Biomedizinisches Forschungszentrum Gießen: Neuer S3-Bereich Planung und Umsetzung aus der Sicht eines Nutzers. Stephan Pleschka

Ähnliche Dokumente
Landesamt für Gesundheit und Soziales

Entstehung von Epidemien und Pandemien am Beispiel der Influenza

Grippe eine harmlose Erkrankung. Manfred H. Wolff Institut für Mikrobiologie und Virologie Universität Witten / Herdecke

Pandemie Was ist das?

Impfschutz in der Grippesaison und im Pandemiefall..

Influenza eine unterschätzte Krankheit

TRBA 100: Schutzmaßnahmen für Arbeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Laboratorien

Influenzaviren: Aktuelle Untersuchungen zur anti-viralen Wirkung von Senfölen aus Kapuzinerkresse und Meerrettich

ANGABEN ZU SICHERHEITSMASSNAHMEN IM LABORBEREICH 1

VIRUSEPIDEMIOLOGISCHE INFORMATION NR. 22/17

Anzeige gemäß 16 Biostoffverordnung

Zahlreiche deutsche Touristen infizieren sich im Spanienurlaub mit dem Schweinegrippevirus A (H1N1)

Zum ÖAW-Symposium. Zoonotische Influenzaviren Erreger zwischen Banalität und globaler Bedrohung. Wien, 29. bis 30.März 2012 Beginn 10.

ANFORDERUNGEN AN EIN GENTECHNISCHES S3-LABOR (Stand 08/2007)

ANFORDERUNGEN AN EIN GENTECHNISCHES S2-LABOR (Stand 08/2007)

ANGABEN ZU SICHERHEITSMASSNAHMEN IM PRODUKTIONSBEREICH 1

Arbeiten mit natürlichen und gentechnisch veränderten Mikroorganismen im Labor Überblick über die TRBA 100

Ethikrat Berlin, Dual-Use-Gefahrenpotentiale in der aktuellen biomedizinischen Forschung Influenzaviren -

Das aktuelle infektiologische Thema

Informationen für Universität/UMG Gentechnik Antragsstellung, wesentliche Änderungen und Mitteilungspflichten

Ebola-Verdachtsfall Hygienemaßnahmen

Neue Möglichkeiten im Wettlauf gegen Epidemie und Pandemie - Grippe auf dem Vormarsch Vorbeugen

Öffentliche Anhörung Biosicherheit des Deutschen Ethikrates Berlin,

Nützt(e) die Grippe-Impfung überhaupt? Die Grippe-Saison 2017/2018. Dr. Thomas Sigrist, Chefarzt Pneumologie & Co-Leiter Departement Innere Medizin

Gefährdungsbeurteilung und Betriebsanweisung entsprechend 4 bis 7 sowie 14 der Biostoffverordnung

ANFORDERUNGEN AN EIN GENTECHNISCHES S1-LABOR (Stand 08/2007)

Checkliste für Selbst-Inspektionen Biosicherheit: Labore

Kommunikation im S3-Labor:

Grundinformationen für Mitarbeitende in Heimen über Vorbereitungen auf eine allfällige Pandemie mit dem Vogelgrippe-Virus

Vogelgrippe und Influenza. Allgemeines

SARS, MRSA und andere Kuriositäten Wer ist bedroht?

Biologische Arbeitsstoffe sind: Als erster Schritt ist ausreichende Informationen zu beschaffen:

Die globale Bedeutung von Infektionskrankheiten

ANGABEN ZU SICHERHEITSMASSNAHMEN IN GEWÄCHSHÄUSERN UND KLIMAKAMMERN

Gefährdungsbeurteilung und Betriebsanweisung entsprechend 4 bis 7 sowie 14 der Bio- Stoffverordnung

Brandschutzanforderungen an gentechnische Anlagen

Gefährdungsbeurteilung entsprechend 4 bis 7 der Biostoffverordnung

- Influenza - aktuelle Herausforderungen für den Infektionsschutz. Walter H. Haas Abteilung für Infektionsepidemiologie Robert Koch-Institut, Berlin

ANGABEN ZU SICHERHEITSMASSNAHMEN IM TIERHALTUNGSBEREICH

Die wichtigsten Tipps zur Grippe-Impfung: Ältere Menschen sind besonders gefährdet

