Wildtier- und Naturschutzökologie Adolf Durrer Brücke Städtlerwald, Cham Erfolgskontrolle Zwischenbericht 2013 13. März 2014 Version 3
SKK Landschaftsarchitekten AG - Postfach - Lindenplatz 5 - CH-5430 Wettingen 1 - Tel. 056 437 30 20 - Fax 056 426 02 17 admin@skk.ch - www.skk.ch Dr. Cristina Boschi, Wildtier- und Naturschutzökologie, Sattelmätteliweg 4, 5722 Gränichen, Tel. 062 842 21 47, cristina.boschi@bluewin.ch Wir verwenden und produzieren Solarstrom Brücke Städtlerwald, Cham Auftrag 1249D Erfolgskontrolle Zwischenbericht 2013 Versionsgeschichte Nr. Datum Inhalt Autor 1 1.1 Neu MM 2 5.11.2013 Erfassung Säugetiere und Reptilien ergänzt CB 3 13.03.2014 Finalisierung MM Bearbeitung: SKK Landschaftsarchitekten (Wirbellose): Markus Müller - MSc Natural Ressource Sciences ZFH svu aep Wildtier- und Naturschutzökologie (Säugetiere und Reptilien): Cristina Boschi - Dr. phil. Zoologin F:\Aufträge\1226-1250\1249D\Berichte\20140310_Fin\JB_2013_fin_CBunt..docx
2 Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung 3 1 Einleitung 5 2 Erfolgskontrolle Säugetiere und Reptilien 6 2.1 Material und Methoden 6 2.1.1 Säugetiere 6 2.1.2 Reptilien 7 2.2 Resultate 8 2.2.1 Säugetiere 8 2.2.2 Reptilien 9 2.3 Diskussion 12 2.3.1 Säugetiere 12 2.3.2 Reptilien 12 3 Erfolgskontrolle Wirbellose 13 3.1 Methoden 13 3.3 Resultate 15 3.3.1 Erfassung 2012 15 3.3.2 Erfassung 2013 16 3.4 Diskussion 19 3.4.1 Tagfalter 19 3.4.2 Heuschrecken 20 4 Handlungsempfehlungen 22 - Wettingen & Wildtier- und Naturschutzökologie - Gränichen - 13. März 2014 - Version 3
3 Zusammenfassung Um eine kleinräumige Vernetzung des Städtlerwaldes nach Norden zu gewährleisten wurde die 106m lange Brücke mit einem 13m breiten Grünstreifen mit Kleinstrukturen (Ast- und Steinhaufen) ausgestattet. Auf dem Grünstreifen soll sich eine artenreiche Trespenwiese mit einheimischen Gehölzgruppen etablieren. Kurz nach der Bauabnahme am 15. Juni 2012 begannen die Aufnahmen für den ersten Teil der Erfolgskontrolle, dessen Feldaufnahmen am 5. November 2013 abgeschlossen wurden. Die Nutzung der Städtlerwaldbrücke durch Säugetiere wurde mittels Spurenaufnahmen auf Sandfallen und auf Kleinstrukturen sowie mit Fotofallen untersucht. Parallel dazu wurde die Brücke jeweils nach Reptilien abgesucht. Als Vorbereitung für die Erfolgskontrolle der Wirbellosen wurde im Jahr 2012 auf der Städtlerwaldbrücke und in angrenzenden Flächen das Artenspektrum der Heuschrecken und Tagfalter aufgenommen. Im Jahr 2013 wurde die Fläche der Städtlerwaldbrücke systematisch an vier (Tagfalter) bzw. drei Begehungsterminen (Heuschrecken) nach den jeweiligen Tieren abgesucht. Die Tagfalter wurden durch Transektbegehungen quantitativ erfasst, die Heuschrecken wurden halbquantitativ (Schätzung der Individuenzahlen anhand von Häufigkeitsklassen) in verschiedenen Teilflächen erfasst. Die Brücke wurde im untersuchten Zeitraum bereits von einem grossen Teil der Zielarten unter den Säugetieren überquert. Bereits im Sommer 2012 nutzte mindestens ein Fuchs regelmässig die Städtlerwaldbrücke und im Jahr 2013 konnten mindestens vier verschiedene Individuen festgestellt werden. Seit Sommer 2013 überquerte ein junger Rehbock die Städtlerwaldbrücke mehrmals und Ende Oktober 2013 wurde das erste Mal eine Rehgeiss auf der Brücke festgestellt. Im Juli 2012 hielt sich ein Hermelin auf der Städtlerwaldbrücke auf und im Herbst 2012 markierte ein Marder den Steinhaufen in der Brückenmitte. Ein Igel wurde im Frühling 2013 im südlichen Bereich der Brücke festgestellt. Dagegen wurden bisher keine Reptilien im Rahmen der Erfolgskontrolle beobachtet. Im Jahr 2013 wurden elf Tagfalter-, zwei tagaktive Nachtfalter- und fünf Heuschreckenarten auf der Städtlerwaldbrücke nachgewiesen. Die unterschiedlichen Lebensraumansprüche der vorgefundenen Tagfalter und Heuschrecken entsprechen der Gestaltung des Grünstreifens. Das Vorkommen von Arten, die bevorzugt an Waldrändern und Gebüschstrukturen leben, deutet darauf hin, dass die Grünbrücke Arten des Städtlerwaldes eine Ausbreitung Richtung Norden vereinfachen kann.
