Idiopathische Lungenfibrose Hilfen für den Alltag 1
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Die idiopathische Lungenfibrose (IPF) beeinträchtigt den Menschen in vielen Aspekten seines Lebens. Oft führt die Diagnose zur Verunsicherung des Betroffenen und es stellen sich ihm viele Fragen, auf die er nicht ohne Weiteres Antworten erhält. Diese Broschüre zielt daher darauf ab, verschiedenste Auswirkungen der IPF darzustellen und einige mögliche Lösungsansätze aufzuzeigen. Diese sollen Mut machen, sich aktiv mit der Erkrankung und ihren Folgen auseinanderzusetzen, um das Leben so angenehm wie möglich zu gestalten. Viele der dargestellten Vorschläge und Ansätze sind auch Bestandteil einer umfassenden pneumologischen Rehabilitationsmaßnahme, die neben der medikamentösen Therapie bei der Behandlung der IPF immer mehr an Bedeutung gewinnt. Bei speziellen Fragen zur Erkrankung, zu den Symptomen oder Behandlungsmöglichkeiten wenden Sie sich bitte direkt an Ihren Arzt. DR. KLAUS KENN, CHEFARZT Schön Klinik Berchtesgadener Land Pneumologie, Allergologie und Schlafmedizin Malterhöh 1 83471 Schönau am Königssee 3
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INHALT 7 STIMMEN VON IPF-PATIENTEN 8 DER BLICK IN DIE EIGENE ZUKUNFT 10 UMGANG MIT DER ATEMNOT ANDERS ATMEN LERNEN 13 KÖRPERLICHE AKTIVITÄT BEWEGUNG LOHNT SICH 16 SAUERSTOFFTHERAPIE 18 VERMEIDUNG VON INFEKTEN 21 LUNGENTRANSPLANTATION 22 SOZIALMEDIZINISCHE UND RECHTLICHE ASPEKTE 5
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STIMMEN VON IPF-PATIENTEN Ich bin eigentlich nur wegen einer Lungenentzündung ins Krankenhaus gegangen. Am Anfang gesagt zu bekommen, wie viel Zeit einem bleibt, das war sehr hart. Mein Gedanke nach der Diagnose war: Das geht doch nicht. Die Kinder und die Enkelkinder brauchen mich doch noch. Was sind jetzt meine Perspektiven? Solange ich atme, weiß ich, dass ich lebe. Atmen ist Leben und Nicht-Atmen ist Stillstand. So eine Krankheit lehrt einen auch, Dinge zu ändern, Neues auszuprobieren. Es gibt trotz der Krankheit ein Leben, das lebenswert ist. Mein Sauerstoff-Rucksack bedeutet ein Stück Freiheit für mich. Ich kann am gesellschaftlichen Leben teilhaben, was sonst einfach nicht möglich wäre. Es ist wichtig, dass man sich nicht seinem Schicksal ergibt, sondern versucht, aktiv etwas zu machen. Ich habe um Hilfe gebeten und gelernt, dass es in Ordnung ist, sie anzunehmen. 7
DER BLICK IN DIE EIGENE ZUKUNFT Die Diagnose IPF wirft viele verunsichernde Fragen über den möglichen Verlauf und die eigene Zukunft auf. Denn die idiopathische Lungenfibrose ist nach heutigen Erkenntnissen nicht heilbar. Wie die Krankheit bei jedem Einzelnen verlaufen wird, können die Ärzte nicht absehen. Es ist möglich, dass sich der gesundheitliche Zustand plötzlich verschlechtert und den betroffenen Patienten dann nicht mehr viel Zeit bleibt. Die Gedanken an die Endlichkeit des Lebens treiben jedoch viele Patienten an, gerade diese verbleibende Zeit aktiv zu nutzen. Oftmals rückt der Zusammenhalt in der Familie verstärkt in den Vordergrund. Einigen Patienten kann es helfen, das offene Gespräch zu suchen und so Ängste und Sorgen mit den Angehörigen zu teilen. Anderen hilft es eher, das Thema Sterben auszublenden. Vielen Patienten ist es ein Bedürfnis, langgehegte Wünsche umzusetzen, Herzensangelegenheiten zu klären und intensiv Zeit mit der Familie zu verbringen. Wichtig ist, mit seinen Gedanken nicht alleine zu bleiben, sondern diese mit Familie, Ärzten oder anderen vertrauten Menschen möglichst offen zu besprechen. Allein das kann in vielen Fällen schon erleichternd sein. Wenn dies nicht ausreicht, kann professionelle Unterstützung weiterhelfen. 8