Betriebsärztlicher Dienst. Betriebsärztlicher Dienst. Betriebsärztlicher Dienst. Betriebsärztlicher Dienst. Gesetzliche Grundlagen

Merkblätter Geflügelpest. Allgemeines: Derzeitige Situation (Stand ):

Gefährdungsbeurteilung und Betriebsanweisung entsprechend 4 bis 7 sowie 14 der Biostoffverordnung

Impfen und Intensivstation. Dr. Anita Niederer-Loher Infektiologie und Spitalhygiene Ostschweizer Kinderspital und KSSG

Sicherheit bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen im Labor. Dr. Elke Frenzel

Wann wird Berufskleidung zur Schutzkleidung?

Grippewelle Stand: LADR Der Laborverbund Dr. Kramer & Kollegen

Gefährdungsbeurteilung und Betriebsanweisung entsprechend 4 bis 7 sowie 14 der Biostoffverordnung

ARE - / Influenza - Sentinel im Freistaat Sachsen 2015 / Wochenbericht KW 15

Impfungen für Personen über 60/65 Jahre... Grippe, Pneumokokken, Diphtherie und Tetanus

Arbeitsschutzmanagementsystem Handbuch

Saisonale Grippe. BAG Bundesamt für Gesundheit

Empfehlungen für Gesundheitsbehörden veröffentlicht

aviäre Influenza: alle 10 Jahre wieder!

Empfehlung spezieller Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten vor. Infektionen durch hochpathogene aviäre Influenzaviren (Klassische Geflügelpest,

A u s b i l d e r i n f o. Vogelgrippe. Bayerisches Rotes Kreuz Bezirksverband Schwaben

Länder nach Aufbau von Vermögensstruktur/verteilung Gesamtvermögen je erwachsene Person Dezil 1 Unter $

Prof. Dr. Stephan Ludwig. Institut für Molekulare Virologie (IMV)

BioStoffV / Gentechnikrecht: Was ist für Laboratorien der Stufe 3 geregelt?

Virale Erkältungskrankheiten

Schweinegrippe: Dritter bestätigter Fall im Landkreis Reutlingen GEA v

Checkliste für Selbst-Inspektionen Biosicherheit: Gewächshäuser und Pflanzenkammern

PROFILMODULE BSL 4 Labor

Personenschutz/Arbeitsschutz

Klausur Mikrobiologie, Hygiene und Virologie SS (Humanmedizin, Universität zu Köln) Gedächtnisprotokoll Revision: v1.0 /

AUFGABE 1: VOKABULAR a) Ordne die Begriffe zum Thema Krankheiten den passenden Erklärungen zu.

Gefährdungsbeurteilung und Betriebsanweisung entsprechend 4 bis 7 sowie 14 der Biostoffverordnung

Gefährdungen durch biologische Arbeitsstoffe und weitere organische Stoffe sowie Schutzmaßnahmen und Musterbetriebsanweisungen

Tröpfcheninfektion, ggf. aerogene Übertragung, Kontaktinfektion möglich

Personenschutzmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Auftreten von Vogelgrippe

Vietnam meldet neue Fälle von aviärer Influenza beim Menschen

Empfehlungen des Robert Koch-Instituts zur Prävention bei Personen mit erhöhtem Expositionsrisiko durch aviäre Influenza (Influenzavirus A/H5)

Influenza im Wandel der Zeit

Gefährdungsbeurteilung entsprechend 4 bis 7 der Biostoffverordnung

Betriebsanweisung für Genlaboratorien zu Forschungszwecken der Sicherheitsstufe 1 ( 12 GenTSV)

Ich schütze meine Nächsten vor der Grippe

Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL)

Verordnung des BVET (1/06) über vorübergehende Massnahmen an der Grenze zur Bekämpfung der Klassischen Geflügelpest

Checkliste für Selbst-Inspektionen Biosicherheit: Tieranlagen

Unterstützung der Spitex durch den Zivilschutz. Kommandantenrapport 30./

Information für Kindergärten & Schulen

Mitteilungen der Justus-Liebig-Universität Gießen

ANZEIGE EINER ANLAGE FÜR GENTECHNISCHE ARBEITEN DER SICHERHEITSSTUFE 1

Internationales Büro: Förderung von Pilotmaßnahmen im Bereich Erneuerbare Energien im asiatisch-pazifischen Raum