4 Die geringere Artenzahl der Heuschrecken im Vergleich zu den Tagfaltern entspricht aufgrund der geringeren Mobilität der Heuschrecken in etwa den Erwartungen. Die Pflege der Grünfläche sollte weiterhin nach naturschutzfachlichen Kriterien erfolgen. Es ist darauf zu achten, dass immer ganzjährig ein ungemähter Bereich stehen bleibt ohne die Vergrasung zu fördern. Die Kleinstrukturen brauchen ebenfalls einen gewissen Unterhalt. Die Asthaufen müssen periodisch mit neuem Material beschickt werden und die Steinhaufen müssen von überwachsenden Pflanzen befreit werden.
5 1 Einleitung Um eine kleinräumige Vernetzung des Städtlerwaldes nach Norden zu gewährleisten, wurde die 106m lange Brücke mit einem 13 m breiten Grünstreifen mit Kleinstrukturen (Ast- und Steinhaufen) ausgestattet. Als Zielzustand für den Grünstreifen soll sich eine artenreiche Trespenwiese mit einheimischen Gehölzgruppen etablieren. Der Flurweg weist einen Naturboden auf und ist 4 m breit. Aufgrund der fast vollständigen Isolation des Städtlerwaldes, der vergleichsweise geringen Grösse sowie der teils hohen Belastung durch Erholungssuchende eignet sich dieser Lebensraum nur für wenig anspruchsvolle Arten. Als Zielarten für die kleinräumige Vernetzung sind in erster Linie Schmetterlinge, Heuschrecken & Spinnen ausgewiesen. Ferner soll die Brücke von mittelgrossen und kleinen Säugetierarten genutzt werden, insbesondere vom Fuchs, Dachs, Insektenfresser und Mäuse. Falls Reptilien aus der nahen Umgebung die Städtlerwaldbrücke erreichen sollten, wäre eine Besiedlung der Brücke möglich. Die Erfolgskontrolle soll einerseits die Qualität des neu geschaffenen Lebensraumes aufzeigen und andererseits verdeutlichen, inwiefern eine Vernetzung für die genannten Zielarten erreicht wurde. Die gesamte Erfolgskontrolle ist in zwei Teilbereichen aufgeteilt, deren Resultate im vorliegenden Bericht gemeinsam dargestellt wurden. Die Erfolgskontrolle der Säugetiere und Reptilien wurde durch Frau C. Boschi, Wildtier- und Naturschutzökologie durchgeführt, die Erfolgskontrolle der Wirbellosen (Heuschrecken und Tagfalter) durch Herr M. Müller, SKK Landschaftsarchitekten AG.
