Hassindustrie und Killerspiele Gewalt in Computerspielen

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Transkript:

Hassindustrie und Killerspiele Gewalt in Computerspielen

1. Der aktuelle Anlass Einleitung 2. Die Frage nach der Ursache 3. Ego-shooter ein umstrittenes Genre 4. Theorien zur Wirkung medialer Gewalt 5. Computerspiele als Auslöser für Gewalttaten Jugendlicher? 6. Simulationen zu viel Realität im Spiel? 7. Das Transfermodell nach Fritz

1. Der aktuelle Anlass Einleitung Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung unter der Überschrift Aufwachsen ohne Gewalt findet sich die Forderung nach dem Verbot sogenannter Killerspiele (Koalitionsvertrag, S. 106) Killerspiele = Gotcha und Paintball? Oder auch Computerspiele? Begriff ursprünglich von Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) geprägt Warum diese Diskussion um Computerspiele und Gewalt?

2. Die Frage nach der Ursache 20. April 1999: Eric Harris und Dylan Klebold erschießen an ihrer Schule in der Kleinstadt Littleton mehrere Lehrer und Mitschüler 26. April 2002: Robert Steinhäusers Amoklauf im Erfurter Gutenberg-Gymnasium 25. Juni 2003: William und Joshua Buckner schießen an der Interstate 40 in Tennessee auf vorbeifahrende Autos

2. Die Frage nach der Ursache Die Verantwortlichen? Computerspiele! DOOM Counter-Strike? Oder doch Quake? Grand Theft Auto 3

3. Ego-shooter ein umstrittenes Genre Großteil der Computerspiele, die in diesem Zusammenhang erwähnt werden, gehören zum Genre der ego-shooter Name stammt von der Perspektive, aus welcher der Spieler die Geschehnisse in der virtuellen Welt wahrnimmt fast ausschließliche Handlungsanforderung: Töten der zahlreichen Gegner

3. Ego-shooter ein umstrittenes Genre Meilensteine in der Geschichte der ego-shooter: 1992: Wolfenstein 3D 3. Dezember 1993: DOOM 1996: Quake 1998: Half-Life 1999: Counter-Strike

4. Theorien zur Wirkung medialer Gewalt Katharsis Inhibition Stimulation Imitation Habitualisierung

5. Computerspiele als Auslöser für Gewalttaten Jugendlicher? Position des amerikanischen Militärpsychologen Dave Grossmann: Darstellungsformen in den unterschiedlichen Medien sind Auslöser für zunehmende Gewalttaten von Kindern und Jugendlichen Computerspiele als Verschärfung dieser Tendenz, da der Spieler nicht mehr nur passiver Konsument, sondern aktiv Handelnder ist Überwindung des Widerstands andere Menschen zu töten am Einfachsten durch Verknüpfung mit Spaß Ego-shooter als Training für die Realität?

5. Computerspiele als Auslöser für Gewalttaten Jugendlicher? - Kritik Unterschied Virtualität Realität ist den meisten Spielern bewusst Bedeutung der Verfügbarkeit einer realen Waffe unbedingter Wille zur Ausführung einer Tat muss vorhanden sein Nutzung von Computerspielen beim Militär dient dem Training taktischer Operationen

5. Computerspiele als Auslöser für Gewalttaten Jugendlicher? - Kritik Beschäftigung mit diesen Spielen als Auslöser für Waffenfaszination in der Realität erfolgreiches Spielen erfordert eine bestimmte Form von coolness Computerspiele fördern keine Emphatie

5. Computerspiele als Auslöser für Gewalttaten Jugendlicher? - Studien auch empirische Studien liefern keine endgültige Antwort Gewalt in Computerspielen wird anders rezipiert als bspw. in Filmen keine Bestätigung für monokausale Zusammenhänge Laboruntersuchungen scheinen dagegen durchaus Zusammenhänge zu belegen problematisch ist allerdings die fehlende Definition von Gewalt sowie die Methode zur Messung von Aggressivität

5. Computerspiele als Auslöser für Gewalttaten Jugendlicher? Allenfalls kann sie [die Medienwirkungsforschung T.A.] belegen, dass unter bestimmten Bedingungen bei Personen mit speziellen sozialen Hintergründen unerwünschte Effekte auftreten können. Mit anderen Worten: Sie beantwortet die Frage mit einem `Es kommt drauf an.` (Fritz/ Fehr 2003, S. 10)

6. Simulationen zu viel Realität im Spiel? Simulation als grundlegende Eigenschaft des Computers Realitätsnähe als neues Qualitätskriterium von Computerspielen unproblematisch? besonders häufig anzutreffen: realistische Simulationen von Waffen und Krieg mit dem Ziel einer Nachrichtensendung oder einem Dokumentarfilm ähnlich zu sein

6. Simulationen zu viel Realität im Spiel? Beispiele: America's army Soldier of fortune Medal of honor

6. Simulationen zu viel Realität im Spiel? Problematik besteht nicht (nur) in Glorifizierung der Gewalt, sondern im Einbruch eines verzerrten Bildes der Realität in die virtuelle Welt des Spiels Darstellung im Computerspiel kann Auswirkungen auf Sichtweise bestimmter Aspekte in der Realität haben Besonders für Jugendliche ohne stabiles Weltbild gefährlich?

7. Das Transfermodell nach Fritz nicht zu leugnen: es gibt Parallelen zwischen Gewalttaten Jugendlicher und Computerspielen möglicher Erklärungsansatz: Transfermodell Lebenswelt des Menschen kein absolutes Ganzes, sondern besteht aus verschiedenen Arealen um in den jeweiligen Arealen agieren zu können, greifen Menschen auf Schemata zurück Handlungsschemata differenzieren sich in skripts und prints

7. Das Transfermodell nach Fritz Rahmungskompetenz, um zu bestimmen, auf welche Schemata zurückgegriffen werden soll Austauschprozesse zwischen den einzelnen Arealen: intermondiale und intramondiale Transfers

7. Das Transfermodell nach Fritz verschiedene Arten von Transfers: problemlösend emotional assoziativ problematische Transfers: Übertragung von Handlungsmustern (prints) ethisch-moralische Orientierungen Realität strukturierende Wahrnehmungen

7. Das Transfermodell nach Fritz Transferprozesse laufen nicht automatisch ab; sie können dem Spieler durchaus bewusst sein und von ihm gesteuert werden mögliche Ausnahme: prints verlaufen eher unbewusst in der Übertragung; die Ausführung der Handlung setzt jedoch Bewusstheit voraus Bereitschaft zur Durchführung der Handlung muss bereits vorhanden sein; Computerspiel allenfalls mit der Rolle eines Verstärkers

Der Vortrag kann unter tanja-adamus.de.tf als pdf-datei und als Bildschirmpräsentation heruntergeladen werden. Bei Fragen: killerspiele@