische Nutzen einer sofortigen antibiotischen Therapie und die erhebliche Spontanremission sollten unter Berücksichtigung der potenziellen unerwünschten Wirkungen, einer möglichen Bahnung von Antibiotikaresistenzen wie auch medizinökonomischer Aspekte bedacht werden. Die Faktoren Alter und Symptomausprägung spielen eine wesentliche Rolle bei der Entscheidung, ob eine zunächst beobachtende oder eine sofortige antibiotische Therapie gewählt werden sollte. So liegt die Versagerrate bei zunächst beobachtendem Vorgehen bei Kindern unter zwei Jahren fast doppelt so hoch wie bei Patienten älter als zwei Jahre. Patienten mit schwerer Ausprägung der Sym - ptome haben mit 14 % ebenfalls eine signifikant höhere Versagensquote als Patienten mit nur leichten Beschwerden (4 %) (e21). Abhängig von Patientenalter und Ausprägung der Symptome kann somit ein Großteil der Patienten mit unkomplizierter AOM zunächst rein symptomatisch therapiert werden, sofern eine klinische und ohrmikroskopische/otoskopische Verlaufskontrolle nach 2 3 Tagen gewährleistet ist (Ia, A). Die Wahl der Therapie muss jedoch immer individuell entschieden werden und bedarf wesentlich der klinischen Erfahrung des behandelnden Arztes bei der Einschätzung der Ausprägung des Krankheitsbildes. Als Indikationen zur sofortigen Antibiotikagabe gelten: Alter < 6. Lebensmonat (Ia, A) Alter < 2. Lebensjahr mit bilateraler AOM, auch bei nur geringen Ohrenschmerzen und Temperatur < 39,0 ºC (Ia, A) AOM mit mäßigen bis starken Ohrenschmerzen oder Temperatur 39,0 ºC (Ib, A) persistierende, eitrige Otorrhö (Ia; A) (26) Risikofaktoren (zum Beispiel otogene Komplikation, Immundefizienz, schwere Grundkrankheiten, Down-Syndrom, Lippen-Kiefer-Gaumenspalte, Cochlea-Implantat-Träger, Influenza) (III, B) Verlaufskontrolle innerhalb der ersten drei Tage nicht sicher möglich (Ib, A) Die Empfehlungskriterien für eine Antibiotikagabe zum Zeitpunkt der Erstdiagnosestellung sind in der Tabelle zusammengefasst. Kommt es nach Einleitung der initialen Therapie gleich ob sie aus Observation oder sofortiger antimikrobieller Therapie besteht innerhalb der ersten 48 bis 72 Stunden zu keiner Besserung der Beschwerden, müssen Spontane Besserung Eine spontane Besserung der Symptome einer AOM tritt in etwa 60 % innerhalb der ersten 24 Stunden, in etwa 80 85 % innerhalb der ersten 2 3 Tage und in 90 % der Fälle nach 4 7 Tagen ein. Faktoren für eine Entscheidungsfindung Die Faktoren Alter und Symptomausprägung spielen eine wesentliche Rolle bei der Entscheidung, ob eine zunächst beobachtende oder eine sofortige antibiotische Therapie gewählt werden sollte. 156 Deutsches Ärzteblatt Jg. 111 Heft 9 28. Februar 2014

alternative Differenzialdiagnosen ausgeschlossen werden. Bestätigt sich die Diagnose AOM wird bei initial abwartendem Verhalten eine antibiotische Therapie eingeleitet. Erfolgte bereits initial eine Antibiotikagabe, sollte dieses Antibiotikum umgestellt werden. Bei Ansprechen der antibiotischen Therapie tritt in der Regel nach 24 Stunden eine Besserung der Beschwerden ein. Nach 48 bis spätestens 72 Stunden sollte sich, falls initial bestanden, Fieber zurückgebildet haben. Als Antibiotikum der ersten Wahl gilt Amoxicillin in einer Dosis von 50 ( 60) mg/kg KG/d in drei Einzeldosen (Kasten 1) (3). Hierfür sprechen, neben der in der Regel bestehenden Wirksamkeit, die hohe Sicherheit, ein enges mikrobiologisches Spektrum, die vergleichsweise geringe Rate an unerwünschten Wirkungen und die geringen Kosten (e22). Bei Kindern sollten wasserlösliche Trockensaft- Präparationen verwendet werden, da hiermit die Resorptionsrate und damit die orale Bioverfügbarkeit erhöht und die Rate von gastrointestinalen