6 2 Erfolgskontrolle Säugetiere und Reptilien 2.1 Material und Methoden 2.1.1 Säugetiere Um die Säugetiere und ihre Nutzung der Brücke als Passage zu untersuchen, wurden vorgängig zwei Sandstreifen aus feinem sandig-tonigem Material angelegt (Abb. 2.1). Die Sandstreifen sind 4cm tief und 2m breit und liegen quer zum Grünstreifen in der nördlichen bzw. in der südlichen Hälfte der Grünbrücke. Aus den hinterlassenen Spuren lässt sich bestimmen welche Säugetierarten über die Brücke gelaufen sind. Nach jeder Kontrolle werden die registrierten Spuren verwischt und 3 Wochen vor jeder Kontrolle der Sand mit einem Rechen gelockert. Die Spurenaufnahmen erfolgten jeweils einmal im Sommer und Herbst 2012 (25.7 und 27.11.2012) sowie im Winter, Frühling, Sommer und Herbst 2013 (26.1, 29.4, 10.7 und 15.10.2013). Im Winter 2013 fand die Spurenaufnahme bei liegendem Schnee statt (zwei Nächte ohne neuem Schnee). Neben der Spurenkontrolle wurde auch nach Kotspuren gesucht. Ferner wurde im Jahr 2013 eine Fotofalle (Cuddeback capture) beim Steinhaufen in der Mitte der Brücke montiert (Abb. 2.2). Die Fotofalle stand je 6 Wochen im Frühling (29.4 bis 11.6.2013), im Sommer (2.7 bis 14.8.2013) und im Herbst (24.9 bis 5.11) im Einsatz. Das Amt für Wald und Wild hat ebenfalls im Jahr 2013 beim Steinhaufen in der Nähe des Städlerwalds eine Fotofalle installiert. Beide Fotofallen wurden gegen Nordosten gerichtet, damit keine Personen aufgenommen werden. Abb. 2.1 Lage der Fotofallen und der Sandfallen auf der Städtlerwaldbrücke
7 Abb. 2.2 Fotofalle Erfolgskontrolle Säugetiere Die Fotofalle für die Erfolgskontrolle wurde beim Steinhaufen etwa in der Mitte der Städtlerwaldbrücke montiert, so dass keine Personen auf dem Kiesweg aufgenommen werden ( Cristina Boschi) 2.1.2 Reptilien Zur Erfassung der Reptilien wurde die Brücke nach Reptilien abgesucht. Die Absuche erfolgte an den gleichen Tagen bei welchen die Spuren aufgenommen wurden, bei sonnigem Wetter und einer Lufttemperatur von mindestens 14 C. Im Sommer wurde darauf geachtet, dass die Absuche in den späten Nachmittagsstunden erfolgte, weil Reptilien wechselwarme Tiere sind und sich bei zu hohen Temperaturen in den Schatten zurückziehen.
8 2.2 Resultate 2.2.1 Säugetiere Trittsiegel in den Sandfallen Vom Sommer 2012 bis Winter 2012 / 2013 wurden in den Sandfallen nur Spuren vom Fuchs festgestellt (Abb. 2.3). Im Frühling 2013 konnte ich einmal in der Sandfalle Süd den Igel nachweisen. Im Herbst 2013 konnte mit den Sandfallen die Nutzung der Grünbrücke durch Rehe festgestellt werden. Neben den Wildtieren wurden bei jeder Aufnahme diverse Spuren von Hunden, Hauskatzen und Personen gefunden. Abb. 2.3 Zahl der festgestellten Fuchs-, Reh- und Igelspuren in den Sandfallen Nord und Süd Kotspuren Im Herbst 2012 wurden mehrere Kotspuren eines Marders auf dem Steinhaufen in der Mitte der Brücke (dort wo die Fotofalle für die Erfolgskontrolle in 2013 montiert wurde) festgestellt. Es konnte nicht bestimmt werden, ob der Kot von einem Steinmarder oder von einem Baummarder stammte. Fotofallen Im Frühling, Sommer und Herbst 2013 wurden von der Fotofalle der Erfolgskontrolle mehrmals Füchse fotografiert (Tab. 2.1; Abb. 2.4). Dabei handelte es sich um mindestens 4
9 verschiedene Individuen. Ein Individuum war stark an Räude erkrankt. Auch die Fotofalle vom Amt von Wald und Wild fotografierte im Winter, Sommer und Herbst mehrmals einen Fuchs. Am 8. August 2013 wurde das erste Mal ein Reh in der Mitte der Städtlerwaldbrücke nachgewiesen (Tab. 2.1). Bereits im Winter 2012 / 2013 wurde im südlichen Bereich der Brücke ein Reh von der Fotofalle vom Amt für Wald und Wild aufgenommen. Im Herbst 2013 wurde die Brücke weiterhin mehrmals durch Rehe genutzt: Die Bilder von der Fotofalle für die Erfolgskontrolle zeigten immer denselben jungen Rehbock (Abb. 2.5). Am 31. Oktober 2013 wurde das erste Mal eine Rehgeiss beim queren der Brücke (von Norden nach Süden) fotografiert. Neben den Wildtieren nahmen die Fotofallen Hauskatzen, Hunde und Personen auf. Weitere Säugetiernachweise Im Juli 2012 wurde durch mehrere Personen ein Hermelin beobachtet, welches sich vorübergehend auf der Städtlerwaldbrücke aufhielt. Das Hermelin wurde in einem Steinhaufen und auf den liegenden Baumstämmen auf der Brücke fotografiert (Abb. 2.6 und Titelblatt). Im folgenden Winter und im Jahr 2013 wurde es nicht mehr beobachtet. Die vielen Mäuselöcher auf der Städtlerwaldbrücke deuten darauf hin, dass wahrscheinlich Feldmäuse die Brücke besiedelt haben. Art Winter 2012 / 2013 Frühling 2013 Sommer 2013 Herbst 2013 FF Erfolg. FF W&W FF Erfolg. FF W&W FF Erfolg. FF W&W FF Erfolg. FF W&W Fuchs - 9 2 0 34 0 5 3 Reh - 1 0 0 2 0 2 2 Igel - 0 0 1 0 0 0 0 Tab. 2.1 Resultate der Fotofallen Zahl der terrestrischen Wildtiere die von der Fotofalle für die Erfolgskontrolle (FF Erfolg.) und von der Fotofalle vom Amt für Wald und Wild (FF W&W) aufgenommen wurden. 2.2.2 Reptilien Auf der Städtlerwaldbrücke konnten 2012 und 2013 keine Reptilien nachgewiesen werden.