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UMGANG MIT DER ATEMNOT ANDERS ATMEN LERNEN BRUSTMUSKULATUR DEHNEN Brustkorbmobilisation mithilfe von Dehnübungen Atemtiefe verbessern durch Halbmondlage ATEMNOT VERMEIDEN Bei körperlicher Anstrengung die Belastung an die Atmung anpassen Die Atmung das Tempo der Tätigkeit bestimmen lassen Bei starker Atemnot atemerleichternde Stellung einnehmen, etwa durch Abstützen an einem Geländer OBERE RUMPFMUSKULATUR ENTSPANNEN Dehnung Wärme Entspannungsübungen Physiotherapie REIZHUSTEN LINDERN Trinken Lutschen eines (sauren) Bonbons Langsames und flacheres, nicht zu tiefes Atmen 10
Die gezielte Atemtherapie führt zu einem bewusstem Körpergefühl und einer entspannten Atmung. Beispiel für eine Dehnübung: Halbmondlage 11
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KÖRPERLICHE AKTIVITÄT BEWEGUNG LOHNT SICH Eine eingeschränkte körperliche Leistungsfähigkeit ist meist das erste spürbare Symptom der IPF. Häufig veranlasst dies nach und nach zur Vermeidung von Belastung, was wiederum zu einem weiteren Abbau der körperlichen Fitness führt. Allzu oft finden sich die Patienten in einer Inaktivitätsspirale wieder. Es ist wichtig, den Weg aus der Inaktivität zu finden. Indem Patienten bewusst das tun, was sie scheinbar nicht mehr können, gewinnen sie wieder an körperlicher Leistungsfähigkeit. Sie können dadurch ihren Aktivitätsradius vergrößern und die Lebensqualität verbessern und nehmen wieder aktiver am gesellschaftlichen Leben teil. INAKTIVITÄTSSPIRALE IPF Atemnot Inaktivität Konditionsmangel MEHR LEBENSQUALITÄT weniger Atemnot bessere Kondition Training Aktivität verstärkte Atemnot Aktivität baut sich ab Aktivität baut sich auf 13
PRAKTISCHE TIPPS FÜR MEHR AKTIVITÄT IM ALLTAG Täglich mindestens 20 30 Minuten spazieren gehen Beim Sprechen eher Pausen einlegen Sich fordern, aber nicht überfordern Nur im optimalen Trainingsbereich belasten Moderne Mobilitätserleichterungen nutzen (etwa ein E-Bike) EIGENER DREHZAHLMESSER FÜR AKTIVITÄT optimaler Trainingsbereich zunehmende Überlastung 14
Zwei Beispiele für einfache Kräftigungsübungen. Es empfehlen sich täglich 3 x 10 Wiederholungen. STÜTZSTEMME (ARMKRAFT) Bei der Stützstemme hebt der Patient das Körpergewicht an und trainiert so die Arm- und obere Rumpfmuskulatur. Die Armlehnen eines hinter ihm stehenden Stuhls dienen ihm hierfür als Stütze. KNIEBEUGE (BEINKRAFT) Die klassische Kniebeuge kann mithilfe eines Stuhls ebenfalls präziser ausgeführt werden. Der Patient beugt sich so tief in die Knie, dass er fast die Sitzfläche berührt, bevor er das Körpergewicht erneut anhebt. 15
SAUERSTOFFTHERAPIE Die erkrankte Lunge von IPF-Patienten kann nicht mehr ausreichend Sauerstoff aufnehmen. Dies führt unweigerlich zu einem Sauerstoffmangel im gesamten Körper; die Leistungsfähigkeit nimmt langsam ab. Die Sauerstofftherapie (Long Term Oxygen Therapy, LTOT) ist sehr wichtig für Patienten: Durch die zusätzliche Gabe von Sauerstoff können sie weiterhin so aktiv wie möglich bleiben und sich in einem größeren Handlungsspielraum bewegen. In der sogenannten pulmonalen Rehabilitation lernen die Betroffenen die korrekte Anwendung der Sauerstofftherapie. Zudem werden sie darin geschult, wie sie den Alltag mit ihrer Erkrankung meistern können. WICHTIGE HINWEISE ZUR HÄUSLICHEN SAUERSTOFFTHERAPIE Konsequent im verordneten Ausmaß anwenden Dosis an Belastungsintensität anpassen Mundatmung vermeiden, insbesondere bei körperlicher Belastung Effektive Nasenatmung sicherstellen durch richtige Pflege Benutzung von Transporthilfen (etwa ein Rucksack oder Trolley) Vor Beginn die Füllung genau überprüfen Vor Planung einer Flugreise Rücksprache mit dem Arzt und der Fluggesellschaft halten (Flugtauglichkeit und Sauerstoffversorgung an Bord sicherstellen) 16