Nebenwirkungen verringert wird. Im Falle einer stattgehabten Therapie mit Amoxicillin innerhalb der letzten 30 Tage, bei einer in der Anamnese nicht auf Amoxicillin ansprechenden wiederkehrenden AOM, bei vermuteter Infektion mit einem β-lactamasepositiven Keim oder gegebenenfalls auch bei zusätzlichem Vorliegen einer eitrigen Konjunktivitis wird die primäre Anwendung von Amoxicillin + Clavulansäure empfohlen (Kasten 1) (3, e23). Als Alternativpräparate bei Penicillinallergie kommen Cefuroxim oder Cefpodoxim in Frage (14). Falls eine orale Therapie nicht möglich ist, kann Ceftriaxon i. v. oder i. m. bereits als einmalige Dosis ausreichend zur Initialbehandlung eingesetzt werden (e24). Besteht eine echte Penicillinallergie, das heißt bei eindeutig stattgehabten anaphylaktischen Reaktionen auf Penicillin, sind Erythromycin, Clarithromycin oder Azithromycin zu erwägen, wobei Makro lide nur eine begrenzte Wirkung auf H. influenzae und S. pneumoniae haben (27). Patienten mit einem Cochlea-Implantat sollten bei einer AOM innerhalb der ersten zwei Monate nach Implantation eine parenterale Gabe von Ceftriaxon erhalten. Bei länger als drei Monate zurückliegender Cochlea-Implantation wird die empirische Therapie mit Amoxicillin oder Amoxicillin + Clavulansäure empfohlen (28). Hinsichtlich der Dauer der antibiotischen Therapie wird bei Kindern bis zum einschließlich zweiten Lebensjahr sowie bei Kindern mit schweren Erkrankungen eine Therapie über zehn Tage, bei Kindern vom 2. 6. Lebensjahr eine Therapie über sieben Tage sowie ab KASTEN 3 Symptomatik der otogenen Komplikationen akute Mastoiditis Abstehen der Ohrmuschel, retroaurikuläre teigige Schwellung und Rötung mit Druckdolenz, Senkung der hinteren-oberen Gehörgangswand, BSG- Erhöhung, CRP-Erhöhung, radiologisch sichtbare Verschattung des Mastoids mit Einschmelzen der knöchernen Trabekel (Bezold-Mastoiditis: Schwellung des M. sternocleidomastoideus mit Tortikollis) Labyrinthitis Schwindel mit intialem Reiz-, im weiteren Verlauf Ausfallnystagmus, progrediente Innenohrschwerhörigkeit Fazialisparese inkomplette oder komplette periphere Fazialisparese Sinusvenenthrombose reduzierter Allgemeinzustand durch Bakteriämie und Sepsis, Schwellung der retroaurikulären Haut über dem Emissarium mastoideum (Griesinger- Zeichen) Epiduralabszess, Subduralabszess, Meningitis reduzierter Allgemeinzustand, Kopfschmerzen, Fieber, Nackensteifigkeit, Somnolenz, Krampfanfälle Hirnabszess Uncharakteristische, aber in der Endphase dramatische Symptome möglich, bohrende Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit, Somnolenz, Krämpfe, Bradykardie, Kompression des Hirnstamms durch zunehmenden Hirndruck oder Einbruch in das Ventrikelsystem Gradenigo-Syndrom (Pyramidenspitzeneiterung) (sehr selten) Trigeminusreizung mit starken Schmerzen hinter dem Auge, Parese des N. oculomotorius und N. abducens dem 6. Lebensjahr eine Therapie über 5 7 Tage empfohlen (3, 29). Bei Versagen der first-line antibiotischen Therapie gelten folgende Empfehlungen: Second-line Antibiotikum bei Versagen von Amoxicillin ist Amoxicillin+Clavulansäure Bei Versagen der first- beziehungsweise second-line Therapie mit Amoxicillin + Clavulansäure sollte eine Parazentese mit mikrobiologischer Diagnostik erfolgen. Alternativ kommt der Einsatz einer dreitägigen parenteralen Therapie mit Ceftriaxon infrage (3, e23) (Kasten 2). Antibiotikum der 1. Wahl Als Antibiotikum der ersten Wahl gilt Amoxicillin in einer Dosis von 50 ( 60) mg/kg KG/d in drei Einzeldosen. Dauer der antibiotischen Therapie Kinder < 2 Jahre sowie bei Kindern mit schweren Erkrankungen: Therapie über 10 Tage Kinder 2. 6. Lebensjahr: Therapie über 7 Tage ab dem 6. Lebensjahr: Therapie über 5 7 Tage Deutsches Ärzteblatt Jg. 111 Heft 9 28. Februar 2014 157