U M W E L T V E R W A L T U N G S R E C H T

Herzlich willkommen zum. Thementag Mit Textilien in die Zukunft am 25. Januar 2018

MAS-Thesis, MAS in nachhaltigem Bauen

1. Hygienetag HVO. Impfungen. Matthias Schlegel Infektiologie/Spitalhygiene, KSSG ; 1.

Berufskrankheiten im Gesundheitswesen verhüten

Schweineinfluenzaviren Erreger in stetem Wandel

Empfehlungen des Robert Koch-Instituts zur Prävention bei Personen mit erhöhtem Expositionsrisiko durch (hochpathogene) aviäre Influenza A/H5

ARE - / Influenza - Sentinel im Freistaat Sachsen 2015 / Wochenbericht KW 14

3.9 Gefahrstoffmanagement

Alte Seuchen, neue Seuchen: Was kommt auf uns zu und was ist Panikmache?

Pandemie Szenarien Vorbereitungen

Arbeitskreis erstellt durch: Datum. Tabelle A - Grundsätzliches

Tröpfcheninfektion Gegebenenfalls aerogene Übertragung Kontaktinfektion möglich

Transkript:

JUSTUS-LIEBIG- UNIVERSITÄT GIESSEN FACHBEREICH MEDIZIN Biomedizinisches Forschungszentrum Gießen: Neuer S3-Bereich Planung und Umsetzung aus der Sicht eines Nutzers Stephan Pleschka Institut für f r Medizinische Virologie, Justus-Liebig Liebig-Universität, Gießen en Hessischer Biostofftag, 11.09.2008

Ein Nutzer Apl. Prof. Dr. rer. nat. Stephan Pleschka Hochschuldozent für Molekulare Virologie Arbeitsgebiet: Influenza Viren u.a. RNA-Viren seit 1997 verantwortlich für S1, S2-Anlagen und die bestehende S3-Anlage (Anlagenleiter) und Antragssteller von S2- und S3-Anträgen nominierter Anlagenleiter des neuen S3-Bereichs

Wissenschaftliches Interesse Die Rolle von Virus/Wirts-Interaktionen bei der Influenzavirus: -Vermehrung -Pathogenität -Übertragung zum Erkenntnisgewinn über essentielle Mechanismen, die die Influenzavirus-Vermehrung regeln. Dies soll zu neuen therapeutischen Ansätzen bench to bedside führen.

Influenza Viren infizieren Vögel und Säuger Tröpfcheninfektion (Aerosol): 100.000 bis 1.000.000 Viren pro Tröpfchen 18-72 Stunden Inkubationszeit Schwere Verläufe bei: 8000 30.000 Tote/Jahr in Deutschland Folgeerkrankungen von Herz und Lunge sehr jungen Patienten älteren Menschen immunsupprimierten Patienten Spanische Grippe (H1N1) 1918-19 Etwa 700 Mill. Infizierte und über 20 Mill. Tote weltweit (Dunkelziffer bis 40 Mill.) Asiatische Grippe (H2N2) 1957-58 3-4 Millionen Tote weltweit Hong Kong Grippe (H3N2) 1968-69 Mehr als 1 Mill. Tote weltweit Prävention der Influenza Impfung: Vorteile der Impfung: (1) kosteneffektiv, (2) schützt vor Krankheit für die ganze Saison, Jährliche Auffrischung nötig

Bestätigte menschliche Fälle aviärer Influenza (H5N1), 19 Juni 2008 Land Thailand Vietnam Kambodscha Indonesien China Azerbaijan Ägypten Irak Türkei Djibuti Laos Nigeria Myanmar Pakistan Bangladesh Total Gesamtzahl 25 106 7 135 30 8 50 3 12 1 2 1 1 3 1 385 Todesfälle 17 52 7 110 20 5 22 2 4 0 2 1 0 1 0 243

Neueinstufung von bestimmten Influenzaviren (I)

Neueinstufung von bestimmten Influenzaviren (II)

Sicherheitsstufen Einteilung nach Gefährdungspotential für menschliche Gesundheit oder Umwelt (Stand der Wissenschaft) S1 S2 S3 S4 kein Risiko geringes Risiko mäßiges Risiko hohes Risiko (Anmeldung) z. B.: E. coli K12 u. Derivate (Genehmigung, Anmeldung) z. B.: L. monocytogenes, Influenza A, B, C Viren (Genehmigung) z. B.: M. tuberculosis, H2, H7-, H5-IV, 1918-Virus (Genehmigung) z. B.: Ebola/Marburg-Virus keine Bakterien!