10 Abb. 2.4 Fuchs um 4:06 morgens auf der Städtlerwaldbrücke ( Cristina Boschi) Abb. 2.5 Junger Rehbock um 1:35 auf der Städtlerwaldbrücke ( Cristina Boschi)
11 Abb. 2.6 Das Hermelin schaut gut geschützt aus einem Steinhaufen der Städtlerwaldbrücke ( Adolf Durrer)
12 2.3 Diskussion 2.3.1 Säugetiere Die Städtlerwaldbrücke wird bereits regelmässig von verschiedenen Füchsen genutzt. Der Fuchs gilt als sehr flexible, lernfähige und wenig anspruchsvolle Tierart, es überrascht deshalb nicht, dass diese Wildtierart so schnell die sichere Querungsmöglichkeit der Autobahn nutzt. Der fotografierte Rehbock hat vermutlich während der Brunftzeit im Sommer 2013 die Brücke als Verbindung des Städtlerwaldes mit der Landschaftskammer im Norden entdeckt. Anfangs Juli wurde die Fläche auch das erste Mal zu zwei Dritteln gemäht und die frisch nachwachsende Vegetation könnte zusätzlich die Attraktivität der Städtlerwaldbrücke für den Rehbock erhöht haben. Seitdem nutzte er sie mehrmals. Die Rehgeiss, die Ende Oktober 2013 fotografiert wurde, könnte vom frischem Grün nach dem zweiten Schnitt angezogen worden sein. Interessant wird in Zukunft sein ob weitere Rehe diesen sicheren Weg über die Autobahn nutzen werden und ob ein Rehwechsel regelmässig stattfinden wird. Das Hermelin, welches im Juli 2012 auf der Städtlerwaldbrücke beobachtet wurde, war sehr wahrscheinlich ein junges Hermelin auf der Suche nach einem geeigneten Lebensraum. Ein Marder nutzte die Städtlerwaldbrücke im Herbst 2012. Diese Beobachtungen zeigen, dass die Städtlerwaldbrücke mit den Kleinstrukturen (Stein- und Asthaufen) als Vernetzungsstruktur zwischen Lebensräumen attraktiv ist und von Kleinkarnivoren genutzt wird. Ein Igel konnte je einmal durch Spuren in der Sandfalle Süd und mit der Fotofalle vom Amt Wald und Wild nachgewiesen werden, nicht aber von der Sandfalle Nord und der Fotofalle der Erfolgskontrolle. Es ist deshalb anzunehmen, dass der Igel nur den südlichen Bereich der Brücke zur Nahrungssuche genutzt hat. Mit den Fotofallen und den Sandfallen wurde nur der begrünte Bereich der Brücke kontrolliert. Es ist aber möglich, dass Tiere (z.b. Marder) auch liegende Baumstämme zwischen dem Grünstreifen und dem Fahrradweg genutzt haben. Auch die Nutzung des Fahrradwegs durch Wildtiere ist durchaus denkbar (z. B. Reh). Ferner ist zu berücksichtigen, dass das hohe Gras im späten Frühling und frühen Sommer die Auslösung von Fotofallenaufnahmen stark einschränkte und starke Regenfälle die Spuren in den Sandfallen löschen können. 2.3.2 Reptilien Sehr wahrscheinlich liegen die nächsten Reptilienpopulationen so weit weg, dass eine Besiedlung der Städtlerwaldbrücke längere Zeit braucht oder im Moment gar nicht möglich ist.