Chirurgische Maßnahmen Kommt es trotz oben genannter Eskalation der antibiotischen Therapie zu keiner Besserung der Symptome, besteht die Indikation zur Parazentese und Abstrich - entnahme, um eine erregergerechte antibiotische Therapie einzuleiten. Otogene Komplikationen wie die Ausbildung einer akuten Mastoiditis, Sinusthrombose, otogenen Meningitis, Labyrinthitis, Fazialisparese, eines Hirnabzesses oder eines Gradenigo-Syndroms im Rahmen einer AOM erfordern in der Regel, neben der erregergerechten antibiotischen Behandlung, eine chirurgische Therapie in Form einer Mastoidektomie mit zusätzlicher Parazentese und gegebenenfalls Paukenröhrcheneinlage zur besseren Belüftung der Mittelohrräume und je nach individueller Situation eventuell weitergehende Maßnahmen (Kasten 3). Rezidivierende AOM Eine rezidivierende AOM liegt bei mindestens drei Episoden einer AOM innerhalb der vergangenen sechs Monate oder mindestens vier Episoden während der letzten zwölf Monate vor. Neben dem Ausschluss von Allergien sowie Immundefekten sollte bei rezidivierenden AOM der Impfstatus hinsichtlich der Pneumokokkenimpfung überprüft werden, da hierdurch die Anzahl an Infektionen um 10 25 % reduziert werden kann (e25). Die Einlage von Paukenröhrchen alleinig oder in Kombination mit einer Adenotomie kann die Rate an Rezidiven um 1,5 Ereignisse in sechs Monaten reduzieren (number needed to treat [NNT] = 2 5) (30, 31). Eine alleinige Adenotomie führt nicht zu einer Verringerung rezidivierender AOM-Episoden (32). Eine langfristige Low-dose-Antibiotikatherapie reduziert die Rate an Rezidiven nur um 0,5 1,5 Ereignisse innerhalb von 12 Monaten (e20), so dass von einer solchen medikamentösen Langzeittherapie abgeraten wird (3, 33). Verlaufskontrolle Neben der oben genannten erforderlichen Kontrolle nach 2 3 Tagen sollte die oft protrahiert verlaufende Rück - bildung des Paukenergusses berücksichtigt werden. 60 70 % der Kinder weisen nach zwei Wochen, 40 % nach vier Wochen und bis zu 25 % sogar noch nach drei Monaten einen Paukenerguss auf. Um Verzögerungen in der Sprachentwicklung zu vermeiden, muss dies im Verlauf kontrolliert und gegebenenfalls adäquat therapiert werden. Kurzfristig können abschwellende Nasentropfen, das aktive Valsalvamaneuver beziehungsweise die passive Tubenöffnung mittels Politzer-Ballon oder eines speziellen Nasenballons eingesetzt werden. Bei Persistenz von über drei Monaten, je nach Grad der Schwerhörigkeit auch früher, muss die Indikation zur Parazentese mit gegebenenfalls Paukenröhrcheneinlage und gleichzeitiger Adenotomie gestellt werden (e7). Präventive Maßnahmen Faktoren wie eine genetische Prädisposition, Frühgeburt, das männliche Geschlecht, besondere ethnische Zugehörigkeiten, die Anzahl der Geschwister und ein geringer sozioökonomischer Status, die jeweils zur frühzeitigen oder rezidivierenden AOM beitragen, lassen sich nicht beeinflussen (34). Faktoren, die beeinflussbar sind und das Risiko einer AOM verringern sind Stillen in den ersten sechs Lebensmonaten (35) Vermeidung einer Tabakrauchexposition (10, 35, e26) ausreichender Pneumokokken- und Influenzaimpfschutz (36 38). Zusätzliche präventive Faktoren können sein: Verzicht auf die Verwendung eines Schnullers (39) Reduzierung der Rate an Infektionen der oberen Atemwege durch reduzierte Gruppengrößen in Kindertagesstätten (e27) mehrfach tägliche Verwendung von Xylitol-Kaugummi oder -Lutschtabletten während der Erkältungszeit (40) Einlage von Paukenröhrchen, gegebenenfalls falls erforderlich in Kombination mit einer Adenotomie. Fazit Notwendige Kriterien zur Stellung der