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VERMEIDUNG VON INFEKTEN Akute Infekte der Lunge können bei IPF-Patienten das Befinden erheblich verschlechtern, viel schwerwiegender als dies bei Gesunden der Fall ist. Infekte können sogar gefährliche Veränderungen nach sich ziehen. Daher kommt der Infektvermeidung bzw. einer frühzeitigen Infektbehandlung durch den Arzt große Bedeutung zu. Die Beachtung einiger wichtiger Hygieneregeln kann eine wertvolle Schutzmaßnahme darstellen. Zudem sollten die empfohlenen Impfungen für lungenkranke Menschen (etwa die Grippeschutz- und Pneumokokkenimpfung) durchgeführt werden. Im Zweifelsfall lieber den behandelnden Arzt frühzeitig aufsuchen. 18
WICHTIGE HYGIENEREGELN Erste Infektanzeichen ernst nehmen und zum Hausarzt gehen Drei- bis viermal mal täglich Zimmer lüften Mehrmals täglich Hände waschen oder desinfizieren und vom Gesicht fernhalten Volle Züge, Busse etc. meiden In den Ärmel niesen und husten Einwegtaschentücher verwenden Handgeben vermeiden 19
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LUNGENTRANSPLANTATION Eine Möglichkeit bei der Behandlung der idiopathischen Lungenfibrose (IPF) stellt die Lungentransplantation dar. Allerdings kommt diese Option nur für wenige Patienten infrage. Zum einen ist es sehr schwierig, ein passendes Spenderorgan zu finden. Zum anderen muss der Patient in einer guten körperlichen Verfassung sein. Viele Krankenhäuser legen daher eine Altershöchstgrenze fest, die gegenwärtig bei 65 Jahren liegt. Soll eine Transplantation erfolgen, muss die Notwendigkeit dafür also rechtzeitig festgestellt werden. Bei einer Listung zur Transplantation gilt es, die damit einhergehende Wartezeit zu überbrücken. Hierbei kann neben der medikamentösen Therapie eine hierfür speziell entwickelte, umfassende Rehabilitationsmaßnahme die passende Vorbereitung darstellen. Wartezeit darf keine Zeit des passiven Abwartens sein; sie sollte als Lebenszeit aktiv genutzt werden. Für all diejenigen IPF -Patienten, für die eine Transplantation aus verschiedenen Gründen nicht infrage kommt, bietet eine pneumologische Rehabilitation die Möglichkeit, die Leistungsfähigkeit und Lebensqualität spürbar zu verbessern. 21
SOZIALMEDIZINISCHE UND RECHTLICHE ASPEKTE Bei schwerwiegenden Erkrankungen wie der IPF bietet der Staat verschiedene Hilfen an. Hierzu gehört beispielsweise der Schwerbehindertenausweis, der diverse Erleichterungen und Vergünstigungen zur Folge hat. Dazu zählen Ermäßigungen für öffentliche Verkehrsmittel, Steuererleichterungen und die Möglichkeit zum Parken auf entsprechend gekennzeichneten Parkplätzen dank eines zusätzlichen speziellen Parkausweises. Nähere Informationen zu diesen Themen sind über das Versorgungsamt zu finden. Im Einzelfall können auch Anpassungen des Arbeitsplatzes und Umschulungen unterstützt werden. Bei bedrohter oder verlorengegangener Arbeitsfähigkeit besteht Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente. Mehr Informationen erteilt die Deutsche Rentenversicherung unter www.deutsche-rentenversicherung.de. Es kann der Zeitpunkt eintreten, bei dem IPF-Patienten nicht mehr in der Lage sind, selbstständig Entscheidungen für sich zu treffen. In diesem Fall kann das Betreuungsrecht zur Anwendung kommen. Die vorherige selbstständige Regelung durch den Patienten mittels Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung sollte frühestmöglich bedacht werden. Das Bundesjustizministerium hat eine Informationsbroschüre herausgegeben, die unter www.bmj.de zu bestellen ist. 22
WEITERE INFORMATIONEN Auf dem Patientenportal www.leben-mit-lungenfibrose.de erhalten Betroffene und Angehörige ein ausführliches Informationsangebot. In der Rubrik Bertolds Umgang mit IPF berichtet ein Patient zudem monatlich über seine persönlichen Erfahrungen. Weitere Filme und Download-Optionen runden den Service ab. 23
Roche Pharma AG Respiratory Diseases 79639 Grenzach-Wyhlen, Deutschland 2016