13 3 Erfolgskontrolle Wirbellose 3.1 Methoden Im Jahr 2012 wurden als Grundlage für die weiteren Untersuchungen sowohl die Städtlerwaldbrücke als auch die umliegenden Bereiche systematisch nach Tagfaltern und Heuschrecken abgesucht. In Abb. 3.1 sind die drei Untersuchungsflächen dargestellt. Dabei erfolgte nur eine qualitative Erfassung (Nachweis ob eine Art vorkommt oder nicht), auf eine quantitative Erfassung wurde verzichtet. Abb. 3.1 Untersuchungsflächen 2012 Diese drei Untersuchungsflächen wurden im Jahr 2012 systematisch nach Heuschrecken und Tagfaltern abgesucht. (Kartengrundlage www.zugmap.ch). Im Jahr 2013 erfolgten die Erfassungen der Tagfalter und Heuschrecken ausschliesslich auf der Städtlerwaldbrücke (Abb. 3.1: Fläche b). Die Erfassungen erfolgten jeweils bei möglichst guten Bedingungen (wenig Wind, sonnig). Zur Erfassung der Tagfalter wurde die Städtlerwaldbrücke bei jeder Begehung dreimal mittig in Längsrichtung abgeschritten und alle 5m neben bzw. vor dem Beobachter vorhandenen Arten erfasst (Transekterfassung). Ausgewiesen werden jeweils die maximalen Individuenzahlen pro Art und Begehungstermin.
14 Die Heuschrecken wurden nach Sicht bzw. Gehör erfasst und falls möglich / nötig mit einem Streifkescher zur Bestimmung eingefangen. Nebst der Art und der geschätzten Individuenzahl wurde zudem der ungefähre Aufenthaltsort der Heuschrecken protokolliert (vgl. Abb. 3.2). Die Individuenzahl wurde in Klassen geschätzt: 1: einzelne Individuen, 2: 2-5 Individuen, 3: 5-10 Individuen, 4: >10 Individuen. Ausgewiesen werden jeweils die geschätzte Anzahl Individuen pro Art sowie die besiedelten Bereiche der Brücke. Abb. 3.2 Grundlage der Verortung der Heuschrecken Bei der Erfassung der Heuschrecken wurde zusätzlich festgehalten, in welchem der 6 Bereiche sie festgestellt wurden.
15 3.3 Resultate 3.3.1 Erfassung 2012 Die Erfassungen der Tagfalter erfolgten am 27. Juni 2012 und am 19. Juli 2012, diejenige der Heuschrecken am 14. August 2012. Tab. 3.1 gibt Auskunft darüber, welche Arten auf welchen Teilflächen (gemäss Abb. 3.1) beobachtet wurden. Tagfalter Deutscher Name Fläche a Fläche b Fläche c Wissenschaftlicher Name Faulbaumbläuling Celastrina argiolus Artenkomplex C. alfacariensi/hyale Colias alfacaryensis/ hyale Postillon Colias crocea Kurzschwänziger Bläuling Cupido argiades Senfweissling Leptidea sinapis Rostfarbiger Dickkopffalter Ochlodes venatus Grosser Kohlweissling Pieris brassicae Kleiner Kohlweissling Pieris rapae Hauhechel-Bläuling Polyommatus icarus Admiral Vanessa atalanta Distelfalter Vanessa cardui Anzahl Arten 10 4 3
16 Heuschrecken Deutscher Name Fläche a Fläche b Fläche c Wissenschaftlicher Name Gemeiner Grashüpfer Chortippus paralellus Nachtigall Grashüpfer Chortippus biguttulus Rote Keulenschrecke Gomphocerippus rufus Roesels Beissschrecke Metrioptera roeseli Buntbäuchiger Grashüpfer Omocestus rufippes Bunter Grashüpfer Omocestus viridulus Gemeine Strauchschrecke Pholidoptera griesoaptera Grünes Heupferd Tettigonia viridissima Gemeine Dornschrecke Tetrix tenuicornis Anzahl Arten 9 2 1 Tab. 3.1 Auflistung der 2012 in den Untersuchungsflächen vorgefundenen Arten 3.3.2 Erfassung 2013 Im Jahr 2013 wurden die Tagfalter an vier Begehungsterminen (6. Juni, 21. Juni, 9. Juli, 20. August) und die Heuschrecken an drei Begehungsterminen (9. Juli, 20. August, 6. September) erfasst. Die Feldarbeit erfolgte nur bei sonnigen und fast windstillen Bedingungen. Dies gewährleistet eine möglichst grosse Aktivität der zu erfassenden Arten und somit eine hohe Nachweiswahrscheinlichkeit. Tab. 3.2 zeigt die maximalen Individuenzahlen der Tagfalter pro Art und Begehungstermin.