Diagnose AOM sind der Nachweis eines putriden Paukenergusses mit gegebenenfalls zusätzlichem Nachweis entzündlicher Veränderungen des Trommelfells. Bei Vorliegen einer AOM muss die unkomplizierte AOM von einer AOM mit komplizierenden Bedingungen sowie drohenden otogenen Komplikationen abgegrenzt werden. Bei einer unkomplizierten AOM kann in Abhängigkeit von Patientenalter, Schwere der Symptomatik und Begleiterkrankungen bei ausgewählten Patienten zunächst eine symptomatische und observierende Therapie erfolgen, deren Verlauf nach zwei bis drei Tagen kontrolliert wird. Kommt es hierunter zu keiner Rückbildung der Symptome, ist eine antibiotische Therapie mit Amoxicillin einzuleiten. Indikationen zur chirurgischen Therapie Komplikationen wie die Ausbildung einer akuten Mastoiditis, Sinusthrombose, otogenen Meningitis, Labyrinthitis, Fazialisparese, eines Hirnabzesses oder eines Gradenigo-Syndroms im Rahmen einer AOM erfordern in der Regel chirurgische Maßnahmen. Präventive Maßnahmen Stillen in den ersten sechs Lebensmonaten Vermeidung einer Tabakrauchexposition ausreichender Pneumokokken- und Influenzaimpfschutz 158 Deutsches Ärzteblatt Jg. 111 Heft 9 28. Februar 2014

Interessenkonflikt Prof. Dr. Berner erhielt Vortragshonorare der Firmen Glaxo Smith Kline (Impf akademie), InfectoPharm, Falk Foundation und Milupa. Dr. Thomas, Prof. Dr. Dr. Zahnert und Prof. Dr. Dazert erklären, dass kein Interessenskonflikt besteht. Manuskriptdaten eingereicht: 3. 5. 2013, revidierte Fassung angenommen: 5. 11. 2013 LITERATUR 1. Holstiege J, Garbe E: Systemic antibiotic use among children and adolescents in Germany: a population-based study. Eur J Pediatr 2013; 172: 787 95. 2. van Buchem FL, Dunk JH, van t Hof MA: Therapy of acute otitis media: myringotomy, antibiotics, or neither? A double-blind study in children. Lancet 1981; 2: 883 7. 3. Lieberthal AS, Carroll AE, Chonmaitree T, et al.: The diagnosis and management of acute otitis media. Pediatrics 2013;131: e964 99. 4. Uitti JM, Laine MK, Tahtinen PA, Ruuskanen O, Ruohola A: Symptoms and otoscopic signs in bilateral and unilateral acute otitis media. Pediatrics 2013; 131: e398 405. 5. 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Bitte beantworten Sie folgende Fragen für die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung. Pro Frage ist nur eine Antwort möglich. Bitte entscheiden Sie sich für die am ehesten zutreffende Antwort. Frage Nr. 1 Welches Antibiotikum gilt als Mittel der ersten Wahl bei unkomplizierter AOM? a) Amoxicillin; b) Azithromycin; c) Erythromycin; d) Cefuroxim; e) Cefpodoxim Frage Nr. 2 In welchen Lebensjahren ist die Inzidenz der AOM am höchsten? a) 1. und 2. Lebensjahr b) 3. und 4. Lebensjahr c) 5. und 6. Lebensjahr d) 7. und 8. Lebensjahr e) 9. und 10. Lebensjahr Frage Nr. 3 Bei Versagen einer second-line-antibiotischen Therapie mit Amoxicillin + Clavulansäure sollte welche Maßnahme erfolgen? a) antibiotische Therapie mit Cefuroxim b) antibiotische Therapie mit Azithromycin c) Durchführung einer Computertomographie des Felsenbeins d) Durchführung einer Kernspintomographie des Schädels e) Parazentese und Entnahme eines Abstriches Frage Nr. 4 Welchen Befund können Sie mit der Tympanometrie von einer AOM abgrenzen? a) Normalbefund b) Mukotympanon c) Seromukotympanon d) Serotympanon e) virale Otitis media mit granulozytenarmem Paukenerguss Frage Nr. 5 Welche Kriterien müssen für die Diagnose einer AOM zwingend erfüllt sein? a) entzündliche Veränderungen des Trommelfells b) entzündliche Veränderungen des Trommelfells und seröser Paukenerguss c) Vorwölbung des Trommelfells durch putriden Paukenerguss d) entzündliche Veränderungen des Trommelfells