Einige wichtige technische Sicherheitsmaßnahmen der Stufen S1-S2 Die höhere Stufe umfaßt stets auch die Anforderungen der niedrigeren Stufen S1 S2 Kennzeichnung als Genarbeitsbereich Räumliche Abgrenzung Flächen beständig gegen Reinigungsmittel Waschbecken Schutzkleidung Aerosole vermeiden Autoklav innerhalb des Betriebsgeländes vorhanden Beauftragter für Biologische Sicherheit (BBS) Unterweisung, Betriebsanweisung Warnzeichen Biogefährdung Zugangsregelung Händedesinfektion Flächen beständig gegen Desinfektionsmittel Schutzkleidung, ggf. Handschuhe Aerosole vermeiden, Sicherheitswerkbank Labortüren nach außen öffnen, Sichtfenster Berührungslose Armaturen, Schutzausrüstung nicht außerhalb tragen Medizinische Vorsorge (G43 Untersuchung) Hygieneplan Autoklav im Labor

Einige wichtige technische Sicherheitsmaßnahmen der Stufen S3-S4 Die höhere Stufe umfaßt stets auch die Anforderungen der niedrigeren Stufen S3 S4 Umgebungsabschirmung Abdichtung zur Raumdesinfektion erforderlich Waschbecken mit Auffangbecken, Abwassersterilisation Schutzkleidung, Handschuhe sind Pflicht Sicherheitswerkbank Klasse I oder II Abluft über Hochleistungsschwebstoff-Filter Unterdruck im Labor Schleuse Selbständiges Gebäude, als Teil eines Gebäudes deutlich von anderen Räumen getrennt Hermetisch abgeschirmt Labor auch nach außen dicht Besondere Schutzkleidung Sicherheitswerkbank Klasse III Durchreicheautoklav im Labor Zu- u. Abluft über Hochleistungsschwebstoff-Filter Gestaffelter Unterdruck in Schleuse und Labor Schleuse mit drei Kammern Sichtverbindung, Sprechanlage nach außen Eigenes Ventilationssystem

Nutzerinteresse und behördliche Forderungen Nutzer: Sicherheit der Nutzer Sicherheit der Umwelt Optimierte Bedingungen zur Durchführung der Forschung Behörden: Sicherheit der Nutzer Sicherheit der Umwelt

Beispiel 1 Tageslichtanbindung (Fenster) Forderungen: Jeder Arbeitsraum muß eine Fensterfläche haben (ca. 10% der Grundfläche) Die Fenster müssen den feuerechtlichen Bestimmungen entsprechen Die Fenster müssen den Unterdruck aufrecht erhalten (Biologische Sicherheit) Die Fenster sollten daher auch eine erhöhte Bruchsicherheit haben Die Fenster müssen hergestellt werden/sein Die Fenster müssen der Gebäudestatik entsprechen (Architektonisches -Gesamtkonzept) Nutzer Interesse: Sicherheit der Nutzer Sicherheit der Umwelt Optimierte Bedingungen zur Durchführung der Forschung

Beispiel 2 Brandschutz - Löschmittelanlage Forderungen: Sicherheit der Nutzer Bekämpfung des Brandes Sicherheit der Umwelt Frage: Welche Löschmittelanlage Besteht eine Zulassung Folgen der Löschung (Personenschutz) (Brandschutz) (Biologische Sicherheit) (Wasser/Gas) (u.a. Biologische Sicherheit, Verzögerung) Nutzer Interesse: Sicherheit der Nutzer Sicherheit der Umwelt Optimierte Bedingungen zur Durchführung der Forschung

Zusammenfassung Nutzerinteressen und behördliche Forderungen müssen in Einklang gebracht werden. Das Ziel ist eine sichere Durchführung der Forschung. Spezielle Gegebenheiten fordern evtl. konzeptionelle Anpassungen. Optionen für zukünftige Anforderungen sollten bedacht werden.