17 Deutscher Name Wissenschaftlicher Name 06.06.2013 21.06.2013 09.07.2013 20.08.2013 Bevorzugter Lebensraum Kleiner Fuchs Aglais urticae 1 Saumbiotope Gammaeule Autographa gamma 1 3 3 unspezifisch Artenkomplex C. alfacaryensis / hyale Colias alfacaryensis/ hyale 1 1 Offenland Postillon Colias crocea 1 Offenland (Wanderfalter) Kurzschwänziger Bläuling Cupido argiades 1 2 Offenland Senfweissling Leptidea sinapis 2 1 Waldrand / Gebüsch Rostfarbiger Dickkopffalter Ochlodes Venata 1 1 Gebüsch / Saumbiotope Keiner Kohlweissling Pieris rapae 2 1 Offenland (Kulturfolger) Rapsweissling Pieris napi 2 1 1 Waldrand / Gebüsch Hauhechel-Bläuling Polyommatus icarus 3 1 6 Offenland Rotklee-Bläuling Polyommatus semiargus 3 Offenland Admiral Vanessa atalanta 1 Offenland (Wanderfalter) Distelfalter Vanessa cardui 1 Offenland (Wanderfalter) Artenzahl total pro Begehung 4 5 5 5 Individuenzahl pro Begehung 6 9 8 11 Artenzahl total 2013 13 Tab. 3.2 Resultate der Tagfaltererfassung 2013 Die Angaben zum bevorzugten Lebensraum stammen aus dem Werk "Tagfalter und ihre Lebensräume" des SBN. 1 Bei diesen Arten handelt es sich um tagaktive Nachtfalter, welche im Zuge der Begehungen auch nachgewiesen wurden 2 Es wurde nicht zwischen Pieris rapae und Pieris manii unterschieden (analog Biodiversitätsmonitoring Schweiz) 3 Diese Art wurde erstmals am 6.September 2013 im Rahmen der Heuschrecken-Erfassung beobachtet
18 In Tab. 3.3 sind die Resultate der Heuschreckenerfassung 2013 dargestellt. Deutscher Name Wissenschaftlicher Name Bunter Grashüpfer Chortippus parallelus Nachtigall Grashüpfer Chortippus biguttulus Roesels Beissschrecke Metrioptera roeseli Gemeine Strauchschrecke Pholidoptera griesoaptera Gemeine Dornschrecke Tetrix tenuicornis 09.07.2013 20.08.2013 06.09..2013 Bevorzugte Teilbereiche Teilbereiche Teilbereiche Vegetationsstruktur 1 2 3 4 5 6 1 2 3 4 5 6 1 2 3 4 5 6 2 2 2 1 2 Unspezifisch 2 1 2 2 2 3 2 2 3 2 1 2 Nieder - halbhoch 2 Dicht und hoch 2 2 1 2 Mittel - hoch 1 2 1 2 Offene Bodenstellen Anzahl Arten pro Teilbereich 2 2 2 1 1 2 1 2 1 1 3 1 1 2 1 0 Anzahl Arten pro Begehung 4 3 4 Tab. 3.3 Resultate der Heuschreckenerfassung 2013 Die Aussagen bezüglich der bevorzugten Vegetationsstruktur basieren auf den Angaben im Buch "Die Heuschrecken der Schweiz" (Baur et al. 2006).
19 3.4 Diskussion 3.4.1 Tagfalter Im Jahr 2013 wurden insgesamt elf Tagfalter- und zwei tagaktive Nachtfalterarten erfasst. Im Anbetracht der eher geringen Grösse der Grünfläche und dem geringen Alter der Fläche kann die Artenzahl positiv bewertet werden. Bei den meisten Arten handelt es sich um häufige Arten. Eine Ausnahme dabei bildet der Kurzschwänzige Bläuling (Cupido argiades). Diese Art wird in der Roten Liste der Schmetterlinge der Schweiz von 1994 als vom Aussterben bedroht aufgeführt. In den letzten Jahren wurde jedoch eine deutliche Ausbreitungstendenz festgestellt weshalb anzunehmen ist, dass in der Neuerscheinung der Roten Liste der Tagfalter (in Bearbeitung) die Gefährdung der Art zurückgestuft wird. Die vorkommenden Arten sind sowohl bezüglich der Raupenfutterpflanzen als auch bezüglich der Nektarpflanzen eher anspruchslos, keine der beobachteten Tagfalterarten ist auf eine bestimmte Pflanzenart angewiesen, die meisten nutzen verschiedene Pflanzen einer Familie als Nektarquelle bzw. Raupenfrasspflanze. Die unterschiedlichen bevorzugten Lebensräume der Tagfalter (vgl.tab. 3.2) wiederspiegeln die Strukturvielfalt der Grünfläche sehr gut, es wurden Offenlandarten ebenso festgestellt wie Arten die Saumbiotope, Gebüsche und Waldränder bevorzugen. Es kann davon ausgegangen werden, dass im Bereich des Städtlerwaldes