und Trommelfellperforation e) putrider Paukenerguss und Trommelfellperforation Frage Nr. 6 Bei welchem Patienten mit AOM leiten Sie zunächst eine observierende Therapie ein? a) 1-jähriges Kind mit Vorwölbung beider Trommelfelle und Fieber von 38,6 ºC b) 1,5-jähriges Kind mit Rötung des Trommelfells, Vorwölbung des Trommelfells und starken Ohrenschmerzen c) 2,5-jähriges Kind mit Rötung des Trommelfells, eitrigem Paukenerguss und geringen Ohrenschmerzen d) 3-jähriges Kind mit Rötung des Trommelfells, eitrigem Paukenerguss und Fieber von 39,3 ºC e) 6-jähriges Kind mit Rötung des Trommelfells, eitrigem Paukenerguss und starken Ohrenschmerzen Frage Nr. 7 In welchem Fall leiten Sie bei einer Mittelohrentzündung eine Therapie mit Amoxicillin + Clavulansäure ein? a) Bei einer stattgehabten Therapie mit Amoxicillin innerhalb der letzten 30 Tage b) Bei gleichzeitig bestehender Zystitis c) Bei stattgehabter Cochlea-Implantation 6 Wochen zuvor d) Bei Vorliegen eines Down-Syndroms e) Bei Vorliegen einer Gaumenspalte Frage Nr. 8 Welche der folgenden Erkrankungen ist eine entzündlich bedingte otogene Komplikation? a) Bell sche Parese; b) Cholesteatom; c) Labyrinthitis; d) Perichondritis e) Sinus-cavernosus-Thrombose Frage Nr. 9 Bei welchen der folgenden Risikofaktoren können Sie bei einer AOM ein zunächst observierendes Vorgehen anstreben? a) Down-Syndrom b) Gaumenspalte c) Zustand nach Cochlea-Implantation vor 1,5 Monaten d) Zustand nach Cochlea-Implantation vor 3 Jahren e) 4. Lebensjahr, leichte Ohrenschmerzen, 38,5 C Temperatur Frage Nr. 10 Bei wie viel Prozent der Patienten mit einer akuten Otitis media tritt eine Besserung unter einer observierenden Therapie nach 4 7 Tagen ein? a) 60 %; b) 70 %; c) 80 %; d) 90 %; e) 95 % Weitere Informationen zu cme Dieser Beitrag wurde von der Nordrheinischen Akademie für ärztliche Fort- und Weiterbildung zertifiziert. Die erworbenen Fortbildungspunkte können mit Hilfe der Einheitlichen Fortbildungsnummer (EFN) verwaltet werden. Unter cme.aerzteblatt.de muss hierfür in der Rubrik Persönliche Daten oder nach der Registrierung die EFN in das entsprechende Feld eingegeben werden und durch Bestätigen der Einverständniserklärung aktiviert werden. Die 15-stellige EFN steht auf dem Fortbildungsausweis. Wichtiger Hinweis Die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung ist ausschließlich über das Internet möglich: cme.aerzteblatt.de. Einsendeschluss ist der 25. 5. 2014. Einsendungen, die per Brief oder Fax erfolgen, können nicht berücksichtigt werden. Die Bearbeitungszeiten der folgenden cme -Einheiten sind: Therapie des Typ-2-Diabetes (Heft 5/2014) bis zum 27. 4. 2014 Die rissbedingte Netzhautablösung (Heft 1 2/2014) bis zum 30. 3. 2014 Diagnostik und Therapie der Zöliakie (Heft 49/2013) bis zum 9. 3. 2014 160 Deutsches Ärzteblatt Jg. 111 Heft 9 28. Februar 2014

Strukturiertes Vorgehen bei akuter Otitis media Jan Peter Thomas, Reinhard Berner, Thomas Zahnert, Stefan Dazert 3 Punkte cme eliteratur e1. Agrawal S, Husein M, MacRae D: Complications of otitis media: an evolving state. J Otolaryngol 2005; 34 Suppl 1: 33 39. e2. Schwartz RH, Schwartz DM. Acute otitis media: diagnosis and drug therapy. Drugs 1980; 19: 107 18. e3. Appelmann C, Balen F, Lisdonk E, Weert H, Eizenga W: Otitis media acuta: NHG-standaard (eerste herziening). Huisarts Wet 1999: 362 6. e4. Scottish Intercollegiate Guidelines Network: Diagnosis and management of childhood otitis media in primary care. Guideline No 66 February 2003. In: Edinburgh CoPi (ed.): Edinburgh: Scottish Intercollegiate Guidelines Network; 2003. www.sign.ac. uk/pdf/qrg66.pdf (last accessed on 5 February 2014) e5. Forgie S, Zhanel G, Robinson J. Management of acute otitis media. Paediatr Child Health 2009; 14: 457 64. e6. Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) Ohrenschmerzen. AWMF-Register Nr. 053/009 Klasse S3. e7. Leitlinie Seromukotympanon der Deutschen Gesellschaft für HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie. AWMF-Register Nr. 017/004 Klasse S1. e8. Johnson DL, McCormick DP, Baldwin CD: Early middle ear effusion and language at age seven. J Commun Disord 2008; 41: 20 32. e9. Kamtsiuris P, Atzpodien K, Ellert U, Schlack R, Schlaud M: Prevalence of somatic diseases in German children and adolescents. Results of the German Health Interview and Examination Survey for Children and Adolescents (KiGGS). Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz 2007; 50: 686 700. e10. Turner D, Leibovitz E, Aran A, et al.: Acute otitis media in infants younger than two months of age: microbiology, clinical presen - tation and therapeutic approach. Pediatr Infect Dis J 2002; 21: 669 74. e11. Klein JO: Otitis media. Clin Infect Dis 1994; 19: 823 33. e12. Casey JR, Pichichero ME: Changes in frequency and pathogens causing acute otitis media in 1995 2003. Pediatr Infect Dis J 2004; 23: 824 8. e13. Hildmann H: Akute Otitis media. In: Naumann HH, Helms, J, Herberhold, C (ed.): Oto-Rhino-Laryngologie in Klinik und Praxis. Heidelberg, New York: Thieme 1994; 582. e14. Pelton SI: Otoscopy for the diagnosis of otitis media. Pediatr Infect Dis J 1998; 17: 540 543; discussion 580. e15. Helenius KK, Laine MK, Tahtinen PA, Lahti E, Ruohola A: Tympanometry in discrimination of otoscopic diagnoses in young ambulatory children. Pediatr Infect Dis J 2012; 31: 1003 6. e16. Laine MK, Tahtinen PA, Helenius KK, Luoto R, Ruohola A: Acoustic reflectometry in discrimination of otoscopic diagnoses in young ambulatory children. Pediatr Infect Dis J 2012; 31: 1007 11. e17. Hoberman A, Paradise JL, Reynolds EA, Urkin J: Efficacy of Auralgan for treating ear pain in children with acute otitis media. Arch Pediatr Adolesc Med 1997; 151: 675 8. e18. Wollenberg B, Heumann H: Zenner HP (ed.): Praktische Therapie von HNO-Krankheiten. Stuttgart: Schattauer 2008; 90. e19. Marcy M, Takata G, Chan LS, et al.: Management of acute otitis media. Evid Rep Technol Assess (Summ) 2000: 1 4. e20. Rosenfeld R (ed.): Evidence-based Otitis media. 2 nd edition. Canada: Hamilton, ON 2003; 28. e21. Kaleida PH, Casselbrant ML, Rockette HE, et al.: Amoxicillin or myringotomy or both for acute otitis media: results of a randomized clinical trial. Pediatrics 1991; 87: 466 74. e22. Piglansky L, Leibovitz E, Raiz S, et al.: Bacteriologic and clinical efficacy of high dose amoxicillin for therapy of acute otitis media in children. Pediatr Infect Dis J 2003; 22: 405 13. e23. Dagan R, Hoberman A, Johnson C, et al.: Bacteriologic and clinical efficacy of high dose amoxicillin/clavulanate in children with acute otitis media. Pediatr Infect Dis J 2001; 20: 829 37. e24. Leibovitz E, Piglansky L, Raiz S, et al.: Bacteriologic and clinical efficacy of one day vs. three day intramuscular ceftriaxone for treatment of nonresponsive acute otitis media in children. Pediatr Infect Dis J 2000; 19: 1040 5. e25. Fireman B, Black SB, Shinefield HR, et al.: Impact of the pneumococcal conjugate vaccine on otitis media. Pediatr Infect Dis J 2003; 22: 10 6. e26. Ilicali OC, Keles N, Deger K, Savas I: Relationship of passive cigarette smoking to otitis media. Arch Otolaryngol Head Neck Surg 1999; 125: 758 62. e27. Daly KA, Giebink GS: Clinical epidemiology of otitis media. Pediatr Infect Dis J 2000; 19: 31 6. Teilnahme nur im Internet möglich: aerzteblatt.de/cme Deutsches Ärzteblatt Jg. 111 Heft 9 28. Februar 2014 11