vor allem Arten der drei letztgenannten Gruppen vorkommen. Die Grünbrücke sollte darum insbesondere solchen Arten die Ausbreitung Richtung Norden erleichtern. Bei der Erfassung von Tagfaltern mittels Transektbegehungen, wie sie im Jahr 2013 durchgeführt wurde, ist eine Unterscheidung ob ein Falter eine Untersuchungsfläche als Lebensraum oder als Ausbreitungsachse nutzt, kaum möglich. Um diese Fragestellung näher zu beleuchten sind für das Jahr 2015 Markierungsexperimente geplant. Die gesamte Anzahl beobachteter Tagfalter pro Begehung war im Jahr 2013 eher tief, sie lag zwischen sechs und elf Individuen. Dabei ist zu beachten, dass im vorliegenden Fall zwei Aspekte die Anzahl der Falter auf der Städtlerwaldbrücke beeinflussen. Einerseits die Qualität des Habitats als Primärlebensraum, andererseits die Eignung als Ausbreitungsachse. Die Qualität eines Lebensraumes von Tagfaltern hängt direkt vom Nektarangebot (Anzahl blühender Pflanzen) bzw. von der Anzahl der verfügbaren Eiablagepflanzen ab. Die Grünfläche präsentierte sich im Jahr 2013 etwas blütenarm bzw. grasreich. Es wurden viele verschiedene blühende Pflanzen beobachtet, allerdings in eher geringer Anzahl. Langfristig wäre es wünschenswert, die Blütendichte durch eine angepasste Bewirtschaftung der Grünfläche zu steigern (vgl. Kap. 4: Handlungsempfehlungen), wodurch sich der Wert der Städtlerwaldbrücke für blütenbesuchende Insekten erhöhen würde.
20 3.4.2 Heuschrecken Im Jahr 2013 wurden insgesamt fünf verschiedene Heuschreckenarten auf der Städtlerwaldbrücke nachgewiesen. Dabei handelt es sich um allgemein häufige Arten, die jedoch unterschiedliche Lebensräume bzw. Lebensräume mit unterschiedlichen Vegetationsstrukturen bevorzugen (Tab. 3.3). Während der Nachtigall-Grashüpfer (Chortippus biguttulus) niedere bis halbhohe Vegetation bevorzugt hält sich Roesels Beissschrecke (Metrioptera roeseli) hauptsächlich in dichter, hoher Vegetation auf. Die Strauchschrecke (Pholidoptera griseoptera) lebt in dichter, hoher Vegetation entlang von gebüschartigen Strukturen während die Gemeine Dornschrecke (Tetrix tenuicornis) offene Bodenstellen bevorzugt. Der gemeine Grashüpfer (Chortippus parallelus) schliesslich ist hinsichtlich des Lebensraumes sehr unspezifisch, er bewohnt Grünflächen mit verschiedensten Vegetationsstrukturen. Diese sehr unterschiedlichen Lebensraumansprüche zeigen deutlich die Habitatvielfalt des Grünstreifens und verdeutlichen gleichzeitig die Wichtigkeit der ungemähten Bereiche (Abb. 3.3) welche sicherstellen, dass auch das ganze Jahr über langgrasige, dichte Bereiche mit einem entsprechenden Mikroklima vorhanden sind. Abb. 3.3 Grünfläche der Städtlerwaldbrücke im Sommer Im nicht gemähten Bereich am rechten Bildrand, finden viele Insekten auch nach der Mahd noch einen geeigneten Lebensraum (20.08.2013/SKK). Ch. biguttulus, Ch. parallelus und T. tenuicornis waren 2013 relativ gleichmässig auf der Grünbrücke verteilt. Wir folgern daraus, dass die Grünfläche diesen Arten ermöglicht, die Autobahn auf einfache und sichere Weise zu überqueren und ihnen somit sowohl als Lebensraum als auch als Ausbreitungsachse dient. Die beiden übrigen Arten, welche dichte, hohe Vegetation, bevorzugen, wurden 2013 hauptsächlich im nordwestlichen Teil der Brücke nachgewiesen. Insbesondere für die Strauchschrecke, eine typische Waldrandart ist diese
21 Beobachtung unerwartet, da die Art 2012 auch in grösseren Mengen entlang des Waldrandes des Städtlerwaldes beobachtet wurde. Obwohl die Art flugunfähig ist, wird ihr eine hohe Mobilität zugeschrieben und wir erwarten, dass sowohl die Strauchschrecke als auch Roesels Beissschrecke die Grünfläche der Städtlerwaldbrücke langfristig als Lebensraum und als Ausbreitungskorridor nutzen werden. Abb. 3.4 Gebüsch Bereich am Nordrand der Städtlerwaldbrücke In den angepflanzten Bereichen wird bewusst auf eine Mahd verzichtet. So werden Verletzungen der Sträucher verhindert und gleichzeitig werden für viele Insekten interessante Strukturen angeboten (17.07.2012/SKK). Im Jahr 2013 wurden auf der Städtlerwaldbrücke etwa die Hälfte der Heuschreckenarten, welche 2012 auf der umgebenden Flächen beobachtet wurden, nachgewiesen. Da das Ausbreitungsverhalten der Heuschrecken von vielen Faktoren beeinflusst wird (Ausbreitungsstrategie, Populationsgrösse, Habitatqualität, Witterungsverlauf, usw.) sind generelle Aussagen zur Besiedlung neuer Standorte mit vielen Unsicherheiten behaftet. Aufgrund der Tatsache, dass bereits 2013 Heuschrecken mit verschiedensten Lebensraumansprüche auf der Städtlerwaldbrücke nachgewiesen wurden, gehen wir davon aus, dass sich die Artenzahl in den nächsten Jahren noch weiter erhöhen wird, vorausgesetzt die Grünflächen werden entsprechend gepflegt (vgl. Kap. 4: Handlungsempfehlungen).
22 4 Handlungsempfehlungen Die Grünfläche auf der Städtlerwaldbrücke soll weiterhin zweimal pro Jahr gemäht werden, wobei jeweils etwa ein Drittel der Fläche das ganze Jahr nicht gemäht wird (Rückzugsstreifen). Dieser Rückzugstreifen soll sich jeweils über die ganze Länge der Brücke erstrecken und soll frühestens jedes dritte Jahr am selben Ort zu liegen kommen. Der schmale Streifen südlich des Flurweges (zwischen Flurweg und Zaun), welcher eine sehr lockere Vegetationsdecke aufweist, sollte maximal alle zwei Jahre einmal pro Jahr gemäht werden, am besten jeweils zusammen mit dem zweiten Schnitt des Grünstreifens. Um die Blütendichte zu erhöhen bzw. den Grasanteil etwas zurückzudrängen, sollte der erste Schnitt nicht zu spät im Jahr erfolgen. Sinnvollerweise sollte er kurz nach der Blüte der Wiesenmargerite (Leucanthemum vulgare) erfolgen, ungefähr Ende Mai. Das gemähte Material sollte zwei bis drei Tage liegen gelassen und danach sauber zusammengenommen werden. Die Fläche sollte auch in den nächsten Jahren nach Neophyten (Berufskraut, Goldruten) abgesucht und diese von Hand ausgerissen werden. Das Jätgut muss der Verbrennung zugeführt werden. Bereits vor dem ersten Schnitt sollte die Grünfläche nach dem Berufskraut abgesucht und vorhandene Exemplare ausgerissen werden. So wird verhindert, dass das Berufskraut durch die Mahd zur Bildung von vielen Seitentrieben und somit noch mehr Samen angeregt wird. Die Asthaufen sollten spätestens nach sechs Jahren (bei schnellerem Zerfall früher) mit neuem Astmaterial ergänzt werden. Dafür könnte man zum Beispiel Material verwenden, das bei einer nahe gelegenen Baum-, Hecken- oder Waldrandpflege anfällt. Nur so können diese Strukturelemente weiterhin Verstecke und Deckung für kleine Säugetiere und Reptilien bieten. Ferner sollten Ast- und Steinhaufen nicht von Pflanzen überwuchert werden. Deshalb müsste man bei Bedarf diese Pflanzen wegschneiden. Die nächsten Feldaufnahmen der Erfolgskontrolle sind für 2016 und 2022 vorgesehen. In diesen Jahren soll die Fläche vor den zwei Steinhaufen, welche mit Fotofallen ausgestattet sind, gemäht werden, damit auch kleine Tiere aufgenommen werden können. Ferner sollen die Sandfallen mindestens einmal pro Jahr von Unkraut befreit werden und in den Jahren in welchen Erfolgskontrollen durchgeführt werden, soll der Sand etwa 3 Wochen vor den Spurenaufnahmen jeweils mit einem Rechen gelockert werden. Die Städtlerwaldgenossenschaft wird diesbezüglich wie bisher von Frau C. Boschi rechtzeitig informiert.